Anwälte müssen Schriftsätze an ein Gericht nicht in Schönschrift unterschreiben. Auch wenn die Unterschrift unleserlich ist, kann diese den Urheber eines Schreibens kenntlich machen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 03.03.2015 (AZ: VI ZB 71/14).
Im konkreten Fall hatte der Hamburger Kläger für seine Verluste bei Börsentermingeschäften Schadenersatz in Höhe von über 186.000,00 € verlangt. Der Beklagte legte gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Berufung ein.
In der Berufungserwiderung erklärte der Kläger, dass die Berufung nicht form- und fristgerecht eingelegt worden sei. Denn der Anwalt des Beklagten habe sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß unterschrieben. Die nicht lesbaren „Zeichen“ unter den Schreiben stellten keine Unterschrift dar, rügte der Kläger.
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) konnte die Unterschrift auch nicht entziffern und stellte daraufhin fest, dass die Berufung nicht form- und fristgerecht eingelegt wurde.
Doch der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das OLG zurück. Bei dem unterzeichneten Schriftzug unter der Berufungsschrift „handelt es sich um eine formgültige, einfach strukturierte gleichwohl aber vollständige Namensunterschrift“.
Bei einer Unterschrift komme es darauf an, „ob der Name vollständig, wenn auch nicht unbedingt lesbar, wiedergegeben wird“, so die Bundesrichter. Die Unterschrift solle die Identität des Unterzeichnenden belegen. Dies setze einen „ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren“.
Damit könne selbst ein „vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug” als Unterschrift anzuerkennen sein. Von besonderer Bedeutung sei es, dass der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt.
Hier habe der Anwalt seit Jahrzehnten auch auf Gerichtsschriftsätzen immer ähnlich unterschrieben. Die Unterschrift bestehe „nur noch aus zwei voneinander abgesetzten Strichbildern“, so der BGH. Gleichwohl seien individuelle Merkmale zu erkennen, wie ein „auf dem Kopf stehendes, stark zugespitztes Häkchen“ und davon abgesetzt ein als Viertelkreis beschriebener Schriftzug. Es gebe keine Zweifel, dass es sich hier um eine „von ihrem Urheber zum Zwecke der Individualisierung und Legitimierung geleistete Unterschrift handelt“.
Auch andere Unterschriften des Anwalts würden sich aus der „gleichen Kombination von Strichelementen“ zusammensetzen. Das OLG hätte die Berufung daher nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
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