Nehmen Hartz-IV-Empfänger innerhalb kurzer Zeit sehr stark ab, können sie vom Jobcenter Geld für neue Kleidung verlangen. Denn habe eine „erhebliche Gewichtsveränderung“ dazu geführt, dass fast die bisherige Kleidung nicht mehr passt, sei die Behörde zur Deckung dieses atypischen Bedarfs in der Pflicht, entschied das Landessozialgericht (LSG) Hamburg in einem am Mittwoch, 16.11.2011, veröffentlichten Urteil (AZ: L 5 AS 342/10).
Im konkreten Fall hatte ein Hartz-IV-Empfänger nach der Einnahme eines Arzneimittels innerhalb kurzer Zeit erheblich an Gewicht verloren. Statt 120 Kilogramm wog der Arbeitslose nur noch 88 Kilogramm. Wegen der Gewichtsreduzierung passten fast alle Bekleidungsstücke nicht mehr. So verringerte sich die Kleidergröße für Hosen von 44 auf 36 und die Schuhgröße von 45/46 auf 43/44.
Vom Jobcenter verlangte der Kläger nun 420 € für neue Kleidung. Die starke Gewichtsveränderung sei einem Totalverlust an Bekleidung gleichzustellen. Die Behörde müsse für diesen plötzlich anfallenden Bedarf aufkommen.
Dem stimmte schon in erster Instanz das Sozialgericht Hamburg 2010 zu (AZ: S 6 AS 3085/08). Falle eine Gewichtsreduktion „erheblich aus dem Rahmen des Üblichen“ – hier waren dies innerhalb von drei Monaten 20 Kilogramm – müsse das Jobcenter eine „Erstausstattung mit Kleidung“ gewähren. Dabei dürften die wenigen Kleidungsstücke, die nicht von der Gewichtsreduzierung betroffen sind, nicht zum Abzug gebracht werden. Dazu zählten beispielsweise Schnürsenkel oder auch Kopfbedeckungen.
Diese Entscheidung bestätigte nun auch das LSG in seinem Urteil vom 27.10.2011. Das Jobcenter müsse bei „außergewöhnlichen Umständen“ eine Erstausstattung gewähren. Dies sei bei einem Wohnungsbrand ebenso der Fall, wie bei einer erheblichen Gewichtsveränderung.
Änderungsmaßnahmen an den Kleidungsstücken kämen nicht in Betracht. Der Änderungsbedarf sei so umfassend, dass die Aufwendungen für Neuanschaffungen viel günstiger sind, so die Hamburger Richter.