Schreiben Büroangestellte in einem fiktiven Roman über ihre Erfahrungen aus dem Büroalltag, begründet dies keine fristlose Kündigung. Denn der Autor kann sich auf die im Grundgesetz geschützte Kunstfreiheit berufen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem am Freitag, 15.07.2011, verkündeten Urteil (AZ: 13 Sa 436/11). Damit bekam ein Büroangestellter recht, der in seiner Freizeit einen Roman mit dem Titel „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“ veröffentlicht hatte.
Der Arbeitgeber, ein Möbelhersteller mit rund 300 Beschäftigten, hatte den 40-jährigen Kläger daraufhin fristlos entlassen. Er meinte, dass das Buch ehrverletzende, sexistische und ausländerfeindliche Äußerungen enthält und sich zahlreiche Beschäftigte in den Romanfiguren wiedererkannten. So sei eine Person mit langen Haarzöpfen und eine weitere mit dem Namen „Fatma“ beschrieben worden, die es in dem Unternehmen tatsächlich gebe.
Damit sei der Betriebsfrieden erheblich gestört. Eine Weiterbeschäftigung des Betriebsratsmitglieds würde zu einem „Aufstand“ bei den Beschäftigten führen. Mit der Vermischung von Realität und Fiktion würden Beschäftigte und Geschäftsführung diskreditiert. Wenn das Büro schlimmer als die Hölle sei, warum wolle der Kläger noch in dem Betrieb arbeiten, fragte der Arbeitgeber.
Der Kläger berief sich auf die Kunstfreiheit und wies darauf hin, dass es sich nur um einen fiktiven Roman handele. Es würden keinerlei reale Personen genannt. Vielmehr sei ein Mitglied der Geschäftsleitung mit dem Buch durch die Firma gelaufen und habe bei Kollegen nachgefragt, wer sich darin angesprochen und beleidigt fühlt. Es würden zudem nur Handlungen und Bereiche beschrieben, die in jeder Firma auftreten können.
Sowohl das Arbeitsgericht Herford (Az.: 2 Ca 1394/10) als auch jetzt das LAG Hamm stellten fest, dass der schriftstellerisch tätige Büroangestellte unter dem Schutz der Kunstfreiheit steht. Der Arbeitnehmer habe mit seinem fiktiven Roman keine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Kündigung sei daher unwirksam.
Das LAG Hamm hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt zugelassen.