Behinderte, die bei ihrer Einstellung nach einer Schwerbehinderung gefragt wurden, haben allein deswegen noch keinen Anspruch auf eine Diskriminierungsentschädigung. Ob die Frage überhaupt zulässig ist, ließ das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Freitag, 08.07.2011, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag allerdings offen (AZ: 2 AZR 396/10). Mit einer gelogenen Antwort können danach Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aber nur schwer begründen, ohne sich dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen.
Die Klägerin ist seit 1998 als Schwerbehinderte anerkannt und arbeitet im Außendienst eines Softwareunternehmens in Hessen. Bei ihrer Einstellung 2007 füllte sie einen Personalfragebogen aus. Dabei bejahte Sie die Frage nach ihrer Belastbarkeit, verneinte aber die nach einer Schwerbehinderung. Erst 2008 legte sie im Zusammenhang mit einem Streit um ihre Arbeitsleistung ihre Schwerbehinderung offen. Das Unternehmen sah sich betrogen, kündigte und focht zudem den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an.
Ihre dagegen gerichtete Klage verband die Frau geschickt mit der Forderung nach einer Diskriminierungsentschädigung. Um dem zu begegnen behauptete das Unternehmen, es habe die Frage nach einer Behinderung nur gestellt, weil es seine „Schwerbehindertenquote“ erhöhen wolle. Nach einer wahren Antwort wäre die Frau daher erst recht eingestellt worden.
Damit entzog das Softwareunternehmen aber seiner Kündigung und Vertragsanfechtung den Boden. Offensichtlich sei die Lüge der Frau nicht ursächlich für ihre Einstellung gewesen, folgerte das BAG. Dies sei aber Voraussetzung, um das Arbeitsverhältnis wirksam anfechten zu können. Auch die Kündigung sei unwirksam, denn die Lüge habe keine weiteren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis gehabt. Die grundsätzliche Ehrlichkeit der Frau stehe nach der einmalig falschen Antwort nicht ernstlich im Zweifel.
Angesichts dieser Sachlage konnte es das BAG offen lassen, unter welchen Umständen Arbeitgeber bei Einstellungen überhaupt noch nach einer Behinderung fragen dürfen. Dies ist seit Inkrafttreten des neuen Schwerbehindertenrechts im Jahr 2001 und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes 2006 rechtlich umstritten.