Sönke Nippel

Rechtsanwalt Sönke Nippel
42857, Remscheid
09.11.2012

Zur Berechnung des Elternunterhalts beim verheirateten unterhaltspflichtigen Kind

Grundsätzlich soll das Einkommen des nicht unterhaltspflichtigen Gatten weniger stark zum Elternunterhalt herangezogen werden als das Einkommen des zum Elternunterhalt verpflichteten Ehegatten.

  • 1. Schritt – zum Elternunterhalt ist nur die Hälfte des über den Selbstbehalt von zurzeit 2700 EUR hinausgehenden Gesamteinkommens einzusetzen

    Dies wird – vereinfacht ausgedrückt – dadurch erreicht, dass vom addierten Einkommen der Ehegatten der Selbstbehalt in Höhe von zurzeit 2.700 EUR zum Abzug gebracht wird. Die Hälfte des so ermittelten Betrages muss nicht für den Elternunterhalt eingesetzt werden und wird zum Selbstbehalt addiert.

    Beispiel:

    M erzielt 3000 EUR, F erzielt 1000 EUR Einkommen.

    Von den 4000 EUR Familieneinkommen sind 2700 EUR Selbstbehalt abzuziehen.

    Von den verbliebenen 1300 EUR sind 650 EUR einzusetzen. 650 EUR sind zum Selbstbehalt zu addieren.

  • 2. Schritt – die einzusetzende Hälfte des über den Selbstbehalt hinausgehenden Gesamteinkommens ist entsprechend den Anteilen der Ehegatten am Gesamteinkommen einzusetzen

    Die Hälfte des Gesamteinkommens abzüglich des Selbstbehalts in Höhe von 2700 EUR muss entsprechend den Anteilen der Ehegatten am Familieneinkommen für den Elternunterhalt eingesetzt werden. Die Ehegatten schulden Elternunterhalt entsprechend ihren Anteilen am Einkommen.

    Ergänzung zum Beispiel:

    Ist M unterhaltspflichtig, so muss er 75 % der 650 EUR einsetzen – also 487,50 EUR.
    Ist F unterhaltspflichtig, so muss sie 25 % der 650 EUR einsetzen – also 162,50 EUR.

  • 3. Schritt – das Ergebnis wird noch im Hinblick auf eine Haushaltsersparnis korrigiert

    Der BGH korrigiert das Ergebnis in dem obigen Beispielsfall noch, indem er bei Ehegatten den zum Selbstbehalt zu addierenden Betrag um eine Haushaltsersparnis von 10 % kürzt, so dass in der obigen Berechnung noch folgende Korrektur erfolgen muss (vgl. dazu BGH vom 8. Juli 2010, XII ZR 140/07):

    Korrektur des BGH zum Beispielsfall:

    Nicht 50 % des addierten Einkommens der Ehegatten abzüglich des Selbstbehalts sind also zum Selbstbehalt zu addieren, sondern nur 45 % (nämlich 10 % der 50 %), so dass sich im dem obigen Beispiel ein Betrag von 585 EUR (4000 EUR – 2700 EUR x 45 %) ergibt, der zusätzlich zum Selbstbehalt in Höhe von 2700 EUR nicht zum Elternunterhalt einzusetzen ist.

    Für den Elternunterhalt einzusetzen sind demzufolge nicht nur 650 EUR, sondern 715 EUR.

    Ist M unterhaltspflichtig, so muss er 75 % der 715 EUR einsetzen – also 536,25 EUR.
    Ist F unterhaltspflichtig, so muss sie 25 % der 715 EUR einsetzen – also 178,75 EUR.

    Der BGH begründet die Berücksichtigung der Haushaltsersparnis im Wesentlichen mit § 20 SGB II (s. o. BGH, Rdnr. 45). Gemäß § 20 Abs. 3 SGB II alter Fassung betrug die Regelleistung von Partnern einer Bedarfsgemeinschaft 90 vom Hundert der Regelleistung. Dies entspricht auch der Berücksichtigung des Selbstbehalts in der Düsseldorfer Tabelle von 1500 EUR für Alleinstehende und 2700 EUR für Ehegatten. Hier wird ebenfalls eine Haushaltsersparnis von 300 EUR (= 10 %) “fingiert”. Gemäß § 20 Abs. 4 SGB II neuer Fassung wird ebenfalls eine Haushaltsersparnis in Höhe von 10 % fingiert.