Sönke Nippel

Rechtsanwalt Sönke Nippel
42857, Remscheid
04.03.2013

Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Abfindungen

Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte, § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III (§ 143 a SGB III alter Fassung). Die Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes wird hierdurch nicht gekürzt.

Doppelleistungen sollen so vermieden werden. Lohnersatzleistungen werden nicht benötigt, wenn trotz Arbeitslosigkeit kein Verdienstausfall eintritt.

Eine Abfindung bzw. Entlassungsentschädigung führt also nur zum Ruhen des Arbeitslosengeldes, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig, also zu einem Zeitpunkt gekündigt wurde, zu dem der Arbeitgeber es nicht einseitig hätte beenden können. Dies gilt sowohl für die Kündigung als auf für den Ablauf einer Befristung, vgl. § 158 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 SGB III. Auch die arbeitsgerichtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann also bei vorzeitiger Beendigung zum Ruhen des Arbeitslosengeldes führen.

Im Einzelnen gilt bei

  • vorzeitiger ordentlicher Kündigung

    Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nur, wenn das Arbeitsverhältnis beendet worden ist, ohne dass eine Frist eingehalten wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht.

    In § 622 BGB, in dem einschlägigen Tarifvertrag bzw. in dem Arbeitsvertrag sind die Fristen zur ordentlichen Kündigung geregelt.

  • vorzeitiger Beendigung und zeitweiligem oder bedingtem Ausschluss der ordentlichen Kündigung

    Für alle Fälle, in denen eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitweilig, dauernd oder bedingt ausgeschlossen ist, bestimmt § 158 Abs. 1 SGB III eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten bzw. eine Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung gelten würde, vgl. § 158 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 SGB III.

    Die Unkündbarkeit des Betriebsrates oder einer Mutter im Mutterschutz führt demzufolge zur Geltung der ordentlichen Kündigungsfristen gemäß § 158 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB III (“Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend wäre”).

  • ausgeschlossener ordentlicher Kündigung (nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung)

    Kann dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr, § 158 Abs. 1 S. 4 SGB III.
  • Abgeltung von Urlaub

    Hat der Arbeitnehmer auch eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so verlängert sich der Ruhenszeitraum um den abgegoltenen Urlaub, § 158 Abs. 1 S. 5 SGB III.
  • Begrenzung des Ruhenszeitraums

    § 158 Abs. 2 S. 1 SGB III schränkt die Dauer des Ruhens auf höchstens ein Jahr ein.

    Darüber hinaus stellt § 158 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III sicher, dass dem Versicherten trotz Ruhens mindest 40 vom Hundert der Abfindung verbleiben.

    Unter Berücksichtigung der Höhe der Entlassungsentschädigung , des zuletzt verdienten Arbeitsentgelts und sozialer Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit und Lebensalter werden auch noch höhere anrechnungsfreie Teile der Abfindung in § 158 Abs. 2 SGB III zugestanden.

  • Entschädigungen bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis

    § 158 Abs. 3 SGB III stellt sich, dass Entlassungsentschädigungen auch dann zum Ruhen des Anspruchs führen, wenn der Arbeitslose aus dem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden ist (z. B. der langfristig arbeitsunfähige Arbeitnehmer).
  • Gleichwohlgewährung

    § 158 Abs. 4 SGB III räumt dem Arbeitslosen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld auch ein, wenn er zwar eine Abfindung beanspruchen kann, diese aber nicht erhält.

Das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Abfindung kann auch mit einer Anordnung von Sperrzeiten durch die Bundesagentur für Arbeit zusammenfallen (vgl. dazu auch den Artikel “Eintritt einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld“).

Informative Erläuterungen und Beispiele zur Bewertung der Abfindung bzw. Entlassungsentschädigung sind in dem Merkblatt 17 der Bundesagentur für Arbeit (Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) enthalten.