Rechtsanwalt Nikolaus Lutje

81929, München
Rechtsgebiete
Unternehmensberatung für Rechtsanwälte Recht der freien Berufe
06.01.2012

Vergütungsvereinbarungen. Warum warten auf Gebührenanpassung?

RA Lutje hat in den Mitteilungen des Münchner Anwaltsvereins, Ausgabe 10/2011 den folgenden ersten Artikel einer Serie mehrerer Beiträge veröffentlicht.

„Dennoch halten wir die Zeit für gekommen, im Zusammenhang mit einer umfassenden Kostennovelle – auch mit positiven Auswirkungen auf die Länder, an eine Anpassung der Gebühren heranzugehen und diese in ein Gesamtpaket zu packen.“, so die Justizministerin in ihrer Grußrede auf dem 62. Deutschen Anwaltstag in Straßbourg. Außerdem wies die Ministerin darauf hin, dass sie die Anliegen der Anwälte ernst nähme, aber Ihnen mit der notwendigen Verantwortung für unser ganzes Justizsystem unter Berücksichtigung der Belastungen und Auswirkungen für alle Beteiligten begegne. Sie beschloß ihre Begrüßungsrede schließlich mit den Worten: „Ich freue mich auf ihre Beratungen. Wie immer nehmen wir Ihre Beschlüsse entgegen, nicht nur um sie zur Kenntnis zu nehmen, sondern um zu überlegen, wo bedarf es der Nachsteuerung, des Aufgreifen oder des Eintretens in einen auch durchaus einmal kontroversen Diskurs.“ (Anm.: Das vollständige Grußwort der Justizministerin ist nachzulesen im Anwaltsblatt 7/2011, S. 533 ff.)

Weckt die Ankündigung der Gebührenanpassung noch Hoffnung auf eine baldige Anhebung, die letzte Anpassung der Gebührentabelle war 1994 (also vor 17 Jahren!). Das Inkrafttreten des RVG mit struktureller Neuausrichtung des Gebührenrechts erfolgte am 1.7.2004 – also vor nunmehr auch schon mehr als sieben Jahren! Seither sind die Lebenshaltungskosten und die Einkommen in so ziemlich allen anderen Bereichen ständig gestiegen. Von Aristotles Onassis, (verstorben 15.März 1975), dem zu seinen Lebenszeit reichsten Mann der Welt, stammt der schöne Ausspruch: „Dem Geld darf man nicht nachlaufen, man muß ihm entgegenkommen.“ Mit anderen Worten: Die Entlohnung der Anwälte läuft der tatsächlichen Entwicklung wieder einmal weit hinterher.

Doch die freudige Erwartung einer baldigen Gebührenanhebung wird jäh getrübt durch die Ankündigung eines „kontroversen“ Diskurses. Das von der Ministerin groß angekündigte Projekt Gebührenanpassung dürfte sich also doch wieder in die Länge ziehen. Und so üppig wie erhofft dürfte die Erhöhung auch nicht ausfallen. Überhaupt bleibt angesichts der desaströsen Umfrage- und Wahlergebnisse der FDP in jüngster Zeit die Frage, ob die Partei der Ministerin in zwei Jahren den Sprung ins Parlament schafft, momentan sieht es nicht danach aus. Für eine neue Regierung, in welcher Zusammensetzung auch immer, dürfte es wichtigere dinge, als die Anpassung der Anwaltsgebühren geben. Die Amtsvorgängerin der Justizministerin hatte angesichts der Bestrebungen der EU-Kommission, den Wettbewerb im Bereich juristischer Dienstleistungen zu intensivieren, die Vermutung geäußert, bei der gesetzlich geregelten Anwaltsvergütung handele es sich um ein Auslaufmodell, bei dem vielleicht noch ein bis zwei Erhöhungsschleifen möglich seien .

Zum Glück hängt die Höhe der Anwaltsvergütung nicht ausschließlich Vergütungsvereinbarung von der Anpassung durch den Gesetzgeber ab. Die Höhe der anwaltlichen Vergütung kann sich entweder aus dem RVG oder aus einer Vergütungsvereinbarung ergeben. Die Vereinbarung einer höheren Vergütung ist immer möglich. Allerdings sind hierbei einige Besonderheiten zu beachten,vgl. §§ 3a ff. RVG.

§ 3a Abs. 1 Satz 1 RVG lautet wie folgt: „Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform.“ (Anm.: Nach der bei Inkrafttreten des RVG geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 S. 1 RVG aF musste die Erklärung des Auftraggebers, eine höhere als die gesetzliche Vergütung zu bezahlen stets schriftlich abgegeben werden). Insoweit hat sich die Qualität der einzuhaltenden Form deutlich reduziert (Gerold/Schmidt, Mayer RVG 18. Aufl. § 3a Rnr. 7 m.w.N.). Andererseits genügte nach § 4 Abs.1 S. 1 RVG aF die schriftliche Erklärung allein des Mandanten, ein gegenseitiger Vertrag war nicht erforderlich.

Nunmehr bedarf es generell einer gegenseitigen Vereinbarung, welche wirksam auch per Fax, Kopie, E-Mail oder per SMS abgeschlossen werden kann. Vorausetzung der Textform ist nur, dass die Erklärung lesbar abgegeben wird.

Dies kann auf unterschiedliche Weise ergfolgen, da die Textform keine starre Regelung für die Kenntlichmachung des Dokumentes vorsieht. Z.B. reichen auch Hinweise wie “keine Unterschrift – Computerfax“ oder „diese Erklärung ist nicht unterschrieben“, vgl. hierzu und zu weiteren Fragen Gerold/Schmidt, Mayer, RVG 18.a.a.O. m.w.N.).

§ 3a Abs. 1 Satz 2 lautet wie folgt: Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. (Anm.: Die bei Inkrafttreten des RVG geltende Fassung des § 4 Abs.1 S. 2 RVG aF lautete wie folgt: „Ist das Schriftstück nicht vom Auftraggeber verfasst, muss es als Vergütungsvereinbarung bezeichnet und die Vergütungsvereinbarung von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein.“)

Der Wortlaut des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG zeigt, dass der Gesetzgeber die ursprünglich strikte Vorgabe der Bezeichnung der Vereinbarung als „Vergütungsvereinbarung“ nunmehr aufgelockert hat. Damit sind auch Bezeichnungen, wie „Honorarvereinbarung“ oder „Honorarschein“ nicht schädlich.

Für die Praxis aber besonders bedeutsam ist der Umstand, dasss die Vergütungsvereinbarung im Zusammenhang mit der Auftragserteilung erfolgen kann und nicht mehr deutlich abgesetzt sein muss. Zur Vergütungsvereinbarung gehören alle Regelungen, die die Vergütung unmittelbar betreffen, wie z.B. Fälligkeits- und Vorschussregelungen oder Regelungen bzgl. der Vergütung bei vorzeitiger Mandatsbeenndigung und Gerichtsstandsvereinbarungen für die Vergütungsklage (s. Gerold/ Schmidt, Mayer, RVG, § 3a, Rn. 10 auch hinsichtlich anderer Vereinbarungen, bei denen ein deutliches Absetzen von der Vergütungsvereinbarung erfoderlich ist).

Damit ist es also ohne weiteres möglich und zulässig, die Auftragserteilung und Vergütungsvereinbarung wie folgt zu verbinden: „Der Mandant beauftragt den Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung in der Strafsache XYZ. Er zahlt hierfür folgende Vergütung …“

§ 3a Abs. 1 S. 3 RVG lautet wie folgt: „Die Vergütungsvereinbarung hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.“ Die Regelung dient dem Mandantenschutz.

§ 3a Abs. 1 Satz 4 RVG stellt klar: „Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34.“ Dies bedeutet, dass die Gebührenvereinbarung bei Beratung, Gutachten und Mediation nicht der Textform bedarf, also auch mündlich mit dem Mandanten abgeschlossen werden kann.

Fazit: Der Gesetzgeber hat seit dem Inkrafttreten des RVG die Formalen Vorgaben für Vergütungsvereinbarungen deutlich reduziert. Damit soll der Abschluss von Vergütungsvereinbarungen in der Praxis erleichtert werden. Diese gewinnt zwar in der Praxis zunehmend an Bedeutng, dennoch berechnen die Anwälte überwiegend Gebühren nach dem RVG. Grund hierfür ist die Unsicherheit, wie der Mandant reagiert, wenn der Anwalt ihm anstelle der gesetzlichen Gebührenregelung den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung vorschlägt. Einzelheiten hierzu finden sie in der nächsten Ausgabe der Mitteilungen.

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