Rechtsanwalt Nikolaus Lutje

81929, München
Rechtsgebiete
Unternehmensberatung für Rechtsanwälte Recht der freien Berufe
11.01.2012

Vergütungsvereinbarung. Honorarhöhe und Mandatierung.

Es folgt der zweite Beitrag der Serie in den Mitteilungen des Münchner Anwaltvereins von RA Lutje. Dieser ist in der Ausgabe 11/2011 erschienen.

Viele Anwältinnen und Anwälte, mit denen ich im Laufe meines beruflichen Lebens in Seminaren, Workshops oder persönlichen Beratungen zusammengearbeitet habe, befürchten, dass der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach §§ RVG sich nachteilig auf die Auswahlentscheidung des Mandanten und auf die Mandatierung auswirken könnte. Das Ansinnen einer höheren als der gesetzlichen Vergütung könnte dazu führen, dass der (potentielle) Mandant von einer Auftragserteilung absehe und einen Anwalt beauftrage, der nach dem RVG abrechne und ein niedrigeres Honorar fordere.

Wenn Sie auch zu den Anwältinnen und Anwälten gehören, die glauben, die Höhe des geforderten Honorars wirke sich negativ auf eine Mandatserteilung aus, habe ich eine gute Nachricht für Sie:
Eine Marktuntersuchung des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement, veröffentlicht 2007, hat diese weit verbreitete Meinung widerlegt; das Ergebnis der Studie ist repräsentativ, es beruht auf zwei Bevölkerungsbefragungen des Meinungsforschungsinstituts forsa, Berlin.

Die Auswahlkriterien der Mandanten bei der Auftragserteilung im Einzelnen:

1. Möglichkeit zum sofortigen Gespräch (sehr/ wichtig 83%)

2. Möglichkeit schnell einen Termin zu erhalten (sehr/ wichtig 83%)

3. Spezialisierung des Anwalts/der Anwältin (sehr/ wichtig 80%)

4. Freundlichkeit des Personals (sehr/ wichtig 71%)

5. Ruf der Kanzlei des Anwalt (sehr/ wichtig 70%)

6. Örtliche Nähe (sehr/ wichtig 65%)

7. Empfehlung durch andere (sehr/ wichtig 58%)

8. Preise bzw. Honorare der Kanzlei (sehr/ wichtig 32%)

9. Bekanntheit der Kanzlei in der Öffentlichkeit(z.B. durch Werbung, Zeitungsartikel,
Interviews, etc.) (sehr/ wichtig 25%)

10. Größe der Kanzlei (sehr/ wichtig 13%)

11.Kanzleibroschüre (bzw. ähnliches Informationsmaterial) (sehr/ wichtig 12%)

12.Internetauftritt der Kanzlei (sehr/ wichtig 8%)

(Quelle: Forschungsbericht Soldan Institut, Band 4, S. 110)

Anmerkung: Das Ergebnis überrascht nicht. Mandanten sind in der Regel juristische Laien. Sie verfügen selbst nicht über die Information und das Wissen, die nötig sind, um ihr Problem selbst lösen zu können. Der Anwalt hat den Zugang zu der benötigten Information und ist in Folge seines Wissens fähig, das Problem seines Mandanten zu dessen Gunsten zu lösen. Man spricht in dem Zusammenhang mit der unterschiedlichen Informationsverteilung zwischen Anwalt und Mandant von einer asymmetrischen Information. Diese kennzeichnet die Ausgangslage und das Verhältnis Anwalt und Mandant grundlegend.

Reagibilität
Unter Reagibilität versteht man die Fähigkeit sensibel zu reagieren. Hierzu rechnet die Studie die Möglichkeit zu einem einem sofortigen Gespräch mit dem Anwalt und die Möglichkeit, schnell einen Termin bei dem Anwalt zu erhalten. Ferner zählen nach der Studie hierher die örtliche Nähe und die Freundlichkeit des Personals. Der ermittelte Mittelwert aus einer 5er- Skala beträgt laut der Studie 2,0 (Wert 1 = sehr wichtig, Wert 5 = gar nicht wichtig).

Die fehlende Information über die Möglichkeit der Problemlösung führt bei dem betroffenen Bürger zu Unsicherheit, die in der Regel als belastend empfunden wird. Der vor einem (Rechts-) Problem stehende Bürger sucht daher verständlicherweise nach einer Möglichkeit, sich möglichst schnell aus dieser Situation zu befreien. Der übliche Weg besteht darin mit einem Rechtsanwalt in Kontakt zu treten und bei diesem Rat einzuholen oder diesen, wenn nötig, gleich mit der Vertretung insgesamt zu beauftragen. Damit ist das Problem fürs Erste vom Tisch. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass die Möglichkeit zu einem sofortigen Gespräch oder einem kurzfristiger Termin einen hohen Stellenwert für Auswahl und Mandatierung des Anwaltes haben und jeweils von 83 % der Befragten als wichtig oder als sehr wichtig eingestuft werden. Die Freundlichkeit des Personals wird von den Mandanten als ein Teil der von der Kanzlei erbrachten Dienstleistung wahrgenommen und beurteilt. Die Bedeutung der Reputation wird von den
Befragten mit 2,2 eingestuft.

Reputation
Zur Reputation tragen laut der Studie folgende drei Faktoren bei: 1. Die Spezialisierung des Anwalts/ der Anwältin, 2. der Ruf der Kanzlei/ des Anwalts/ der Anwältin und 3. die Empfehlung durch andere. Die Kenntnis der Spezialisierung des Anwaltes halten immerhin 80 % der Befragten für sehr wichtig oder wichtig. Werbung war noch vor einigen Jahren für Anwälte absolut tabu. Der Wettbewerb sollte ausschließlich über die Qualität der Dienstleistung stattfinden.Was vor einigen Jahren noch unvorstellbar
war, ist inzwischen alltäglich: Werbung ist dem Rechtsanwalt nach § 43b BORA nun generell erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Immer mehr Anwälte werben mit der Angabe ihres Tätigkeits- oder Interessenschwerpunktes. Zunehmend ist auch die Zahl der Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen, die Fachanwalts-Bezeichnungen führen. Diese neue Freiheit schafft Transparenz auf dem Anwaltsmarkt und erleichtert dem Recht suchenden Bürger das Finden des „richtigen“ Anwalts. Sie hat aber auch Vorteile für den Anwalt. Diesem wird die gezielte Werbung um bestimmte Mandanten erleichtert. Die Bedeutung der Reputation wird von den Befragten insgesamt mit Mittelwert 2,2 eingestuft.

Außenauftritt

Hierunter fallen 1. die Bekanntheit der Kanzlei in der Öffentlichkeit z.B. durch Werbung, Zeitungsartikel, Interviews etc. 2. die Größe der Kanzlei 3. die Preise bzw. die Honorare der Kanzlei, 4. Kanzleibroschüre bzw. ähnliches Informationsmaterial und schließlich 5. Internetauftritt der Kanzlei und der Mittelwert aus einer 5er- Skala beträgt 3,8 und liegt somit deutlich hinter der Reputation (2,2) und der Reagibilität (2,0).

Fazit: Die Befürchtung, die bloße Höhe des Honorars könnte Mandanten von der Auftragserteilung abhalten, ist offensichtlich unbegründet. Mandanten bewerten die anwaltliche Dienstleistung umfassend, so dass
bei höherer Qualität ohne weiteres auch höhere Honorare akzeptiert werden.

flattr this!