Rechtsanwalt Nikolaus Lutje

81929, München
Rechtsgebiete
Unternehmensberatung für Rechtsanwälte Recht der freien Berufe
06.03.2012

Judex non calculat II – Bewertung

Heute nun meine Bewertung des gestrigen Sachverhaltes beim BGH. Wie bereits angedeutet haben die grundlegenden Gedanken immer noch hoch aktuelle Gültigkeit auch wenn das Gericht damals noch zur BRAGO entscheidet.

Bewertung

Das Gesetz selbst sieht in § 3 III 1 BRAGO keinen verbindlichen Prüfungsmaßstab vor. Der BGH orientiert sich in ständiger Rechtsprechung an den gesetzlichen Gebühren bzw. einem Mehrfachen der gesetzlichen Gebühren4. Bei Stundensatzvereinbarungen stellt er außerdem ab auf die „Aufwandsangemessenheit” (BGH, NJW 2003, 2387) des vereinbarten Honorars. Diese beiden unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe führen zu widersprüchlichen und fragwürdigen Ergebnissen. Die Vorgabe einer verbindlichen Honorargrenze durch den BGH, die nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden darf, wirft nicht nur gebührenrechtliche Fragen auf, sie ist darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenklich.

1. Mehrfaches der gesetzlichen Gebühr
a) Ungeeigneter Vergleichsmaßstab.
Etwas übertrieben ist die Annahme des BGH, innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens könne „grundsätzlich … eine angemessene Vergütung” erzielt werden. Für Strafverfahren mit einem geringen Umfang mag das zutreffen, bei einem mittleren Umfang ist es oft fraglich und bei umfangreichen Verfahren (solche mit mehreren Leitzordnern an Gerichtsakten und mehrtägiger Verhandlung), also gerade denjenigen Verfahren, in denen in der Praxis regelmäßig das Honorar vereinbart wird, ist das Gegenteil richtig, wie der vom BGH entschiedene Fall selbst belegt. Die gesetzlichen Gebühren betrugen netto 2280 DM (1520 DM gem. § 83 I Nr. 2 BRAGO und 760 DM gem. § 83 II Nr. 2 BRAGO). Teilt man die gesetzlichen Gebühren durch die aufgewendeten 51 Arbeitstunden, so erzielt der Rechtsanwalt einen Stundenlohn in Höhe von 44,71 DM (Nach dem RVG sieht die Rechnung nicht viel besser aus: Grundgebühr 300 Euro zzgl. Verfahrensgebühr 270 Euro zzgl. zwei Terminsgebühren zu je 470 Euro ergibt 1510 Euro geteilt durch 51 Arbeitstunden ergibt einen Stundensatz in Höhe von 29,61 Euro).
Nimmt man weiter einen zehnstündigen Arbeitstag an mit etwa 6,5 gebührenträchtigen Arbeitstunden/Tag, ergeben sich bei 220 Arbeitstagen und dem gerundeten Stundenhonorar von 45 Euro jährliche Einkünfte des Anwalts in Höhe von 64350 DM (Zur Kalkulation und Berechnung des individuellen Stundensatzes einer Anwaltskanzlei s. Lutje, BRAGO professionell 6/1995, S. 1f.; Madert, Die Honorarvereinbarung des Rechtsanwalts, 2. Aufl. (2002), S. 119; Krämer/Maurer/Kilian, Vergütungsvereinbarung- und Management, 2005, S. 38f.) Bei einer angenommenen Kostenbelastung von 48% bleibt dem Anwalt ein steuerpflichtiges Einkommen von 33.462 DM. Davon muss er die Einkommensteuer zahlen, die Vorsorgeaufwendungen für Krankheit und Alter und den eigenen Unterhalt und den seiner Familie sicherstellen. Die gesetzlichen Gebühren in Strafsachen sind demnach kein geeigneter Vergleichsmaßstab für die Angemessenheit bzw. Unangemessenheit einer vereinbarten Vergütung.

b) Kritik in der Literatur
Der auch in der aktuellen Entscheidung vom BGH zum Dogma erhobene Vergleich mit den gesetzlichen Gebühren ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Nach der Ansicht von Römermann (Römermann, MDR 2004, 421 (422) sind pauschale Bezugnahmen auf einen Multiplikator der gesetzlichen Vergütung generell unangemessen. Die Parteien, die eine Vergütungsvereinbarung treffen, haben sich gerade bewusst von der gesetzlichen Regelung entfernt. Unangemessen kann nur eine Vereinbarung sein, der ein krasses und evident vom Willen des Mandanten nicht mehr gedecktes Missverhältnis der anwaltlichen Leistung zu deren Vergütung zu Grunde liegt. Nach anderer Ansicht (Krämer/Maurer/Kilian (o. Fußn. 7), S. 188) werden durch die Gegenüberstellung der gesetzlichen Gebühren (als statisches Ergebnis ordnungspolitischer Entscheidungen) und der vereinbarten Vergütung (als Ergebnis eines flexiblen Preiswettbewerbs und gerechtfertigt aus dem einzelnen Mandat) letztlich „Äpfel mit Birnen” verglichen. Auch ohne einen Vergleich mit der gesetzlichen Vergütung sei die Bestimmung der Angemessenheit einer vereinbarten Vergütung möglich, wie seit Jahrzehnten die ausländischen Rechtsordnungen beweisen, denen eine Tarifierung der anwaltlichen Vergütung seit jeher fremd ist. Hinzu kommt, dass zum 1.7.2006 ohnehin alle Gebührenvorschriften für Beratungstätigkeiten entfallen, so dass es für die anwaltliche Beratungstätigkeit ab diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Vergütung mehr gibt, die zum Vergleich herangezogen werden kann.


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2. Aufwandsangemessenheit

In einem Urteil vom 3. 4.2003 (BGH, NJW 2003, 2387) hat der BGH bei der Überprüfung einer Zeitvergütung neben dem Mehrfachen der gesetzlichen Gebühren auf die Aufwandsangemessenheit des vereinbarten Honorars abgestellt. Der zentrale Satz der Entscheidung lautet: „ … eine aufwandsangemessene anwaltliche Honorarvereinbarung kann das Sittengesetz nicht verletzen.” Das gilt nach dem BGH namentlich dann, wenn eine arbeitszeitabhängige Vergütung vereinbart wurde, der vereinbarte Stundensatz nicht außergewöhnlich hoch (Im entschiedenen Fall betrug der Stundensatz der im Jahre 1998 getroffenen Honorarvereinbarung 350 DM zzgl. Auslagen. Nach Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, RVG, 16.Aufl. (2004), § 4 Rdnr. 86, insb. Fußn. 48, bewegen sich die Stundensätze derzeit zwischen 125 Euro bis 500 Euro) ist und die Gesamtvergütung durch die Anzahl der rechnungsmäßig anfallenden Stunden aufwandsabhängig wächst. Dann kann für die Qualifizierung eines Honorars als „unangemessen hoch” nichts anderes gelten (So der BGH unter Hinweis auf seine eigene Rechtsprechung, wonach allein das mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Aufwands nicht für ein sittenwidriges Missverhältnis von anwaltlicher Leistung und vereinbarter Gegenleistung ausreicht). In einer späteren Entscheidung (BGH, NJW 2003, 3486) hat der BGH ein sittenwidriges Missverhältnis bejaht, wenn der Rechtsanwalt bei der Vereinbarung eines Stundensatzes seinen Aufwand in „grober Weise eigensüchtig aufbläht” und bei den berechneten Einzeltätigkeiten und ihrer Dauer die objektiv gebotene Konzentration und Beschleunigung der Mandatswahrnehmung (Wirtschaftlichkeitsgebot im Mandanteninteresse) wissentlich außer Acht lässt und so die Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um annähernd das Doppelte überschritten wird. Auch hier kann für die Frage, wann ein Honorar „unangemessenen hoch” ist, nichts anderes gelten. Mit anderen Worten: Ein aufwandsangemessenes Honorar, das wie in dem vom BGH entschiedenen Fall eine Folge der von dem Mandanten vom Anwalt erwarteten und erwünschten umfangreichen Tätigkeit des Anwalts ist (Der Anwalt wurde erst gegen Ende des Strafverfahrens neben einem Wahl- und einem Pflichtverteidiger beauftragt und sollte nach dem Vortrag des Mandanten umfangreiche Schriftsätze fertigen, die das Gericht dazu bringen, allein wegen der Unübersichtlichkeit der Sachverhalte „die Akte zu schließen”), kann nur dann zu einer Vergütung führen, die „unangemessen hoch” ist, wenn entweder der vereinbarte Stundensatz unangemessen hoch ist oder wenn der Rechtsanwalt das Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt, indem er den Aufwand der Leistungserbringung unangemessen aufbläht. Ist keine dieser beiden Einschränkungen erfüllt, ist das Honorar stets dem Aufwand und der anwaltlichen Leistung angemessen (Vgl. AG Hamburg, AGS 2000, 81 (82): Die Tatsache, dass ein vereinbartes Stundenhonorar (200 DM/Stunde) die gesetzlichen Gebühren um das 16-fache übersteigt, rechtfertigt noch keinen Schluss auf die Unangemessenheit, wenn die Berechnungsgrundlage für das Stundenhonorar angemessen ist; LG Aachen, AnwBl 1999, 412: Ein weit über den gesetzlichen Gebühren vereinbartes Honorar ist nur dann sittenwidrig, wenn auch ein Stundenhonorar einen unerträglichen Zustand ergäbe).

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3. Wertungswiderspruch
Der Vergleich der vereinbarten Vergütung mit den gesetzlichen Gebühren und der Vergleich der vereinbarten Vergütung mit dem aufwandsangemessenen Honorar können zu widersprüchlichen Ergebnissen führen, wie der vom BGH entschiedene Fall beweist. In ihm betrug der Zeitaufwand 51 Stunden. Der von dem BGH nicht als unangemessen hoch bezeichnete Stundensatz betrug 800 DM/Stunde. Das ergab ein aufwandsangemessenes Honorar von 40.800 DM. Setzt man zum Vergleich einen Stundensatz von lediglich 400 DM/Stunde an (was für die Tätigkeit in Wirtschaftsstrafverfahren ein eher niedriger Stundensatz ist), ergibt sich ein aufwandsangemessenes Honorar von 20.400 DM. Demgegenüber beträgt das Fünffache des gesetzlichen Honorars von 2280 DM insgesamt nur 11.400 DM. Mit anderen Worten: Das aufwandsangemessene Honorar ist selbst bei einem relativ niedrigen Stundensatz von 400 DM fast doppelt so hoch wie das Fünffache der gesetzlichen Gebühren – das nach dem BGH die allgemein verbindliche Honorargrenze darstellt, deren Überschreiten regelmäßig das Mäßigungsgebot verletzt.
Oder von einer anderen Seite betrachtet: Ist der Zeitaufwand von 51 Arbeitsstunden der erbrachten Tätigkeit des Rechtsanwalts angemessen und liegt kein extremer Ausnahmefall vor, der das Überschreiten der Honorargrenze von 11.400 DM ausnahmsweise rechtfertigt, dann sind bei einem Stundensatz von 800 DM lediglich 14,25 Arbeitsstunden (11.400 DM geteilt durch 800 DM/Stunde) durch Honorar abgedeckt. Die darüber hinaus erbrachte Arbeitsleistung muss der Rechtsanwalt ohne eine Vergütung erbringen. Eine Querfinanzierung durch andere Mandate, wie sie bei den wertbezogenen Gebühren zum Beispiel in Zivilsachen erfolgt, scheidet in Strafsachen aus. Will der Rechtsanwalt die finanziellen Nachteile vermeiden, die die vom BGH festgesetzte Honorargrenze mit sich bringt, hat er drei Möglichkeiten: Entweder er wendet für die Sachbearbeitung nur 14,25 Stunden auf, wohl wissend, dass ein erheblich höherer Zeitaufwand nötig ist, oder aber er lässt die für die Sachbearbeitung notwendige Sorgfalt außer Acht. Beide Verhalten sind mit der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege nur schwer zu vereinbaren und können von dem Mandanten nicht gewünscht sein. Schadensersatzansprüche des Mandanten wären eine unausbleibliche Folge. Bleibt nur die dritte Möglichkeit: Er nimmt das Mandat gar nicht erst an.
Dieser Wertungswiderspruch lässt sich ohne weiteres vermeiden, wenn man als „ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände”, die ein Überschreiten der Honorargrenze ausnahmsweise rechtfertigen, auch den Umstand anerkennt, dass – wie in dem von dem BGH entschiedenen Fall – die verbindliche Honorarobergrenze durch ein rechtlich nicht zu beanstandendes aufwandsangemessenes Honorar überschritten wird. Zwar nennt der BGH in dem Urteil einige Gesichtspunkte, die das Überschreiten der Honorargrenze rechtfertigen können, wie die Vermögensverhältnisse des Mandanten, den Umfang und die Schwierigkeit der Tätigkeit, Versprechungen des Rechtsanwalts, Qualifikation und Reputation. Die Höhe eines aufwandsangemessenen Honorars findet sich nicht darunter. Das verwundert nicht, denn offensichtlich hatte der BGH bei Abfassung des Urteils nur die gesetzlichen Gebühren als Vergleichsmaßstab vor Augen.
Eine Besonderheit ergibt sich in dem vom BGH entschiedenen Fall daraus, dass die Honorarvereinbarung neben der Stundenlohnvereinbarung die Vereinbarung einer Pauschalvergütung enthielt. Durch die Pauschalvergütung sollten aber keine Tätigkeiten des Rechtsanwalts entgolten werden, sondern dessen besonderes „Know how”. Bei richtiger Betrachtung liegt daher keine doppelte Vergütung derselben Tätigkeit vor (wie die Rechtsanwaltskammer in ihrem Gebührengutachten fälschlich annahm), sondern das Pauschalhonorar sollte in Wirklichkeit nur dazu dienen, einen höheren als den tatsächlich vereinbarten Stundensatz zu erzielen. Das zusätzliche Pauschalhonorar ist daher Teil der Stundensatzvereinbarung, wofür auch der Umstand spricht, dass die geforderte Zeitvergütung mit 40800 DM weit höher ist als die Pauschalvergütung von 24000 DM. Die sich zunächst stellende Frage lautet deshalb: Wie hoch ist der Stundensatz unter Einbeziehung der Pauschalvergütung? Die Antwort ergibt sich aus einer einfachen Rechnung: Tatsächliches Honorar unter Einbeziehung der Pauschalvergütung: 64.800 DM (24.000 DM zzgl. 40.800 DM) mal Anzahl der Arbeitsstunden: 51 ergibt einen tatsächlichen Stundensatz von gerundet 1270 DM/Stunde.

Ein vereinbartes Honorar kann sehr wohl nicht mehr angemessen sein, gleichwohl muss damit aber noch nicht der Tatbestand des § 3 III BRAGO erfüllt sein (OLG München, NJW 1967, 1571 (1572)) Eine Bejahung der Unangemessenheit kommt nach der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn das Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falls sich als unzumutbar und als unerträgliches Ergebnis darstellt (OLG München, NJW 1967, 1571), das mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar wäre (OLG Köln, NJW 1998, 1962), so dass ausnahmsweise ein Abweichen von dem Grundsatz „pacta sunt servanda” gerechtfertig ist. Wo aber liegen die Grenzen einer aufwandsangemessenen Vergütung? Bei annähernd dem Doppelten hat der BGH ein sittenwidriges Missverhältnis bejaht (Vgl. BGH, NJW 2003, 3486). Wie verhält es sich in dem Bereich unterhalb des Doppelten? Zu Recht weist der BGH darauf hin, dass gerade bei (Pauschal-)Honorarvereinbarungen in Strafsachen die Qualifikation und Reputation des Rechtsanwalts ein gewichtiges Abwägungsmerkmal sind (So auch OLG Hamm, AGS 2002, 268).

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4. Wortlaut und Sinn des § 3 III BRAGO
Wie das OLG Hamm (OLG Hamm, AGS 2002, 268) zutreffend ausführt, spricht § 3 III 1 BRAGO ausdrücklich von der Berücksichtigung „aller Umstände” und nicht nur von einem bestimmten, festen Verhältnis zu den gesetzlichen Gebühren. Die Höhe der gesetzlichen Vergütung ist nur ein Umstand unter anderen. Nach dem Wortlaut des § 3 III 1 BRAGO kommt ihr keine herausgehobene Bedeutung zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 3 III 1 BRAGO eine verbindliche Honorargrenze schaffen wollte, die nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden darf, sind nicht ersichtlich. Auch aus dem Sinn des § 3 III 1 BRAGO lässt sich keine verbindliche Honorargrenze ableiten. § 3 III 1 BRAGO ist ebenso wie § 242 BGB Ausfluss des allgemeinen Rechtsgedankens, dass die Abänderung einer getroffenen Vereinbarung abweichend von dem allgemein gültigen Grundsatz „pacta sunt servanda” nur dann in Betracht kommen kann, wenn es gilt, Auswüchse zu beschneiden. Eine verbindliche Honorargrenze, die dazu führt, dass ein aufwandsangemessenes Honorar „unangemessen hoch” i.S. von § 3 III 1 BRAGO ist, beschneidet keine Auswüchse, sondern führt zu einer mehr oder minder willkürlichen Kappung der Vergütung des Rechtsanwalts. Wenn der Gesetzgeber die Kappung gewollt hätte, hätte er es in § 3 III 1 BRAGO zum Ausdruck gebracht, so wie dies etwa bei der Erstberatungsgebühr in § 20 I 2 BRAGO (jetzt: Nr. 2102 VV RVG) oder neuerdings in der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG hinsichtlich des Überschreitens des 1,3-fachen Gebührensatzes der Geschäftsgebühr geschehen ist.

5. Art. 12 I GG
Nach dem Beschluss des BVerfG vom 12.8.2002 (BVerfG, NJW 2002, 3314. Die Entscheidung ist in derselben Angelegenheit ergangen. Sie betrifft die zunächst erfolgte Auslegung der Honorarvereinbarung durch das OLG, wonach der Begriff „Spesen” unbestimmt und die getroffene Honorarvereinbarung unwirksam sei. Das BVerfG hob das Urteil des OLG wegen eines Verstoßes gegen Art. 12 I GG auf) greifen Vergütungsregelungen und hierauf gründende Entscheidungen, die auf die Einnahmen, welche durch eine berufliche Tätigkeit erzielt werden können, und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, in die Freiheit der Berufsausübung ein. Dieser Schutzbereich des Art. 12 I GG wird auch durch die Bestimmung einer verbindlichen Honorargrenze berührt. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind mit Art. 12 I GG nur vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen (Vgl. BVerfGE 7, 377 (405f.) = NJW 1958, 1035; BVerfGE 71, 183 (196f.) = NJW 1986, 1586; BVerfGE 77, 308 (332) = NJW 1988, 1899). Das gesetzliche Mäßigungsgebot beruht auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Es hat den Zweck, den Mandanten vor einer unangemessen hohen Anwaltsvergütung zu schützen. Und auch die Bestimmung einer verbindlichen Honorargrenze, die nur in Extremfällen überschritten werden darf, ist geeignet, diesen Schutz zu bewirken. Dennoch ist dem Rechtsanwalt die dadurch entstehende Beschränkung in seiner Berufsausübungsfreiheit nicht zumutbar.
Die Zumutbarkeit einer grundrechtsbeschränkenden Maßnahme ergibt sich aus einer Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs auf der einen Seite und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe auf der anderen Seite 24. Die vom BGH in der Entscheidung genannten rechtfertigenden Gründe für eine verbindliche Honorargrenze, wie Verstärkung des Schutzes des Mandanten vor Auswüchsen, Entlastung der Instanzgerichte bei der häufig sehr schwierigen und aufwendigen Einzelfallprüfung durch einen festen und einfach zu berechnenden Maßstab, Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsanwendung und vorbeugende Wirkung gegen hohe Vergütungsvereinbarungen sind nicht geeignet, die Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts aufzuwiegen. Die Bestimmung einer verbindlichen Honorargrenze, die nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden kann, nimmt dem Rechtsanwalt in einer großen Zahl von Mandaten die Möglichkeit, mit dem Mandanten eine aufwands- und leistungsangemessene Vergütung zu vereinbaren. Vor allem Rechtsanwälten, die ausschließlich oder schwerpunktmäßig in Strafsachen tätig sind, entstehen durch die vom BGH festgelegte verbindliche Honorargrenze erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Die Entscheidung des BGH ist daher auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten abzulehnen.

V. Fazit
Die Festlegung einer allgemein verbindlichen Honorargrenze für Strafverteidigungen in Höhe des Fünffachen der gesetzlichen Gebühren, die nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden kann, ist abzulehnen. Sie geht von der falschen Prämisse aus, dass die gesetzlichen Gebühren in Strafsachen der Anwaltschaft eine angemessene Vergütung ermöglichen. Sie nimmt dem Rechtsanwalt die Möglichkeit, von Extremfällen abgesehen, mit dem Mandanten aufwands- und leistungsangemessene Vergütungen zu vereinbaren. Wegen der fehlenden Querfinanzierung zwingt sie den Rechtsanwalt dazu, Tätigkeiten zum Teil verfügungsfrei zu erbringen oder die Annahme des Mandats abzulehnen. Die vom BGH bestimmte verbindliche Honorargrenze ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn des § 3 III 1 BRAGO vereinbar. Sie stellt einen übermäßigen und unzumutbaren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, der durch die vom BGH genannten Gründe (Entlastung der Instanzgerichte durch einen festen und einfach zu berechnenden Maßstab, einheitliche Rechtsanwendung, Schutz des Mandanten vor Auswüchsen) nicht gerechtfertigt ist. Es ist deshalb zu hoffen, dass der BGH seine Rechtsprechung zur Unangemessenheit anwaltlicher Honorarvereinbarungen überdenkt und präzisiert. Es ist zu wünschen, dass der BGH hierbei nicht nur das Interesse der Justiz und der Auftraggeber berücksichtigt, sondern auch das berechtigte Interesse der Anwaltschaft an einer aufwandsangemessenen und leistungsgerechten Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit. Das ist nicht verboten.

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