Eine kleine Bestandsaufnahme: Es gibt immer mehr Anwälte und Anwältinnen, es gibt darunter solche, denen Gehälter von rund 1000 Euro pro Monat gezahlt werden, Zeitarbeitsfirmen setzen Anwältinnen und Anwälte als Projektmitarbeitende in Kanzleien ein und ziehen sie danach wieder ab.
Diese Entwicklung hat Gründe. Auch der Berufsstand der Rechtsanwälte muss gewissen Mechanismen des Marktes gehorchen. Das wird etwa hier deutlich, wenn es um das Werben um gutes Personal auf der einen und das Finden einer guten Anstellung auf der anderen Seite geht. Es gibt letztlich keine Gründe, warum die Anwaltschaft von Entwicklungen, die andere akademische Berufsgruppen erleben, verschont bleiben sollte.
Dennoch lässt sich feststellen, dass der Anwaltsberuf scheinbar seinen Reiz nicht verloren hat. Viele junge Männer und Frauen entschließen sich zunächst für ein juristisches Studium und anschließend für eine Karriere als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt. Das spricht doch letztlich für die Inhalte, die dieser Beruf bietet, wenn doch die Rahmenbedingungen (Gehalt, Arbeitszeit, Jobchancen) inzwischen auch nicht mehr anders sind, als in anderen Branchen.
Zwei mögliche Entwicklungen aus dieser Situation können die Zukunft unseres Berufsstandes nachhaltig beeinflussen. Zum einen ist ein perfekter Nährboden für echte Überzeugungstäterinnen und -täter gelegt. Wer wirklich Lust hat, sich mit dem Recht zu beschäftigen und seine Kenntnisse in den Dienst seiner Mandantschaft zu stellen, der hat ungebrochen beste Chancen. Gute Juristinnen und Juristen werden weiterhin ihren Weg gehen.
Zum anderen ist vielleicht dies die Situation, in der die Bologna-Reform nun auch auf die juristischen Studiengänge angewendet wird. Vielleicht ist es an der Zeit für den Beruf des Jura-Bachelors, der in einer Kanzlei wissenschaftlich fundiert die Anwältinnen und Anwälte unterstützt. Er kann eine Spezialisierung mitbringen, die in Kanzleien durchaus gefragt wäre. Vielleicht tut sich ja dadurch sogar ein neuer Traumberuf auf.