Darf ein Zahnarzt die Gebietsbezeichnung Kieferortopädie führen, ohne die hierfür erforderliche Weiterbildung zu besitzen?
Noch immer weisen zahlreiche Webseiten auf eine Entscheidung des LG Kleve hin, das im Jahr 2007 (8 O 3/07) einem Zahnarzt die Führung dieser Zusatzbezeichnung untersagt hatte. Demnach dürften Zahnärzte, die den Titel MSc in Kieferorthopädie in Österreich erworben haben, in NRW diese Zusatzbezeichnung nicht führen. Er verstoße gegen das HeilberufeG NRW. Da der Zahnarzt im entschiedenen Fall zu dem Titel "Master of Science" auch die Gebietsbezeichnung "Kieferorthopädie" hinzufügte, entsteht nach Auffassung des Landgerichts Kleve die Verwechselungsgefahr zwischen der Fachgebietsbezeichnung und dem akademischen Grad "Master of Science".
Die Entscheidung ist schon lange nicht mehr aktuell.
Die Entscheidung des LG Kleve hatten der BGH mit Urteil vom 18.03.2010 (I ZR 172/08) und davor bereits das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 23.09.2008 aufgehoben.
Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass die Führung des von einer österreichischen Universität verliehenen Grades "Master of Science Kieferorthopädie" nicht gegen §§ 33, 35 Abs. 1 HeilberufsG NRW verstößt. Dem Publikum sei zuzumuten, sich über die jeweiligen Zusatzbezeichnungen und Spezialisierungen zu unterrichten. Eine Verwechslungsgefahr schloss er in dem vorliegenden Fall aus.
Trotzdem: Bevor Zahnärzte eine Zusatzbezeichnung führen, die mit ihrer Berufsordnung oder Weiterbildungsordnung nicht ganz in Einklang steht, sollten sie diese anwaltlich prüfen lassen. Dies gilt erst recht in Hinsicht auf landesspezifische Besonderheiten der Berufsordnung.
Dr. Andreas Staufer
Fachanwalt für Medizinrecht
[Stand: 18.01.2011]