Urteil des VG Trier vom 30.08.2006

VG Trier: befangenheit, zwangsgeld, verwaltungsgebühr, androhung, rechtsgrundlage, genehmigung, zivilprozessordnung, unparteilichkeit, unterstand, bauarbeiten

Abgabenrecht
Baurecht
Gebührenrecht
Prozessrecht
Verwaltungsgebührenrecht
Verwaltungsprozessrecht
Verwaltungsvollstreckungsrecht
Vollstreckungsrecht
VG
Trier
30.08.2006
5 K 234/06.TR
Sind die für die Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit genannten Gründe von vornherein
ersichtlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, braucht über das
Ablehnungsgesuch nicht gesondert vorab entschieden zu werden.
Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes erfordert nicht, dass ein zuvor festsgesetztes erstes
Zwangsgeld beigetrieben wurde oder erfolglos beizutreiben versucht wurde. Soweit das OVG Rheinland-
Pfalz in seinem Beschluss vom 13. Januar 1988 – 13 B 550/87 -, NVwZ 1988, S. 652, eine weitere
Zwangsgeldandrohung in einem derartigen Fall als rechtswidrig angesehen hat, ist diese Rechtsprechung
durch die mit Gesetz vom 5. Oktober 1990 (GVBl. S. 296) erfolgte Änderung des § 66 LVwVG
gegenstandlos geworden.
Eine Zwangsgeldfestsetzung zur Durchsetzung einer auf § 81 LBauO gestützten Anordnung steht
gebührenrechtlich einer bauaufsichtlichen Verfügung im Sinne der Nummer 2.7 der Anlage 1 zur
Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen der Bauaufsichtsbehörden des
Gebührenverzeichnisses gleich.
Anmerkung:
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Verwaltungsgericht Trier
5 K 234/06.TR
Urteil
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen baurechtlicher Vollstreckungsmaßnahme
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. August
2006 durch
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht
der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 300,00 €, die Androhung eines
weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 € und die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von
130,00 €. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war bis Mai 2005 Eigentümer der am Rande der Ortslage von *** gelegenen bebauten
Grundstücke mit den Flurstücknummern 104 und 105 in der Gemarkung ***, Flur *** – ***-str. *** –. In der
Vergangenheit hat er, ohne im Besitz einer diesbezüglichen Baugenehmigung zu sein, begonnen, die auf
den Grundstücken befindlichen Gebäude um einen überdachten Unterstand für Fahrzeuge mit einer
Grundfläche von ca. 151 qm und einer mittleren Höhe von 3,10 m zu erweitern.
Mit bauaufsichtlicher Anordnung vom 18. Juli 2002 untersagte der Beklagte dem Kläger die Fortführung
der diesbezüglichen Bauarbeiten unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500 € und
Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 130 €. Außerdem wurde der Kläger gebeten, bis zum
20. August 2002 einen prüffähigen Bauantrag einzureichen; komme er dem nicht freiwillig nach, sei die
Behörde gehalten, die Vorlage eines Bauantrags mit kostenpflichtiger Anordnung zu fordern.
Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, einen
Bauantrag gestellt zu haben, wies der Kreisrechtsausschuss *** mit Widerspruchsbescheid vom 18.
November 2003 zurück und führte aus, dass der Unterstand formell illegal sei, weil eine erforderliche
Baugenehmigung nicht ausgestellt worden sei.
Mit formlosem Schriftsatz vom 12. Februar 2004 forderte der Beklagte den Kläger sodann erneut auf, für
die inzwischen durchgeführten Bauarbeiten (Wagenremise) einen Bauantrag einzureichen.
Hierauf erwiderte der Kläger unter dem 14. März 2004, dass Voraussetzung für die Stellung eines
Bauantrags die Vorlage eines beglaubigten Katasterauszugs sei; es gebe jedoch bislang keine
zutreffenden Katasterkarten.
Mit bauaufsichtlicher Anordnung vom 30. März 2004, die am 31. März 2004 zugestellt wurde, forderte der
Beklagte den Kläger sodann unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 300 € und Festsetzung
einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 € auf, bis zum 30. April 2004 einen Bauantrag zu stellen.
Gegen diese Anordnung hat der Kläger keinen Rechtsbehelf eingelegt, kam aber der Aufforderung zur
Stellung eines Bauantrags innerhalb der gesetzten Frist nicht nach.
Daraufhin setzte der Beklagte mit am 28. Mai 2004 zugestellter Entscheidung vom 26. Mai 2004 das
angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 300 € fest und drohte für den Fall der Nichteinreichung des
Bauantrags bis zum 30. Juni 2004 ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 500 € an. Außerdem setzte er für
diese Entscheidung eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 130 € fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 3. Juni 2004 Widerspruch ein und trug vor, dass er beim
Vermessungs- und Katasteramt Wittlich neue Flurkarten habe erstellen lassen, wobei aber die Grenzen
gegen seinen Willen verändert worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2006 wies der Kreisrechtsausschuss *** den Widerspruch zurück.
In den Gründen des Widerspruchsbescheids ist ausgeführt, dass die Zwangsgeldfestsetzung rechtmäßig
sei, weil der Kläger der bestandskräftigen Anordnung vom 30. März 2004 nicht nachgekommen und der
Beklagte berechtigt sei, die Stellung eines Bauantrags zu verlangen. Die erneute Zwangsgeldandrohung
erscheine erforderlich. Die festgesetzte Verwaltungsgebühr liege im unteren Drittel des in Ziffer 2.7 des
Besonderen Gebührenverzeichnisses vorgesehenen Gebührenrahmen zwischen 51,13 € und 613,55 €,
so dass sie nicht unverhältnismäßig sei.
Am 7. März 2006 hat der Kläger sodann Klage erhoben. Er macht Angaben dazu, dass von ihm bereits
zahlreiche Verfahren bei dem Verwaltungsgericht Trier anhängig gemacht worden sind, die seiner
Auffassung nach für die vorliegende Entscheidung relevant seien, und rügt die Befangenheit des
Einzelrichters mit der Begründung, dieser habe bereits an zahlreichen ihn – den Kläger - betreffenden
Verfahren mitgewirkt; auch sei es nicht akzeptabel, wenn die Kammer ihm gegenüber ergangene
Beschlüsse wie z.B. den Einzelrichterübertragungsbeschluss als unanfechtbar bezeichne. In der Sache
beantragt er ersichtlich,
den Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des
Kreisrechtsausschusses *** vom 1. März 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe der ergangenen Bescheide,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze
der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge, die vorlagen und Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsausschusses *** vom 1. März 2006 stellt sich als
rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten.
Dabei ist der Einzelrichter aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrags
nicht gehindert, diese Entscheidung zu treffen, ohne zuvor eine gesonderte Entscheidung der Kammer
über den Befangenheitsantrag einzuholen.
Nach § 54 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 42 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung - ZPO - kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
Befangenheit ist die unsachliche innere Einstellung des Richters zu den Beteiligten oder zum Gegenstand
des konkreten Verfahrens. Als Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des
Richters zu rechtfertigen, kommen nur objektive Gründe in Frage, die vom Standpunkt des Ablehnenden
aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Richter stehe der Sache nicht
unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.
Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 44 Abs. 2 ZPO ist weitere Voraussetzung für ein
erfolgreiches Ablehnungsgesuch, dass die Ablehnungsgründe substantiiert dargelegt und glaubhaft
gemacht werden. Ablehnungsgründe sind die Tatsachen, auf die die Ablehnung gestützt wird. Sie müssen
stets individueller Natur sein, d. h., es muss sich um aus der Person des einzelnen Richters hergeleitete,
angebbare und im Ablehnungsgesuch angegebene Gründe handeln, die geeignet sind, Zweifel an der
Unparteilichkeit des jeweiligen Richters aufkommen zu lassen. Dabei rechtfertigt der Umstand, dass ein
Richter in der Vergangenheit an einer für den jetzigen Antragsteller ungünstigen Entscheidung mitgewirkt
hat, nicht die Besorgnis der Befangenheit. Das deutsche Verfahrensrecht wird von der Auffassung
getragen, dass ein Richter selbst dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herangeht,
wenn er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat, denn auch in derartigen
Fällen ist eine Befangenheitsablehnung nur gerechtfertigt, wenn sich aufgrund besonderer zusätzlicher
Umstände der Eindruck einer unsachlichen, auf Voreingenommenheit beruhenden Einstellung des
Richters aufdrängt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02. Oktober 1997 - 11 B 30.97 -, Buchholz 303 § 42 Nr.
2).
Ausgehend hiervon brauchte über das Ablehnungsgesuch nicht gesondert vorab entschieden zu werden
(§ 54 VwGO i.V.m. § 45 der Zivilprozessordnung - ZPO -), weil die für die Ablehnung genannten Gründe
von vornherein ersichtlich ungeeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 24. Januar 1973 - III CB 123.71 -, Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 13).
Die Zwangsgeldfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in § 64 Abs. 2 Satz 1
Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG – vom 8. Juli 1957 (GVBl. S. 101), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 21. Juli 2003 (GVBl. S.155).
Das Zwangsgeld ist gemäß § 64 Abs. 1 LVwVG ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung der mit Anordnung
vom 30. März 2004 geforderten Stellung eines Bauantrags.
Das Zwangsmittel ist dem Kläger auch ordnungsgemäß im Sinne des § 66 LVwVG angedroht worden,
insbesondere wurden die Anforderungen des § 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 und Abs. 6 LVwVG
beachtet.
Dabei stellt die Aufforderung vom 30. März 2004 zur Stellung eines Bauantrags einen
vollstreckungsfähigen Verwaltungsakt im Sinne des § 61 Abs. 1 LVwVG dar, der seine Rechtsgrundlage in
§ 81 Satz 2 der Landesbauordnung – LBauO – findet. Nach dieser Bestimmung kann die
Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird, um die Bauaufsichtsbehörde in die
Lage zu versetzen, bei einem ohne die vorgeschriebene Genehmigung oder in Abweichung von einer
erteilten Genehmigung bereits ausgeführten Bauvorhaben, von dem nicht schon von vornherein feststeht,
dass es nicht genehmigungsfähig ist, zu überprüfen, ob eine nachträgliche Genehmigung in Betracht
kommt oder ob eine Beseitigungsanordnung zu erlassen ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 28. November
2000 - 4 K 219/00.NW -, bestätigt durch: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3. Dezember 2001 - 8 A
10806/01.OVG). Die sich hieraus ergebenden Voraussetzungen für den Erlass einer Aufforderung zum
Stellen eines Bauantrages liegen nach Aktenlage zweifelsfrei vor.
Die in dem Bescheid vom 26. Mai 2004 enthaltene weitere Zwangsgeldandrohung findet ihre
Rechtsgrundlage in § 66 LVwVG. Soweit das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 13. Januar
1988 – 13 B 550/87 -, NVwZ 1988, S. 652, eine weitere Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig
angesehen hat, wenn nicht ein zuvor angedrohtes erstes Zwangsgeld beigetrieben oder beizutreiben
versucht wurde, ist diese Rechtsprechung durch die mit Gesetz vom 5. Oktober 1990 (GVBl. S. 296)
erfolgte Änderung des § 66 LVwVG gegenstandlos geworden, mit der die Bestimmung des § 66 Abs. 3
Satz 4 LVwVG in der ursprünglichen Fassung aufgehoben wurde, wonach die Androhung eines neuen
Zwangsmittels erst dann zulässig war, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos geblieben
war. Vielmehr ist infolge dieser Gesetzesänderung eine neue Zwangsmittelandrohung bereits dann
zulässig, wenn eine erste Zwangsmittelandrohung nicht zum Erfolg, nämlich der Vornahme der
geforderten Handlung, geführt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 30. November 1994 – 4 B
243/94 -, juris).
Die in dem Bescheid des Beklagten enthaltene Festsetzung von Gebühren beruht auf §§ 1 Abs. 1, 2, 9 des
Landesgebührengesetzes – LGebG – vom 3. Dezember 1974 (GVBl. S. 578) i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und lfd. Nr.
2.7 der Anlage 1 zur Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen der
Bauaufsichtsbehörden u. a. (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 14. September 2001 (GVBl. S. 237),
denn eine Zwangsgeldfestsetzung und erneute Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung einer auf § 81
LBauO gestützten Anordnung steht einer bauaufsichtlichen Verfügung im Sinne dieser Nummer des
Gebührenverzeichnisses gleich, wobei es rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte innerhalb
des ihm eröffneten Gebührenrahmen zwischen 51,13 € und 613,55 € eine Gebühr in Höhe von 130,00 €
festgesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre
Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
Gründe, nach § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben, denn die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung
im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.