Urteil des VG Trier vom 23.11.2006

VG Trier: mehrarbeit, stadt, rückforderung, auszahlung, vergütung, fahrzeug, ausstattung, rückzahlung, herausgabe, verwaltungsakt

Beamtenrecht
VG
Trier
23.11.2006
1 K 560/06.TR
Die Auszahlung einer Mehrarbeitsvergütung für Beamte erfolgt ohne Rechtsgrund, wenn die
Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) i.V.m.
BBesG § 48 nicht erfüllt sind. Ein Dienst zur Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden
unaufschiebbaren und termingebundenen Ergebnisses i.S.d. MVergV § 5 Abs. 2 Nr. 5 liegt nicht vor, wenn
es sich um die Erledigung fortlaufender Verwaltungsgeschäfte handelt. Es gehört zum Wesen der einem
Kämmerer übertragenen Aufgaben, für eine termingerechte Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben
Sorge zu tragen.
Anordnungen und Genehmigungen von Mehrarbeit müssen sich auf konkrete, zeitlich abgegrenzte
Mehrarbeitstatbestände beziehen.
Verwaltungsgericht Trier
1 K 560/06.TR
Urteil
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Beamtenrechts (Rückforderung)
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.
November 2006, an der teilgenommen haben
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung einer Mehrarbeitsvergütung.
Der Kläger stand seit dem 01. April 1959 als Beamter im Dienste der Stadt ***. Seit 1969 war er im Bereich
der Finanzverwaltung, zuletzt als Stadtverwaltungsdirektor, in der Funktion des Stadtkämmerers
beschäftigt. Mit Ablauf des Monats Juli 2004 trat der Kläger in den Ruhestand.
Mit der ersten Zahlung seiner Versorgungsbezüge für den Monat August 2004 wurde dem Kläger ein
Betrag von 50.000,-- € Brutto als Abgeltung für von ihm in den Jahren 1989 bis 1997 geleisteten
Mehrarbeitsstunden gezahlt. Dieser Betrag wurde in der Verdienstabrechnung für den Zahlungsmonat
August als "Nachverrechnung Mehr j" (= Nachverrechnung für mehrere Jahre) deklariert.
Unter dem 1. Februar 2005 beanstandete der Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier
diese Verfahrensweise und gab dem Oberbürgermeister der beklagten Stadt auf, von weiteren
beabsichtigten Zahlungen an den Kläger für geleistete Überstunden abzusehen.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2005 forderte die Beklagte den ausgezahlten Betrag in Höhe von 50.000,-- €
vom Kläger zurück, mit der Begründung, die Auszahlung sei fehlerhafterweise auf der Grundlage der
Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Mehrarbeitsvergütungsverordnung und damit ohne Rechtsgrund erfolgt.
Diese Ausnahmevorschrift sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sich die Vergütung - wie dort
vorausgesetzt - nicht auf unmittelbare existenzielle Leistungen für die Bürger, sondern vielmehr auf die
Erledigung von Verwaltungsarbeiten bezogen habe. Da keine Anhaltspunkte für ein Absehen von der
Rückforderung aus Billigkeitsgesichtspunkten vorlägen, sei der ausgezahlte Betrag insgesamt
zurückzufordern.
Unter dem 03. Juni 2005 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein, den er nicht begründete. Den
erhaltenen Betrag zahlte er in Höhe von 30.809,80 € unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen
Rückforderung zurück und trat seinen Anspruch gegenüber dem Finanzamt auf Erstattung der wegen der
Rückforderung der Mehrarbeitsvergütung zuviel gezahlten Lohnsteuer an die Stadt *** ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 wies der Oberbürgermeister der Stadt *** den Widerspruch
als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Auszahlungen von
Mehrarbeitsvergütungen an Beamte nur unter den strengen Ausnahmetatbeständen der Verordnung über
die Mehrarbeitsvergütung für Kommunalbeamte (im Folgenden: MVergV) erfolgen dürften. Diese sei
jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar, so dass sie keine Rechtsgrundlage für die erfolgte
Auszahlung darstellen könne. Die hier ursprünglich von der Beklagten herangezogene Vorschrift des § 2
Abs. 2 Nr. 5 MVergV sei nach nunmehriger Erkenntnis anwendbar, wenn es gelte, unmittelbare
existenzielle Leistungen für die Staatsbürger zu erbringen oder akute Gefahren für Leib und Leben
abzuwenden. Die Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und
termingebundenen Ergebnisses im Sinne dieser Vorschrift sei nämlich nur dann anzunehmen, wenn unter
unverzüglichem Einsatz entsprechender Kräfte (Sondereinsatz) ein Arbeitsergebnis erzielt werden und
dies bis zu einem bestimmten, nicht herauszuschiebenden Termin vorliegen müsse, um seinen Zweck zu
erreichen. Diese Vorschrift sei damit als absolute Ausnahmeregelung zu betrachten. Bei den vom Kläger
in den Jahren 1989 bis 1997 unstrittig geleisteten Mehrarbeitsstunden lägen die Voraussetzungen für die
Annahme dieses Ausnahmetatbestandes nicht vor. Zwar handele es sich bei den von ihm bewirkten
Verbesserungen der finanziellen Ausstattung der Stadt *** um öffentliche Interessen, jedoch nicht um die
vom Verordnungsgeber geforderten unmittelbaren existenziellen Leistungen für die Bürger, sondern
vielmehr um "Verwaltungsarbeiten". Diese hätten auch zur Verbesserung der Finanzsituation der Stadt
beigetragen, seien jedoch keine unmittelbaren termingebundenen Leistungen für die Bürger gewesen. Da
damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 5 MVergV nicht vorgelegen hätten, und auch eine andere
Ermächtigung zur Auszahlung des Betrages nicht vorhanden sei, sei die Auszahlung des Betrages von
50.000,-- € ohne Rechtsgrund im Sinne des § 96 Abs 2 LBG i.V.m. § 812 BGB erfolgt und daher
zurückzufordern. Vorliegend könne auch nicht aus Billigkeitsgründen auf eine Rückzahlung des
Gesamtbetrages oder nur eines Teils des Betrages verzichtet werden. Bei dieser Abwägung sei
grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass
die persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Annahme eines Ausnahmefalles
rechtfertigen könnten, und dass die Rückforderung des Gesamtbetrages unter irgendeinem Blickwinkel
eine unbillige Härte für den Kläger darstellen würde, so dass kein Raum für eine Billigkeitsentscheidung
bestehe.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Juni 2006 die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des
Rückforderungsbescheides begehrt. Der Kläger trägt vor, seit 1992 habe er zahlreiche arbeitsintensive
Zusatzarbeiten aufgrund ausdrücklicher dienstlicher Anweisung erledigt. So habe er u.a. ein neues
Steuerungsmodell, ein neues Schulden- und Liquiditätsmanagement eingeführt und er sei aufgrund der
Zuweisung zahlreicher Sonderaufgaben gezwungen gewesen, größte Aufgabenwechsel zu bewältigen.
Er habe durch seine Aktivitäten erhebliche fiskalische Vorteile für die Stadt *** erzielt. Diese betrügen
schätzungsweise 80 Millionen Euro, wovon durch Entwicklung und Installation eines neuen
Kreditmanagements nach Angaben des Oberbürgermeisters der Stadt *** 30 Millionen Euro eingespart
worden seien. Darüber hinaus habe er - der Kläger - die Stadt *** bei den kommunalen
Spitzenverbänden, dem Deutschen Städtetag, dem Städtetag Rheinland-Pfalz, der kommunalen
Gemeinschaftsstelle der Verwaltungsvereinfachung, des Fördervereins Schloss *** vertreten. Er sei
zudem Revisor der Europäischen Rechtsakademie gewesen. Im Einzelnen sei er neben seiner Tätigkeit
als Stadtkämmerer noch mit der Gründung und Steuerung neu gegründeter Gesellschaften u.a. der
Projektentwicklungsgesellschaft Castelforte, der Grundstücksgesellschaft ***, der Landesgartenschau und
dem Wissenschaftspark *** betraut gewesen. Insgesamt seien von ihm 12.000 Stunden Mehrarbeit
geleistet worden, von denen 6100 Stunden nachgewiesen und angeordnet worden seien. Die Mehrarbeit,
die Gegenstand des Verfahrens sei, sei durch Zeiterfassungsblätter erfasst worden. Hinsichtlich dieser
Überstunden sei als Ausgleich eine Abschlagszahlung von 50.000,-- € vereinbart worden, die sich auf den
Ausgleich für lediglich 2000 Überstunden habe beziehen sollen.
Die dargestellten mehrarbeitsverursachenden Leistungen seien eindeutig Leistungen im Sinne des § 2
Abs. 2 Nr. 5 MVergV, da diese im Rahmen eines "Dienstes zur Herbeiführung eines öffentlichen
Interesses liegenden unaufschiebbaren und termingebundenen Ergebnisses" geleistet worden seien. Bei
seinen Leistungen habe es sich um messbare Tätigkeit gehandelt, deren zeitlicher Ablauf und Inhalt durch
Dienst-Einsatz und Unterrichtspläne vorgeschrieben seien. Gründe für die geleistete Mehrarbeit hätten
darin gelegen, dass ihm durch die Spitze der Verwaltung laufend neue schwierige und zeitaufwändige
Aufgaben zur konkreten Erledigung zugeteilt worden seien, die neben der laufenden Aufgabenerfüllung
zur Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und termingebundenen
Ergebnisses zu erledigen gewesen seien. Die Ursache für die Häufung dieser Arbeiten in seiner Person
hätten darin gelegen, dass im kommunalen Finanzmanagement der Stadt *** keine geeigneten Fachkräfte
verfügbar gewesen seien und ausschließlich er - der Kläger - in der Lage gewesen sei, die ihm konkret
zugeteilten Aufgaben zu erledigen. Hierbei habe es sich insbesondere um die Vorbereitung von
termingebundenen Sitzungen, der termingebundenen Fertigung von Vorlagen sowie der Ausarbeitung
von Stellungnahmen, Bearbeitung von Lösungsvorschlägen sowie die Neugründung und Kontrolle von
Gesellschaften und die Vertretung der Stadtverwaltung in den jeweiligen Gesellschafterversammungen
gehandelt. Einhergegangen seien die täglich neu zu vereinbarende Verzinsung inklusive Umschuldung
zu einem anderen Kreditinstitut, die mit erheblichen Risiken verbunden gewesen seien. Das Kredit- und
Liquiditätsmanagement habe zu einem im öffentlichen Interesse liegenden Ergebnis und zu einer
erheblichen Ausgabenersparnis entsprechend dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit
nach § 93 Gemeindeordnung geführt. Die Arbeit sei unaufschiebbar gewesen und habe je nach
Kapitalmarktlage sofort erledigt werden müssen. Das Ergebnis der Arbeit sei stets termingebunden
gewesen, da die Finanzierung jeden Tag habe neu sichergestellt werden müssen, um ein
Zahlungsverzug mit hoher zusätzlicher Zinsbelastung zu vermeiden. Infolgedessen sei täglich ein
zusätzlicher Arbeitsmehraufwand von mindestens 1,5 Stunden ohne Berücksichtigung der zusätzlich
anfallenden regelmäßig zu erledigenden Arbeiten erforderlich gewesen. Damit sei die geleistete
Mehrarbeit wesentlich auf das neue Kreditmanagement zurückzuführen gewesen. Die Mehrarbeit sei
jeweils schriftlich angeordnet bzw. durch Einzelanordnungen durch die Verwaltungsspitze bewusst in
Kauf genommen worden, um erhebliche Schäden für die Stadt *** abzuwenden. Auch habe die
Mehrarbeit aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres
ausgeglichen werden können, so dass insgesamt die Voraussetzungen nach der
Mehrarbeitsvergütungsverordnung vorlägen. Insbesondere sei berücksichtigt worden, dass nach § 3 Abs.
2 MVergV höchstens 480 Mehrarbeitsstunden im Kalenderjahr vergütet werden könnten. Der Betrag von
50.000,-- € sei daher nicht ohne rechtlichen Grund ausgezahlt worden.
Hilfsweise macht der Kläger geltend, die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts komme nur
unter den besonderen Voraussetzungen des § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz in Betracht. Er habe
darauf vertrauen dürfen, dass der Verwaltungsakt zu Recht ergangen sei. Jedenfalls sei jedoch ein
Wegfall der Bereicherung eingetreten. Ein Wegfall der Bereicherung komme insbesondere in Betracht,
wenn der Beamte das empfangene Geld für außergewöhnliche Dinge, die sich der Empfänger sonst nicht
verschafft hätte, verwendet habe. Er - der Kläger - habe sich ein Fahrzeug der Marke VW Phaeton zu
einem Gesamtpreis von 31.768,98 € gekauft. Dieses Fahrzeug hätte er unter keinen Umständen
erworben, falls er gewusst hätte, dass der Betrag von 50.000,-- €, der Netto dem Kaufpreis des
Fahrzeuges entspreche, zu Unrecht erhalten hätte. Bisher habe er Kleinfahrzeuge bzw. gebrauchte
Fahrzeuge der Marke Lancia gefahren. Eine derartige Verwendung des empfangenen Geldbetrages hätte
er als Ruhestandsbeamter unter keinen Umständen getätigt. Auf jeden Fall sei jedoch der Anspruch nach
§ 814 BGB ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai
2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Mehrarbeitsstundenvergütung in Höhe
von 40.000,-- € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und trägt vor, die Beklagte habe an den Kläger ohne Rechtsgrund 50.000,-- € geleistet. Eine
Vereinbarung und/oder Bewilligung der Vergütungszahlung durch Verwaltungsakt habe es nicht
gegeben. Eine entsprechende Vereinbarung/Zusage wäre auch kraft Gesetzes nach § 96 Abs. 1 LBG
nichtig. Ein Anspruch des Klägers auf Mehrarbeitsvergütung sei nicht gegeben, da die Voraussetzungen
der MVergV nicht vorlägen. Nach der strikten Gesetzesbindung der Besoldung seien weitergehende
Ansprüche auf Vergütung ausgeschlossen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Kläger sich um die
Stadt *** verdient gemacht habe. Dennoch sei nach den beamtenrechtlichen Vorgaben festzustellen, dass
eine rechtliche Grundlage für eine Vergütung eines weit überdurchschnittlichen Engagements nicht
gegeben sei. Auch für eine Anwendung des § 814 BGB bleibe kein Raum, da die Beklagte bei
Auszahlung des zurückgeforderten Betrages der Auffassung gewesen sei, dass die Voraussetzungen der
MVergV vorgelegen hätten. Diese Auffassung habe sich jedoch nach Prüfung durch die Aufsichtsbehörde
als nicht zutreffend erwiesen. Bei Abwägung aller Gegebenheiten bleibe keine andere Möglichkeit, als
den ohne Rechtsgrund gezahlten Betrag zurückzufordern. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 5
MVergV seien nicht gegeben, wenn irgendein Vorteil - sei es auch ein schwerwiegender finanzieller
Vorteil - erreicht werden könne und solle. Angesprochen seien hier ausschließlich Leistungen, die der
unmittelbaren existenziellen Sicherung des Bürgers zu dienen bestimmt seien. Zielsetzungen wie
diejenige, die Finanzlage zu verbessern, erfüllten diese Vorgabe nicht. Dies ergebe sich nach dem
eigenen Vortrag des Klägers bereits daraus, dass das von ihm angesprochene Arbeitergebnis regelmäßig
auch nach Leistung der Mehrarbeit nicht vorgelegen habe, sondern schlichtweg, bei der verbleibenden
Ursache der Mehrleistung und des nicht erfolgten Freizeitausgleichs, nämlich mangelnde personelle
Kapazität, täglich neu habe erzielt werden müssen.
Auf den Verbleib der Zahlung aus dem Monat August 2004 habe der Kläger auch nicht vertrauen dürfen.
Es sei nichts dargetan, was ein solches Vertrauen rechtfertigen könne. Im Übrigen werde auf § 48 Abs. 2
Ziff. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz verwiesen.
Der Kläger könne sich auch nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da es sich bei der
Anschaffung eines Fahrzeuges zum Preis von 31.768,98 € wohl kaum um eine Luxusaufwendung
handele. Im Übrigen müsse gesehen werden, dass er nach wie vor im Eigentum dieses Fahrzeuges sei
und sich sein Vermögen entsprechend vermehrt habe und es leicht möglich sein werde, das Fahrzeug,
wenn nicht zum gleichen, so doch zu einem nur um wenige Prozentpunkte geringeren Preis weiter zu
veräußern. Versuche der Kläger auf § 814 BGB zu verweisen, müsse ihm für diesen Fall auch die
Berufung auf eine Entreicherung versagt bleiben, da für diesen Fall auch dem Kläger die "Nichtschuld"
bewusst gewesen sei. Vielmehr seien sowohl die Beklagte als auch der Kläger von der Rechtmäßigkeit
der Zahlung ausgegangen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze
sowie auf die Personal- und Widerspruchsakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren
ebenso wie die Akten der Staatsanwaltschaft *** (Az.: 8003 Js 6031/05) Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.
Der Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 31. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 23. Mai 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Für die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung in Höhe von 50.000,--
€ an den Kläger bestand kein Rechtsgrund. Infolge dessen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf
Auszahlung der unter Vorbehalt an die Beklagte zurückgezahlten Mehrarbeitsvergütung zu.
Rechtliche Grundlage für die Rückforderung stellt § 96 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes - LBG - dar.
Danach regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge nach den
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Nach Maßgabe dieser Vorschrift war der Kläger vorliegend zur Rückzahlung der an ihn nach Aktenlage
ohne vorangegangenen Bewilligungsbescheid ausgezahlten Mehrarbeitsvergütung in Höhe von 50.000,--
€ verpflichtet, weil die Auszahlung der Mehrarbeitsvergütung keine rechtliche Grundlage im geltenden
Gesetz findet. Nach § 44 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - i.V.m. § 80 Abs. 2 LBG ist der
Beamte grundsätzlich verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus
Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf
Ausnahmefälle beschränkt. Vergütungen für über den gesetzlich bestimmten Umfang hinaus geleistete
Mehrarbeit dürfen nur nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung der §§ 80 Abs. 2, 92 LBG i.V.m. § 48 des
Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG - und die dazu erlassene Rechtsverordnung gewährt werden.
Danach kann Mehrarbeit einen Vergütungsanspruch nur dann auslösen, wenn Mehrarbeit schriftlich
angeordnet oder genehmigt wurde, sie mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit
hinaus beansprucht, und die geleistete Mehrarbeit aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch
Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann. Liegen diese Voraussetzungen vor,
so können Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern für einen Zeitraum bis zu 480
Stunden im Jahr eine Vergütung erhalten, sofern der Beamte Mehrarbeit in den durch die Verordnung
über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (Mehrarbeitsvergütungsverordnung - MVergV
- vom 26. April 1972 , zuletzt geändert durch Art. 11 des Bundesbesoldungs- und
Versorgungsanpassungsgesetzes 2003/2004 vom 10. September 2003 ) bestimmten
Bereichen, in denen Mehrarbeit messbar ist, geleistet hat.
Vorliegend fehlt es bereits an der zuletzt genannten Zulässigkeitsvoraussetzung für die Gewährung von
Mehrarbeitsvergütung, da der Kläger keinen Dienst in Bereichen geleistet hat, in denen Mehrarbeit nach
Maßgabe der MVergV zu vergüten ist. Nach § 2 Abs. 1 MVergV kann Beamten mit Dienstbezügen in
Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern im Bereich des Arzt- und Pflegedienstes der
Krankenkassen, Kliniken und Sanatorien (Nr. 1), im Betriebsdienst des Bundeseisenbahnvermögens (Nr.
2), im Abfertigungsdienst der Zollverwaltung (Nr. 3), im polizeilichen Vollzugsdienst, im Einsatzdienst der
Berufsfeuerwehr (Nr. 5) und im Schuldienst als Lehrer (Nr. 6) für Mehrarbeit eine Vergütung gewährt
werden. Nach § 2 Abs. 2 MVergV gilt Abs 1 entsprechend auch in anderen Bereichen, soweit Mehrarbeit
geleistet wird, im Rahmen eines Dienstes in Bereitschaft (Nr. 1), Schichtdienstes (Nr. 2), allgemein
geltenden besonderen Dienstplanes (Nr. 3), Dienstes, für den der Dienstherr Richtwerte eingeführt hat
(Nr. 4) und eines Dienstes, zur Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren
und termingebundenen Ergebnisses (Nr. 5).
Da der Kläger weder in den Bereichen des § 2 Abs. 1 MVergV tätig war noch einen Dienst i.S.d. § 2 Abs. 2
Nr. 1- 4 MVergV leistete, kommt allein eine Auszahlung auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Nr. 5 MVergV in
Betracht. Diese Vorschrift stellt im Hinblick auf die hinreichend konkrete Ermächtigungsgrundlage des §
48 BBesG und das Alimentationsprinzip des Berufsbeamtentums erkennbar eine Ausnahmeregelung dar,
die es nicht zulässt, sie zu einem allgemeinen Auffangtatbestand für nicht messbare und damit
grundsätzlich nicht entschädigungsfähige Mehrarbeit zu machen. Insbesondere darf die Anwendung
dieser Regelung nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht dazu führen, dass im Ergebnis der
Katalog des § 2 Abs. 1 MVergV um Bereiche mit durchgängig nicht messbarer Tätigkeit erweitert wird (vgl.
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für
Beamte (MArbVVwV) vom 06. August 1974 (GVBl. S. 386), Ziff. 4.5 zu § 2 MVergV). Die Herbeiführung
eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren Ergebnisses kann infolge dessen nur dann
angenommen werden, wenn unter unverzüglichem Einsatz entsprechender Kräfte (Sondereinsatz) ein
Arbeitsergebnis erzielt werden muss und dies zur Vermeidung erheblicher Nachteile für die Allgemeinheit
bis zu einem bestimmten, nicht herauszuschiebenden Termin vorliegen muss. Zwangsläufig können
hierunter nach Art und Dauer nur eng begrenzte Ausnahmetatbestände fallen, nicht jedoch die laufende
Bearbeitung von dienstlichen Vorgängen im allgemeinen Interesse an einer gut funktionierenden
Verwaltung (vgl. Ziffern 4.5.1 bis 4.5.3 MArbVVwV zu § 2 MVergV). Die vom Kläger vorgelegte
Tätigkeitsbeschreibung für den hier fraglichen Zeitraum als Leiter der Kämmerei belegt nach Auffassung
des erkennenden Gerichts jedoch gerade, dass es sich bei den von ihm aufgelisteten und als "Ereignisse"
bezeichneten Verwaltungsgeschäften, wie die Entwicklung von Projekten und Regelung von
Finanzierungsproblemen, um eine den Aufgaben des Kämmerers immanente Tätigkeit handelt. So gehört
es zum Wesen dieser Tätigkeit, dass im Interesse der Allgemeinheit wichtige kommunale Aufgaben sowie
Zusatzprojektarbeit im wirtschaftlichen Interesse der Kommune zeitnah entsprechend der jeweiligen
Finanzkraft unter Einsatz des finanzwirtschaftlichen Sachverstandes und der persönlichen Erfahrung der
jeweils zuständigen Bediensteten erledigt werden. Wenn auch - wie vorliegend unstreitig - das vom
Kläger zu verwaltende Volumen sowohl im Verwaltungshaushalt als auch im Vermögenshaushalt enorm
war ebenso wie die nachgewiesenermaßen erreichten Einsparungen für den Haushalt der Stadt ***, so
kann dies dennoch nicht dazu führen, diese mit unzweifelhaft hohem Einsatz bewerkstelligte
Verwaltungsaufgabe unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 MVergV zu subsumieren, da die
von Seiten des Klägers hervorgehobenen Ereignisse der laufenden Erledigung der ihm übertragenen
Aufgaben entsprachen und damit keinen Ausnahmecharakter beinhalteten. Hierfür sprechen auch die
vorgelegten schriftlichen Anordnungen zur Leistung von Mehrarbeit in den Jahren 1990, 1992, 1995 und
1997, wonach diese ausdrücklich zum Zwecke der "Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes
bzw. aus zwingenden dienstlichen Gründen" angeordnet wurden. Auch hieraus ergibt sich, dass die
Anordnung von Mehrarbeit jeweils allein im Interesse einer allgemein gut funktionierenden Verwaltung
erfolgte und ihre eigentliche Ursache- wie auch vom Kläger ausdrücklich eingeräumt - in der über Jahre
hinweg mangelnden personellen Ausstattung der Kämmerei lag, so dass insgesamt festzustellen bleibt,
dass es nach § 48 BBesG i.V.m. § 2 MVergV bereits an der Zulässigkeitsvoraussetzung für die
Anwendung der MVergV fehlt.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der in § 2 MVergV geregelten
Zulässigkeitsvoraussetzung auch die in § 3 MVergV aufgelisteten weiteren Voraussetzungen im Falle des
Klägers nicht vorlagen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 MVergV ist zunächst erforderlich, dass die Mehrarbeit
schriftlich angeordnet oder genehmigt wurde. Nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift zu § 3 MVergV
müssen sich Anordnungen und Genehmigungen von Mehrarbeit auf konkrete zeitlich abgegrenzte
Mehrarbeitstatbestände beziehen; allgemeine (pauschale) Anweisungen hinsichtlich künftiger oder
bereits geleitsteter Mehrarbeit allein genügen nicht. Auch diesbezüglich genügen die sich in den Akten
befindlichen vorherigen Anordnungen von Überstunden aus den Jahren 1992 bis 1997 und auch die
nachträglichen Genehmigungen nicht den o.g. gesetzlich normierten Anforderungen. Vielmehr wurde hier
pauschal Mehrarbeit angeordnet bzw. genehmigt ohne sie auf bestimmte Zeitabstände oder bestimmte
Umstände zu beschränken. Infolgedessen bestehen Zweifel daran, ob vorliegend begrifflich überhaupt
Mehrarbeit als ein nach Art und Dauer nur vorübergehender Ausnahmetatbestand angeordnet oder
nachträglich genehmigt wurde, oder ob es sich nicht tatsächlich um eine unzulässige Verlängerung der
regelmäßigen Arbeitszeit handelte, der der Dienstherr mit geeigneten Maßnahmen entgegenzutreten
verpflichtet gewesen wäre (vgl. Plog/Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 72, Rn. 21).
Hierfür spricht vorliegend auch der Umstand, dass die Anzahl der vergütungsfähigen 480
Mehrarbeitsstunden im Kalenderjahr in der Regel überschritten wurden.
Unbeschadet dieser weiteren Bedenken an der Rechtmäßigkeit der ausgezahlten Mehrarbeitsvergütung
bleibt der Kläger auch darauf zu verweisen, dass eine Mehrarbeitsvergütung nur dann geleistet werden
kann, wenn im Einzelnen nachgewiesen ist, dass ein Ausgleich der schriftlich angeordneten oder
genehmigten Mehrarbeit durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres nicht möglich war (§ 48 BBesG
i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 MVergV). Dies ist vorliegend nicht nachgewiesen; ein Nachweis dürfte infolge des
Zeitablaufs nachträglich auch kaum möglich sein dürfte.
Schließlich bleibt anzumerken - wie bereits oben erwähnt -, dass nach Maßgabe der MVergV
Mehrarbeitsvergütung nur für einen Zeitraum von bis zu 480 Stunden im Jahr geleistet werden darf, was
einer Pauschalierung der Mehrarbeitsentschädigung - wie vorliegend geschehen - anstelle einer
Abrechnung nach den tatsächlich geleisteten Mehrarbeitsstunden ebenfalls entgegensteht (vgl. auch
MArbVVwV Ziff. 4 zu § 3 MVergV).
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände steht fest, dass die Auszahlung der Mehrarbeitsvergütung an
den Kläger in Höhe von 50.000,-- € nicht im Einklang mit dem geltenden Recht stand und daher ohne
Rechtsgrund erfolgte.
Nach Maßgabe des § 96 LBG i.V.m. § 812 BGB war der Kläger daher verpflichtet, die ohne Rechtsgrund
erhaltenen 50.000,-- € zurückzuzahlen. Der Kläger kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung
berufen. Auch wenn dem Kläger zu unterstellen wäre, dass er sich ohne den ausgezahlten Betrag in Höhe
von 50.000,-- € keinen neuen Pkw gekauft hätte, so ist er jedoch darauf zu verweisen, dass so genannte
Luxusausgaben zumindest dann nicht die Bereicherung beseitigen, wenn durch sie noch ein
Vermögenszuwachs - wie vorliegend in Gestalt eines Fahrzeuges - vorhanden ist. Auch unter
Berücksichtigung eines etwaigen Wertverlustes des Kraftfahrzeuges muss davon ausgegangen werden,
dass derzeit noch ein adäquater Wertzuwachs vorhanden ist.
Anhaltspunkte dafür, die es vorliegend als geboten erscheinen ließen, von der Rückforderung nach
Maßgabe des § 96 Abs. 2 S. 3 LBG aus Billigkeitsgründen abzusehen, sind unter Berücksichtigung der
persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht ersichtlich und auch nicht vom
Kläger vorgetragen.
Der Rückforderung steht schließlich auch § 814 BGB nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann das zum
Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende
gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Zwar regelt sich die Rückforderung gemäß § 96
Abs. 2 LBG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung, zu denen auch § 814 BGB gehört. § 96 Abs. 2 LBG verweist aber nur
insoweit auf die Vorschriften des BGB als es um die Rechtsfolgen des Rückzahlungsanspruches geht. Die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Rückforderung bezeichnet § 96 Abs. 2 LBG mit der Wendung
"zuviel gezahlt" eigenständig und abschließend. § 814 BGB regelt nicht den "Umfang der Erstattung",
sondern schließt den Bereicherungsanspruch dem Grunde nach aus. Eine solche Ergänzung des
Rechtsgrundes lässt jedoch § 96 Abs. 2 LBG nicht zu, so dass vorliegend dahingestellt bleiben kann, ob
die Beklagte gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war.
Nach alledem war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167
VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung sind vorliegend nicht ersichtlich (§ 124 Abs. 2 VwGO).
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde
angefochten werden.