Urteil des VG Trier vom 08.11.2006

VG Trier: sri lanka, aufenthaltserlaubnis, verschulden, botschaft, besitz, vollstreckung, ausreise, rechtsgrundlage, mitwirkungspflicht, pass

Aufenthaltsrecht
Ausländerrecht
VG
Trier
08.11.2006
5 K 792/06.TR
Ein Ausländer, der sich nicht um die Ausstellung eines Passes bemüht, hat regelmäßig das durch die
Passlosigkeit ausgelöste Ausreisehindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 S. 4 AufenthG verschuldet.
Verwaltungsgericht Trier
5 K 792/06.TR
Urteil
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Aufenthaltserlaubnis (Sri Lanka)
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
8. November 2006, an der teilgenommen haben
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht
der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger zu 1), srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit, ist im Mai 1996 nach
Deutschland eingereist und hat alsdann einen Asylantrag gestellt, der erfolglos geblieben ist; das seine
diesbezügliche Klage abweisende Urteil wurde am 30. April 1998 rechtskräftig. Der sodann im August
1998 gestellte Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos; die insoweit erhobene Klage wurde mit Urteil der
erkennenden Kammer vom 15. November 2000 – 5 K 1245/98.TR –, das am 27. Dezember 2000
rechtskräftig wurde, abgewiesen. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt des Klägers zu 1) im Bundesgebiet
wegen fehlender Rückkehrmöglichkeit in sein Heimatland geduldet, da die Geltungsdauer des ihm im
November 1999 von der Botschaft Sri Lankas ausgestellten Passes abgelaufen war.
Im Mai 2002 beantragte der Kläger zu 1), der regelmäßig in einem Restaurant arbeitete, sodann unter
Hinweis auf die Verhältnisse in Sri Lanka die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Oktober 2002 ab. Der hiergegen eingelegte
Widerspruch des Klägers zu 1) wurde mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses *** vom 21.
Januar 2004 zurückgewiesen.
Im März 2005 beantragten der Kläger zu 1) und sein 2004 geborener Sohn, der Kläger zu 2) die Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG und trugen vor, dass der Kläger zu 1) seit 1997
erwerbstätig und seit mehr als 18 Monaten im Besitz einer Duldung sei.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2005 ab. Zur Begründung des
Bescheids ist ausgeführt, dass die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis voraussetze, dass ein
rechtliches oder tatsächliches Abschiebungshindernis vorliege, das von dem Betroffenen nicht zu
vertreten sei. Daran fehle es vorliegend, weil das Abschiebungshindernis auf dem fehlenden Besitz eines
Passes beruhe und der Kläger zu 1) die Passlosigkeit ohne weiteres selbst beseitigen könne, nachdem
1998 bereits einmal ein Ausreisedokument ausgestellt worden sei, dessen Gültigkeit allerdings
inzwischen abgelaufen sei. Auf die Dauer der erteilten Duldungen könne sich der Kläger nicht berufen,
weil der Aufenthalt bis April 2004 nur aufgrund des noch nicht bestandskräftig beschiedenen Antrags auf
Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis geduldet worden sei.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 3. November 2005 Widerspruch ein.
Am 6. September 2006 haben die Kläger sodann Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, dass die Klage als
Untätigkeitsklage zulässig und begründet sei, weil die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG
vorlägen. Insoweit verweisen sie auf ein Urteil des VG Darmstadt vom 22.11.2005 – 4 E 2800/03 -.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Oktober 2005 zu verpflichten, ihnen jeweils eine
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
hilfsweise,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Oktober 2005 zu verpflichten, die von den
Klägern gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretene Beklagte beantragt
erkennbar,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf den ergangenen Bescheid und ist der Auffassung, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse
der Kläger ohne Vorlage einer Lohnbescheinigung nicht hinreichend geklärt seien. Es sei sinnvoll,
abzuwarten, ob sich aus einer gegen Jahresende im Raum stehenden Altfallregelung für die Kläger eine
günstigere Beurteilung der Rechtslage ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze
der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die das Gericht trotz des Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung
gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – entscheiden kann, nachdem diese zur
mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen und mit der Terminsladung darauf hingewiesen
wurde, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann,
ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Den Klägern steht weder ein Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis noch ein solcher auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags durch den
Beklagten zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dabei gibt die einseitige Anregung des Beklagten, mit einer
Entscheidung zuzuwarten, keinen Anlass, derzeit von einer Entscheidung abzusehen, da die Klage
entscheidungsreif und im Übrigen nicht absehbar ist, ob in Zukunft eine so genannte Altfallregelung in
Kraft treten und die Kläger begünstigen wird.
Als Rechtsgrundlage für das Begehren der Kläger kommt allein § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes -
AufenthG – vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) in Betracht. Nach den Sätzen 1 und 2 dieser Vorschrift soll
einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn
seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der
Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sobald die Abschiebung seit 18 Monaten
ausgesetzt ist. Allerdings darf nach § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt
werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein solches Verschulden liegt
nach § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG dann vor, wenn der Ausländer unter anderem zumutbare
Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Letzteres ist zur Überzeugung der Kammer der Fall, so dass bereits die tatbestandlichen
Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorliegen und somit für eine
Ermessensentscheidung des Beklagten kein Raum ist, denn die Kläger haben nicht dargelegt, zumutbare
Bemühungen unternommen zu haben, die zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses,
nämlich dem Fehlen von Heimreisepapieren, hätten beitragen können. Anhaltspunkte dafür, dass
derartige Bemühungen von vornherein aussichtslos und damit letztlich nicht zumutbar wären, sind nicht
ersichtlich, nachdem dem Kläger zu 1) bereits im November 1999 von der Botschaft Sri Lankas in
Deutschland ein drei Monate lang gültiger Pass für eine Rückkehr in sein Heimatland ausgestellt worden
war.
Soweit in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. Bayrischer VGH, Urteil vom 23. März 2006 – 24 B
05.2889 -, juris, mit weiteren Hinweisen zur divergierenden Literatur) teilweise die Auffassung vertreten
wird, ein Verschulden des Ausländers im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG liege nur dann vor, wenn er von
der Ausländerbehörde auf die Möglichkeiten zur Beseitigung der Ausreisehindernisse hingewiesen
worden und diesen Hinweisen nicht nachgekommen sei, denn auch die Ausländerbehörde habe die
Verpflichtung, Ausreishindernisse zu beseitigen, vermag sich die Kammer dem jedenfalls für den
vorliegenden Fall nicht anzuschließen. Es muss nämlich für einen ausreisepflichtigen Ausländer, der nicht
über die notwendigen Reisepapiere verfügt, auf der Hand liegen, dass es erforderlich ist, sich selbst um
die erforderlichen Papiere zu bemühen. Eine Mitwirkungspflicht der Behörde kann insoweit zur
Überzeugung der Kammer allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Ausländer aus ihm nicht
anzulastenden Gründen keine Möglichkeit hat, sich an eine für ihn zuständige Auslandsvertretung seines
Heimatlandes zu wenden. Dafür sind indessen im Falle der Kläger keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Wenn die Kläger meinen, aus einer entsprechenden Anwendung des von ihnen zitierten Urteils des VG
Darmstadt (veröffentlicht in juris) folge ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw.
Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags, teilt die Kammer diese Ansicht nicht. Das
Urteil betrifft nämlich einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, nämlich eine in die deutschen
Lebensverhältnisse integrierte serbisch-montenegrinische Familie mit vier Kindern, für die aufgrund
besonderer Umstände bei einer Rückkehr in ihr Heimatland keine ausreichende Lebensgrundlage mehr
zu erwarten ist. Von daher ist der Sachverhalt mit demjenigen der Kläger nicht vergleichbar.
Nach alledem kann die Klage weder hinsichtlich des Hauptantrags noch hinsichtlich des Hilfsantrags
Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre
Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, denn die Frage die
Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben, denn die Rechtssache hat hinsichtlich der Frage, welche
Anforderungen an ein Verschulden des Ausländers im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG zu stellen sind,
grundsätzliche Bedeutung.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr.
8.1 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs, DVBl. 2004, S. 1525).
Dabei sieht die Kammer keine Veranlassung, die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach
Maßgabe des § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zuzulassen, denn die Streitwertfestsetzung hat keine grundsätzliche
Bedeutung.
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde
angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt.