Urteil des VG Trier vom 18.09.2009

VG Trier: aufschiebende wirkung, sporthalle, grundstück, wohnhaus, verhinderung, begriff, wahrscheinlichkeit, zumutbarkeit, baurecht, lärm

Baurecht
Immissionsschutzrecht
VG
Trier
18.09.2009
5 L 477/09.TR
Zur Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz gegen eine in der Nachbarschaft genehmigte
Großsporthalle/Mehrzweckhalle.
Verwaltungsgericht Trier
5 L 477/09.TR
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Baunachbarrechts
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 18. September 2009, an der
teilgenommen haben
beschlossen:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die dieser selbst zur Last fallen, zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 3.750,00 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die
der Beigeladenen unter dem 15. Juli 2009 erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer
Großsporthalle/Mehrzweckhalle in ihrer Nachbarschaft ist gemäß § 80a Abs. 3 VwGO zulässig, denn diese
Baugenehmigung des Antragsgegners ist gemäß §§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 212a Abs. 1 BauGB sofort
vollziehbar. Dabei steht der Zulässigkeit des Antrags die in § 80 Abs. 6 VwGO getroffene Sonderregel, die
ein behördliches Vorverfahren vor Anrufung des Verwaltungsgerichts vorschreibt, nicht entgegen, denn
diese betrifft trotz der Verweisung des § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO nur Verwaltungsakte auf dem Gebiet des
Abgaben- und Kostenrechts, nicht aber baurechtliche bzw. immissionsschutzrechtliche
Nachbarstreitigkeiten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. September 2003 - 8 B 11269/03.OVG -
, DVBl 2003, S. 1472).
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung, ob bei einer von einem Dritten angefochtenen und kraft Gesetzes sofort vollziehbaren
den Adressaten begünstigenden Baugenehmigung die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist,
entscheidet sich im Rahmen der gemäß § 80a Abs. 3 VwGO zu treffenden gerichtlichen
Ermessensentscheidung nicht aufgrund einer Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit oder
Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung, sondern danach, ob die Baugenehmigung gegen
nachbarschützende Vorschriften verstößt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gebietet sich von
daher grundsätzlich nur dann, wenn bereits im summarischen Verfahren mit den notwendigerweise
eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten feststeht, dass die Baugenehmigung gegen Nachbarrechte
verstößt. Außerdem kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung dann in Betracht, wenn sich der
Sachverhalt bei offener Sach- und Rechtslage so darstellt, dass dem Nachbarn unter Abwägung der
gegenseitigen Interessen ein Zuwarten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet
werden kann bzw. die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände dann nur mit unverhältnismäßig hohem
Aufwand, auch durch den Inhaber der Baugenehmigung, möglich wäre.
Ausgehend hiervon sieht die Kammer keine Veranlassung, dem Widerspruch der Antragstellerin gegen
die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigungen aufschiebende Wirkung beizumessen, denn bei der
gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage spricht keine überwiegende
Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß der Baugenehmigung gegen dem Schutz der Antragstellerin
dienende Rechte.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, die erteilte Baugenehmigung verletze sie unter dem
Blickwinkel eines Gebietserhaltungsanspruchs, der grundsätzlich auch in Bereichen im Sinne des § 34
Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB - nachbarrechtliche Abwehransprüche vermitteln kann (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55/07 -, juris), deshalb in eigenen Rechten, weil sich das
Bauvorhaben von der Art der Nutzung nicht in die Eigenart der Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1
BauGB einfüge, da die Umgebung des Bauvorhabens einem reinen Wohngebiet im Sinne des § 3
Baunutzungsverordnung - BauNVO - entspreche, in dem eine Großsporthalle/Mehrzweckhalle
bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei, vermag sich die Kammer dem bei der im vorliegenden Verfahren
gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage angesichts der bei den Verwaltungsakten
befindlichen Lagepläne nicht anzuschließen.
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Bauvorhaben, das innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils
errichtet werden soll, zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und
der Grundstücksfläche, die bebaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Der Begriff
des Einfügens verlangt, dass das zu beurteilende Vorhaben zu dem aus seiner (maßgebenden)
Umgebung ableitbaren Rahmen in bestimmter Beziehung steht. Ein Vorhaben, das sich - in jeder Hinsicht
- innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich in der Regel in seine
Umgebung ein, es sei denn, dass es die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige - vor allen Dingen in
seiner unmittelbaren Nähe - vorhandene Bebauung vermissen lässt. Allerdings können sich auch
Vorhaben, die den aus ihrer Umgebung ableitbaren Rahmen überschreiten, einfügen, denn beim
Einfügen geht es weniger um "Einheitlichkeit" als um "Harmonie". Das Erfordernis des Einfügens hindert
nicht schlechthin daran, den vorgegebenen Rahmen zu überschreiten; es hindert lediglich, den Rahmen
in einer Weise zu überschreiten, die - sei es auch infolge einer Vorbildwirkung - geeignet ist,
bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder die vorhandenen
Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1999 - 4 B 15/99 -, BRS 62, Nr. 101,
Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994 S. 294). Abzustellen ist dabei auf den Bereich der
Umgebung, auf den sich einerseits das streitige Bauvorhaben auswirken kann und der andererseits den
Charakter des Baugrundstücks prägt und deshalb zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 6.
November 1968 - 4 C 31/66 -, DVBl. 1970, S. 32 und vom 26. Mai 1978 - 4 C 9/77 -, BVerwGE 55 S.
369/380/385 ff.).
Entspricht die Umgebung des Bauvorhabens einem der in der Baunutzungsverordnung geregelten
Baugebiete, so beurteilt sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art
allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung allgemein zulässig wäre; auf nach der Verordnung
ausnahmsweise zulässige Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB und im Übrigen § 31 Abs. 2 BauGB
entsprechend anwendbar.
Der von der Antragstellerin geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch besagt, dass die Eigentümer
eines Grundstücks, das in einem Gebiet liegt, welches entweder durch Bebauungsplan als Baugebiet im
Sinne der BauNVO festgesetzt ist oder faktisch einem derartigen Baugebiet entspricht, einen Anspruch auf
die Einhaltung der in einem derartigen Gebiet zulässigen Nutzungsart haben und die Zulassung eines mit
der Gebietsquarakter unvereinbaren Vorhabens abwehren können, weil hierdurch das nachbarliche
Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom
24. Februar 2000 - 4 C 23/98 -, NVwZ 2000, S. 1054 f., Beschluss vom 18. Dezember 2007, a.a.O.).
Allerdings kann ein Gebietserhaltungsanspruch nur auf die Verhinderung von Bauvorhaben innerhalb
eines Baugebiets gerichtet sein, nicht aber auf die Verhinderung von Bauvorhaben außerhalb eines
Bebauungsplans oder außerhalb eines Gebiets im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 18. Dezember 2007 a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Januar 2009 - 1 B
11130/08.OVG).
Vorliegend ist indessen bei der gebotenen summarischen Prüfung für einen derartigen
Gebietserhaltungsanspruch kein Raum, weil das zur Bebauung vorgesehene Grundstück und das
Grundstück der Antragstellerin nicht in einem einem Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung
entsprechenden Bereich liegt, in dem eine Errichtung des Bauvorhabens der Beigeladenen nicht zulässig
wäre.
Wie insbesondere die in der Verwaltungsakte auf Blatt 38 und 137 und im Anhang 1 zu der
gutachterlichen Stellungnahme des Dipl.Ing *** Blatt 202 enthaltenen Lagepläne verdeutlichen, liegt das
genehmigte Bauvorhaben in einem Bereich südwestlich der Kurfürstenstraße in Wittlich, der geprägt wird
durch die Schulgebäude des ***-Gymnasiums und der Realschule mit dazugehöriger großflächiger
Sporthalle und Sportplatz einerseits und das Verwaltungsgebäude der Kreisverwaltung Bernkastel-
Wittlich mit den dazugehörigen Stellplatzflächen andererseits, die über den *** Weg erschlossenen
werden. Diese Baukomplexe erstrecken sich auf eine Länge von fast 400 m entlang der Kurfürstenstraße
und umrahmen gleichsam einen ca. 100 m langen Bereich, auf dem sich am *** Weg bislang drei
ausschließlich zu Wohnzwecken genutzte Gebäude - darunter das Wohnhaus der Antragstellerin -
befinden. Südwestlich an diesen Bereich schließen sich dann - getrennt durch den ***-Radweg -
gewerblich genutzte Flächen an.
Ausgehend von diesen örtlichen Verhältnissen, vermag die Kammer bei überschlägiger Prüfung nicht zu
erkennen, dass das Bauvorhaben in einem allgemeinen oder gar reinen Wohngebiet im Sinne der
Baunutzungsverordnung errichtet werden soll, in dem es in der Tat bauplanungsrechtlich unzulässig wäre
(vgl. insoweit OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 1986 - 8 A 96/85 -). Einer Einstufung des zur
Bebauung vorgesehen Bereichs als reinem Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO steht bereits
entgegen, dass das Bauvorhaben an eine vorhandene Sporthalle des bestehenden Gymnasiums
angebaut werden soll und das Gymnasium mit seinen Sportanlagen nicht als "den Bedürfnissen der
Bewohner des Gebiets dienende Anlage" für kulturelle bzw. sportliche Zwecke angesehen werden kann,
die ausnahmsweise in einem reinen Wohngebiet zugelassen werden könnte (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO);
denn der Einzugsbereich des Gymnasiums geht weit über den fraglichen Bereich hinaus. Ferner spricht
auch das Verwaltungsgebäude des Antragsgegners gegen die Annahme eines reinen Wohngebiets,
denn ein derartiges Gebäude wäre in einem derartigen Gebiet ebenfalls nicht zulässig.
Ferner kann der gesamte fragliche Bereich auch nicht als allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4
BauNVO angesehen werden. Zwar sind in einem allgemeinen Wohngebiet Schulen als Anlagen für
soziale und kulturelle Zwecke generell und Anlagen für Verwaltungen ausnahmsweise zulässig. Da aber
allgemeine Wohngebiete nach § 4 Abs. 1 BauNVO "vorwiegend" dem Wohnen dienen, in dem fraglichen
Bereich derzeit aber (nur) drei Gebäude am *** Weg ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden, ist
diese Wohnnutzung ersichtlich nicht geeignet, dem gesamten Bereich angesichts der ansonsten
vorhandenen Bebauung einen prägenden Charakter zu vermitteln.
Im Übrigen gibt das vorliegende Kartenmaterial auch keine Veranlassung, isoliert den Bereich der
Grundstücke mit den Parzellen-Nrn. *** und *** und den nunmehr zur Bebauung vorgesehenen und
bislang noch unbebauten Bereich als reines Wohngebiet zu qualifizieren, denn es ist nichts dafür
ersichtlich, dass die vorhandene Wohnbebauung auf den Grundstücken der Antragstellerin und ihrer
Nachbarn den Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Bereichs angesichts der benachbarten
Schulsporthalle so prägen könnten, dass er noch als Wohngebiet angesehen werden könnte. Dies gilt
umso mehr, als die auf Seite 3 der Antragsschrift genannten Entfernungsangaben mit dem vorliegenden
Kartenmaterial nicht in Einklang zu bringen sind, wonach der Abstand zwischen der geplanten Halle und
dem Grundstück der Antragstellerin statt - wie von der Antragstellerin behauptet - nur 5 m in Wahrheit ca.
26 m und derjenige zwischen ihrem Wohnhaus und der Bauvorhaben statt 12 m ca. 35 m betragen dürfte
und das Bauvorhaben unmittelbar an die vorhandene Sporthalle angebaut werden soll.
Von daher scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch zur Stützung des Begehrens der Antragstellerin
erkennbar aus. Selbst wenn nämlich nur der Bereich der Wohnhäuser der Antragstellerin und ihrer
Nachbarn als reines Wohngebiet angesehen würde, könnte sich aus einem Gebietserhaltungsanspruch
kein Abwehranspruch der Antragstellerin ergeben, denn ein Gebietserhaltungsanspruch kann nur auf die
Verhinderung von Bauvorhaben innerhalb eines Baugebiets gerichtet sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom
18. Dezember 2007 a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Januar 2009 - 1 B 11130/08.OVG).
Demnach könnte die Antragstellerin bauplanungsrechtliche Abwehransprüche grundsätzlich nur aus
einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme herleiten. Dafür sind indessen nach Aktenlage
keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich.
Seine gesetzliche Ausprägung findet das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ein Bauvorhaben
bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist, in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Ist ein
Bauvorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, so ist das Gebot der Rücksichtnahme in dem in
dieser Bestimmung genannten Begriff des Einfügens enthalten (BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 - 4 C
1.78 -, DVBl. 1981 S. 928 und vom 18. Oktober 1985 - 4 C 19.82 -, Buchholz 406.19 Nr. 66 und Beschluss
vom 20. April 2000 - 4 B 25/00 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 199).
Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hat zwar grundsätzlich lediglich einen
objektivrechtliche Gehalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1981 - 4 B 13/81 -, Buchholz 406.19
Nr. 13; Urteile vom 10. Dezember 1982 - 4 C 28/81 -, NJW 1983 S. 2460; vom 5. August 1983 - 4 C 36/79 -
, BVerwGE 67 S. 334/339, und vom 19. September 1986 - 4 C 8/84 -, NVwZ 1987 S. 409).
Nachbarschützende Wirkung kommt ihm jedoch im Einzelfall insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich
individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter
Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen
Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen
anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. August 1983 a.a.O).
Das Gebot der Rücksichtnahme besagt, dass ein Bauvorhaben im Einzelfall unzulässig ist, wenn von ihm
Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Umgebung unzulässig
sind. Ob eine bauliche Anlage gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, hängt wesentlich von den
jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, wie schutzwürdig
die Umgebung ist, wobei bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben dürfen (vgl. BVerwG,
Urteil vom 21. Januar 1983 - 4 C 59/79 -, BRS 40 Nr. 199).
Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme ist dann anzunehmen, wenn sich unter Abwägung der
widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Verwirklichung des jeweiligen
Bauvorhabens dem Nachbarn nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei setzt der Schutz des Nachbarn
bereits unterhalb der eigentumsrechtlich im Sinne des Artikels 14 GG maßgeblichen Schwelle eines
"schweren und unerträglichen Eingriffs" ein. Was dem Nachbarn eines Vorhabens aufgrund der Eigenart
der näheren Umgebung an nachteiligen Wirkungen zugemutet werden darf, bestimmt sich mithin nach der
aus der (näheren) Umgebung herzuleitenden Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit. Immissionen, die
das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen auch unter dem
Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzansprüche (vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 - BVerwG 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Ob Belästigungen im
Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und
Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen
Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 -, NVwZ 1993, S. 1184 m.w.N.).
Ausgehend hiervon spricht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass von dem genehmigten
Bauvorhaben für die Antragstellerin unzumutbare Belästigungen, schädliche Umwelteinwirkungen
ausgehen und sie in eigenen Rechten verletzt sein könnten.
Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist in § 3 BImSchG gesetzlich definiert und kann auch
bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungspflichtigen Vorhaben regelmäßig zur Beurteilung der
Zumutbarkeit der Immissionen herangezogen werden. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche
Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche
Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Mit
dieser Begriffsbestimmung hat der Gesetzgeber die Grenzen der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen
für die Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme allgemein, mithin auch mit Wirkung
für das Baurecht, bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 - 4 C74.78 -, BVerwGE 68, S.
58).
Für die Ermittlung und Bewertung von Lärmimmissionen ist die Frage der Erheblichkeit dieser
Immissionen anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Bei
dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke (hier
diejenigen der Antragstellerin und des Beigeladenen) gestellt sind. Von daher spricht bei überschlägiger
Betrachtung alles dafür, dass es angesichts der vorliegend gegebenen Gemengelage im Sinne des § 34
Abs. 1 BauGB nicht zu beanstanden isr, dass die Beigeladene und der Antragsgegner bei der Beurteilung
der zumutbaren Lärmemissionen aufgrund des in der Umgebung vorhandenen Verwaltungsgebäudes
des Antragsgegners mit seinen zahlreichen Parkplätzen und des Schulzentrums auf die nach der TA-Lärm
bei Mischgebieten zu beachtenden Grenzwerte abgestellt haben, denn diese Werte erscheinen
angesichts der vorliegend gegebenen örtlichen Verhältnisse ausreichend, um die für die Antragstellerin
zumutbaren Lärmimmissionen zu ermitteln.
Dabei hat der Antragsgegner die in der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen ***
genannten Anforderungen, bei deren Beachtung eine Einhaltung der nach der TA-Lärm zu beachtenden
Werte gewährleistet erscheint, zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, wobei auch keine
dahingehenden Zweifel bestehen, dass bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der genehmigten Halle die
geforderten Werte eingehalten werden können.
Soweit die Antragstellerin Zweifel an der Verwertbarkeit des genannten Lärmgutachtens geäußert hat,
vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen, nachdem sich der Sachverständige *** in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 14. August 2009 eingehend mit den Einwendungen der
Antragstellerein befasst und dargelegt hat, dass die in seinem Gutachten nicht erwähnte
Sportanlagenlärmschutzverordnung und die Freizeitlärmrichtlinie keine andere Beurteilung der von der
Halle ausgehenden Lärmemissionen rechtfertigen können.
Wenn die Antragstellerin des Weiteren geltend macht, dass das Sachverständigengutachten deshalb nicht
verwertbar sei, weil es nicht berücksichtige, dass im Bereich der derzeit vorhandenen drei Wohnhäuser
eine weitere Wohnbebauung möglich sei, kann dies Vorbringen keine Rückschlüsse auf eine mögliche
Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die erteilte Baugenehmigung rechtfertigen, da das Flurstück
Nr. ***, hinsichtlich dessen die Antragstellerin eine mögliche Rechtsverletzung behauptet, aufgrund der
vorliegenden Pläne angesichts seiner Größe ersichtlich nicht mit einem weiteren Wohnhaus bebaubar ist.
Ob es im Hinblick auf eine zukünftige weitere Bebauung der Grundstücke mit den Parzellen-Nrn. *** und
*** angesichts der vorgenannten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen *** vom 14. August
2009 erforderlich wäre, die erteilte Baugenehmigung zur Gewährleistung ihrer Rechtmäßigkeit mit
weiteren Nebenbestimmungen zu versehen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil das Grundstück
der Antragstellerin hiervon ersichtlich nicht tangiert wird.
Schließlich geht von dem genehmigten Gebäude angesichts seiner genehmigten Höhe und Entfernung
vom Wohnhaus der Antragstellerin auch keine erdrückende oder abriegelnde Wirkung auf das Grundstück
der Antragstellerin aus.
Ausgehend hiervon kann der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Dabei sieht die Kammer keine Veranlassung, die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Gründen der Billigkeit der
unterliegenden Partei oder der Staatskasse aufzuerlegen, denn die Beigeladene hat sich nicht durch
Stellung eines eigenen Antrags dem Risiko ausgesetzt, im Falle des Unterliegens gemäß § 154 Abs. 3
VwGO mit Verfahrenskosten belastet zu werden (vgl. hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom
VwGO mit Verfahrenskosten belastet zu werden (vgl. hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom
16. März 1995 - 8 A 12977/94.OVG -).
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und
9.7.1 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs, DVBl. 2004, S.
1525.
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung wird nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zugelassen, da
die Streitwertfestsetzung keine grundsätzliche Bedeutung hat.