Urteil des VG Stuttgart vom 24.06.2013

VG Stuttgart: flurbereinigung, unternehmen, abgrenzung, bebauungsplan, golfplatz, enteignung, kreis, landwirtschaft, bewirtschaftung, arbeitsbedingungen

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 24.6.2013, 7 S 3362/11
Leitsätze
Bei der Anordnung eines sog. kombinierten Verfahrens bedarf es einer jeweils eigenständigen
Begründung dafür, dass sowohl der Zweck einer Unternehmensflurbereinigung als auch der
einer Regelflurbereinigung die Anordnung rechtfertigt. Ein einheitlich festgesetztes
Verfahrensgebiet muss zur möglichst vollkommenen Erreichung b e i d e r Zwecke erforderlich
sein.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
Für diese Entscheidung wird zu Lasten des Klägers ein Auslagenpauschsatz von EUR 250,--
erhoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Der Kläger wendet sich gegen den Flurbereinigungsbeschluss für die Flurbereinigung
Mögglingen (B 29).
2 Der Kläger ist als Eigentümer von 32 Flurstücken mit einer Gesamtfläche von ca. 18 ha
unter der Ordnungs-Nr. ... Teilnehmer des „kombinierten“ Flurbereinigungsverfahrens
Mögglingen (B29) im Ostalbkreis.
3 Mit am 20.02.2001 bestandskräftig gewordenem Beschluss vom 27.09.1999 hatte das
Regierungspräsidium Stuttgart den Plan für den Neubau der Bundesstraße B 29 im Zuge
der Ortsumgehung Mögglingen festgestellt. Mit ebenfalls unanfechtbar gewordenem
Beschluss vom 23.01.2006 wurde die Geltungsdauer des Planfeststellungsbeschlusses
um fünf Jahre verlängert. Bereits unter dem 26.03.2001 hatte das Regierungspräsidium
Stuttgart als zuständige Enteignungsbehörde die Einleitung einer
Unternehmensflurbereinigung für den Bau der B 29 beantragt. Für das im
Flurbereinigungsgebiet vorgesehene weitere Unternehmen „Westtangente“ beschloss der
Gemeinderat der Gemeinde Mögglingen am 26.09.2008 einen Bebauungsplan. Unter dem
17.12.2008 stellte die zuständige Enteignungsbehörde beim Regierungspräsidium
Stuttgart fest, dass (auch) insoweit die Voraussetzungen für eine Enteignung vorlägen und
beantragte (auch insoweit) die Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens.
4 Bereits am 11.02.2008 hatte mit den Vertretern des Bauernverbandes, der Landwirtschaft
und den betroffenen Gemeinden ein Gespräch stattgefunden, in dem das Landratsamt
Ostalbkreis - Geschäftsbereich Flurneuordnung und Landentwicklung - als untere
Flurbereinigungsbehörde die Gründe für eine Flurneuordnung, die in dem „kombinierten“
Verfahren beabsichtigten Maßnahmen und die vorgesehene Gebietsabgrenzung erläutert
hatte.
5 Nachdem das Landratsamt Ostalbkreis am 28.03.2008 die agrarstrukturelle Vorplanung
zur geplanten Flurneuordnung aufgestellt hatte, wurden am 20.11.2008 die allgemeinen
Leitsätze über die im Verfahren zu berücksichtigenden Belange und die voraussichtlich zu
verwirklichenden Maßnahmen und Ziele des Naturschutzes, der Landschaftspflege und
der Erholungsvorsorge aufgestellt.
6 In einem an das Landratsamt gerichteten Schreiben vom 19.01.2009 nahm der Kläger auf
seine dortige Vorsprache am 07.11.2008 Bezug, anlässlich der er um Ausklammerung
seiner Grundstücke im Gewann „Kleinried“ gebeten hatte. Die dortigen Wegeverhältnisse
seien schon jetzt optimal. Ein weiterer Wegebau würde nur seine bereits arrondierten
Flächen zerschneiden. Er müsse daher jeden Eingriff in die bestehende
Wirtschaftsstruktur ablehnen, zumal er diese Flächen schon seit mehr als 10 bzw. 36
Jahren nach den Richtlinien des biologischen Landbaus bewirtschafte. Auch handle es
sich bei der Südhanglage um eine „bedingte Lage“. Durch Pachtzahlungen,
Flächentausch und Grundstückserwerb habe er die Flurbereinigung gleichsam für sich
vorweggenommen. Er müsse daher von Wegebaukosten bzw. einem hierfür erforderlichen
Landabzug befreit werden.
7 Mit Schreiben vom 22.01. und 18.03.2009 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass
nicht beabsichtigt sei, seine Flächen im Gewann Kleinried aus dem Verfahren
herauszunehmen.
8 Am 01.04.2009 wurden die übrigen in § 5 Abs. 2 FlurbG bezeichneten Stellen,
Organisationen und Behörden gehört. Die voraussichtlich beteiligten
Grundstückseigentümer wurden am 26.05.2009 in einer öffentlichen
Aufklärungsversammlung über das geplante Flurbereinigungsverfahren einschließlich der
entstehenden Kosten aufgeklärt.
9 Unter dem 06.06.2009 beantragte der Kläger erneut, seine arrondierten Flächen oder
gleich ganz die nördliche Hälfte der Gemarkung Mögglingen aus dem Verfahren
„auszuklammern“. Ggf. wären sie bereit, für das Unternehmen anderweitig Land auf der
Gemarkung Mögglingen bereitzustellen.
10 Mit Beschluss vom 07.10.2009 ordnete das Landesamt für Geoinformation und
Landentwicklung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Flurbereinigung
Mögglingen (B 29) an. Das Flurbereinigungsgebiet umfasst im Wesentlichen die
Gemeinde Mögglingen ohne die Ortslage und die östlich angrenzenden Gewanne
zwischen der Bahnlinie und der Gemeindeverbindungsstraße nach Sixenhof, aber auch
Teile der Gemarkungen Lautern, Böbingen, Heuchlingen und Essingen. Das
Flurbereinigungsgebiet umfasst eine Fläche von rund 1.087 ha, deren Umfang aus der
Gebietskarte vom 15.05.2009 und der Gebietsübersichtskarte vom 17.06.2009 ersichtlich
ist. Seinen Beschluss begründete das Landesamt damit, dass für den Bau der beiden
Unternehmen - Bundesstraße B 29 (Ortsumfahrung Mögglingen) und „Westtangente“ -
einschließlich Nebenanlagen und Ausgleichsmaßnahmen - insgesamt 59 ha Land in
Anspruch genommen werden müssten. Der den Betroffenen entstehende Landverlust
solle auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt werden. Auch sollten die für die
allgemeine Landeskultur entstehenden Nachteile - insbesondere Zerschneidungsschäden
- vermieden werden. Um den Landabzug zu senken, seien bereits Flächen von ca. 20 ha
erworben worden. Die Gemeinde Mögglingen sei bereit, für die „Westtangente“ noch
weitere Ersatzflächen bereitzustellen. Da die Ersatzflächen für beide Straßen über das
ganze Flurbereinigungsgebiet verstreut seien, könnten diese agrarstrukturell sinnvoll nur
über ein Flurbereinigungsverfahren zugeteilt werden. Auch könnten die durch den Wegfall
landwirtschaftlicher Flächen eintretenden Nachteile durch eine betriebswirtschaftlich
günstigere Zusammenlegung gemildert werden.
11 Auch die Voraussetzungen für eine Regelflurbereinigung lägen vor. Der ländliche
Grundbesitz sei zersplittert; die Grundstücke seien für eine rentable landwirtschaftliche
Nutzung zu klein, zu kurz und oft ungünstig geformt. Auch seien die von den einzelnen
Betrieben bewirtschafteten Flächen teilweise über das ganze Flurbereinigungsgebiet
verstreut. Teilweise fehlten die erforderlichen Zufahrtswege. Nutzung und Ertrag der
Grundstücke würden verschiedentlich durch die Wasserverhältnisse beeinträchtigt
(Staunässe). Auch dort, wo bereits größere zusammenhängende Bewirtschaftungsflächen
bestünden, könne durch Anpassung und Zusammenlegung mit dem Eigentum versucht
werden, ein weitmaschiges und damit landsparendes Wegenetz zu bilden. Auch könne
versucht werden, die Eigentumsflächen in Hofnähe besser zu arrondieren und
Nutzungskonflikte zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben zu
lösen. Darüber hinaus sei eine Förderung der allgemeinen Landeskultur und
Landentwicklung zu erwarten. Bei Abwägung aller Gesichtspunkte sei der
betriebswirtschaftliche Erfolg der Flurbereinigung gewährleistet, sodass das Interesse der
Beteiligten gegeben sei.
12 Das Flurbereinigungsgebiet sei so begrenzt worden, dass der Zweck der Flurbereinigung
möglichst vollkommen erreicht werde. Hierzu habe insbesondere der ländliche Besitz der
Flurbereinigungsgemeinden Mögglingen und Heubach-Lautern (nördlicher Teil)
weitgehend erfasst werden sollen, um auch das Wege- und Gewässernetz zweckmäßig
gestalten zu können. Insofern seien auch Grundstücke der benachbarten Gemarkungen
einbezogen worden, wodurch sich auch die Möglichkeit einer Besitzentflechtung ergebe.
Geschlossene Waldflächen seien einbezogen worden, um eine zweckmäßige Feld-Wald-
Grenze zu ermöglichen und das Waldwegenetz auch unter Berücksichtigung des
Limesverlaufs verbessern und Traufwege anlegen zu können. Nicht zuletzt sollten die
vermessungstechnischen Arbeiten vereinfacht werden. Von der Gemeinde Mögglingen
ausgewiesene „Bauentwicklungsflächen“, in denen keine Flurbereinigungsmaßnahmen
notwendig seien, seien hingegen nicht einbezogen worden. Schließlich hätten die
verstreuten Tauschflächen der Unternehmensträger erfasst werden sollen, um sie
agrarstrukturell zweckmäßig verwerten zu können. Aus Zweckmäßigkeitsgründen sei eine
im Hinblick auf beide Zwecke identische Gebietsabgrenzung festgelegt worden.
13 Der Flurbereinigungsbeschluss wurde nach Maßgabe der jeweiligen
Bekanntmachungssatzungen - unter anderem im Amtsblatt Mögglingen vom 23.10.2009 -
in den betroffenen Flurbereinigungsgemeinden öffentlich bekannt gemacht. Der Beschluss
mit Begründung, Gebietskarte und Gebietsübersichtskarte lag dort vom 23.10.2009 bis
04.12.2009 zur Einsichtnahme aus.
14 Im Hinblick auf den für Herbst 2010 vorgesehenen Baubeginn der „Westtangente“ ordnete
das Landesamt mit Beschluss vom 19.08.2010 die sofortige Vollziehung des
Flurbereinigungsbeschlusses an.
15 Bereits mit - am 23.11.2009 beim Landesamt eingegangenem - Sammelschreiben vom
08.10.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Flurbereinigungsbeschluss. Dieser
wurde damit begründet, dass sich die Flurbereinigung „überlebt“ habe. Entsprechend dem
zu beobachtenden Strukturwandel in der Landwirtschaft ändere sich auch die Feldflur. Für
auswärtige Betriebe bräuchten sie keine Flurbereinigung. Zumindest solle das Verfahren
solange ruhen bis der Golfplatz verwirklicht oder aber mit der Folge gescheitert sei, dass
auch diese Flächen einzubeziehen seien. Für die Südumgehung und die „Westtangente“
sei ein Unternehmensverfahren ausreichend. Bei entsprechenden Tauschangeboten sei
eine weitergehende Einschränkung des Eigentums entbehrlich. Die nördliche Hälfte der
Gemarkung Mögglingen dürfe jedenfalls nicht in das Flurbereinigungsverfahren
einbezogen werden, da beide Straßenbauvorhaben auf der südlichen Gemarkungshälfte
verwirklicht würden. Für die Südumgehung sei ohnehin bereits die Hälfte der benötigten
Fläche erworben. Die Abgrenzung des Flurbereinigungsgebiets erscheine insofern
willkürlich, als nicht ersichtlich sei, warum bestimmte Flächen als künftiges Bauland aus
dem Gebiet herausgenommen worden seien. Es müsse grundsätzlich ein 250 - 300 m
breiter Gürtel um die bebauten Bereiche ausgenommen werden. Auch arrondierte Flächen
sowie Waldflächen dürften nicht in das Verfahrensgebiet einbezogen werden. Die
Grenzen zur Feldflur könnten sie durch Zurückschneiden des Waldsaums selbst
korrigieren.
16 Mit - am 21. oder 23.11.2009 beim Landesamt eingegangenen - Anwaltsschreiben vom 02.
und 20.11.2009 legte der Kläger einen weiteren Widerspruch gegen den
Flurbereinigungsbeschluss ein. Dieser wurde damit begründet, dass die Abgrenzung des
Gebiets im Bereich seines Aussiedlerhofs „Kleinried“ und seiner angrenzenden
arrondierten Flächen (Flst. Nrn. 1931, 1975, 1942 etc.) von ca. 9 ha sowie der von ihm
bewirtschafteten Pachtflächen von insgesamt ca. 10,5 ha fehlerhaft sei. Diese Bereiche
müssten herausgenommen werden, da das „Kleinried“ bereits hinreichend erschlossen sei
und er sonst erneut zu Erschließungskosten herangezogen würde. Nachdem der
Aussiedlerhof „Sixenhof“ mit erheblichem Umland östlich der Ortslage ausgenommen
worden sei, müsse dies aus Gleichbehandlungsgründen auch für das
zusammenhängende nördliche Gemeindegebiet gelten. Die sonstigen Planungen seien
demgegenüber nicht abwägungserheblich. Die landwirtschaftliche Flurbereinigung sei
schließlich strikt von der Unternehmensflurbereinigung zu trennen.
17 Nachdem das Landesamt mit Schreiben vom 08.02.2010 noch verschiedene allgemeine
Informationen zum beabsichtigten Flurbereinigungsverfahren gegeben hatte, ließ der
Kläger im Wesentlichen noch Folgendes vortragen: Eine mit Art. 14 GG vereinbare
Lastentragung müsse mit dem Vorteil aus der neuen B 29 korrespondieren. Dieser lasse
sich jedoch nicht auf die Eigentümer in Mögglingen beschränken. Der Kreis der belasteten
Eigentümer erscheine zudem willkürlich gezogen, da er rein rechnerisch begründet werde.
Wenn die betroffenen Landwirte überwiegend keine Flurbereinigung wünschten, müsse
dies Beachtung finden. Die zahlreichen Widersprüche belegten das fehlende Interesse der
Beteiligten. Es sei durch Beispiele belegt, dass modernste Landwirtschaft auch ohne
Flurbereinigung möglich sei. Offizielle Luftbilder belegten, dass auf privatem Wege bereits
ein hoher Zusammenlegungsgrad erreicht worden sei. Durch Blockbildung sei die
Erschließung bereits verbessert worden. Es gebe auch keine Rechtsgrundlage dafür, die
Gebietsabgrenzung für das Unternehmensverfahren im Hinblick auf den erforderlichen
Landabzug passend zu rechnen. Aufgrund des bereits getätigten Grunderwerbs wäre das
Verfahrensgebiet zumindest zu verkleinern. Die erworbenen Grundstücke könnten den
Betroffenen zum Tausch angeboten werden. Entgegen ihrem Interesse sei der Ortskern
ohne die ortsnahe Lage (200 - 300 m breiter Gürtel) herausgenommen worden. Diese
gehöre keinesfalls ins Flurbereinigungsgebiet. Dies sei ihnen von der Gemeinde zugesagt
worden. Aus Gleichbehandlungsgründen müsse Gewissheit über das Schicksal der
Golfplatzflächen bestehen. Im Hinblick auf den ungewissen Fortgang der
Straßenbaumaßnahmen sei das Verfahren zum Ruhen zu bringen.
18 Nachdem das Landesamt mit Schreiben vom 20.07.2010 auf die verschiedenen
Argumente auch des Klägers eingegangen war, ließ dieser unter dem 18.08.2010 noch
weiter wie folgt vortragen: Gründe, die eine Enteignung nach den §§ 87 ff. FlurbG
rechtfertigten, lägen nicht vor. Der Bebauungsplan „Westtangente“ sei ohnehin aus
formellen und materiellen Gründen unwirksam. Die Abgrenzung des
Flurbereinigungsgebiets widerspreche einer solidarischen Lastenverteilung. Die
Wirksamkeit des Bebauungsplans „Golfplatz Limes-Welland“ werde bestritten. Sowohl die
Golfplatzflächen wie auch die angrenzenden Flächen seien unter Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz aus dem Unternehmensverfahren ausgeklammert worden.
Beide Satzungen stellten „Umgehungsplanungen“ dar, da sie nicht dem
Problembewältigungsgebot Rechnung trügen. Auch fehle vor diesem Hintergrund die
erforderliche Verfahrenstransparenz, weil nicht klar sei, welches Unternehmen denn nun
begünstigt werden solle.
19 Unter dem 26.08.2010 ließ der Kläger die aus seiner Sicht nicht nachvollziehbare
Gebietsabgrenzung weiter wie folgt erläutern: Nicht nachvollziehbar sei ein
„Gemeindegebietstausch“ von landwirtschaftlichen Flächen im Westen zwischen
Mögglingen und Böbingen sowie die Begünstigung von Betroffenen in Mögglingen durch
entsprechende Kostenbefreiungen. Die jeweilige Grenzziehung wirke sich zum Nachteil
der übrigen Eigentümer aus. Ebenso wenig sei die „zackige“ Grenzlinienführung von
Westen über Süden nach Osten nachvollziehbar. Die Beibehaltung von
Grundstücksgrenzen widerspreche gerade der angeordneten Flurbereinigung. Die
Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens erscheine im Hinblick auf den verzögerten Bau
der B 29 als verfrüht.
20 Mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2011 wies das Landesamt den Widerspruch des
Klägers zurück. Die Voraussetzungen für eine - verfassungsgemäße -
Unternehmensflurbereinigung lägen vor. Die Straßenbauvorhaben würden in absehbarer
Zeit verwirklicht, zumal mit beiden Maßnahmen bereits begonnen worden sei; auch für den
Bau der Ortsumgehung seien bereits Flächen aufgekauft worden. Die Straßenplanung
betreffende Einwendungen könnten im Verfahren gegen den Flurbereinigungsbeschluss
nicht vorgebracht werden. Auch die Voraussetzungen für eine (Regel-)Flurbereinigung
lägen vor. Dass bei jedem Teilnehmer mit einer Verbesserung zu rechnen sei, sei hierfür
nicht erforderlich. Einzelne bereits weitgehend arrondierte Betriebe machten eine
Flurbereinigung im Gesamtgebiet nicht entbehrlich. Die von den einzelnen Betrieben
bewirtschafteten (Eigentums- und Pacht-)Flächen seien teilweise über das ganze
Flurbereinigungsgebiet verstreut, sodass ihre Bewirtschaftung vor allem infolge unnötigen
Wendens und großer Entfernungen mit hohen unrentierlichen Kosten verbunden sei.
Durch eine weitgehende Beseitigung der Besitzzersplitterung könnten die Produktions-
und Arbeitsbedingungen verbessert, Eigentumsflächen besser arrondiert und
Nutzungskonflikte zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben
gelöst werden. Auch bei den teilweise arrondierten Aussiedlerhöfen seien noch erhebliche
Verbesserungen möglich. In den Bereichen, in denen bereits größere
zusammenhängende Bewirtschaftungsflächen bestünden, könne durch Anpassung und
Zusammenlegung noch ein weitmaschigeres und landsparen-deres Wegenetz gebildet
werden. Außerdem könnten tatsächliche Bewirtschaftung und Eigentum in Einklang
gebracht werden. Die Bewirtschaftung größerer Pachtflächen sei derzeit allenfalls
schuldrechtlich abgesichert. Pacht oder Tausch könnten indes eine rechtlich gesicherte
Bodenordnung auf Eigentumsbasis nicht ersetzen. Schließlich könnten Eigentums- und
Pachtflächen nebeneinander gelegt werden. Der allgemeine Ausbaustandard des
landwirtschaftlichen Wegenetzes entspreche nicht den Anforderungen an ein
neuzeitliches Wegenetz. Teilweise fehlten für die Grundstücke die erforderlichen
Zufahrtswege. Vorhandene Wege seien nach Breite und Befestigung vielfach nicht für
moderne Maschinen und Geräte ausgelegt und in schlechtem Zustand. Auch das
wohlverstandene, auf sachlichen Erwägungen beruhende wirtschaftliche Interesse der
Mehrheit der Beteiligten sei gegeben, da nach einer Abwägung der betriebswirtschaftliche
Erfolg der Flurbereinigung nicht in Frage gestellt werden könne. Die Anzahl der
Betroffenen, die sich gegen eine Flurbereinigung ausgesprochen hätten, sei
demgegenüber nicht entscheidend.
21 Das Flurbereinigungsgebiet sei so abgegrenzt worden, dass der Zweck der
Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht werde. Hierzu sollten möglichst alle
Flächen erfasst werden, die von den Unternehmens- und Ausgleichsmaßnahmen
beansprucht würden. Auch sollten die Ersatzflächen des Unternehmensträgers innerhalb
des Verfahrensgebiets liegen. Nachteile für die allgemeine Landeskultur - insbesondere
Zerschneidungsschäden und Unterbrechungen des Wegenetzes - sollten behoben
werden können. Schließlich solle der mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung
abgestimmte Landabzug von maximal 5,4 % eingehalten werden. Insofern sei auch der
nördliche Gemarkungsteil Mögglingens einbezogen worden. Außerdem lägen dort
Ersatzflächen, die zur Senkung des Landbedarfs eingesetzt werden könnten. Eine
Unternehmensflurbereinigung brauche sich keineswegs auf den unmittelbaren
Einwirkungsbereich beschränken. Auch Flächen mit einer eventuell späteren
Bebaubarkeit seien, soweit sie noch nicht von der Bauleitplanung erfasst seien, nicht
bebaubar und deshalb aus Gleichbehandlungsgründen ebenfalls am Landabzug zu
beteiligen. Bei einer Herausnahme eines 200 - 300 m breiten „Gürtels“ um den Ortskern
wäre die Beseitigung der durch den Straßenbau entstehenden Zerschneidungsschäden
nur schwer möglich. Auch ließe sich für den Ausschluss ortsnaher Flächen kaum eine
nachvollziehbare Grenze festlegen Der ländliche Grundbesitz in Mögglingen und
Heubach-Lautern (nördlicher Teil) habe schließlich so erfasst werden sollen, dass das
Wege- und Gewässernetz zweckmäßig gestaltet werden könne. Grundstücke auf anderen
Gemarkungen seien einbezogen worden, um eine Besitzentflechtung zu ermöglichen.
Dass einzelne Teilnehmer bereits weitgehend arrondierte Höfe einbrächten, sei noch kein
Grund, sie vom Verfahren auszunehmen. Im Übrigen orientiere sich die
Gebietsabgrenzung sowohl für das Unternehmensverfahren als auch für die
agrarstrukturelle Zielsetzung an topographischen Gegebenheiten, was einen
zweckmäßigen Verfahrensablauf gewährleiste. Die Einbeziehung geschlossener
Waldflächen sei durchaus erforderlich, um dauerhaft eine zweckmäßige Feld-Wald-
Grenze herzustellen, da sich dies durch bloßes Zurückschneiden nicht erreichen lasse.
Die Fläche des geplanten Golfplatzes sei derzeit weder für ein Unternehmens- noch für
ein Regelverfahren verwertbar, da sie durch Bauleitpläne überplant sei. Auch eine
mögliche Zeitverzögerung bei der Verwirklichung der Ortsumfahrung rechtfertigte es nicht,
die Anordnung aufzuschieben, zumal ein zeitlicher Vorlauf zweckmäßig sei.
22 Gegen diesen ihm am 17.11.2011 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am
19.12.2011 - einem Montag - Klage zum Flurbereinigungsgericht erhoben. Diese
begründet er im Wesentlichen wie folgt: Die Voraussetzungen für die Anordnung einer
Flurbereinigung lägen nicht vor. Das Flurbereinigungsgebiet sei ermessensfehlerhaft
festgestellt worden. Zu Unrecht sei das Landesamt von einem Interesse der Beteiligten
ausgegangen. Nachdem die Gemeinde Mögglingen ihre planerischen Entscheidungen
und Absichten entgegen §§ 187 ff. BauGB und § 5 Abs. 3 FlurbG nicht rechtzeitig offen
gelegt habe, sei das Gebiet zum Nachteil anderer Teilnehmer fehlerhaft abgegrenzt
worden. Die im Flurbereinigungsverfahren nunmehr zusammengefassten Grundstücke
seien nach ihrer Wertigkeit nicht vergleichbar. Die Bebauungspläne „Welland-Limes-
Golfplatz“ und „Westtangente“ seien ohnehin unwirksam. Der Flurbereinigungsbeschluss
sei unbestimmt, weil die Nummern der betroffenen Flurstücke nicht aufgeführt seien. Es
werde der Eindruck erweckt, dass einzelne Eigentümer durch Ausklammerung ihrer
ortsnahen Grundstücke unsachlich begünstigt würden. Biologisch bewirtschaftete Flächen
müssten besonders berücksichtigt oder gleich ganz ausgeklammert werden. Die an der
Abgrenzung beteiligte landwirtschaftliche Berufsvertretung erscheine jedenfalls in Gestalt
des Kreisbauernverbandsvorsitzenden befangen. Die Gebietsabgrenzung widerspräche
den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, was bereits aus den zackigen
Gebietsgrenzen und Ausklammerungen erhelle. Hinsichtlich der Gebiets- sowie
Gebietsübersichtskarte werde im Flurbereinigungsbeschluss auch kein Datum
angegeben. Auch fehle eine rechtsverbindliche Zusage der Gemeinde Mögglingen, zur
Vermeidung von Landabzügen gemeindeeigene Flächen zur Verfügung zu stellen. Im
Hinblick auf den bereits getätigten Grundstückserwerb sei ein Flächenabzug von 5,4 %
nicht nachvollziehbar. Offenbar sollten die flächenbeanspruchenden Projekte der
Gemeinde auf Kosten der Flurbereinigung verwirklicht werden; dies sei
rechtsmissbräuchlich. Dass zur Verwirklichung einer Bundesstraße und einer
Gemeindestraße eine gemeinsame Flurbereinigung durchgeführt werde, stelle eine
unzulässige Mischverwaltung dar. Das Verfahren sei vor diesem Hintergrund auch nicht
mehr „transparent“. Die Finanzierung des Unternehmens „Ortsumgehung“ gehe schließlich
aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht hervor.
23 Der Kläger beantragt,
24 den Flurbereinigungsbeschluss des Landeamts für Geoinformation und Landentwicklung
Baden-Württemberg vom 07.10.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom
14.11.2011 aufzuheben,
25 hilfsweise dahin zu ändern, dass nur mehr ein Unternehmensverfahren unter
Einbeziehung des gesamten, nicht ortsnahen landwirtschaftlichen Besitzes auf der
Gemarkung Mögglingen angeordnet werde,
26 weiter hilfsweise das Flurbereinigungsverfahren einzustellen
27 sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
28 Der Beklagte beantragt,
29 die Klage abzuweisen.
30 Hierzu verweist das Landesamt zunächst auf seinen Widerspruchsbescheid. Ergänzend
führt es an, die Gebietsfestlegung entspreche den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG.
Ortsrandnahe Flächen seien aus Gleichbehandlungsgründen einbezogen worden, da
auch sie als landwirtschaftliche Flächen anzusehen seien. Grundsätzlich seien die
Grundstücke unabhängig von ihrer Wertigkeit einzubeziehen. Die Nummern der
betroffenen Flurstücke ließen sich der datierten Gebietskarte entnehmen. Die
Bereitstellung von Gemeindeflächen zur Senkung des Landabzugs erfolge auf freiwilliger
Basis, sodass dies nicht in den Flurbereinigungsbeschluss aufzunehmen gewesen sei.
Die Differenzen mit dem Kreisbauernverbandsvorsitzenden seien unerheblich. Diese
hätten sich erst nach der Anordnung des Verfahrens ergeben.
31 Unter dem 07. und 24.06.2013 ließ der Kläger noch weiter wie folgt vortragen: Dass der
Kreisbauernverbandsvorsitzende, der als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft
Teilnehmer der Flurbereinigung sei, an dem Anhörungstermin nach § 5 Abs. 2 FlurbG
nicht hätte mitwirken dürfen, ergebe sich daraus, dass er als „Landwirtschaftskammer“
punktuell mit öffentlicher Verwaltung „beliehen“ sei. Aufzuheben sei der
Flurbereinigungsbeschluss schließlich auch deshalb, weil die „Feldwegbrücke“ über die
Rems westlich von Mögglingen lediglich als Ersatzbauwerk für eine bereits 2002
abgängige Brücke errichtet worden sei. Auch sei fraglich, ob der
Planfeststellungsbeschluss 2006 überhaupt noch verlängerbar gewesen sei. Dass das
Flurbereinigungsgebiet zu seinem Nachteil fehlerhaft abgegrenzt worden sei, folge aus
der Abtretung von ca. 50 ha an die Gemeinde Böbingen im Rahmen der dortigen
Flurbereinigung, der zwischenzeitlichen Erweiterung von „Limes-Kulturflächen“, der
Nichtausklammerung von Bauerwartungsland - etwa im Gewann Serenwald - und der
willkürlichen Ausklammerung des Golfplatzes.
32 Dem Senat lagen die mit Schriftsatz des Beklagten vom 02.02.2012 vorgelegten
Verwaltungsvorgänge und Karten vor. Diese waren auch Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
33 Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
34 1. Soweit sie gegen den Flurbereinigungsbeschluss des Landesamtes vom 07.10.2009
und dessen Widerspruchsbescheid vom 14.11.2011 gerichtet ist, ist sie allerdings mit
ihren Aufhebungs- und Änderungsanträgen statthaft (vgl. § 144 FlurbG) und auch im
Übrigen zulässig. Insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben. Dem Kläger steht auch die
erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Dies gilt auch für seinen
hilfsweise gestellten Änderungsantrag. Zwar bliebe er dann Teilnehmer des
Unternehmensverfahrens, in dem er - mit der Folge eines entsprechenden Landabzugs
und entsprechender Beiträge - auch Maßnahmen hinzunehmen hätte, die lediglich vom
Handlungsrahmen des § 37 FlurbG gedeckt sind (vgl. Senatsurt. v. 15.03.1984 - 7 S
2985/83 -, RzF - 25 - zu § 4 FlurbG; ebenso BVerwG, Beschl. v. 25.10.1984 - 5 B 107.84 ;
Urt. v. 21.10.2009 - 9 C 9.08 -, BVerwGE 135, 110). Jedoch erscheint nicht
ausgeschlossen, dass er in einem „kombinierten“ Verfahren mit einem größeren
Landabzug und höheren Beiträgen zu rechnen hätte. Auch wäre er, sollte die
Ortsumfahrung Mögglingen im Zuge der B 29 nicht mehr verwirklicht werden und das
Unternehmensverfahren entsprechend § 87 Abs. 3, 9 FlurbG einzustellen sein (vgl.
Schwantag/Wingerter, FlurbG 8. A. FlurbG, § 87 Rn. 26), keinen
flurbereinigungsrechtlichen Einschränkungen mehr unterworfen (vgl. § 34 FlurbG) und
würde dann überhaupt nicht mehr zu Beiträgen oder einem Landabzug herangezogen.
Soweit der Kläger im Rahmen seines Hilfsantrags die Einbeziehung weiterer Flächen der
Gemarkung Mögglingen beantragt, verringerte sich möglicherweise auch sein
unternehmensbedingter Landabzug.
35 2. Die Klage gegen den Anordnungsbeschluss ist jedoch unbegründet. Denn der
Flurbereinigungsbeschluss des Landesamts vom 07.10.2009 und der ihn bestätigende
Widerspruchsbescheid des Landesamts vom 14.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen
demzufolge den Kläger auch nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). Insofern
kommt auch nicht die hilfsweise begehrte Beschränkung auf den Unternehmenszweck
unter Abänderung des Flurbereinigungsgebiets in Betracht (vgl. § 144 FlurbG).
36 a) Der Flurbereinigungsbeschluss leidet nicht an zu seiner Aufhebung führenden formell-
rechtlichen Fehlern (vgl. §§ 5, 6 Abs.1 FlurbG).
37 Insbesondere wurde der entscheidende Teil des Flurbereinigungsbeschlusses, wie in § 6
Abs. 2 u. 3 FlurbG vorgesehen, öffentlich bekannt gemacht (vgl. BVerwG, Urt. v.
28.10.1982 - 5 C 46.81 -, RzF - 3 - zu § 6 Abs. 2 FlurbG; FlurbGer Mannheim, Urt. v.
03.12.1979 - VII 1457/79 -, RzF - 11 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG). Die zu seinem Bestandteil
erklärten Karten wurden ordnungsgemäß ersatzbekanntgemacht (vgl. § 1 Abs. 3 DVO
GemO). Im Flurbereinigungsbeschluss bzw. in der öffentlichen Bekanntmachung wurde
auch darauf hingewiesen (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 DVO GemO, § 6 Abs. 3 Satz 2 FlurbG), dass
und wo der Flurbereinigungsbeschluss nebst Begründung und Karten niedergelegt wurde.
38 Der vom Kläger im Hinblick auf eine Beteiligung des Kreisbauernverbandes geltend
gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Dessen Vorsitzender war weder nach § 20 Abs.
1 Nr. 1 LVwVfG ausgeschlossen noch lag in seiner Person ein Befangenheitsgrund i. S.
des § 21 LVwVfG vor.
39 Soweit die Anhörung des örtlich zuständigen Kreisbauernverbands als landwirtschaftliche
Berufsvertretung (vgl. § 109 FlurbG, § 2 Abs. 1 Satz 1 FlurbDVO) in Rede steht (vgl. § 5
Abs. 2 FlurbG), lag schon kein „Tätigwerden für eine Behörde“ (hier: der
Flurbereinigungsbehörde) vor. Solches folgt auch nicht daraus, dass der
Kreisbauernverband bzw. dessen Vorsitzender als von dieser „beliehen“ anzusehen wäre.
Dies mag bei Bestehen eines Verhandlungsauftrags nach § 99 Abs. 2 FlurbG der Fall
sein, nicht aber bei der bloßen Anhörung nach § 5 Abs. 2 FlurbG.
40 Anders mag es sich bei der Erteilung des nach § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbG
vorgeschriebenen Einvernehmens verhalten (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 12. A. 2011, §
20 Rn. 13a), sollte dieses schon bei Einleitung der Unternehmensflurbereinigung
vorliegen müssen und insofern Voraussetzung für deren Anordnung sein (vgl. Senatsurt. v.
06.05.1991 - 7 S 766/90 -, RdL 1991, 324; anders OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v.
17.09.2003 - 8 D 35/01.G -, NuR 2004, 183). Jedoch war der
Kreisbauernverbandsvorsitzende seinerzeit noch gar nicht Teilnehmer des erst noch
anzuordnenden Flurbereinigungsverfahrens und damit auch kein „Beteiligter“, der nach §
20 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG von einer Tätigkeit für die Flurbereinigungsbehörde
ausgeschlossen gewesen wäre. Zwar steht einem Beteiligten gleich, wer durch die
Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil erlangen
kann, doch war auch dies nicht der Fall, zumal ein solcher - wenn überhaupt - nur darauf
beruhte, dass der Verbandsvorsitzende der Berufsgruppe der Landwirte angehörte, deren
gemeinsame Interessen von der anzuordnenden Flurbereinigung berührt wurden (vgl. § 20
Abs. 1 Sätze 2 u. 3 LVwVfG).
41 Der darüber hinaus geltend gemachte Befangenheitsgrund (§ 21 LVwVfG) - das dem
Kläger gegenüber angeblich „völlig unsachliche und diffamierende Verhalten“ des
Verbandsvorsitzenden - wäre schließlich erst 2011/2012 entstanden, mithin lange
nachdem am 11.02.2008 das Einvernehmen über das Ausmaß der Verteilung des
Landverlusts erteilt worden war.
42 b) Der Flurbereinigungsbeschluss und der auf den Widerspruch des Klägers hin
ergangene Widerspruchsbescheid sind auch materiell rechtmäßig.
43 (1) Soweit der Flurbereinigungsbeschluss eine Unternehmensflurbereinigung anordnete,
findet er seine materielle Rechtsgrundlage in § 87 FlurbG.
44 Ist aus besonderem Anlass eine Enteignung zulässig, durch die ländliche Grundstücke in
großem Umfang in Anspruch genommen würden, kann nach § 87 Abs. 1 FlurbG auf
Antrag der Enteignungsbehörde ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden,
wenn der den Betroffenen entstehende Landverlust auf einen größeren Kreis von
Eigentümern verteilt oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermieden werden
sollen. Eines teilweisen Rückgriffs auf § 190 BauGB bedurfte es nicht. Denn die
Enteignung würde für beide hier in Rede stehenden Unternehmen ländliche Grundstücke
in großem Umfang in Anspruch nehmen. Bereits bei einem Flächenbedarf von mehr als 5
ha liegt in der Regel ein Flächenbedarf von großem Umfang vor (vgl. BVerwG, Urt. v.
06.07.1989 - 5 C 51.87 -, BVerwGE 82, 205; Urt. v. 05.05.1983 - 5 C 2.81 -, Buchholz
424.01 § 87 FlurbG Nr. 7). Darauf, in welchem Umfang der Unternehmensträger bereits an
anderer Stelle Land aufgekauft bzw. die Gemeinde eigene Flächen bereitzustellen erklärt
hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.05.1983 - 5 C
2.81 -, Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 7).
45 Die Enteignung ist auch im Hinblick auf beide Unternehmen - Ortsumgehung Mögglingen
im Zuge der B 29 und „Westtangente“ - zulässig. Für die Ortsumgehung folgt dies bereits
aus dem Planfeststellungsbeschluss (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 FStrG), für die
„Westtangente“ aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Voraussetzungen für eine Enteignung
nach § 87 BauGB durften von der oberen Flurbereinigungsbehörde (vgl. BVerwG, Urt. v.
29.01.2009 - 5 C 3.08 -, BVerwGE 133, 118) zu Recht angenommen werden. Im Rahmen
einer Unternehmensflurbereinigung ist es nicht erforderlich, dass der Versuch des
freihändigen Grunderwerbs (vgl. § 87 Abs. 2 FlurbG) schon vor der Anordnung der
Flurbereinigung unternommen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1989 - 5 C 51.87 -, RzF - 43
- zu § 87 Abs. 1 FlurbG; OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.02.2009 - 15 MF 05/09 -, RzF - 5 - zu
§ 87 Abs. 2 FlurbG).
46 Die vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss und
den Bebauungsplan „Westtangente“ waren schließlich nicht im Flurbereinigungsverfahren,
sondern wären ggf. im Rahmen eines etwaigen Klage- bzw. Normenkontrollverfahrens
gegen den Planfeststellungsbeschluss bzw. den Bebauungsplan zu prüfen gewesen.
Dass es an einer rechtswirksamen Planung überhaupt fehlte, lassen die Einlassungen des
Klägers nicht erkennen. So war auch die Verlängerung der Geltungsdauer des
Planfeststellungsbeschlusses rechtzeitig vor Ablauf der seinerzeit maßgeblichen
Fünfjahresfrist erfolgt. Der verbindliche Erwerb eines großen Teils der zur Verwirklichung
dieses Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke - bis 2008 (vgl. Niederschrift über
ein Gespräch mit den Vertretern des Bauernverbandes, der Landwirtschaft und den
betroffenen Landwirten am 11.02.2008, /A 13) und bis 2009 (vgl. Niederschrift über den
Anhörungstermin gem. § 5 Abs. 2 FlurbG am 01.04.2009, /A 17) - unterbrach den Ablauf
der neuerlichen Fünfjahresfrist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.2009 , a.a.O.).
47 Sind danach beide Unternehmensplanungen im Flurbereinigungsverfahren
zugrundezulegen, geht auch der Hinweis auf eine fehlende Verfahrenstransparenz fehl.
Dass die Unternehmensflurbereinigung sowohl aus Anlass eines Bebauungsplans als
auch eines Planfeststellungsbeschlusses für eine Bundesfernstraße angeordnet worden
war, ist nach den §§ 87 ff. FlurbG nicht ausgeschlossen und führt entgegen der Auffassung
des Klägers nicht auf einen Verstoß gegen das aus den Art. 83 ff. GG herzuleitende Verbot
der Mischverwaltung (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 04.07.1956 - V C 199.55 -, BVerwGE
4, 24). Dass die Flurbereinigung auch dem Bund als Straßenbaulastträger zugutekommt,
ändert nichts daran, dass das Flurbereinigungsverfahren ausschließlich von der
Flurbereinigungsverwaltung des Landes durchgeführt wird.
48 Das Regierungspräsidium hat als zuständige Enteignungsbehörde auch für beide
Unternehmen ein Flurbereinigungsverfahren beantragt.
49 Auf den besonderen Zweck des Verfahrens war sowohl im Flurbereinigungsbeschluss als
auch bei der Aufklärung der Grundstückseigentümer (vgl. § 5 Abs. 1 FlurbG) hingewiesen
worden (vgl. § 88 Nr. 1 FlurbG).
50 Das Ausmaß der Verteilung des Landverlustes war, soweit dies Voraussetzung für die
Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens gewesen sein sollte, im Einvernehmen mit
dem Kreisbauernverband als landwirtschaftlicher Berufsvertretung in nicht zu
beanstandender Weise geregelt worden (vgl. §§ 87 Abs. 1 Satz 2, 109 FlurbG i.V.m. § 2
Abs. 1 Satz 1 FlurbDVO).
51 Entgegen der Auffassung des Klägers wurde der Flurbereinigungsbeschluss keineswegs
vorzeitig erlassen. So hätte das Flurbereinigungsverfahren bereits bei Einleitung des
Planfeststellungsverfahrens bzw. beim Beschluss, für den Bau der „Westtangente“ einen
Bebauungsplan aufzustellen, eingeleitet werden dürfen (vgl. § 87 Abs. 2 FlurbG), mithin
lange bevor es zu den vom Kläger nunmehr geltend gemachten Verzögerungen beim
Neubau der B 29 neu kam. Ob diese bereits eine Teileinstellung des
Unternehmensverfahrens rechtfertigten, ist schließlich nicht im Rahmen einer Klage gegen
den Flurbereinigungsbeschluss zu prüfen.
52 Das (mit dem Regelflurbereinigungsgebiet identische)
Unternehmensflurbereinigungsgebiet ist im Flurbereinigungsbeschluss durch die
ergänzende Bezugnahme auf die datierte Gebiets- und Gebietsübersichtskarte
hinreichend bestimmt bezeichnet. Einer Aufführung sämtlicher Flurstücke im
Flurbereinigungsbeschluss bedurfte es nicht (vgl. FlurbGer Mannheim v. 04.07.1961 - V
218/59 -, RzF - 1 - zu § 6 Abs. 1 FlurbG).
53 Dass das Gebiet im Hinblick auf den mit der Unternehmensflurbereinigung verfolgten
Zweck fehlerhaft begrenzt worden wäre, ist nicht zu erkennen.
54 Auch im Unternehmensverfahren ist die Begrenzung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG so
auszurichten, dass der Zweck der Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht wird.
Dies bedeutet im Unternehmensverfahren, dass sich die Verteilung des den Betroffenen
entstehenden Landverlusts auf einen größeren Kreis von Eigentümern oder/und die
Vermeidung der durch das Unternehmen für die allgemeine Landeskultur entstehenden
Nachteile möglichst vollkommen erreichen lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1982 - 5 C
9.82 -, BVerwGE 66, 224). Die Begrenzung liegt im Ermessen der oberen
Flurbereinigungsbehörde, dessen Ausübung lediglich im Rahmen des § 114 VwGO
überprüfbar ist (vgl. demgegenüber § 146 FlurbG).
55 Danach kann die Gebietsabgrenzung nicht beanstandet werden.
56 Zu Unrecht beanstandet der Kläger, dass sich das Landesamt rechnerisch an dem mit
dem Kreisbauernverband vereinbarten Landabzug von maximal 5,4 % orientiert habe.
Denn damit wurde gerade in besonderem Maße dem Umstand Rechnung getragen, dass
das Ausmaß der Verteilung des Landverlusts nach § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbG im
Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung zu regeln ist (vgl. hierzu
Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 87 Rn. 12 f.). Ein willkürliches Handeln kann darin schon
gar nicht gesehen werden.
57 Um den Landabzug zu senken, durfte das Landesamt das Gebiet so abgrenzen, dass
auch die über das Gebiet verstreut liegenden Ersatzflächen des Unternehmensträgers
einbezogen werden konnten (vgl. BVerwG, 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, RzF - 37 - zu § 87
Abs. 1 FlurbG; Senatsurt. v. 06.05.1991 - 7 S 766/90 -, RzF - 45 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG).
Allein durch einen Grundstückstausch ließe sich denn nicht gewährleisten, dass die von
dem Unternehmen unmittelbar betroffenen landwirtschaftliche Betriebe vor wirtschaftlichen
Schäden bewahrt werden. Ein freiwilliger Landtausch i. S. der §§ 103a ff. FlurbG oder ein
vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren nach § 86 FlurbG kam zur Erreichung des mit
einem Unternehmensverfahren verfolgten Zwecks ohnehin nicht in Betracht. Der bereits
getätigte Grunderwerb führte auch nicht dazu, dass das Flurbereinigungsgebiet
kleinräumiger abzugrenzen gewesen wäre. Dadurch verringerte sich lediglich der spätere
- unternehmensbedingte - Landabzug. Insofern führte auch die Bereitschaft des Klägers
und anderer Eigentümer, für die beiden Unternehmen an anderer Stelle Grundstücke
bereitzustellen nicht auf eine ermessensfehlerhafte, weil zu weiträumige
Gebietsabgrenzung. Zur Bereitstellung weiterer Gemeindeflächen hatte sich die
Gemeinde Mögglingen im Übrigen nicht rechtsverbindlich verpflichtet, wozu sie auch nicht
gehalten war, sodass dahinstehen kann, ob eine entsprechende Zusage in den
Flurbereinigungsbeschluss aufzunehmen gewesen wäre.
58 Danach gab es aber auch keinen Grund, die - bereits arrondierten - Flächen im Gewann
„Kleinried“, die „ganze nördliche Hälfte der Gemarkung Mögglingen“ oder Waldflächen im
Nordwesten von vornherein „auszuklammern“. Darauf, ob diese möglicherweise wieder
als Abfindung an die bisherigen Eigentümer zuzuteilen wären, kommt es in vorliegendem
Zusammenhang nicht an. Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass diese Flächen nicht in
unmittelbarer Nähe der Neubautrassen bzw. in deren unmittelbarem Einwirkungsbereich
liegen (vgl. Senatsurt. v. 08.08.1977 - VII 862/77 -, RdL 1978, 159) und deren Eigentümer -
u. a. der Kläger - möglicherweise nur geringe oder gar keine Vorteile von den
Straßenbaumaßnahmen haben mögen. Denn ein Interesse der (privaten) Beteiligten ist
bei der Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung gar nicht erforderlich (vgl. BVerwG,
Urt. v. 28.10.1982, a.a.O.; Senatsurt. v. 08.08.1977, a.a.O.). Auch das auf ein
entsprechendes Vorteilsinteresse gestützte Verlangen nach Einbeziehung weiterer
Gemarkungen bzw. der gesamten Gemarkung Mögglingen geht vor diesem Hintergrund
fehl. Soweit der Kläger insbesondere die nördliche Gebietsabgrenzung als
gleichheitswidrig beanstandet, weil die Flächen um den - weiter östlich liegenden -
Aussiedlerhof „Sixenhof“ ausgenommen, die übrigen zusammenhängenden Flächen des
nördlichen Gemeindegebiets jedoch einbezogen worden seien, hat das Landesamt die im
Nordosten vorgenommene Abgrenzung entlang der Gemarkungsgrenze ohne Weiteres
nachvollziehbar damit begründet, dass es zur Unterschreitung des maximalen
Landabzugs nicht mehr erforderlich gewesen sei, noch weiter entfernt liegende Gebiete
einzubeziehen, in denen sich auch keine Ersatzflächen befunden hätten.
59 Ebenso wenig waren die ortsnahen landwirtschaftlichen Flächen, die ca. 200 - 300 m von
der Ortslage Mögglingens entfernt sind, vom Verfahren auszunehmen. Selbst wenn es
sich hierbei um sog. begünstigtes Agrarland handelte, welches bei der späteren
Wertfeststellung nach dem Verkehrswert zu bewerten wäre (vgl. hierzu
Schwantag/Wingerter, FlurbG 8. A. 2008, § 29 Rn. 31, § 28 Rn. 6 ff.), hinderte dies eine
Einbeziehung nicht. Darauf, dass die hierfür unzuständige Gemeinde anderes zugesagt
haben mag, kommt es nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch nicht die
Rede davon sein, dass Bedienstete der Flurbereinigungsverwaltung die Gemeinde davon
abgehalten hätten, für diese Flächen konkrete Planungsvorstellungen zu entwickeln.
Allein der Wunsch des Gemeinderats, ortsnahe landwirtschaftliche Flächen in einem
gewissen Umfang von der Flurbereinigung auszunehmen, stellt noch keine
Planungsvorstellung dar, die bei der Abgrenzung des Flurbereinigungsgebiets zu
berücksichtigen gewesen wäre. Soweit der Kläger darauf verweist, dass Flächen im
Gewann Serenwald nunmehr aus dem Flurbereinigungsgebiet herausgenommen würden,
beruht dies ersichtlich darauf, dass für dieses Gebiet nunmehr ein Bebauungsplan
aufgestellt werden soll.
60 Dass demgegenüber die als Golfplatz vorgesehenen Flächen im Osten Mögglingens -
zwischen der Bahnlinie und der Gemeindeverbindungsstraße zum Sixenhof - nicht
einbezogen wurden, kann im Hinblick darauf, dass diese nach dem nach wie vor
geltenden Bebauungsplan „Welland-Limes-Golfplatz“ keiner landwirtschaftlichen Nutzung
mehr zugeführt und insofern nicht anderweitig zugeteilt werden könnten, nicht als
ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang
rügt, dass die Gemeinde Mögglingen ihre Planungen nicht rechtzeitig offengelegt bzw. es
sich bei diesen um eine „Umgehungsplanung“ handele, vermag der Senat keine
Anhaltspunkte für ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Gemeinde zu
erkennen, mit dem diese die als Golfplatz ausgewiesenen Flächen lediglich der
Flurbereinigung hätte entziehen wollen. Darauf, ob die Planung im Übrigen frei von
Fehlern ist, kommt es in vorliegendem Zusammenhang nicht an.
61 Inwiefern das Flurbereinigungsgebiet im Westen aufgrund einer „Gebietsabtretung“ bzw.
eines „Gebietsaustauschs“ von 43 ha zwischen Mögglingen und Böbingen fehlerhaft
abgegrenzt sein sollte, ist nicht zu erkennen. Offenbar meint der Kläger, dass die
Mögglinger Gewanne Barnberg und Dellinger anstatt am 23.08.2006 in die
Flurbereinigung Böbingen in die spätere Flurbereinigung Mögglingen einzubeziehen
gewesen wären, um hier, ohne auf ortsnahe landwirtschaftlichen Flächen zurückgreifen zu
müssen, den entstehenden Landverlust besser verteilen zu können. Hier übersieht der
Kläger, dass bei Erlass des angefochtenen Flurbereinigungsbeschlusses vom 07.10.2009
das Flurbereinigungsgebiet Böbingen längst abgegrenzt war. Mehreren
Flurbereinigungsverfahren konnten die dortigen Grundstücke indes nicht unterworfen
werden (vgl. FlurbG Kassel, Urt. v. 05.11.1969 - III F 56/69 -, RzF - 4 - zu § 7 Abs. 1
FlurbG). Ggf. wäre bereits jene Gebietsabgrenzung anzufechten gewesen. Abgesehen
davon ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Einbeziehung der beiden Gewanne
in die Flurbereinigung Böbingen seinerzeit nicht dem damit verfolgten Regelzweck
entsprochen hätte.
62 Soweit der Kläger auf eine zwischenzeitlich erfolgte Erweiterung der „Limes-Kulturflächen“
verweist, führt dies schon deshalb auf keinen Fehler in der Gebietsabgrenzung, weil diese
nicht kulturhistorisch begründet wurde.
63 Die vom Kläger beanstandete „zackige“ Grenze des Flurbereinigungsgebiets ist
schließlich dem Umstand geschuldet, dass nur Flurstücke im Ganzen und nicht auch
Grundstücksteile einbezogen werden können (vgl. BVerwG, 16.04.1971 - IV C 36.68 -,
RzF - 8 - zu § 8 Abs. 1 FlurbG).
64 (2) Der Flurbereinigungsbeschluss findet, soweit er - zulässigerweise - gleichzeitig eine
Regelflurbereinigung anordnet (sog. „kombiniertes“ Verfahren), seine materielle
Rechtsgrundlage in den §§ 4, 1, 37 FlurbG. Da bei einem Verfahren mit unterschiedlicher
Zweckrichtung keine besonderen gesetzlichen Voraussetzungen gelten, müssen, soweit
neben einer Unternehmensflurbereinigung auch eine Regelflurbereinigung angeordnet
wird, auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. Senatsurt. v.
15.03.1984 - 7 S 2985/83 -, RzF - 25 - zu § 4 FlurbG).
65 Nach § 4 FlurbG kann die obere Flurbereinigungsbehörde die Flurbereinigung anordnen
und das Flurbereinigungsgebiet feststellen, wenn sie eine Flurbereinigung für erforderlich
hält und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält. Ob eine Flurbereinigung
erforderlich ist, richtet sich nach den (erweiterten) Zielen der Flurbereinigung gemäß den
§§ 1, 37 FlurbG. Nach § 1 FlurbG kann insbesondere zur Verbesserung der Produktions-
und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft ländlicher Grundbesitz durch
Maßnahmen nach § 37 FlurbG neugeordnet werden.
66 Dies hat das Landesamt im Anschluss an die agrarstrukturelle Vorplanung vom
28.03.2008 überzeugend mit der Zersplitterung des ländlichen Grundbesitzes (vgl.
insoweit auch die Besitzverzahnungskarte v. 13.05.2009) und der für eine rentable
landwirtschaftliche Nutzung zu kleinen, zu kurzen und zu ungünstig geformten
Grundstücken sowie den nicht den neuzeitlichen Anforderungen an ein neuzeitliches
Wegenetz entsprechenden Ausbaustandard des landwirtschaftlichen Wegenetzes und
den teilweise fehlenden Zufahrtswegen begründet (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG).
67 Die vom Kläger dagegen erhobenen Bedenken greifen nicht durch.
68 Insbesondere vermag der Kläger die Anordnung einer Regelflurbereinigung nicht damit in
Frage zu stellen, dass sich die Flurbereinigung „überlebt“ habe, er diese durch
Pachtzahlungen, Flächentausch und Grundstückserwerb gleichsam selbst
„vorweggenommen“ habe, seine Flächen bereits arrondiert und die Wegeverhältnisse dort
bereits optimal seien und eine Flurbereinigung für auswärtige Betriebe jedenfalls nicht
gerechtfertigt sei. So ist das Interesse der Beteiligten nicht für jeden Gemarkungsteil einer
Gemeinde besonders festzustellen. Er muss nur für das Flurbereinigungsgebiet insgesamt
vorliegen (vgl. FlurbGer Mannheim v. 12.05.1966 - VI 749/65 -, RzF - 15 - zu § 4 FlurbG),
also für die überwiegende Fläche des Gesamtgebiets (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.03.1974
- V B 14.72 -, BVerwGE 45, 112). Insofern bestehen indes keine Zweifel an einem
entsprechenden Interesse, zumal es nicht auf die subjektive Meinung und Wünsche
einzelner oder der überwiegenden Anzahl der Teilnehmer ankommt, sondern auf das
objektive, wohlverstandene Interesse der Beteiligten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1968 - IV
C 104.65 -, BVerwE 29, 257). Auch die vorliegend angestrebte Verbesserung der
Produktions- und Arbeitsbedingungen braucht nicht bei jedem Teilnehmer einzutreten (vgl.
BVerwG, Beschl. v. 26.03.1974, a.a.O.).
69 Die Abgrenzung des Flurbereinigungsgebiets ist auch gemessen an den Zwecken des
Regelverfahrens nicht zu beanstanden. Insoweit bedarf es freilich einer eigenständigen
Begründung dafür, dass das - hier einheitliche - Verfahrensgebiet auch zur möglichst
vollkommenen Erreichung des Regelzwecks erforderlich ist (vgl. zur jeweils
eigenständigen Begründung der Anordnungsvoraussetzungen im „kombinierten“
Verfahren Senatsurt. v. 15.03.1984, a.a.O.; auch BVerwG, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B
30.85 -, RzF - 37 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG). Rechtswidrig ist eine Abgrenzung letztlich nur,
die erkennbar nicht auf eine Abwägung aller für einen größtmöglichen Erfolg der
Flurbereinigung im gesamten Planungsraum und für den einzelnen Beteiligten
bedeutsamen Gesichtspunkte zurückgeht oder sich als ganz ungeeignet erweist, den
Flurbereinigungserfolg zu fördern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.10.1966 - IV B 291.65 -, RzF
- 7 - zu § 4 FlurbG; Beschl. v. 08.11.1989 - 5 B 124.89 -, Buchholz 427.01 § 7 FlurbG Nr.
2). Erforderlich ist im allgemeinen eine großräumige Gebietsabgrenzung unter
Einbeziehung der gesamten Gemarkung (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 07.06.1979 - 9 C 14/78 -
, RdL 1979, 264). Hiernach kann die vorgenommene Abgrenzung auch im Hinblick auf
den Regelzweck nicht beanstandet werden.
70 Insbesondere bestand kein Anlass, die „arrondierten Flächen“ im Gewann „Kleinried“ oder
gar die ganze nördliche Hälfte der Gemarkung vom Verfahren „auszuklammern“.
Abgesehen davon, dass die angesprochenen Flächen, wie ein Blick auf die Gebietskarte
erhellt, durchaus noch einer weiteren Arrondierung - nämlich durch eine
Zusammenführung von Eigentum und Bewirtschaftung - zugänglich sind, könnte selbst ein
weitgehend arrondierter Hof - sogar am Rande des Flurbereinigungsgebiets - bzw. ein
arrondierter Teilbereich in ein Regelflurbereinigungsverfahren einbezogen werden (vgl.
BVerwG, Beschl. v. 26.10.1966, a.a.O.). Voraussetzung ist lediglich, dass die Agrarstruktur
des gesamten Bereinigungsgebiets dadurch verbessert werden kann (vgl. BVerwG,
Beschl. v. 26.10.1966, a.a.O.). Dies lässt sich bei den - nicht am Rande des
Flurbereinigungsgebiets liegenden - Flächen im Gewann „Kleinried“ kaum von der Hand
weisen. Nach den substantiiert nicht in Frage gestellten Feststellungen des Landesamts
entspricht der dortige Ausbaustandard des landwirtschaftlichen Wegenetzes auch nicht
den Anforderungen an ein neuzeitliches Wegenetz; auch sollen teilweise Zufahrtswege
fehlen.
71 Darauf, dass die einbezogenen Flächen eine unterschiedliche Wertigkeit aufweisen
mögen („Südhanglage“, nach den Richtlinien des biologischen Landbaus bewirtschaftete
Flächen) kommt es in vorliegendem Zusammenhang ersichtlich nicht an. Dem ist ggf. im
nachfolgenden Wertermittlungsverfahren Rechnung zu tragen. Auch über einen etwaigen
Anspruch auf eine (teilweise) Abfindung in alter Lage („bedingte Lage“), wäre erst im
Rahmen des Flurbereinigungsplans zu entscheiden (vgl. § 44 FlurbG). Auch über die
Neuausweisung weiterer öffentlicher Wege ist erst im Wege- und Gewässerplan zu
entscheiden (vgl. §§ 39 Abs. 1, 41 Abs. 1 FlurbG), gegen dessen Festsetzungen ggf. im
Rahmen einer Abfindungsklage gegen den Flurbereinigungsplan vorzugehen wäre. Auch
über die weiteren Forderungen des Klägers - gerichtet auf eine Befreiung vom Landabzug
(§ 47 Abs. 3 FlurbG) bzw. eine Verringerung desselben (§ 47 Abs. 2 FlurbG), auf eine
Beitragsermäßigung bzw. -freistellung (§ 19 Abs. 2 und 3 FlurbG) ist erst im
Zusammenhang mit dem Flurbereinigungsplan zu entscheiden; hierbei wäre dann auch
dem Einwand nachzugehen, Teilnehmern auf Mögglinger Gemarkung seien bereits
ungerechtfertigte Kostenbefreiungen gewährt bzw. zugesagt worden.
72 Soweit der Kläger die Einbeziehung von Waldflächen im Nordwesten rügt, kann dies
jedenfalls im Hinblick auf die dauerhafte Herstellung einer zweckmäßigen Feld-Wald-
Grenze, eine Verbesserung des Waldwegenetzes und das Anlegen von Traufwegen nicht
beanstandet werden. Auch Waldflächen sind ländlicher Grundbesitz (vgl. § 84 FlurbG).
Die nach § 85 Nr. 1 FlurbG zu beteiligende forstwirtschaftliche Berufsvertretung - in
Baden-Württemberg die Forstkammer (vgl. § 109 FlurbG, § 2 Abs. 2 FlurbDVO) - wurde vor
der Anordnung der Flurbereinigung gehört (vgl. § 5 Abs. 2 FlurbG).
73 Auch im Hinblick auf den Regelzweck bestand kein Anlass, die ortsnahen
landwirtschaftlichen Flächen aus dem Verfahrensgebiet auszunehmen.
74 Dass die für den Golfplatz vorgesehenen Flächen im Osten von Mögglingen vom
Verfahren ausgenommen wurden, kann aus den bereits angeführten Gründen auch im
Hinblick auf den Regelzweck nicht beanstandet werden.
75 Auch die übrigen, bereits im Hinblick auf das gleichzeitig angeordnete
Unternehmensverfahren erhobenen Einwendungen führen - aus den oben angeführten
Gründen - auch im Hinblick auf den Regelzweck auf keine ermessensfehlerhafte
Gebietsabgrenzung.
76 Nach alldem kann die getroffene Ermessensentscheidung - nicht zuletzt im Hinblick auf
ein zweckmäßigerweise einheitlich festzulegendes Verfahrensgebiet - nicht beanstandet
werden.
77 II. Der auf eine Einstellung des Unternehmensverfahrens gerichtete Verpflichtungsantrag
ist bereits unzulässig, da die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 142 Abs.
2 FlurbG nicht vorliegen. So hätte der Kläger zunächst einen entsprechenden Antrag beim
Beklagten zu stellen gehabt, bevor er Klage zum Flurbereinigungsgericht erhebt (vgl.
hierzu Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 9 Rn. 6). Denn bei der Entscheidung der Frage, ob
die Flurbereinigung infolge nachträglich eingetretener Umstände nicht mehr zweckmäßig
erscheint, steht der oberen Flurbereinigungsbehörde ein weiter Beurteilungs- und
Ermessenspielraum zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.08.1983 - 5 C 30.92 -, BVerwGE 67, 341).
78 Im Übrigen vermag der Senat nicht zu erkennen, inwiefern die angeführte Pressemeldung
vom 05.06.2013, wonach inzwischen ein reduzierter Ausbaustandard der B 29 erwogen
werde, um eine höhere Priorisierung zu erreichen, bereits dazu führen sollte, dass die mit
der angeordneten Unternehmensflurbereinigung verfolgte Zielsetzung nicht mehr
zweckmäßig wäre. Abgesehen davon, dass im Hinblick auf die jedenfalls zu
verwirklichende „Westtangente“ ohnehin nur eine Teileinstellung des
Unternehmensverfahrens in Betracht käme, soll der Neubau der B 29 ja auch nach der
Pressemeldung noch verwirklicht werden. Insofern liegt ersichtlich kein mit der Einstellung
des Planfeststellungsverfahrens vergleichbarer Fall vor (vgl. § 87 Abs. 3 FlurbG sowie
Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 87 Rn. 26), sodass allenfalls eine Verkleinerung des
Unternehmensgebiets in Betracht kommen dürfte (vgl. § 8 Abs. 1 FlurbG).
III.
79 Die Kostenentscheidung folgt aus § 147 FlurbG und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer
Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im
Vorverfahren (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO) bedurfte es danach nicht.
IV.
80 Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht
vorliegen.
81
Beschluss v. 27. Juni 2013
82 Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG; Nr. 13.1 des
Streitwertkatalogs).
83 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.