Urteil des VG Saarlouis vom 09.06.2010

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VG Saarlouis Entscheidung vom 9.6.2010, 11 K 1766/09
Ausbildungsförderung: Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag im
Zusammenhang mit als vermögensmindernd geltend gemachten Verbindlichkeiten
gegenüber Verwandten
Leitsätze
Ohne nähere Angaben zum rechtsgeschäftlichen Hintergrund der jeweiligen Transaktion
genügt eine nach Gläubigern gegliederte Aufstellung, die Angabe der Daten der (zumeist
Bar-) Zuwendungen sowie der entsprechenden Rückzahlungen den an einen
substantiierten Vortrag zu stellenden Anforderungen nicht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Am 19.03.2003 beantragte die Klägerin Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für ein Studium im Ausland. Bei der
Antragstellung hatte sie im Antragsformblatt I weder eigenes Vermögen noch Schulden
und Lasten deklariert. Für den Zeitraum Oktober 2003 bis Juli 2004 wurden ihr mit
Bescheiden vom 28.11.2003, 30.12.2003, 31.03.2004, 28.05.2004, 30.06.2004 und
30.07.2004 Förderungsleistungen bewilligt.
Im November 2006 erhielt die Beklagte vom Bundesamt für Finanzen die Information, dass
die Klägerin im Jahre 2003 Zinserträge erwirtschaftet hatte, die auf ein vorhandenes
Vermögen schließen ließen. Auf Aufforderung der Beklagten machte die Klägerin
ergänzende Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen und reichte Unterlagen nach. Sie
trug vor, sie habe sich schon lange Zeit vor ihrem Auslandsaufenthalt mit der Problematik
der Finanzierung auseinander gesetzt. Neben der Beantragung des Auslands-BAföG habe
sie über einen längeren Zeitraum Geld angespart, um für den Auslandsaufenthalt die
erforderlichen Anschaffungen tätigen zu können. Den BAföG-Antrag habe sie bereits im
März 2003 gestellt. Die von ihr näher bezeichneten Investitionen (Notebook, Kamera,
Rucksack, Schlafsack u.a.) habe sie bereits zuvor geplant gehabt. Diese seien aber erst
nach der Antragstellung getätigt worden. Darüber hinaus legte sie eine Übersicht über ihre
im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden gegenüber dritten Personen vor.
Mit Bescheid vom 28.06.2007 berechnete die Beklagte die der Klägerin zustehenden
Förderungsleistungen für den o.g. Bewilligungszeitraum neu. Dabei wurde der Klägerin
eigenes Einkommen in Höhe von 7.824,79 EUR angerechnet, was zu einer Rückforderung
von 2.620,00 EUR führte.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch vom 13.07.2007 blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung ist im Widerspruchsbescheid vom 24.04.2008 ausgeführt:
„Was die angeblichen Rückzahlungsverpflichtungen der Widerspruchsführerin anbelangt,
waren diese nicht vermögensmindernd in Rechnung zu stellen, da sie nicht ausreichend
nachgewiesen waren. Dies gilt sowohl für die Zeit vor Erstellung des angefochtenen
Bescheides als auch im Widerspruchsverfahren, zumal die die Widerspruchsführerin dort
anwaltlich vertreten war. Es musste der Widerspruchsführerin klar sein, dass lediglich die
Vorlage einer Aufstellung über Rückzahlungen ohne Darlegung des rechtlichen Hintergrunds
und ohne entsprechende Nachweise keine Minderung des anzurechnenden Vermögens zur
Folge haben konnte. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil die Widerspruchsführerin
zunächst weder ihr Vermögen noch die angeblichen Verbindlichkeiten im Antragsformblatt
erklärt hatte, so dass besonderer Anlass zur kritischen Überprüfung ihrer Sachdarstellung
erklärt hatte, so dass besonderer Anlass zur kritischen Überprüfung ihrer Sachdarstellung
bestand.
Ebenso kam ein Abzug vom Vermögen für diejenigen Ausgaben der Widerspruchsführerin
nicht in Betracht, die diese nach Antragstellung getätigt hatte. Letzteres ergibt sich schon
aus § 28 Abs. 4 BAföG, der die Berücksichtigung von Vermögensveränderungen zwischen
Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums untersagt.
Aber auch die Gewährung eines Härtefreibetrags nach § 29 Abs. 3 BAföG war nicht
möglich. Zwar wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Vorbereitung einer
Auslandsausbildung unter Umständen erfordert, über den Vermögensfreibetrag nach § 29
Abs. 1 BAföG hinaus einen „weiteren Teil“ des Vermögens anrechnungsfrei zu lassen. Dies
kann aber nur dann gelten, wenn der Auszubildende eine Ausbildung im außereuropäischen
Ausland durchführen will und dann auch insbesondere nur dann, wenn er damit rechnen
muss, die Studienkosten nicht in voller Höhe erstattet zu erhalten. Hiervon war im Fall der
Widerspruchsführerin nicht auszugehen. Die Ausbildung der Widerspruchsführerin fand in
Spanien, also im europäischen Ausland statt. Im Übrigen erhielt die Widerspruchsführerin
annähernd den vollen Bedarfssatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, so dass
damit aus förderungsrechtlicher Sicht ihre Studienaufwendungen gedeckt waren.
Hinzu kommt, dass die von der Widerspruchsführerin genannten Aufwendungen für
Gegenstände getätigt wurden, die Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens darstellen;
dies gilt insbesondere für den von der Widerspruchsführerin angeschafften Computer, der
den weitaus überwiegenden Teil der Ausgaben ausmacht. Die Ausgaben waren also nicht
eindeutig dem Studienaufenthalt zuzuordnen.“
Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 30.04.2008 zu Händen ihrer
Verfahrensbevollmächtigten mit Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.
Am 22.05.2008 hat die Klägerin beim VG Chemnitz Klage erhoben. Das Verfahren ist
durch Beschluss des VG Chemnitz vom 22.10.2009 - 5 K 581/08 - an das erkennende
Gericht verwiesen worden.
Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin im Wesentlichen ihr bisheriges
Vorbringen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 28.06.2007 in der Form des
Widerspruchsbescheids vom 24.04.2008 aufzuheben.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide schriftsätzlich
beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat einen Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin durch inzwischen
rechtskräftigen Beschluss vom 28.04.2010 zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte
sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten. Diese waren Gegenstand
der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässige Anfechtungsklage, über die nach Anhörung
der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden
kann, da die Sache – soweit entscheidungserheblich – keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, ist unbegründet.
Der Bescheid vom 28.06.2007 und der Widerspruchsbescheid vom 24.04.2008 sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Zur Begründung folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen des
Widerspruchsbescheides und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer ausführlicheren
Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Mit dem Vorbringen im Klageverfahren
insbesondere den Beweisangeboten der Klägerin hat sich das Gericht im
Prozesskostenhilfeverfahren auseinandergesetzt. Den Ausführungen im Beschluss vom
28.04.2010 ist die Klägerin im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr
entgegengetreten, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen an dieser Stelle auf die
dortigen Ausführungen verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11,
711 ZPO.