Urteil des VG Potsdam vom 13.03.2017

VG Potsdam: aufschiebende wirkung, rechtliches gehör, gebühr, widerruf, amtshandlung, verfügung, sicherheit, vollziehung, waffengesetz, bedürfnis

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Gericht:
VG Potsdam 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 L 667/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 2 VwGO, § 80 Abs 5
VwGO, § 6 Abs 1 WaffG, § 45 Abs
2 WaffG, § 8 Abs 1 WaffG
Vorläufiger Rechtsschutz gegen Widerruf einer Waffenerlaubnis
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ( 3 K 2328/08) wird
abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.250,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 166
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
abzulehnen, da der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 16. Dezember 2008 (3 K 2328/08)
gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. September 2008 in Gestalt des
Widerspruchbescheides vom 3. Dezember 2008 anzuordnen,
keinen Erfolg hat.
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 5 Waffengesetz (WaffG) in der
Fassung vom 26. März 2008 (BGBl. I 3970, 4592, 2003 I, 1957) für den Fall des Widerrufs
der Erlaubnis vorgesehene Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und
Anfechtungsklage kann nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag vom Gericht angeordnet
werden. Im Rahmen dieses auf eine summarische Prüfung reduzierten Verfahrens trifft
das Verwaltungsgericht eine eigenständige Ermessensentscheidung und hat dabei die
widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Interessenabwägung geht
vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Sein Interesse, vorerst von der Vollziehung
des angefochtenen Bescheids verschont zu bleiben, wiegt geringer als das öffentliche
Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung. Davon ausgehend, dass in den
Fällen, in denen wie hier von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung eines
Rechtsbehelfs ausgeschlossen ist, der Gesetzgeber bereits im Regelfall eine Wertung für
das öffentliche Vollziehungsinteresse vorgenommen hat, ist dieses im vorliegenden
Verfahren dann anzunehmen, wenn keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheids bestehen. Das ist hier der Fall.
Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere ist der
Antragsteller nach § 28 Abs. 1 VwVfGBbg ordnungsgemäß angehört worden. Ausweislich
des Verwaltungsvorgangs hat der Antragsteller entgegen seiner Behauptung hiervon
keinen Gebrauch gemacht, sondern ist erst mit seinem Widerspruch gegen den Widerruf
schriftlich vorgegangen. Mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist dem
Kläger darüber hinaus jedenfalls ausreichend rechtliches Gehör gegeben worden (vgl. §
45 Abs. 2 VwBfGBbg).
Rechtsgrundlage für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Form der
Waffenbesitzkarte 9395 nach Ziff. 1 der Verfügung vom 4. September 2008 ist § 45 Abs.
2 Satz 1 WaffG in der maßgeblichen Fassung vom 26. März 2008. Danach ist eine
Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten,
die zur Versagung hätten führen müssen.
Die Widerrufsgründe sind hier erfüllt. Es sind nachträglich Versagungsgründe nach § 4
Abs. 1 Ziff. 2 und 4 WaffG eingetreten. Nach Ziff. 2 setzt eine Erlaubnis u.a. die
erforderliche Eignung des Antragstellers voraus. Diese liegt in der Person des
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erforderliche Eignung des Antragstellers voraus. Diese liegt in der Person des
Antragstellers nicht mehr vor, da Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser
psychisch krank ist (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 WaffG). Ausweislich des dem Bescheid zu Grunde
liegenden ärztlichen Zeugnisses der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie der
Dipl-Med. Frau S. vom 17.07.2008 leidet der Antragsteller an einer Erkrankung aus dem
psychiatrischen Fachgebiet, die in erheblichem Maße sein Denken und Handeln
beeinträchtigt. Auch wenn diese gutachterliche Äußerung neben der genannten
Feststellung keine weiteren erläuternden Ausführungen zur Art und Schwere der
psychischen Erkrankung enthält, was im Hauptsacheverfahren noch zu ergänzen sein
dürfte, enthält sie jedenfalls die zu beachtende wertende Schlussfolgerung, dass dem
Antragssteller aus Gründen der öffentlichen Sicherheit keine Schusswaffen (mehr)
überlassen werden dürfen. Unabhängig von den sehr knapp gehaltenen gutachterlichen
Äußerungen liegen nach Auffassung des Gerichts genügend weitere Anhaltspunkte für
die Annahme einer psychischen Erkrankung des Antragstellers vor. Im Rahmen einer von
ihm verfolgten Strafanzeige wegen „Nachstellung“ hat er im wesentlichen unrealistische
und nicht nachvollziehbare Vorwürfe gegen seine Nachbarin Frau S. erhoben, die darauf
schließen lassen, dass der Antragsteller sich ständig verfolgt fühlt und dabei krankhaften
Wahnvorstellungen unterliegt. So wirft er dieser u.a. vor, heimliche Verbündete der
Telefongesellschaft Vodafone zu sein, sein altes Handy manipuliert, ihr Telefon mit
seinem gekoppelt zu haben und sich Kopien von seinen Faxen zu ziehen. Darüber hinaus
beschuldigt er sie, im Rahmen einer Reihe von Überwachungs- und
Verfolgungsmaßnahmen mit einem Nachschlüssel in die Wohnung eingebrochen zu sein,
Minikameras in seiner Küche installiert, Grillen im Schlafzimmer ausgesetzt und das
Schloss seines Waffenschrankes mit Säure manipuliert zu haben. Letzteres habe sie
angeblich getan, um an sämtliche Beweise wie gesendete Faxe und
Videoaufzeichnungen über ihr unrechtes Tun zu gelangen. In seinem
Widerspruchsschreiben vom 6. Oktober versteift sich der Antragsteller ferner darauf,
dass die Nachbarin seine Lebensmittel vergiftet und Läuse in das Schloss des
Waffenschrankes eingeschleust habe. Da sie über Verbindungen zu ehemaligen
Stasibeamten, die nicht enttarnt werden wollten, verfüge, ließe sie jeden seiner Schritte
mit Minikameras überwachen. Schließlich sei sie auch dafür verantwortlich, dass er für
psychisch krank gehalten werde. Gerade letztere Ansicht lässt offenkundig werden, dass
der Antragsteller den Bezug zur Realität verloren haben dürfte und auch nicht gänzlich
auszuschließen ist, dass er sich auf Grund einer eingebildeten Gefahr und vermeintlichen
Verfolgung zu Abwehrmaßnahmen veranlasst fühlt. Für einen solchen Fall muss der
Einsatz von Waffen ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus geht der Antragsgegner auch zu Recht davon aus, dass es an dem
Nachweis eines begründeten Bedürfnisses i.S.d § 8 WaffG fehlt. Ein solches ist u.a.
erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen und die
Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition zu dem beantragten Zweck
glaubhaft gemacht sind (Abs. 1 Ziff. 2). Ein derartiges Bedürfnis liegt nach Abs. 2 Ziff. 1
des § 8 WaffG vor, wenn der Antragsteller Mitglied eines schießsportlichen Vereins ist,
der einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband angehört. Auch
wenn der Antragsteller noch Mitglied in dem Schützenverein in Mannheim sein sollte,
wofür er keinen aktuellen Nachweis erbracht hat, ist jedenfalls nach seinem eigenen
Vorbringen davon auszugehen, dass er dort seit 1999 nicht mehr aktiv ist und hier an
seinem Wohnort keinem Schießsportverein beigetreten ist. Damit ist ein Bedürfnis
entfallen, so dass auch insoweit der ergangene Widerruf gerechtfertigt ist.
Auch die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die unter
§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO fallende Gebühr des Widerspruchsbescheides ist unbegründet.
Die erhobene Gebühr in Höhe von 50,00 Euro findet ihre Rechtsgrundlage in § 50 Abs. 2
WaffG i. V. mit der hierzu ergangenen Kostenverordnung in der Fassung vom 10. Januar
2000 (BGBl. 1997, 481). In Abschnitt III, der die Gebühren in sonstigen Fällen regelt, sieht
Ziff. 4 für teilweise oder vollständig erfolglose Widerspruchsverfahren eine Gebühr bis zu
der Gebühr für die beantragte Amtshandlung, mindestens jedoch 50,00 Euro vor, soweit
nicht für die Amtshandlung eine niedrigere Gebühr vorgesehen ist. Nach Ziff. 2 ist für
den Widerruf einer Amtshandlung eine Gebühr bis zu 75 vom Hundert des Betrages, der
als Gebühr für die Vornahme der widerrufenen oder zurückgenommenen Amtshandlung
vorgesehen ist oder zu erheben wäre, angegeben. Da für die Ausstellung einer
Waffenbesitzkarte ein Betrag von 110,00 Euro in Ansatz gebracht ist (Abschnitt II, Ziff.
1), ergeben 75 von Hundert einen Betrag von 82,50 Euro. Die festgesetzte
Mindestgebühr von 50,-- Euro hält sich danach im zulässigen Rahmen und ist nicht
überhöht. Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner eine
Ratenzahlungsvereinbarung in Aussicht gestellt hat, um den Antragsteller nicht
unzumutbar zu belasten.
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Der Antrag war danach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer
hat in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004
(NVwZ 2004, 1327) hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte den Auffangwert
zuzüglich 750,-- Euro für jede weitere Waffe (vgl. Ziff. 50.2 Streitwertkatalog) in Ansatz
gebracht und diesen Betrag wegen der erstrebten vorläufigen Regelung halbiert.
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