Urteil des VG Köln vom 16.10.2006

VG Köln: beratung, prüfungsergebnis, historische auslegung, prüfungskommission, entstehungsgeschichte, absicht, verfahrensablauf, rechtsgrundlage, gerichtsakte, eng

Verwaltungsgericht Köln, 33 K 698/06.PVB
Datum:
16.10.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
33. Bundespersonalvertretungskammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
33 K 698/06.PVB
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
G r ü n d e
1
I.
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Im Juni 2005 fand der mündliche Teil eines Auswahlverfahrens für die Zulassung zum
Aufstieg in den höheren Dienst - bezogen auf das damalige Ministerium für Ge- sundheit
und Soziale Sicherung und nachgeordnete Dienststellen - statt. Dabei kam es zwischen
der Prüfungskommission und dem vom Antragsteller zur Wahrnehmung der Rechte aus
§ 80 BPersVG beauftragten Mitglied zum Streit darüber, ob sich die beratende
Teilnahme des Mitglieds des Antragstellers auch auf die Beratung über das
Prüfungsergebnis erstrecke.
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Nachdem in der Folgezeit die Bemühungen der Verfahrensbeteiligten um eine
einvernehmliche Lösung erfolglos verlaufen waren, hat der Antragsteller zur Klärung
dieser Rechtsfrage am 28. Januar 2006 das Beschlussverfahren eingeleitet. Zur Be-
gründung macht er im Wesentlichen geltend: Das Recht auf beratende Teilnahme
gemäß § 80 BPersVG an Prüfungen im Auswahlverfahren für die Zulassung zum
Aufstieg in den höheren Dienst erstrecke sich auch auf die abschließende Beratung
über das Prüfungsergebnis. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht durch Be-
schluss vom 31. Januar 1979 - 6 P 19.78 - entschieden, dass die beratende Teil- nahme
eines Personalratsmitglieds nach § 80 BPersVG sich nur auf den äußeren Ablauf der
Prüfung, nicht aber auf den sachlichen Inhalt der Prüfung sowie die Prü-
fungsanforderungen und damit nicht auf die Teilnahme an der Beratung der Prü-
fungskommission über das Prüfungsergebnis erstrecke. Diese Entscheidung bedürfe
jedoch der Korrektur, weil in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten wer- de,
dass das Recht auf beratende Teilnahme auch die Beratung über das Prüfungs-
ergebnis einschließe. Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung
des § 80 BPersVG leide daran, dass der Be-griff der „Prüfung" zu eng gefasst und der
Vorschrift eine zu enge Zweckbestimmung beigemessen worden sei. Außerdem sei die
vorgenommene historische Auslegung unergiebig. Jedenfalls erfordere die effektive
Wahrnehmung des Rechts auf beratende Teilnahme, dass die Beratung der
Prüfungskommission hinsichtlich der persönlichen und sozialen Rahmenbedingun- gen,
unter denen die Prüflinge ihre Leistungen hätten erbringen müssen, wirksam nur in der
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Abschlussberatung erfolgen könne. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe bestehe auch
ein umfassendes und vollständiges Informationsrecht. Immerhin habe das
Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 29. Januar 2003 - 6 P 16.01 -
umfangreiche Teilhaberrechte des Personalrats in Bezug auf Auswahlverfahren an-
erkannt.
Der Antragsteller beantragt,
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festzustellen, dass der Antragsteller berechtigt ist, durch ein von ihm benanntes Mitglied
an Prüfungen im Auswahlverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren
Dienst auch insoweit beratend teilzunehmen, als die abschließende Beratung über das
Prüfungsergebnis stattfindet.
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Die Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor: Durch den Beschluss des Bundesverwaltungsge- richts
vom 31. Januar 1979 sei die vom Antragsteller aufgeworfene Rechtsfrage be- reits dahin
abschließend geklärt, dass das Recht auf beratende Teilnahme gemäß § 80 BPersVG
sich nicht auf die Beratung über das Prüfungsergebnis erstrecke. An der Rechtslage
habe sich seither nichts geändert. Die Ausführungen des Bundes- verwaltungsgerichts
im Beschluss vom 29. Januar 2003 - 6 P 16.01 - seien für die vorliegende Rechtsfrage
nicht einschlägig, weil sie einen in einem Landespersonal- vertretungsgesetz gesondert
geregelten Mitbestimmungstatbestand beträfen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die
Gerichtsakte Bezug genommen.
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II.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Die Fachkammer kann nicht feststellen, dass der Antragsteller berechtigt ist, durch ein
von ihm benanntes Mitglied an Prüfungen im Auswahlverfahren für die Zu- lassung zum
Aufstieg in den höheren Dienst auch insoweit beratend teilzunehmen, als die
abschließende Beratung über das Prüfungsergebnis stattfindet.
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Für die vom Antragsteller erstrebte Feststellung fehlt eine Rechtsgrundlage. Entgegen
der Auffassung des Antragstellers lässt sich sein Begehren nicht auf § 80 BPersVG
stützen. Nach dieser Vorschrift kann an Prüfungen, die eine Dienststelle von den
Beschäftigten ihres Bereiches abnimmt, ein Mitglied des für diesen Bereich zuständigen
Personalrates, das von diesem benannt ist, beratend teilnehmen. Wie schon zuvor das
OVG NRW (vgl. Beschluss vom 05. November 1976 - CB 13/76 -, ZBR 1977, 130) hat
das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 31. Januar 1979 - 6 P 19.78 -,
ZBR 1980, 28 grundsätzlich entschieden, dass sich das Recht auf beratende Teilnahme
des Personalratsmitglieds nach § 80 BPersVG auf den äußeren Prüfungsablauf
beschränkt, sich insbesondere nicht auf den sachlichen Inhalt der Prüfung sowie die
Prüfungsanforderungen und damit auch nicht auf die Teilnahme an der Beratung der
Prüfungskommission erstreckt. Dieses Auslegungsergebnis hat es durch Untersuchung
des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte und des Normzwecks gefunden. An der
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Überzeugungskraft dieser Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts hat sich aus
Sicht der Fachkammer nichts geändert. Sie sieht sich auch durch die vom Antragsteller
erho- benen Einwände nicht veranlasst, das Recht auf beratende Teilnahme erweiternd
in dem vom Antragsteller für geboten erachteten Sinne auszulegen.
Die Richtigkeit der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung und
deren Fortgeltung für die Rechtsanwendung wird schon dadurch bestätigt, dass sich der
Gesetzgeber nicht zu einer Novellierung des § 80 BPersVG veranlasst gesehen hat.
Wenn er dieser Vorschrift - abweichend von der vom Bundesverwaltungsgericht
vorgenommenen Auslegung - einen weitergehenden Regelungsinhalt dahin hätte
beimessen wollen, dass sich die beratende Teilnahme etwa auch auf die Beratung über
das Prüfungsergebnis hätte erstrecken sollen, so hätte es nicht nur nahe gelegen, diese
gesetzgeberische Absicht durch eine Neufassung des § 80 BPersVG in einer der
zwischenzeitlich vorgenommenen mehrfachen Novellierungen des BPersVG 1974 zu
manifestieren, sondern sich sogar aufgedrängt. Dies gilt um so mehr, als in einigen
Landes- personalvertretungsgesetzen ausdrücklich die beratende Teilnahme auf die
Beratung über das Prüfungsergebnis erstreckt worden ist (vgl. Übersicht in GKÖD Band
V, Kommentar zum BPersVG, Teil 3, § 80 Rdnr. 11) und ein dahingehender
Regelungsinhalt in der Kommentarliteratur überwiegend auch dem Recht auf beratende
Teilnahme gemäß § 80 BPersVG beigemessen worden ist (vgl. z.B. Lorenzen u.a.,
Band 2, § 80 Rdnr. 19 m.w.Nw.).
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Die vom Antragsteller geltend gemachten Bedenken, das Recht auf beratende
Teilnahme könne nicht effektiv ausgeübt werden, wenn es nicht auch auf die Beratung
über das Prüfungsergebnis erstreckt würde, vermag die Kammer nicht zu teilen. Für sie
ist nicht nachvollziehbar, dass das Personalratsmitglied die ihm aus der beratenden
Teilnahme an der mündlichen Prüfung obliegenden Aufgaben, nämlich gegenüber den
Prüflingen eine Betreuungs- und Vermittlungsfunktion auszuüben und die
Prüfungskommission bei dem äußeren Prüfungsablauf zu unterstützen, nicht bis zum
Abschluss der mündlichen Prüfung wirksam wahrnehmen kann. Es ist Sache des zur
Prüfung entsandten Personalratsmitglieds und der Prüfungskommission, insoweit einen
vernünftigen Verfahrensablauf - zweckmäßigerweise vor Beginn der mündlichen
Prüfung - abzusprechen, wie und wann dem Personalratsmitglied Gelegenheit gegeben
wird, im Rahmen seiner beratenden Teilnahme Stellung zu nehmen bzw. sachgerechte
Hinweise zu geben. Auf die vom Bundesverwaltungsgericht angeführten praktischen
Beispiele für beratende Teilnahme wird hingewiesen (vgl. Beschluss vom 31. Januar
1979, a.a.O., S. 29).
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Die in der Antragsschrift angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom
29. Januar 2003 - 6 P 16.01 -, ZfPR 2003, 135 ff. vermag die vom Antragsteller für
geboten erachtete Auslegung des § 80 BPersVG nicht zu rechtfertigen. Denn diese
Ausführungen betreffen die Mitbestimmungspflichtigkeit der Einführung und
Ausgestaltung eines Assessment- Centers zur Auswahl der Teilnehmer / -innen an
Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH. Diese den
Mitbestimmungstatbestand eines Landespersonalvertretungsgesetzes bezüglich
Auswahlentscheidungen für Fortbildung betreffenden Ausführungen sind ersichtlich
nicht derart verallgemeine- rungsfähig, dass ihnen hinsichtlich des in § 80 BPersVG
geregelten Sondertatbestands eines Rechts auf beratende Teilnahme ein
aussagekräftiger Erkenntniswert zukommen könnte.
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Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren
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kein Raum.