Urteil des VG Gelsenkirchen vom 14.12.2005

VG Gelsenkirchen: anerkennung, lehrerausbildung, diplom, unterrichtsfach, verordnung, hochschule, qualifikation, zeugnis, bildungswesen, kultur

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 4 K 1477/03
Datum:
14.12.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1477/03
Normen:
EU-Richtliche 89/48/EWG § 1 Abs. 1 AVO EG vom 16.10.2002
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung entsprechend Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
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Mit ihrer Klage begehrt die in den Niederlanden geborene Klägerin als Grundlage für
eine tarifliche Höhergruppierung, dass ihre niederländische Lehrerausbildung als
gleichwertig mit der Lehramtsbefähigung für ein Lehramt im Sinne des § 4 des
Lehrerausbildungsgesetzes - LABG - anerkannt wird. Dem liegt im wesentlichen
folgender Sachverhalt zugrunde:
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Der Klägerin wurde am 18. Juni 1977 - nach einem Studium an der Akademie voor
Opleding Tot Tekenleraar in Tilburg / Niederlande die niederländische Lehrbefähigung
„Akte van bekwaamheid A tot het geven van middelbaar onderwijs in het tekenen"
zuerkannt. Sie ist seit dem 1. September 1984 am B. -G. - Gymnasium als angestellte
Lehrerin im Fach L. tätig.
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Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag
auf „Anerkennung ihres Studiums durch die Zentralstelle für ausländisches
Bildungswesen". Diesen Antrag legte die Beklagte der Zentralstelle für ausländisches
Bildungswesen zur Beurteilung vor, die unter dem 23. März 2001 im wesentlichen wie
folgt Stellung nahm: Mit ihrem Zeugnis „Akte van bekwaamheid A tot het geven van
middelbaar onderwijs in het tekenen" habe die Klägerin eine Lehramtsausbildung für
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den Unterricht in Zeichnen (L1. ohne L2. ) nachgewiesen. Hiermit habe die Klägerin in
den Niederlanden die Lehrbefugnis für die Klassen 7 bis 10 erworben. „A" weise auf die
erste der damals zweistufigen Lehramtsausbildung hin; das Zeugnis „Akte van
bekwaamheid B" habe die Lehrbefähigung für die höchsten Klassen der
Sekundarschulen verliehen. Die Ausbildung der Klägerin habe zum fraglichen Zeitpunkt
in den Niederlanden nicht zum Hochschulbereich, sondern zur höchsten Stufe des
nichtakademischen berufsbildenden Unterrichts gehört. Eine bestimmte schulische
Vorbildung sei für die Ausbildung zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgeschrieben
gewesen. In der Regel seien jedoch nur Bewerber mit mindestens zehn- bis elfjähriger
allgemeiner schulischer Vorbildung zugelassen worden. Da die Ausbildung der
Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht zum Hochschulbereich gezählt habe, sei nach
Auffassung des Unterausschusses „Lehrerbildung" eine Grundlage für die Anwendung
der Richtlinie 89/48/EWG nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter
Bezugnahme auf die Auskunft des ZAB ab: Rechtsgrundlage ihrer Entscheidung sei die
„Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Dezember 1988 -
89/48/EWG - „. Diese enthalte eine Regelung zur Anerkennung von Hochschuldiplomen
in reglementierten Berufen, die ein Hochschulstudium mit einer Mindestdauer von drei
Jahren abschließen, während die Klägerin ihre Lehramtbefähigung nicht im
Hochschulbereich erworben habe. Die Ausbildung der Klägerin unterfalle mithin nicht
der Richtlinie. Auch bei Anwendung der Richtlinie 89/48/EWG wäre eine Anerkennung
der Lehrerausbildung der Klägerin als Lehramtsbefähigung im Sinne des § 4
Lehrerausbildungsgesetz (LAG) nicht möglich, weil Voraussetzung für die Anerkennung
einer in einem EU-Mitgliedsstaat erworbenen Lehramtsbefähigung sei, dass sich die
Befähigung auf mindestens zwei Fächer (Unterrichtsfächer, Lernbereiche oder
Fachrichtungen) beziehe und darüber hinaus erziehungswissenschaftliche Anteile
nachzuweisen seien. Bei denjenigen Berufen, für deren Ausübung - wie im
Lehrerbereich - die EU kein Mindestniveau der notwendigen Qualifikation festgelegt
habe, behielten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dieses Niveau zu bestimmen.
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Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 23. Mai 2001 Widerspruch, den die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2001 als unbegründet zurück
wies. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Beklagte die Begründung des
Ausgangsbescheides - auszugsweise - wie folgt: Nach Art. 1 Buchstabe a) der Richtlinie
89/48/EWG würden als Diplome im Sinne der Richtlinie alle Diplome,
Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise gelten, aus denen
hervorgeht, dass der Diplominhaber ein mindestens 3-jähriges Studium oder ein dieser
Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder
einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau abgeschlossen hat.
Die Ausbildungsschule der Klägerin sei insoweit nicht niveaugleich. Selbst wenn man
das jedoch unterstellte, sei die Lehrbefähigung der Klägerin einer Lehramtsbefähigung
im Sinne des § 4 LAG nicht gleich zu setzen, weil sie sich nicht auf mindestens zwei
Unterrichtsfächer beziehe.
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Am 15. November 2001 hat die Klägerin - entsprechend der unzutreffenden
Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides - Klage beim Verwaltungsgericht
Arnsberg erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17. März 2003 an das
erkennende Gericht verwiesen hat.
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Die Klägerin macht zur Klagebegründung geltend, die Auffassung der Beklagten, dass
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es sich bei der Einrichtung, an der sie - die Klägerin - ihre Ausbildung absolviert habe,
nicht um eine Hochschule im Sinne der Richtlinie 89/48/EWG gehandelt habe, sei
unzutreffend. Insoweit legt sie eine Bescheinigung des niederländischen Ministeriums
für Unterricht, Kultur und Wissenschaften vom 19. Oktober 2001 vor, bezüglich deren
Einzelheiten auf Blatt 30 bis 32 der Gerichtsakte Bezug genommen wird. Auszugsweise
heißt es darin sinngemäß: Die von der Klägerin erlangte „akte van bekwaamheid A"
(Lehramtsbefähigung Sek I) im Fach L. belege ebenfalls ihre pädagogische und
didaktische Befähigung. Die Klägerin sein berechtigt, in den Niederlanden Unterricht in
den Fächern L. und L2. an weiterführenden Schulen bis zur Oberstufe zu erteilen
(Gymnasium, Fachoberschule, Realschule, Berufsschule und an orthopädagogisch-
didaktischen Zentren).
Mit weiterem Schriftsatz vom 2. Mai 2002 weist die Beklagte darauf hin, dass durch die
EU-Richtlinie 2001/19/EG vom 14. Mai 2001, die zum 1. Januar 2003 in nationales
Recht umzusetzen sei, die Richtlinie 89/48/EWG dahingehend novelliert worden sei,
dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob fachwissenschaftliche Defizite durch einschlägige
Berufsausübung im Herkunftsland als ausgeglichen angesehen werden können. Aus
der Sicht der Beklagten könne dies auch bereits vor einer Umsetzung in nationales
Recht berücksichtigt werden. Auch wenn sie nach wie vor die Ausbildung der Klägerin
nicht als konform mit der Richtlinie 89/48/EWG ansehe, sehe sie die
fachwissenschaftlichen Defizite im Fach L. sowie die erziehungswissenschaftlichen
Defizite durch die langjährige Berufstätigkeit der Klägerin im Lande Nordrhein-
Westfalen als ausgeglichen an. Allerdings fehle es nach wie vor an einem zweiten
Unterrichtsfach.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2001 und des
Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 zu verpflichten, ihre Ausbildung als mit
der Lehramtsbefähigung für ein Lehramt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des
Lehrerausbildungsgesetzes NRW vergleichbar anzuerkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen wendet sie sich unter Vorlage einer von
der ZAB für den Behördengebrauch herausgegebenen Informationsschrift zur
Lehrerausbildung in den Niederlanden gegen die Bescheinigung des niederländischen
Ministeriums für Unterricht, Kultur und Wissenschaften wie folgt: Sämtliche
Lehrerausbildungen in den Niederlanden seien erst seit 1986 bzw. 1990 im
Hochschulbereich erworben worden. Schon deshalb könne die am 1. Januar 1989 in
Kraft getretene Richtlinie 89/48/EWG mangels einer Regelung für ältere berufliche
Qualifikationen, die nicht einem Diplom gemäß der Begriffsbestimmung des Art. 1
Buchstabe a) entsprächen, keine Anwendung finden. Selbst wenn davon ausgegangen
würde, dass das Zeugnis der Klägerin einem Diplom gemäß der Richtlinie 89/48/EWG
vergleichbar sei, stünde der von der Klägerin beantragten Anerkennung die
„Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung der Richtlinie des Rates
der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine
Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome im Lehrerbereich, die eine
mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen" vom 21. Mai 1991 in der
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Fassung der Änderungsverordnung vom 26. Mai 1994 (AVO-EG) entgegen.
Ermächtigungsgrundlage für diese Verordnung sei die Präambel der Richtlinie
89/48/EWG. Danach seien die Aufnahmestaaten berechtigt, bei denjenigen Berufen, für
deren Ausübung die Gemeinschaft kein Mindestniveau der notwendigen Qualifikationen
festgelegt hat, dieses Niveau mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem
Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern. Entsprechend bestimme § 1 Abs. 1 der
AVO-EG u.a., dass sich eine Lehrbefähigung auf mindestens zwei Fächer eines
Lehramtes gemäß § 4 LAG erstrecken müsse. Die Lehrbefähigung der Klägerin
erstrecke sich nur auf das Fach L. (ohne L2. ) in den Klassen 7 bis 10 der damaligen
niederländischen Sekundarschule. Die Klägerin habe weder ein
erziehungswissenschaftliches Begleitstudium noch ein auf ein zweites Unterrichtsfach
bezogenes fachwissenschaftliches Hochschulstudium nachgewiesen; die vorgelegte
Notenliste für die einzelnen Prüfungsfächer ergebe keine Hinweise auf entsprechende
Ausbildungsinhalte. Auch wenn durch innerstaatlichen niederländischen Rechtsakt die
vor Inkrafttreten der niederländischen Reformgesetze erworbenen Lehrbefähigungen
übergeleitet worden seien mit der sich aus der vorgelegten Bescheinigung des
niederländischen Ministeriums für Unterricht, Kultur und Wissenschaften ergebenden
Rechtsfolge, könne sich das ausschließlich in den Niederlanden auswirken.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist abzuweisen, weil die Klägerin keinen
Rechtsanspruch auf die begehrte Gleichwertigkeitsanerkennung hat, § 113 Abs. 5 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - .
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Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung beurteilt sich die Frage
einer materiellrechtlichen Gleichstellung der niederländischen Lehramtsbefähigung der
Klägerin mit der hier begehrten Lehramtsbefähigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des
Lehrerausbildungsgesetzes - LABG - vom 2. Juli 2002 in der Fassung des
Änderungsgesetzes vom 8. Juli 2003, nach der „Verordnung zur Umsetzung der EU-
Richtlinie vom 21. Dezember 1999 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung
der Hochschuldiplome im Lehrerbereich" vom 21. Mai 1991 in der Fassung der
Änderungsverordnung vom 16. Oktober 2002 (nachfolgend: AVO-EG).
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1. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AVO-EG stehen der Befähigung zu einem Lehramt gemäß
LABG die ihr entsprechenden Lehramtsbefähigungen gleich, die - u. a. - von einem
Angehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft mit einem Diplom
im Sinne der Richtlinie des Rates vom 21. 12. 1988 (89/48/EWG) nach einer mindestens
dreijährigen Hochschulausbildung erworben oder ihnen anerkannt wurden. Weitere
Voraussetzung ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AVO-EG, dass - neben dem Nachweis der
erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse - sich die Befähigung auf mindestens zwei
Fächer eines Lehramtes gemäß LABG erstrecken muss.
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Soweit von diesen Gleichwertigkeitsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten streitig
ist, ob es sich bei der „Akte van bekwaamheid A tot het geven van middelbaar onderwijs
in het tekenen" um ein Diplom im Sinne der EU-Richtlinie 89/48/EWG handelt, kann die
Kammer dies für ihre Entscheidung offen lassen. Allerdings dürfte die Auffassung der
Beklagten zutreffend sein, dass es sich bei der „Akte van bekwaamheid A tot het geven
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van middelbaar onderwijs in het tekenen" nicht um ein Diplom im Sinne der EU-
Richtlinie 89/48/EWG handelt, weil nach Art. 1 a) der Richtlinie als Diplome u.a. nur
solche Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise gelten, aus
denen hervorgeht, dass der Diplominhaber ein mindestens dreijähriges Studium oder
ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer
Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau
absolviert hat, während nach den gutachtlichen Ausführungen der Zentralstelle für
Ausländisches Bildungswesen davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt des
Studienabschlusses der Klägerin (18. Juni 1977) die Lehrerausbildung im
differenzierten Ausbildungssystem in den Niederlanden allgemein nicht auf
universitärem Niveau erfolgte.
Problematisch ist insoweit lediglich die Frage, inwieweit die im Zuge der Reformierung
der Lehrerausbildung in den Niederlanden offensichtlich erfolgte Überleitung von
„Altlehrern" in das reformierte Ausbildungssystem nach 1985 bzw. 1996 nach der AVO-
EG berücksichtigungsfähig bzw. ggf. vor dem Hintergrund der EU-Richtlinien zwingend
zu berücksichtigen wäre.
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Allerdings kann diese Frage dahinstehen, weil sich die Lehrbefähigung der Klägerin
jedenfalls nicht auf zwei Unterrichtsfächer bezieht:
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Zunächst ist festzustellen, dass das Erfordernis von zwei Unterrichtsfächern gemäß § 1
Abs. 1 Satz 2 AVO-EG als weitere Voraussetzung für die Gleichstellung einer in einem
anderen EU-Staat erworbenen Lehrbefugnis unter Berücksichtigung der EU- Richtlinie
89/48/EWG nicht zu beanstanden ist. Zwar wird darin das Erfordernis von zwei
Unterrichtsfächern nicht aufgestellt, bzw. enthält die Richtlinie überhaupt keine
Regelung hinsichtlich der (Mindest-) Anzahl der für eine Lehrbefähigung erforderlichen
Unterrichtsfächer. Mangels einer solchen Regelung lässt die Präambel der Richtlinie
eine solche Regelung durch jeweils die EU-Mitgliedsstaaten zu, wenn es dort heißt:
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„Bei denjenigen Berufen, für deren Ausübung die Gemeinschaft kein Mindestniveau der
notwenigen Qualifikation festgelegt hat, behalten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit,
dieses Niveau mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet
erbrachten Leistungen zu sichern...."
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Wieviele Fächer für eine Lehramtbefähigung erforderlich sind, ist eine Frage der
Qualifikation für ein Lehramt in Nordrhein-Westfalen; denn gemäß § 7 LAGB iVm. § 32
Abs. 1 der Lehramtsprüfungsordnung - LPO - ist für das Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule ein Studium
von zwei Fächern erforderlich. Eine damit nicht in Einklang stehende EU-
Niveauregelung existiert nicht, so dass der Landesgesetzgeber nicht durch Europarecht
daran gehindert wird, in Nordrhein- Westfalen ein Studium von zwei Fächern von
Lehramtsbewerbern für die Sekundarstufe I zu verlangen und letztlich diese
Qualifikationsvoraussetzung auch auf Bewerber aus EU-Mitgliedstaaten zu übertragen,
um die Qualifikationsanforderungen an Lehrer im Schuldienst des Landes Nordrhein-
Westfalen sicherzustellen.
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Soweit die Klägerin geltend macht, sie verfüge über eine Lehrbefähigung für zwei
Fächer, da sie in den Niederlanden berechtigt sei, in den Fächern L. und L2. zu
unterrichten, wird in § 33 Abs. 3 LPO eine Differenzierung zwischen „L. „ und „L2. „ im
Sinne von zwei Unterrichtsfächern nicht vorgenommen, vielmehr umfasst das Fach L.
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auch L2. im Sinne eines Faches. Die Anwendung des § 33 Abs. 3 LPO auf die Klägerin
steht ebenfalls in Einklang mit der oben zitierten EU-Richtlinie 89/48/EWG, soweit diese
den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Niveaubestimmung der Lehrerausbildung
belässt. Mithin kann die Beklagte auch bei Lehrern aus anderen Mitgliedstaaten die in
Nordrhein-Westfalen vorgesehenen Unterrichtsfächer und Fächerkombinationen
zugrunde legen. Soweit in Nordrhein-Westfalen für das Lehramt an Gymnasien und
Gesamtschulen auch jeweils nur die Fächer „L. „ oder „Musik" studiert werden können,
findet sich für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden
Jahrgangsstufen der Gesamtschule eine entsprechende Regelung nicht. Abgestellt auf
den Fächerkanon des § 33 Abs. 3 LPO verfügt die Klägerin somit nicht über eine
Ausbildung in zwei Unterrichtsfächern.
Dieses Defizit kann auch nicht als ausgeglichen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 AVO-
EG angesehen werden, wonach die durch eine einschlägige Unterrichtserfahrung im
Herkunftsland im Rahmen des dort erlangten Lehramtes nachgewiesenen Kenntnisse
und Fähigkeiten, soweit sie den Anforderungen der Sätze 1 und 2 entsprechen, als
Nachweis für die erforderlichen erziehungswissenschaftlichen, fachwissenschaftlichen,
fachdidaktischen und schulpraktischen Kenntnisse und Fähigkeiten anerkannt werden.
Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin weder in den Niederlanden noch - bei
erweiterter Auslegung - im Rahmen ihrer Unterrichtstätigkeit in Nordrhein-Westfalen
Unterricht in einem anderen Fach als L. nachgewiesen hat. Soweit § 1 Abs. 2 Satz 1
AVO-EG zum Nachweis der Lehrbefähigung, also auch für ein ggf. fehlendes zweites
Unterrichtsfach, die Möglichkeit vorsieht, dass der Lehramtsbewerber nach seiner Wahl
einen Anpassungslehrgang absolviert oder sich einer Eignungsprüfung unterzieht, so
hat die Klägerin von diesen Möglichkeiten im Hinblick auf ein zweites Unterrichtsfach
keinen Gebrauch gemacht.
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Die Klage ist danach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§
167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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