Urteil des VG Freiburg vom 18.12.2008

VG Freiburg (antragsteller, gebäude, umgebung, offene bauweise, wirkung, interesse, grundstück, bad, grund, aug)

VG Freiburg Beschluß vom 18.12.2008, 4 K 2219/08
Nachbarrechtsschutz gegen eine Baugenehmigung im Innenbereich
Leitsätze
1. Auch eine größere Baulücke im unbeplanten Innenbereich kann ohne Bauleitplanung durch eine komplexe
Wohnanlage (hier 14 Doppelhaushälften, 6 Reihenhäuser) geschlossen werden. Eine damit verbundene
Nachverdichtung indiziert nicht einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
2. Die objektive Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Bauvorhabens beeinflusst tendenziell auch die Prüfung
eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot.
3. Geländeaufschüttungen sind bei baurechtlich relevanten Maßen (z.B. Abstandsflächen, Gebäudehöhen) statt
des natürlichen Geländes zu berücksichtigen, wenn sie durch einen sachlichen städtebaulichen Grund
gerechtfertigt sind (hier Vermeidung eines Eingriffs in das Grundwasser).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die der
Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte, gemäß §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212a Abs. 1 BauGB
kraft Gesetzes sofort vollziehbare Baugenehmigung vom 18.09.2008 zum Abbruch zweier bestehenden
Wohngebäude mit Ökonomiegebäuden und zur Errichtung von 14 Doppelhaushälften und sechs Reihenhäusern
nebst Garagen, Carports und Stellplätzen ist gem. §§ 80a Abs. 3 und Abs. 5 VwGO zulässig, aber nicht
begründet.
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Die gebotene Abwägung der betroffenen Belange ergibt, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer
baldigen Verwirklichung des genehmigten Bauvorhabens und dem gleich gerichteten, der gesetzlichen Wertung
des § 212a Abs. 1 BauGB zugrundeliegenden öffentlichen Interesse der Vorrang vor dem Interesse des
Antragstellers an einem Aufschub der geplanten Baumaßnahmen bis zu einer bestands- bzw. rechtskräftigen
Entscheidung über seinen Widerspruch und eine sich eventuell anschließende Klage gebührt. Dies folgt
daraus, dass der Widerspruch des Antragstellers sich nach der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage
voraussichtlich als unbegründet erweist, weil die angefochtene Baugenehmigung mit hoher Wahrscheinlichkeit
nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest
auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
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1. Die Baugenehmigung ist entgegen der diesbezüglichen Rüge des Antragstellers hinreichend bestimmt und
auch sonst formell rechtmäßig. Der Umstand, dass sie dem Antragsteller auf Grund eines behördeninternen
Versehens zunächst irrtümlich entgegen § 58 Abs. 1 Satz 6 LBO nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist,
hat lediglich Bedeutung für die Rechtsbehelfsfristen (vgl. §§ 70, 58 VwGO). Die Auffassung des Antragstellers,
dass die ursprünglichen Unklarheiten über den Zustellungsadressaten die gem. § 37 Abs. 1 LVwVfG gebotene
hinreichende inhaltliche Bestimmtheit des Verwaltungsakts tangieren, findet im Gesetz keine Stütze.
Zwischenzeitlich wurde die Zustellung im Übrigen nachgeholt.
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2. Vorschriften des Bauplanungsrechts, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers als Nachbarn zu
dienen bestimmt sind, werden durch die Baugenehmigung nicht verletzt. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht ist
das genehmigte Bauvorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. Denn es liegt, wovon auch die Beteiligten
übereinstimmend ausgehen, im unbeplanten Innenbereich von F.-L.
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Nach der Art der baulichen Nutzung ist das auf die Errichtung einer Wohnanlage gerichtete Vorhaben der
Beigeladenen in dem unstreitig als faktisches allgemeines Wohngebiet einzustufenden Ortsteil ohne Weiteres
gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO zulässig. Nachbarrechte des Antragstellers können daher
insoweit nicht verletzt sein, wie er wohl auch selbst nicht verkennt. Aber auch die im Übrigen gebotene
Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB führt nicht zur Annahme einer Nachbarrechtsverletzung.
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Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile
zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die
überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Nachbarschutz vermittelt insoweit jedoch nur das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene
Rücksichtnahmegebot (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13.03.1981, DVBl. 1981, 928, und vom 23.05.1986, DVBl.
1986, 1271). Das bedeutet, dass ein Nachbar nur dann Anspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung für ein
Vorhaben hat, das sich nicht einfügt im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, wenn das Vorhaben zugleich gegen das
Rücksichtnahmegebot verstößt, er also dadurch einer billigerweise nicht mehr zumutbaren Beeinträchtigung
ausgesetzt wird. Der objektiven Rechtswidrigkeit eines Vorhabens kommt demnach nur insofern eine gewisse
Bedeutung zu, als die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit in einem solchen Fall schon bei Nachteilen etwas
geringerer Intensität erreicht werden kann als wenn das Vorhaben in jeder Hinsicht rechtmäßig ist. Jedoch
müssen auch dann die Nachteile noch von erheblichem Gewicht sein (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ.,
Beschluss vom 25.02.1992, VBlBW 1992, 344 m.w.N.). Umgekehrt liegt eine Verletzung des
Rücksichtnahmegebots eher fern, wenn sich ein Vorhaben nach Maßgabe der in § 34 Abs. 1 BauGB
normierten Kriterien objektiv rechtlich innerhalb des aus der Umgebung ableitbaren Rahmens hält (vgl.
BVerwG, Urteil vom 11.01.1999, BauR 1999, 615; siehe auch Urteil vom 27.08.1998, BauR 1999, 152;
Beschlüsse der Kammer vom 18.11.2002 - 4 K 2028/02 -; vom 04.08.1999 - 4 K 1623/99 -). Zwar kann auch
ein Bauvorhaben, das isoliert betrachtet alle oben angesprochenen, im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB
relevanten Gesichtspunkte erfüllt, sich im Einzelfall gleichwohl nicht einfügen, wenn es auf die vorhandene
Umgebung nicht die gebotene Rücksicht nimmt (Dürr, Baurecht, 12. Aufl., RdNr. 117 m.N. zur
Rechtsprechung). Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt nachbarschützende Funktion aber nur insoweit zu,
als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar
abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zum
Nachteil eines Nachbarn liegt nur in denjenigen Ausnahmefällen vor, in denen eine besondere rechtliche
Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist, was nur bei schweren oder unzumutbaren
Beeinträchtigungen der Fall sein kann. Dabei sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der
Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn, letztlich das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder
unzumutbar ist, gegeneinander abzuwägen (BVerwG, Urteil vom 05.08.1983, BauR 1983, 547).
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Nach diesen Grundsätzen fehlt es hier an einer rücksichtslosen Auswirkung des Vorhabens auf den
Antragsteller als Eigentümer der beiden nordwestlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke Flst.-
Nrn. x7/1 und xx3. Das nach einer beträchtlichen reduzierenden Modifikation der ursprünglichen Planung
nunmehr genehmigte Bauvorhaben fügt sich in die Umgebungsbebauung ein, weil es den durch die vorhandene
Umgebungsbebauung geprägten Rahmen nicht überschreitet.
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Die Reichweite der für die Beurteilung maßgeblichen „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1
BauGB richtet sich nach dem jeweiligen Einwirkungsbereich des Vorhabens (vgl. Dürr, a.a.O., RdNr. 115).
Nach ständiger Rechtsprechung muss dabei zwar die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden,
und es hat alles außer Betracht zu bleiben, was die Umgebung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper
erscheint. Das bedeutet jedoch nicht, dass nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden kann, die
gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt. Vielmehr muss auch die Bebauung
der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch prägend auf
dasselbe einwirkt, wobei aber davon auszugehen ist, dass in aller Regel die größere Nähe mit einer stärker
prägenden Wirkung Hand in Hand geht (BVerwG, Urteil vom 03.04.1981 - 4 C 61.78 -, Juris). Die
Antragsgegnerin dürfte diese Grundsätze im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei angewendet haben, indem sie
davon ausgegangen ist, dass aufgrund der Größe des hier in Frage stehenden Bauprojekts nicht nur die
innerhalb des Straßengevierts B. Straße, K. Straße, Am D. Garten und Z. Straße gelegene Bebauung als
Maßstab heranzuziehen ist, sondern darüber hinaus zumindest auch die an der B. Straße dem Vorhaben
unmittelbar gegenüber liegende, in Struktur und Größe vergleichbare Bebauung.
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Dem abstrakten Maß der baulichen Nutzung (Geschossflächenzahl und Grundflächenzahl) kommt für die
Auslegung des Begriffs des Einfügens keine rechtliche Bedeutung zu. Gleiches gilt für die Anzahl der
Wohneinheiten in einem Gebäude (BVerwG, Beschluss vom 24.04.1989, NVwZ 1989, 1060), so dass das
Vorbringen des Antragstellers, das Vorhaben stehe im Widerspruch zu der vorhandenen Ein- bis
Zweifamilienhausbebauung, hier ohne rechtliche Relevanz ist. Entscheidend sind vielmehr die nach Außen
optisch wahrnehmbaren Umstände, anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung
leicht in Beziehung zueinander setzen lassen, insbesondere die Größe der geplanten Bebauung nach
Grundfläche, Geschosszahl und Höhe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994, BVerwGE 95, 277; Dürr, a.a.O.
RdNr. 116 m.w.N.).Die Antragsgegnerin hat in der Antragserwiderung detailliert, insbesondere anhand der
ermittelten Maße der umgebenden Bebauung, dargelegt, dass das Vorhaben sich nach Bauhöhe, -tiefe und
Geschosszahl in dem durch die nähere Umgebung gezogenen Rahmen hält. Für die Kammer sind keine
Anhaltspunkte ersichtlich, welche ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit dieser Erkenntnisse begründen könnten.
Aus den genehmigten Plänen ergibt sich, dass die geplanten Firsthöhen von 10,10 bis 10,50 m sich in dem in
der Umgebung vorhandenen Rahmen bewegen, da dort Firsthöhen von über 11,00 m (vgl. Grundstücke Flst.-
Nrn. x7/3, x9/1, x0, x1 und xxx1) bzw. bis über 12,00 m (Grundstücke Flst.-Nrn. x4 und x6) vorhanden sind.
Auch die genehmigten Traufhöhen von 6,20 bis 6,60 m entsprechen dem durch die Umgebung gezogenen
Rahmen, wo Traufhöhen bis zu 7,00 m (vgl. Grundstücke Flst.-Nrn. x1 und xxx1/2) bestehen. Da es für die
Vornahme der Geländeaufschüttung auf dem Baugrundstück (ca. 1,00 m) einen rechtfertigenden Grund gibt,
nämlich die Vermeidung von - sonst auf Grund des hohen Grundwasserstandes zu befürchtenden - Eingriffen in
das Grundwasser, besteht nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung, bei der Höhenberechnung der
genehmigten Gebäude das bisherige natürliche Gelände als Bezugspunkt zu nehmen (zur
Berücksichtigungsfähigkeit von Geländeaufschüttungen bei der Höhen- oder Abstandsflächenberechnung,
wenn die Aufschüttung sachlich gerechtfertigt ist, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S
2566/96 -; vom 07.02.2006 - 3 S 60/06 -, VBlBW 2006, 240). Die geplanten Gebäudetiefen der beiden
Reihenhausgruppen von 18,00 m verlassen ebenfalls nicht den durch die bestehenden Gebäude innerhalb der
prägenden Umgebung gebildeten Rahmen, da sich darin mehrere Gebäude bzw. Gebäudekomplexe mit
entsprechender Bautiefe finden (Flst.-Nrn. xxx1, x2, x4, x8 sowie die auf dem Baugrundstück derzeit noch
stehenden, an der Prägung teilnehmenden Gebäude). Die Geschosszahl entspricht der Umgebung, wo
mehrfach, so auch auf dem Grundstück des Antragstellers, zweigeschossige Gebäude vorhanden sind.
10 Bei den im Rahmen des genehmigten Vorhabens zu errichtenden Gebäuden handelt es sich um eine der
Umgebungsbebauung entsprechende offene Bauweise. Eine andere Beurteilung der Bauweise wäre nur dann in
Erwägung zu ziehen, wenn die geplanten Garagen als Gebäudebestandteile im Sinne der entsprechenden
heranzuziehenden Vorschriften des § 22 BauNVO zu betrachten wären. Dies ist aber nicht der Fall. Zwar spielt
es nach dem Zweck der Vorschriften über die Bauweise keine Rolle, ob es sich bei dem „Gebäude“ seiner
Funktion nach um eine Haupt- oder um eine Nebenanlage handelt. Für untergeordnete Nebenanlagen (§ 14
Abs. 2 BauNVO) und Garagen gilt die Festsetzung einer Bauweise allerdings gerade nicht (VGH Bad.-Württ.,
Urteil vom 29.01.1999 - 3 S 2662/98 -; Urteil vom 08.11.1999 - 8 S 1668/99 -). Diese Gebäude dürfen bei
offener Bauweise ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden und müssen bei geschlossener Bauweise
nicht an den seitlichen Grenzen stehen (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl., § 22 RdNr. 6b).
Hieraus folgt, dass das Vorhandensein der ohne seitlichen Grenzabstand errichteten Garagen der Annahme
einer offenen Bauweise nicht entgegensteht.
11 Die örtliche Lage der Baukörper ist mangels faktischer Baugrenzen nicht zu beanstanden. Insbesondere
bestehen keine Bedenken gegen die zurückgesetzt in zweiter Reihe geplante Wohnbebauung, da bereits die
unmittelbare Umgebungsbebauung im Westen sowie im Osten des Bauvorhabens durch eine entsprechende
zurückgesetzte Bauweise in nahezu dem gesamten Raum zwischen den umgebenden Straßen gekennzeichnet
ist. Die konkrete Größe der zu überbauenden Grundfläche, bei deren Berechnung untergeordnete Nebenanlagen
(§ 14 Abs. 2 BauNVO) und Garagen ebenfalls außer Betracht bleiben müssen (vgl. VG München, Urteil vom
18.02.2008 - M 8 K 07.291 -, Juris), fügt sich hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung (Grundfläche der
Reihenhäuser: 195 m²) ebenfalls in den Rahmen der näheren Umgebung ein, wobei insoweit die bereits bei dem
Kriterium der Bautiefe benannten Grundstücke aufgrund ihrer Größe als rahmenbildend anzusehen sind.
12 Soweit der Antragsteller die vermeintlich unzureichende verkehrstechnische Erschließung des Vorhabens rügt,
ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Erschließungserfordernis grundsätzlich nicht nachbarschützend ist
(vgl. Dürr, a.a.O., m.N. zur Rechtsprechung). Der Ausnahmefall einer drohenden Überlastung der vorhandenen
Erschließungsanlagen ist nicht gegeben, zumal nicht zu Lasten des Antragstellers. Die mit der geplanten
Bebauung einhergehende Erwartung eines erhöhten Verkehrsaufkommens in der B. Straße fällt angesichts der
beträchtlichen Breite (ohne Gehwege ca. 6 m) und des guten Ausbauzustands der Straße schon objektiv nicht
negativ ins Gewicht (zur ausreichenden Erschließungsfunktion einer nur 3,00 m breiten Stichstraße vgl.
BVerwG, Urteil vom 04.06.1993, NVwZ 1994, 299), aber noch weniger aus der subjektiven rechtlichen
Perspektive des Antragstellers, dessen Grundstücke nicht zur B. Straße orientiert sind, sondern von der
Straße Am D. Garten erschlossen werden. Dass die geplante Bebauung trotz der im gerichtlichen Verfahren
wohl auch vom Antragsteller eingeräumten Ausweisung der bauordnungsrechtlich erforderlichen Stellplätze zu
einer erhöhten Nachfrage nach den im öffentlichen Verkehrsraum vorhandenen Parkplätzen führen kann, steht
der gesicherten Erschließung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB im Übrigen nicht entgegen. Die Gefahr, dass
es aufgrund von Parkverstößen zu Erschwernissen für den fließenden Verkehr und auf diese Weise auch zu
Behinderungen bei der Zufahrt für Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen etc. kommen könnte, rechtfertigt auch
unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots nicht die Versagung einer Baugenehmigung, auf deren
Erteilung der Bauherr einen bei Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen grundrechtlich gewährleisteten
Anspruch hat. Solchen Verstößen muss vielmehr mit ordnungsrechtlichen Mitteln begegnet werden, wobei sich
notfalls die Anordnung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen als erforderlich erweisen kann (vgl. Beschlüsse
der Kammer vom 04.08.1999 - 4 K 1623/99 - und vom 16.07.1998 - 4 K 969/98 -).
13 Ohne Erfolg rügt der Antragsteller schließlich, das genehmigte Bauvorhaben führe zu einer Beeinträchtigung
des Ortsbildes im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BauGB. Diese Vorschrift besteht allein im
öffentlichen Interesse und vermittelt auch mit Blick auf das Rücksichtnahmegebot keinen Nachbarschutz.
Daher kann die nicht zuletzt auf ästhetische Gesichtspunkte abhebende Charakterisierung des Vorhabens
durch den Antragsteller („monotone Gleichförmigkeit“) seine Rechtsposition nicht stützen. Davon abgesehen
vermag die Kammer eine vom Antragsteller (auch) in diesem Zusammenhang gerügte „erdrückende,
geschlossene, massive Ausführung des Vorhabens“ nicht zu erkennen. Aus den vorgelegten Lichtbildern und
Grafiken wird vielmehr deutlich, dass das Vorhaben insgesamt keinen derart überdimensionierten Fremdkörper
darstellt, mag mit ihm auch eine gewisse Nachverdichtung verbunden sein, die auch einer Bauleitplanung
zugänglich gewesen wäre, diese aber nicht - insbesondere nicht als Anspruchsposition des Antragstellers -
zwingend voraussetzt.
14 Eine im Sinne des Rücksichtnahmegebots relevante, unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers
aufgrund von Lage und Größe des Bauvorhabens der Beigeladenen liegt nach allem nicht vor. Das
Bauvorhaben wirkt sich für den Antragsteller nicht rücksichtslos aus, insbesondere geht von dem Bauvorhaben
keine erdrückende oder einkesselnde Wirkung aus. Hält ein Vorhaben - wie hier (s.u. 2.) - die nach Landesrecht
zur Sicherung hinreichender Belichtung, Besonnung oder Belüftung und damit auch zur Verhinderung eines
Einmauerns von Nachbargrundstücken gebotene Abstandsfläche ein, so ist das bauplanungsrechtliche Gebot
der Rücksichtnahme im Regelfall nicht verletzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.1999 - 3 S
1932/99 -). Dass hier ein Ausnahmefall vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich. Eine einmauernde oder
erdrückende Wirkung hat das Bundesverwaltungsgericht zum Beispiel bei einem zwölfgeschossigen Gebäude
gegenüber benachbarten Gebäuden mit nur zwei bis drei Geschossen angenommen (BVerwG, Urteil vom
13.03.1981, DVBl 1981, 928). Eine vergleichbare Wirkung steht im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu
befürchten. Für die diesbezügliche Beurteilung sind ohnedies nur die im westlichen Teil des gesamten
Bauvorhabens vorgesehenen, den Grundstücken des Antragstellers gegenüberliegenden Gebäude in Betracht
zu ziehen; dass die weiter östlich geplanten Gebäude eine derartige für den Antragsteller unzumutbare Wirkung
haben könnten, ist schon angesichts der aus den genehmigten Plänen entnehmbaren Entfernungen zu den
Grundstücken des Antragstellers von vornherein auszuschließen. Aber auch für die gegenüber den südlichen
Grenzen der Grundstücke des Antragstellers vorgesehenen Gebäude, welche ebenfalls die
bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhalten, sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die das
Vorhaben insoweit als rücksichtslos erscheinen lassen könnten. Dies gilt namentlich auch in Bezug auf
Dimensionierung und Höhenentwicklung der dort vorgesehenen Gebäude, die sich, wie ausgeführt, im Rahmen
der Umgebungsbebauung halten, insbesondere auch die Firsthöhe der Gebäude auf den Grundstücken des
Antragstellers nicht oder nur unwesentlich überschreiten. Hiernach kann auf sich beruhen, ob zusätzlich auch
auf die beträchtliche Entfernung zwischen den auf den Grundstücken des Antragstellers vorhandenen
Wohngebäuden und den geplanten gegenüberliegenden Neubauten abgestellt werden könnte, wie dies in der
Antragserwiderung der Antragsgegnerin anklingt. Dessen bedarf es hier nicht, um unzumutbare Auswirkungen
des Vorhabens der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller zu verneinen.
15 3. Auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht verstößt das genehmigte Vorhaben nicht zu Lasten des
Antragstellers gegen nachbarschützende Vorschriften.
16 a) Den genehmigten Plänen ist zu entnehmen, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächen gewahrt
ist. Bei der nach Maßgabe von § 5 Abs. 4 und 5 LBO berechneten Wandhöhe auf der Nordseite des dem
Grundstück des Antragstellers gegenüberliegenden Gebäudes auf dem Grundstück Flst.-Nr. x5 beträgt der
nachbarschützende Teil der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 LBO 3,22 m (= 0,4 von 8,05
m). Da die dem Grundstück des Antragstellers zugewandte Gebäudeseite lediglich 11,00 m breit ist, kommt
das Bauvorhaben außerdem in den Genuss des so genannten Schmalseitenprivilegs (§ 5 Abs. 8 LBO).
Tatsächlich beträgt der Abstand nach den genehmigten Plänen mindestens 4,60 m. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass die nördlich an den Reihenhauskomplex angrenzende Garage gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 in
zulässiger Weise innerhalb der oben ermittelten Abstandsfläche errichtet werden kann, ohne dass insoweit eine
zusätzliche Abstandsfläche erforderlich würde; denn die Wandhöhe der Garage beträgt ausweislich der
genehmigten Pläne mit 2,99 m weniger als 3,00 m und die Wandfläche mit ca. 15 m² weniger als 25 m², so
dass die in der zuletzt genannten Vorschrift normierten Maximalmaße eingehalten sind.
17 b) Soweit der Antragsteller sich im Verwaltungsverfahren auf das Fehlen einer hinreichenden Anzahl von
Stellplätzen berufen hat, dringt er damit schon deshalb nicht durch, weil die für das Bauvorhaben gem. § 37
Abs. 1 LBO erforderlichen Stellplätze ausgewiesen sind. Im Übrigen dient diese Vorschrift grundsätzlich nicht
dem Drittschutz, sondern nur dem öffentlichen Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums
(vgl. Sauter, Landesbauordnung, § 37 RdNr. 12 m.N. zur Rechtsprechung). Angesichts der Einhaltung der
Stellplatzverpflichtung im vorliegenden Fall ist hier auch nicht ersichtlich und vom Antragsteller nicht
substantiiert dargetan, dass gleichwohl unter diesem Aspekt das Rücksichtnahmegebot verletzt sein könnte.
18 c) Eine Verletzung nachbarlicher Rechte des Antragstellers lässt sich vorliegend auch nicht aus einem Verstoß
gegen § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO herleiten. Nach dieser allerdings auch dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift
darf die Nutzung der Stellplätze und Garagen die Gesundheit nicht schädigen und insbesondere das Wohnen
und das Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht
erheblich stören. Die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit des Antragstellers scheidet angesichts der
geplanten Errichtung lediglich einer einzigen an ein Grundstück des Antragstellers angrenzenden Garage
offensichtlich aus, zumal der Antragsteller selbst Stellplätze unmittelbar an der Grundstücksgrenze unterhält.
Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 LBO Grenzgaragen generell für
zulässig erklärt hat, so dass der Nachbar die mit jeder Grenzgarage verbundene Beeinträchtigung durch eine
Verschattung sowie den Fahrzeuglärm grundsätzlich hinzunehmen hat, ohne sich insoweit - vorbehaltlich des
Vorliegens besonderer Umstände im Einzelfall, wie hier nicht - auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen zu
können (vgl. dazu Dürr, a.a.O., RdNr. 194 mit Nachweisen zur Rechtsprechung).
19 4. Den vom Antragsteller erhobenen Bedenken hinsichtlich der Niederschlagsentwässerung schließlich ist
durch die Nebenbestimmung Nr. 1.0.0.5 zur Baugenehmigung, nach welcher Geländeböschungen so
auszuführen sind, dass kein Oberflächenwasser auf Nachbargrundstücke abfließen kann, im Sinne einer noch
hinreichend bestimmten Zielvorgabe hinreichend Rechnung getragen. Etwaigen Verstößen ist durch
bauaufsichtliches Einschreiten zu begegnen. Hinzu kommt, dass nach der Nebenbestimmung Nr. 12.7.00 in
Verbindung mit Nr. 8.0.15 die Baufreigrabe unter anderem davon abhängig gemacht wird, dass vom
Städtischen Eigenbetrieb Stadtentwässerung die Entwässerungsgenehmigung zu einem von der Beigeladenen
vorzulegenden Entwässerungsgesuch erteilt worden ist. Insoweit kann erwartet werden, dass die
entsprechende Prüfung sowohl nach der Maßgabe der Auflage Nr. 1.0.05 als auch der gesetzlichen Vorgaben
in §§ 33 Abs. 3 LBO, 81 WG erfolgen wird.
20 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, auch die
außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen dem Antragsteller aufzuerlegen, da diese zwangsläufig
in den vom Antragsteller geführten Prozess einzubeziehen waren.
21 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG (vgl. II. Nr. 9.7.1 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, NVwZ 2004, 1327). Dabei hat das Gericht
berücksichtigt, dass der Antragsteller Eigentümer zweier Nachbargrundstücke ist.
22 Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.