Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 17.03.2005

VG Frankfurt: vermögensverwaltung, geschäftsführer, anzeige, geschäftstätigkeit, solvenz, unternehmen, zukunft, besitz, werbung, website

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 686/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 33 Abs 1 KredWG
Leitsatz
1. Der Geschäftsleiter eines Finanzdienstleistungsunternehmens ist im Sinne des § 33
Abs. 1 KWG nicht zuverlässig, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme
rechtfertigen, dass der Betroffene sich künftig auf eine Art und Weise verhalten wird, die
den Schutzzweck des Kreditwesengesetzes beeinträchtigt.
2. Solche Anhaltspunkte können sich daraus ergeben, dass der Betroffene in der
Vergangenheit wiederholt Monatsausweise (§ 25 KWG) und mit einem Prüfvermerk
versehene Jahresabschlüsse (§ 26 KWG) nicht vorgelegt hat, seiner Pflicht zur Vorlage
eines geprüften Jahresabschlusses an die Entschädigungseinrichtung nach dem
Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz nicht nachgekommen ist und
keine Beiträge entrichtet hat, und wenn er im Internet in irreführender Weise für sein
Unternehmen wirbt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten
abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Verschiedene Finanzdienstleistungen, u.a. auch die Finanzportfolioverwaltung
waren bis zum Inkrafttreten der 6. Novelle zum KWG am 01.01.1998 nicht
erlaubnispflichtig. Erst diese Novelle führte die Erlaubnispflicht u.a. für
Portfolioverwaltung ein (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG). Für Unternehmen, die schon
vor dem 01.01.1998 solche Geschäfte betrieben, regelte § 64e Abs. 2 KWG eine
Erlaubnisfiktion, wenn sie bis zum 01.04.1998 ihre bisherige Tätigkeit und die
Absicht, diese fortzusetzen, anzeigen. Das Bundesaufsichtsamt hatte die
angezeigten Erlaubnisgegenstände zu bestätigen.
Die Klägerin machte durch ihren Geschäftsführer Herrn B. eine entsprechende
Anzeige am 30.03.1998 für sämtliche Finanzdienstleistungen, die das Gesetz
überhaupt unter Erlaubnisvorbehalt stellt. Teilweise nahm sie später diese Anzeige
wieder zurück.
Mit Bescheid vom 05.02.1999 stellte das Bundesaufsichtsamt auf der Grundlage
des § 4 KWG fest, dass eine Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen
nach § 1 KWG nicht als nach § 64e Abs. 2 KWG erlaubt gilt. Der dagegen erhobene
Widerspruch führte zu einem Widerspruchsbescheid vom 13.04.2000, mit dem
unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen festgestellt wurde, dass die
Klägerin die Erlaubnis nach § 64e Abs. 2 KWG zum Betreiben der
Finanzportfolioverwaltung besitze. Nur in diesem Bereich sei die Klägerin am
Stichtag tätig gewesen, was sie durch Vorlage eines
Vermögensverwaltungsvertrages vom 2.1.1997 nachgewiesen habe. Soweit der
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Vermögensverwaltungsvertrages vom 2.1.1997 nachgewiesen habe. Soweit der
Widerspruch zurückgewiesen wurde, erhob die Klägerin Klage vor dem VG Berlin,
die später zurückgenommen wurde.
Mit Bescheid vom 12.2.2001 nahm das Bundesaufsichtsamt die als erteilt
geltende Erlaubnis zur Erbringung von Finanzportfolioverwaltung zurück und
ordnete den Sofortvollzug an (BA II, 31), weil die Klägerin ihrer Verpflichtung nach §
64e Abs. 2 Satz 4 KWG nicht nachgekommen war. Danach hat das Institut
innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Bestätigung der Erlaubnisfiktion dem
Bundesaufsichtsamt und der Bundesbank eine Ergänzungsanzeige einzureichen,
die den inhaltlichen Anforderungen des § 32 KWG entspricht, also alle Angaben, die
normalerweise in einem Erlaubnisantrag zu machen sind. Gegen die Rücknahme
der Erlaubnis hat die Klägerin Klage beim VG Köln erhoben, die später
zurückgenommen worden ist.
Die Klägerin stellte bei der Beklagten unter dem 02.10.2002 einen Antrag auf
Erteilung einer Erlaubnis zur Anlagenvermittlung ohne Befugnis zur Verschaffung
von Besitz oder Eigentum an Kundengeldern und Kundenwertpapieren nach § 32
KWG. Als Geschäftsleiter war Herr B. vorgesehen. Die Geschäftsanteile der
Klägerin werden von Herrn B. und seiner Ehefrau je zur Hälfte gehalten. Mit
Bescheid vom 26.08.2003 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten
Erlaubnis ab und setzte für diesen Bescheid eine Gebühr von 1.000,-- EUR fest.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom
13.01.2004 zurück. Zugleich setzte sie darin für die Zurückweisung des
Widerspruchs eine Gebühr in Höhe von 250,00 EUR fest.
Beide Bescheide sind damit begründet, dass Tatsachen vorlägen, die die
Annahme rechtfertigten, dass der Geschäftsführer und auch der Gesellschafter B.
nicht zuverlässig sei. Die Erlaubnis sei daher zu versagen. Die Annahme der
Unzuverlässigkeit stützt die Beklagte dabei auf folgende Tatsachen: Die Klägerin
sei im Zeitraum zwischen dem 01.01.1998 und dem 12.02.2001 (Aufhebung der
Erlaubnis) zum Erbringen von Finanzportfolioverwaltung berechtigt gewesen. In
dieser Zeit habe sie der Beklagten entgegen §§ 25 Abs. 1 und 26 Abs. 1 KWG, § 36
WpHG weder Jahresabschlüsse, noch Prüfungsberichte und Monatsausweise
vorgelegt. Sie habe auch entgegen § 28 Abs. 1 KWG und § 36 WpHG keine Anzeige
über ihren Abschlussprüfer vorgelegt. Sie habe ferner in dieser Zeit ihre Pflichten
gemäß §§ 8 und 9 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
(ESAEG) nicht erfüllt, indem sie auch gegenüber der Entschädigungseinrichtung
der Wertpapierunternehmen (EdW) keine Jahresberichte und Prüfungsberichte
vorgelegt habe, so dass die Höhe des Beitrags nicht habe berechnet werden
können. Die festgesetzten Mindestbeiträge seien nicht gezahlt worden. Da Herr B.
in dieser Zeit Geschäftsführer der Klägerin gewesen sei, sei er hierfür
verantwortlich gewesen. Die Bescheide sind weiterhin darauf gestützt, dass die
Klägerin in ihrem Internetauftritt, für den Herr B. ebenfalls verantwortlich sei, den
Eindruck erwecke, dass sie befugt sei, Emissionsgeschäfte und
Finanzportfolioverwaltung zu betreiben, denn sie erkläre, diese Tätigkeiten
angemeldet zu haben. Dies wecke bei den Nutzern die Vorstellung, dass damit
auch die Erlaubnis erteilt sei. Die Werbung sei mithin irreführend und unseriös. Die
Versagung der Erlaubnis führe nicht zu einem Berufsverbot auf Lebenszeit für die
Klägerin, da sie die Voraussetzungen für die Erlaubnis dadurch schaffen könne,
dass sie eine andere Person mit der Geschäftsführung betraut und Herr B. seine
bedeutende Beteiligung an der Klägerin aufgibt. Auf ein etwaiges Berufsverbot für
Herrn B. komme es nicht an, weil dieser nicht Adressat der Bescheide sei.
Am 16.02.2004 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien und
sie einen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Erlaubnis habe. Die von der
Beklagten geltend gemachten Tatsachen seien zwar zutreffend, aber nicht
ausreichend, um daraus die Unzuverlässigkeit des Herrn B. abzuleiten und
deshalb die Erlaubnis zu verweigern. Die Klägerin sei ein unterdurchschnittlich
kleines Finanzdienstleistungsinstitut mit einem Jahresumsatz von weniger als EUR
100.000,00. Sie biete Finanzdienstleistungen an, ohne Vermögenswerte
entgegenzunehmen. Diese Umstände seien bei der Beurteilung der
Zuverlässigkeit des Geschäftsführers und des Gesellschafters zu berücksichtigen.
Die Beklagte lasse unberücksichtigt, dass die Verstöße keinerlei Auswirkungen
gehabt hätten. Insbesondere seien keinerlei anvertraute Vermögenswerte
veruntreut worden. Es sei kein materieller Schaden entstanden. Auch
Gefährdungen von Vermögenswerten seien nicht eingetreten. Die geforderten
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Gefährdungen von Vermögenswerten seien nicht eingetreten. Die geforderten
Handlungen seien zumindest teilweise nachgeholt worden. Die nach § 25 Abs. 1
KWG abzugebenden Meldungen wären überdies ohnehin überwiegend
Negativmeldungen gewesen, so dass es sich auch insoweit um die Versäumnis
einer bloßen Förmlichkeit gehandelt habe. Es sei auch nicht zulässig, die fehlende
Mitteilung der Jahresabschlüsse doppelt als Verstoß zu bewerten, indem man sie
als Verstoß gegen das KWG und als Verstoß gegen das ESAEG ansehe. Die
aufgezeigte Anzahl an ordnungsrechtlichen Verstößen sei auch quantitativ nicht
ausreichend für die Annahme der Unzuverlässigkeit. Der berufliche Werdegang des
Herrn B. und sein überobligatorisches Engagement und die überobligatorische
Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung seien gänzlich unberücksichtigt
geblieben. Es sei jedoch in Rechnung zu stellen, dass Herr B. seit 1972 stets in
leitender Stellung bei namhaften Unternehmen der deutschen Wirtschaft
beschäftigt gewesen sei und sich bei der Industrie- und Handelskammer für die
Belange des Gemeinwohls ehrenamtlich engagiere. Angesichts dessen wögen die
bloß ordnungsrechtlichen Verstöße Herrn B. leicht. Die Verfehlungen der
Vergangenheit ließen auch keine zureichende Zukunftsprognose zu. Herr B. habe
sich außer den von der Beklagten angeführten Verstößen nichts mehr zuschulden
kommen lassen.
Es sei Herrn B. auch nicht vorzuwerfen, dass er den Rechtspflichten nicht
nachgekommen sei, die mit einer Vermögensverwaltung verbunden sei. Er habe
nämlich Vermögensverwaltung im weitesten Sinne in der Vergangenheit nicht
angeboten und habe sie auch nie anbieten wollen. Die diesbezüglichen Meldungen
seien rein vorsorglich erfolgt, ohne dass sich Herr B. der rechtlichen Konsequenzen
bewusst gewesen sei. Als er bemerkt habe, dass er diesen Rechtspflichten nicht
gewachsen gewesen sei, habe er noch im Jahre 1998 jegliche Geschäftstätigkeit im
Bereich Vermögensverwaltung aufgegeben. Es sei nicht zulässig, die Klägerin jetzt
auch noch aus dem Geschäftsbereich zu verdrängen, den sie allein beherrsche,
nämlich die Anlagenvermittlung. In diesem Bereich habe sie sich nichts zuschulden
kommen lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 13.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, der Klägerin die beantragte Erlaubnis zur Erbringung der
Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a) S. 2 Nr. 1 KWG zu erteilen;
hilfsweise:
die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Erbringung
der Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1 a) S. 2 Nr. 1 KWG unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte räumt ein, dass die Beurteilung der Zuverlässigkeit je nach
Geschäftsart und Größe des Instituts unterschiedlich zu beurteilen sei. An ein
Finanzdienstleistungsinstitut, das keine Vermögenswerte entgegennehmen darf,
seien weniger strenge Maßstäbe anzulegen. Das führe dazu, dass sich die
Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht auf die Frage beziehen könne, ob es dem
Geschäftsführer an der notwendigen Sorgfalt im Umgang mit fremdem Vermögen
mangele. Solche Erwägungen habe sie, die Beklagte, aber auch nicht angestellt.
Die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Herrn B. beruhten vielmehr allein auf den
in den Bescheiden angeführten Tatsachen. Unzuverlässigkeit sei anzunehmen bei
laufenden bzw. häufig wiederholten Verletzungen gesetzlicher Bestimmungen,
insbesondere solcher des KWG. Die in §§ 25 Abs. 1 und 26 Abs. 1 KWG
festgelegten Pflichten dienten der Insolvenzüberwachung der Institute. Dazu
müsse die Beklagte Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation der
Finanzdienstleister haben. Die Monatsausweise und Jahresabschluss- und
Prüfungsunterlagen seien wesentlicher Bestandteil dieser Überwachung. Es
handele sich dabei um eine wesentliche Aufgabe der Beklagten im Interesse der
Gläubiger der Institute und zur Sicherung des Vertrauens in den Finanzsektor
allgemein. Es handele sich also nicht um lediglich untergeordnete Pflichten, deren
Verletzung leicht wöge. Vielmehr sei die Beklagte aufgrund der Pflichtverletzungen
des Herrn B. nicht in der Lage gewesen, die Solvenz der Klägerin zu beurteilen. Die
Nichteinreichung der Jahresabschlüsse gegenüber der EdW habe zudem dazu
geführt, dass der Jahresbeitrag der Klägerin nach dem ESAEG nicht habe
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geführt, dass der Jahresbeitrag der Klägerin nach dem ESAEG nicht habe
festgesetzt werden können. Das sei eine weitere Pflichtverletzung, mit der ein
wichtiges gesetzliches Ziel nicht erreicht werden konnte. Es handele sich insoweit
um die Verletzung zweier verschiedener Pflichten, die der Klägerin beide
vorgeworfen werden müssten. Die Verfehlungen des Herrn B. könnten auch nicht
durch seien beruflichen Werdegang oder sein ehrenamtliches Engagement
kompensiert werden. Ersteres sei nur zur Beurteilung der fachlichen Eignung von
Interesse. Diese werde jedoch seitens der Beklagten nicht in Frage gestellt.
Letzteres sei für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ohne Bedeutung. Der
Umstand, dass die Klägerin, vertreten durch Herrn B. ausweislich der
Klagebegründung noch immer der Meinung sei, dass die Verstöße des Herrn B.
leicht wögen, zeige zudem, dass dieser seinen gesetzlichen Pflichten weiterhin
wenig Bedeutung zumesse. Das bestätige die Prognose seiner künftigen
Unzuverlässigkeit. Es sei auch festzustellen, dass die Klägerin mit keinem Wort auf
die zur Stützung der Unzuverlässigkeit geltend gemachten Internetauftritt
eingehe. Erneute Abfragen der Internetseite am 13.05.2004 und am 12.08.2004
hätten gezeigt, dass der Auftritt zwar überarbeitet worden sei, aber noch immer
an zwei Stellen Vermögensverwaltung als Geschäftsfeld und Dienstleistung der
Klägerin genannt sei, obwohl sie nicht im Besitz einer Erlaubnis für die
Portfolioverwaltung sei. An anderer Stelle erwecke die Klägerin weiterhin den
Eindruck, sie sei zur erlaubnispflichtigen Anlagevermittlung berechtigt. Diese
irreführende und unseriöse Werbung bestätige weiterhin den Eindruck der
Unzuverlässigkeit des Herrn B..
Die Behauptung, die Klägerin habe nie Vermögensverwaltung angeboten, stehe
nicht nur im Widerspruch der gleichzeitigen Einlassung, sie habe diese Tätigkeit im
Jahre 1998 eingestellt, sondern sei auch dadurch widerlegt, dass die Klägerin
selbst der Beklagten nachgewiesen habe, vor dem und bis zum 01.01.1998
Finanzportfolioverwaltung erbracht zu haben, weshalb das damals zuständige
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen durch Bescheid festgestellt habe, dass
die Erlaubnis zum Erbringen solcher Leistungen gemäß § 64e Abs. 2 KWG i.V.m. §
32 KWG als erteilt galt. Gegen die Aufhebung dieser Erlaubnis wegen Nicht-
Einreichung der Ergänzungsanzeige habe die Klägerin zudem ein Widerspruchs-
und Klageverfahren betrieben, das sie erst im Januar 2004 mit der Erklärung
beendet habe, in diesem Bereich nicht mehr tätig zu sein. Im Übrigen seien für die
Anlagenvermittlung exakt die gleichen Pflichten einzuhalten wie für die
Finanzportfolioverwaltung.
Das Gericht hat 8 Hefter Behördenakten zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur
Anlagenvermittlung. Dieser Anspruch scheitert daran, dass Tatsachen vorliegen,
aus denen sich ergibt, dass der Geschäftsleiter der Klägerin unzuverlässig ist (§ 33
Abs. 1 Nr. 2 KWG). Da dies zur Versagung der Erlaubnis ausreicht, kann
dahingestellt bleiben, ob es auch Tatsachen gibt, die die Annahme rechtfertigen,
dass ein Inhaber einer bedeutenden Beteiligung an der Klägerin unzuverlässig ist.
Nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG bedarf, wer im Inland gewerbsmäßig
Finanzdienstleistungen erbringen will, der schriftlichen Erlaubnis der Beklagten.
Nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG ist auch die Vermittlung von Geschäften über
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten oder deren
Nachweis (Anlagenvermittlung) eine Finanzdienstleistung, die somit
erlaubnispflichtig ist.
Nach § 33 Abs. 1 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn (Nr. 2) Tatsachen
vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein Antragsteller oder eine der in § 1 Abs. 2
Satz 1 bezeichneten Personen - das ist der Geschäftsleiter - nicht zuverlässig ist.
Unzuverlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Betreffende nach seiner gesamten
Persönlichkeit nicht die Gewähr dafür bietet, dass er seine Tätigkeit
ordnungsgemäß betreiben wird. Dabei ist auf die Besonderheiten der Geschäfte
eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts und die besondere
Vertrauensempfindlichkeit dieser Brache abzustellen (Boos/Fischer/Schulte-
Mattler: Kreditwesengesetz 2. Aufl. 2004 § 33 Rn 31). Die Frage der Zuverlässigkeit
ist eine Prognosebeurteilung. Es geht also darum, ob tatsächliche Anhaltspunkte
für die Vermutung bestehen, dass der Geschäftsleiter oder der Gesellschafter sich
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für die Vermutung bestehen, dass der Geschäftsleiter oder der Gesellschafter sich
auf eine Art und Weise verhalten werden, die den Schutzzweck des KWG
beeinträchtigt, also insbesondere die Schutzinteressen der Anleger gefährdet.
Solche Anhaltspunkte lassen sich nur aus dem bisherigen Verhalten der
betreffenden Person gewinnen. Dieses Verhalten muss in seiner Gesamtheit die
Erwartung nahe legen, dass es sich auch in Zukunft wiederholen wird. Einmalige
oder aus einer Sondersituation resultierende Verfehlungen begründen deshalb in
der Regel keinen hinreichenden Grund, die Unzuverlässigkeit anzunehmen
(Boos/Fischer/Schulte-Mattler: Kreditwesengesetz 2. Aufl. 2004 § 33 Rn 32).
Dagegen können wiederholte Verstöße gegen Ordnungsvorschriften,
insbesondere, wenn sie im Zusammenhang mit dem Kreditwesengesetz oder
anderen dem Anlegerschutz dienenden Vorschriften stehen, die Annahme der
Unzuverlässigkeit rechtfertigen (Boos/Fischer/Schulte-Mattler: Kreditwesengesetz
2. Aufl. 2004 § 33 Rn 36).
Zu diesen insoweit beachtlichen Pflichten gehört die monatliche Einreichung der
Monatsausweise (= monatl. Vermögensstatus und Erfolgsrechnung - Beck/Samm
§ 25 Rn 8) nach § 25 KWG. Das sind Informationen, die der Aufsichtsbehörde einen
laufenden Einblick in die geschäftliche Entwicklung des Instituts verschaffen.
Weiterhin gehören zu den Kooperationspflichten die Vorlage des mit einem
Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusses nach § 26 KWG. Beide
Pflichten dienen der Kontrolle der Solvenz des Finanzdienstleisters. Diese ist
wiederum, wie sich aus § 10 KWG ergibt, bedeutsam für die Erfüllung seiner
Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern. Diese Sicherheit ist gegeben, wenn
der Finanzdienstleister über angemessene Eigenmittel verfügt. Deshalb ist es
sinnvoll und erforderlich, ihre Solvenz zu überwachen. Das Instrumentarium dafür
besteht in den gesetzlichen Anzeigepflichten. Wer diesen Pflichten nicht
nachkommt, vereitelt den Gesetzeszweck auch dann, wenn die Prüfung, wenn sie
ermöglicht würde, zu keinen Beanstandungen führen würde.
Zu den gesetzlichen Pflichten des Finanzdienstleisters, die dem Schutz der
Anleger dienen, gehört auch die Pflicht nach § 2 des Einlagensicherungs- und
Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG), die Einlagen und Verbindlichkeiten aus
Wertpapiergeschäften durch Zugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung zu
sichern und Beiträge zur Erbringung der Mittel der Einrichtung zu leisten (§ 8
ESAEG). Im Zusammenhang damit sind die Finanzdienstleister auch verpflichtet,
der Entschädigungseinrichtung den festgestellten Jahresabschluss mit den
dazugehörigen Prüfungsbericht unverzüglich einzureichen. Diese Unterlagen
benötigt die Einrichtung zur Feststellung des zu versichernden Risikos, nach dem
sich die Höhe des Risikos richtet (§ 8 Abs. 3 ESAEG).
Diesen Pflichten ist Herr B. als Vertreter der Klägerin während der Zeit, als die
Klägerin über die Erlaubnis zur Finanzportfolioverwaltung verfügte, zu keinem
Zeitpunkt nachgekommen. Ihre Behauptung, sie habe in dieser Zeit gar keine
Finanzportfolioverwaltungen durchgeführt, ändert nichts daran, dass sie
verpflichtet war, entsprechende Mitteilungen zu machen und ihre Abschlüsse
vorzulegen. Im Übrigen ist die Behauptung zweifelhaft, weil die Erlaubnis in diesem
Falle nach Ablauf eines Jahres von Gesetzes wegen erloschen wäre, so dass ihre
Aufhebung durch Verwaltungsakt ins Leere gegangen wäre und deren Anfechtung
keinen Sinn gemacht hätte.
Da die Klägerin seit dem 01.01.1998 bis zum Entzug der Erlaubnis im Februar
2001 diesen Pflichten andauernd nicht nachgekommen ist, bestehen allein schon
deshalb Tatsachen, die geeignet sind, auf die Unzuverlässigkeit des Herrn B. zu
schließen. Dieser Eindruck wird auch nicht durch andere Tatsachen relativiert oder
gar beseitigt. Im Gegenteil zeigt die Einlassung der Klägerin in diesem Verfahren,
wonach sie den damaligen Verfehlungen nur geringes Gewicht beimisst, dass Herr
B. noch immer kein angemessenes Verhältnis zu diesen Pflichten hat und sie als
Petitessen betrachtet, deren Vernachlässigung bedeutungslos ist. Angesichts
dessen liegt die Vermutung nahe, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft
fortsetzen würde, wenn die Klägerin die begehrte Erlaubnis erhielte.
Dafür spricht im Übrigen weiter, dass die Klägerin unter der Verantwortung des
Herrn B. auch nicht ihrer Pflicht zur Vorlage der Ergänzungsanzeige nach § 64e
Abs. 2 Satz 4 KWG nachgekommen ist, weshalb ihr die fingierte Erlaubnis im
Februar 2001 wieder entzogen worden ist.
Tatsachen, aus denen sich die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigen,
ergeben sich auch aus der Art und Weise, wie die Klägerin unter der Verantwortung
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ergeben sich auch aus der Art und Weise, wie die Klägerin unter der Verantwortung
des Herrn B. im Internet für sich wirbt. Obwohl die Beklagte bereits in dem
Anhörungsschreiben zur beabsichtigten Ablehnung des Erlaubnisantrages vom
19.05.2003 und dann erneut im Widerspruchsbescheid und in der Klageerwiderung
vom 25.05.2004 auf die irreführenden Angaben auf der Website hingewiesen hat,
waren diese bei einer Recherche des Gerichts am Morgen vor der mündlichen
Verhandlung unter dem URL www.B..de noch immer vorhanden. Die Klägerin wirbt
hier für Dienstleistungen, für die sie keine Erlaubnis besitzt, nämlich für
Vermögensverwaltung, was im Gesamtzusammenhang der Geschäftstätigkeit auf
eine Finanzportfolioverwaltung schließen lässt, und für die Organisation und
Verwaltung so genannter Private Investors Clubs, was entweder auch auf eine
Portfolioverwaltung oder auf eine Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 2a
Nr. 2 KWG (dazu vgl. (Boos/Fischer/Schulte-Mattler: Kreditwesengesetz 2. Aufl.
2004 § 1 Rn 124) schließen lässt, obwohl die Klägerin hierfür keine Erlaubnis hat
und hierüber auf ihrer Website nicht aufklärt.
Eine Tatsache, aus der sich Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Herrn B.
gewinnen lässt, ergibt sich schließlich auch aus dem Antrag auf Erteilung der
Erlaubnis der Tätigkeit als Anlagenvermittler vom 02.10.2002. Darin gibt die
Klägerin u.a. an, Gegenstand des Unternehmens sei die Abschlussvermittlung,
obwohl sie hierfür keine Erlaubnis hat und auch keine Erlaubnis beantragt hat.
Die Rechtfertigung der Annahme, dass Herr B. unzuverlässig sei, wird auch nicht
durch seinen beruflichen Werdegang und/oder sein ehrenamtliches Engagement
für die IHK in Frage gestellt. Beide Umstände tangieren nicht die Prognose, dass
Herr B. auch in Zukunft das gesetzwidrige Verhalten zeigen wird, das er in der
Vergangenheit trotz seines beruflichen Werdegangs und seines ehrenamtlichen
Engagements gezeigt hat.
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Geschäftstätigkeit sei nicht mit der
Entgegennahme von Vermögenswerten verbunden, weshalb geringere
Anforderungen an die Zuverlässigkeit gestellt werden müssten, ändert dies nichts
daran, dass sie die Anforderungen des KWG zu erfüllen hat.
Die Gebührenfestsetzungen entsprechen dem Gesetz und sind rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO,
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Berufungszulassungsgründe des § 124
Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 S. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.