Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 22.09.1998

VG Frankfurt: firma, deponie, vollstreckung, eigentümer, besitzer, transport, konkursverfahren, beförderung, materialien, arbeitsrecht

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Gericht:
VG Frankfurt 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 E 970/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Leitsatz
Der Gebührenpflicht für die Abfalldeponie des Main-Kinzig-Kreises unterliegt der
Anlieferer des Abfalls. Anlieferer ist der Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigte
des Grundstücks, auf dem der Abfall entstanden ist. Eine vertragliche Vereinbarung,
wonach der Abfall auf einen Dritten übergehen soll, der ihn dann im eigenen Namen der
Deponie anliefert, ist nichtig.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten
abwenden, wenn der Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Beklagte erließ am 24.10.1996 die Gebührenbescheide Nr. ... in Höhe von
12.756,80 DM, Nr. ... in Höhe von 7.858,50 DM und Nr. ... in Höhe von 2.606,10 DM
gegenüber der Klägerin. Hintergrund dieser Bescheide waren Anlieferungen von
Abfällen durch die Firma D & Co. GmbH in der Zeit zwischen September 1995 und
Dezember 1995. Diese Abfälle stammten von Abbruchmaßnahmen auf dem Di
Gelände in H.
Die Klägerin hatte der Firma A (A. R. T.) am 22.8.1995 den Auftrag zum Abbruch
der auf dem Di Gelände stehenden Gebäude und zur Entsorgung der durch den
Abbruch entstehenden Materialien erteilt.
Die Firma A. R. T. beauftragte den Containerdienst D & Co. GmbH mit dem
Transport der Abfälle auf die Mülldeponie Ha. Auf den von der Beklagten erstellten
Anlieferungsscheinen wurde die Firma D als Transporteur der Abfälle, die Firma A.
R. T. als Abfallerzeuger und Gebührenpflichtiger eingetragen.
Zunächst stellte der Beklagte die Gebührenforderungen der Firma A. R. T. in
Rechnung. Als der Beklagte erfuhr, daß das gegen diese Firma eingeleitete
Konkursverfahren mangels Masse abgewiesen worden war, machte er die
Forderungen mit den streitgegenständlichen Bescheiden gegenüber der Klägerin
geltend. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid
vom 26.2.1997 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 2.4.1997 Klage erhoben und begründet diese damit, daß sie
nicht Anlieferer im Sinne der maßgeblichen Abfallsatzung sei. Die Firma A. R. T.
habe die alleinige Sachherrschaft über die auf dem Gelände Di angefallenen
Abfälle gehabt. Ihr habe die Klägerin nicht lediglich die Beförderung, sondern auch
den unmittelbaren Besitz der Abfälle übertragen. Die Entsorgungskosten seien bei
der zwischen der Klägerin und der Firma A. R. T. vereinbarten Vergütung
berücksichtigt worden.
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Auch seien dem Beklagten diese Umstände bekannt gewesen, da in den
Anlieferungsscheinen die Firma A. R. T. und nicht die Klägerin als Abfallerzeugerin
und Gebührenpflichtige eingetragen worden sei.
Soweit der Beklagte vortrage, daß er aufgrund des Urteils des VG Frankfurt vom
13.10.1995 seine Ansicht über die Gebührenpflicht habe revidieren müssen,
überzeuge dies nicht. Denn dieses Urteil sei dem Beklagten am 23.10.1995
zugegangen. Ungeachtet dessen habe er dennoch am 7.12.1995 und am
8.1.1996 weitere Gebührenbescheide gegen die Firma A. R. T. erlassen.
Die Klägerin beantragt,
die Gebührenbescheide Nr. ..., Nr. ... und Nr. ... in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.2.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß nur der Abfallerzeuger Anlieferer sein könne. Der
Transporteur sei nur Erfüllungsgehilfe des Abfallerzeugers. Das Risiko bei der
Auswahl eines unzuverlässigen Vertragspartners für die Abfallentsorgung müsse
die Klägerin selbst tragen. Dies gelte auch für den Fall, daß eine
Vertragskonstellation gewählt werde, nach welcher die Entsorgungskosten nicht
unmittelbar beim Abfallerzeuger, sondern beim Transporteur festzusetzen sind.
Auch habe der Beklagte die Gebühren unverzüglich gegenüber der Firma A. R. T.
festgesetzt und die Vollstreckung im Rahmen des
Verwaltungsvollstreckungsverfahrens durchgeführt. Nach Mitteilung der
Vollstreckungsstelle über die Zahlungsunfähigkeit seien die Gebühren unmittelbar
der Klägerin weiterberechnet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den
Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, die zum
Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid
begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß § 9 Abs. 3 der Abfallsatzung
(AbfS) des Beklagten vom 1.6.1990 ist der Anlieferer für bei den
Abfallentsorgungsanlagen angelieferte Abfälle gebührenpflichtig. Unter "Anlieferer"
ist dabei derjenige zu verstehen, der eigene Abfälle zur Deponie bringt oder
bringen läßt. Dies folgt aus § 3 Abs. 3 lit. b AbfS. Hiernach sind "angelieferte
Abfälle" solche, die vom Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigten eines im
Kreisgebiet liegenden Grundstückes oder in dessen Auftrag in eine
Entsorgungsanlage verbracht werden und dort nicht von der Verwertung oder
Beseitigung ausgeschlossen sind.
Ob die Klägerin mit der Firma ART eine vertragliche Vereinbarung dahingehend
geschlossen hat, daß jene nicht im Auftrag der Klägerin, sondern im eigenen
Interesse den Abfall bei dem Beklagten anliefern sollte, ist unerheblich. Eine
derartige Vereinbarung wäre nichtig, da sie gegen ein gesetzliches Verbot
verstoßen würde (§ 134 BGB). Denn die Klägerin ist verpflichtet gewesen, ihre
Abfälle nur dem Entsorgungspflichtigen zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Hess.
Abfallgesetz 1994, jetzt § 3 Abs. 3 Hess. Ausführungsgesetz zum
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V.
m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 23.221,40 festgesetzt (§ 13 Abs. 2
GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.
ausgewählt und dokumentiert.