Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 17.01.2007

VG Frankfurt: zahl, verordnung, hessen, anteil, zahnmedizin, hochschule, verfügung, studierender, schwund, rechtsgrundlage

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Gericht:
VG Frankfurt 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 FM 3301/06.W
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 1 KapVO HE, § 9 Abs 1
KapVO HE, § 10 KapVO HE, §
11 Abs 1 KapVO HE, § 14 Abs
3 KapVO HE
Rechtmäßigkeit einer Berechnung der Aufnahmekapazität
einer Hochschule.
Leitsatz
Zur Kapazitätsberechnung des Studiengangs Medizin für das Wintersemster 2006/2007
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Kosten der Verfahren werden den Antragstellern auferlegt.
3. Der Streitwert wird auf jeweils 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
I
Die Antragstellerinnen und Antragsteller (im folgenden: Antragsteller) sind im
Besitz einer Hochschulzugangsberechtigung. Sie begehren ihre vorläufige
Zulassung zum Studium der Medizin bei der Antragsgegnerin im Wintersemester
2006/2007.Die Zahl der für diesen Studiengang zu verteilenden Studienplätze ist
durch die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen an den
Hochschulen des Landes Hessen im Wintersemester 2006/2007 vom 03. Juli 2006
(GVBl. I S. 378) für Studienanfänger auf 432, für das 3. Fachsemester auf 399 und
für das 5. Fachsemester auf 270 festgesetzt worden.
Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, die in der
Zulassungszahlenverordnung 2006/2007 festgesetzten Zulassungszahlen für das
Studium der Medizin an der Antragsgegnerin seien nicht kapazitätserschöpfend.
Die Antragsteller zu 450 -453 beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
ihn/sie vorläufig zum Studium der Medizin zum Wintersemester 2006/2007 für das
5. Fachsemester zuzulassen.
Der Antragsteller zu 217 beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn
vorläufig zum Studium der Medizin zum Wintersemester 2006/2007 für das 3.
Fachsemester zuzulassen,
hilfsweise für das 1. Fachsemester zuzulassen.
Der Antragsteller zu 171 beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn
vorläufig zum Studium der Medizin zum Wintersemester 2006/2007 für das 2.
Fachsemester zuzulassen,
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hilfsweise für das 1. Fachsemester zuzulassen.
Die übrigen Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
ihn/sie vorläufig zum Studium der Medizin zum Wintersemester 2006/2007 für das
1. Fachsemester auf einen außerhalb - hilfsweise innerhalb - der festgesetzten
Zulassungszahl liegenden Studienplatz zuzulassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und der Generalakte (3 FM Wintersemester 2006/2007) Bezug
genommen.
II
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2
VwGO, der die Möglichkeit einer Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis vorsieht, sind zulässig.
Dabei ist es unschädlich, dass die Antragsteller teilweise nicht einen
unbeschränkten Zulassungsantrag gestellt haben, sondern lediglich die
Beteiligung am Vergabeverfahren und eine Zulassung nur dann beantragt haben,
sofern nach der Losposition des antragstellenden Beteiligten ein freier
Studienplatz auf ihn entfällt. Das beschließende Gericht legt in Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des Hess. VGH (vgl. Beschluss vom 10.10.2005 - 8 FZ
5272/04.W) diese Anträge dahin aus, dass das Begehren der antragstellenden
Beteiligten auf Zulassung zum Studium gerichtet ist. Deshalb ist es unerheblich,
ob der Antrag in der dargestellten Weise beschränkt formuliert ist, da
entscheidend das wirkliche Begehren der Antragsteller und nicht die Art und Weise
der Durchsetzung ihres Begehrens ist. Einstweilige Anordnungsverfahren sind im
Rechtsgebiet der Zulassung zum Studium immer darauf gerichtet, der
antragstellenden Partei einen Studienplatz zu verschaffen. Ob die antragstellende
Partei unmittelbar diesen Studienplatz erhalten kann, oder ob wegen einer
Mehrzahl von Studienplatzbewerbern eine Auslosung erfolgen muss, ändert an
diesem Begehren nichts (vgl. Hess. VGH, a. a. O.).
Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es ist ihnen
nicht zumutbar, mit dem Beginn des Studiums zuzuwarten, bis das
Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist, da sie die angestrebte Berufsausbildung
benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Die Anträge sind jedoch unbegründet.
Die Antragsteller zu 450 -453, die ihre vorläufige Zulassung zum 5. Fachsemester
- dem 1. klinischen Fachsemester - begehren, haben einen Anordnungsanspruch
nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass
die Antragsgegnerin insoweit über eine ausreichende klinische Kapazität verfügt.
Die patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studiengang Medizin
liegt bei der Antragsgegnerin wesentlich niedriger als die personelle
Aufnahmekapazität der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin; sie ist deshalb
hinsichtlich der Zahl der zu ermittelnden Vollstudienplätze maßgeblich, während
es insoweit auf Einzelheiten der Berechnung jener höheren Kapazität nicht
ankommt (§ 17 Abs. 2 KapVO). Die patientenbezogene Aufnahmekapazität
beträgt auf der Grundlage von 787,5 tagesbelegten Betten des Klinikums und
181.730, 33 poliklinischen Neuzugängen (jeweils Durchschnittswert aus den Jahren
2003 bis 2005) entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 KapVO (15,5% von
787,5 = 122,0625 + 50% =) 183,09375. Diese Zahl ist nach § 17 Abs. 1 Ziff. 3
KapVO um die Lehrleistungen außeruniversitärer Krankenanstalten, die hier mit
63,4 zu berücksichtigen sind, zu erhöhen. Die sich daraus ergebende Summe von
246,49375 ist für die Orthopädie um den Faktor 1,0594 zu erhöhen, woraus sich
eine Kapazität von 261,13547 Studienplätzen, abgerundet also 261
Studienplätzen ergibt. Tatsächlich waren indessen am entsprechenden Stichtag
nach Vorlesungsbeginn - dem 15.November 2006 - im 5. Fachsemester 359
Studienplätze besetzt, so dass den Antragstellern insoweit keine weiteren
Studienplätze zur Verfügung gestellt werden können.
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Soweit antragstellerseits die Auffassung vertreten wird, dass bei der Berechnung
der patientenbezogenen Ausbildungskapazität gemäß § 17 Abs. 1 S.2 Ziff. 1
KapVO auch die Privatpatienten mitzuzählen seien, wird dies vom beschließenden
Gericht nicht geteilt. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Begriff
„tagesbelegte Betten“ in § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KapVO nicht anders zu verstehen
ist als in § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 lit b) KapVO. Für die dortige Regelung des
Krankenversorgungsabzuges ist allgemein anerkannt, dass ein solcher nur für die
Krankenversorgungstätigkeiten beansprucht werden kann, zu denen der
Stelleninhaber im Rahmen seines Hauptamtes dienstrechtlich verpflichtet ist, nicht
aber auch für die Behandlung von Privatpatienten, die für die Lehrpersonen eine
entgeltliche Nebentätigkeit unter Benutzung der Einrichtungen des Klinikums
darstellt. (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1984 - KMK-HSchR 1985, 278
(279); VGH München, Beschluss vom 10.04.1987 - KMK-HSchR 1987, 883 (886);
Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland,
4. Auflage, Kapazitätsverordnung § 17 Rdn. 9; Zimmerling/Brehm,
Hochschulkapazitätsrecht, Rdn. 218).
Auch soweit in diesem Zusammenhang weiterhin die Auffassung vertreten wird,
dass der Mechanismus des § 17 Abs. 1 S.2 Ziff.2 S. 2 KapVO obsolet geworden
sei, weil das neue Krankenhausfinanzierungssystem dazu führe, dass die Anzahl
der tagesbelegten Betten tendenziell sinke, sich dafür aber die Anzahl der
ambulant behandelten Patienten erhöhe, so dass die Kappung der
kapazitätsrechtlich relevanten Anzahl der poliklinischen Neuzugänge auf 50 % der
nach § 17 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 KapVO ermittelten patientenbezogenen
Ausbildungskapazität nicht mehr gerechtfertigt sei, geben hierfür die von der
Antragsgegnerin übermittelten Zahlen nach Auffassung der Kammer nichts her.
Zwar ist die Anzahl der tagesbelegten Betten von 2003 auf 2004 deutlich
gesunken, jedoch im Jahr 2005 auch wieder merklich gestiegen. Demgegenüber
lässt sich eine signifikante Steigerung der poliklinischen Neuzugänge nicht
feststellen. In den hier maßgeblichen Jahren 2003 bis 2005 ist diese Zahl vielmehr
kontinuierlich gesunken.
Soweit der Antragsteller zu 217 seine vorläufige Zulassung zum 3. Fachsemester
begehrt, kann der Antrag keinen Erfolg haben. Der Antragsteller hat bereits nicht
glaubhaft gemacht, dass er die Voraussetzungen für eine Zulassung zu einem
höheren Fachsemester erfüllt. Nach der entsprechenden Aufforderung des
Gerichts, diese Voraussetzung glaubhaft zu machen, hat der Antragsteller zwar
mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.11.2006 mitgeteilt, eine
entsprechende Bestätigung nach dem 15.11.2006 übersenden zu wollen, ohne
dass indessen bislang eine solche Bescheinigung zu den Akten gelangt wäre.
Im Übrigen steht dem Begehren des Antragstellers entgegen, dass er seinen
Antrag auf Zulassung zum Restvergabeverfahren - vorliegend kommt bei einer
Zulassungszahl von 399 und lediglich 381 besetzten Studienplätzen lediglich ein
„innerkapazitärer“ Zulassungsanspruch in Betracht - erst nach dem 16.10.2006
bei der Antragsgegnerin geltend machte und somit die Frist des § 21 Abs. 1 S.1
Vergabeverordnung Hessen vom 30. Juni 2006 (GVBl. I S. 363) nicht wahrte. Da
der 15.10.2006 auf einen Sonntag fiel, endete diese Frist nach § 31 Abs. 3 S. 1
HVwVfG mit dem Ablauf des darauf folgenden Montags, also dem 16.10.2006 (vgl.
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24.11.2005 - 2 NB 462/05 n. w. N.), so
dass der am 18.10.2006 bei der Antragsgegnerin eingegangene Antrag verspätet
war.
Soweit der Antragsteller zu 171 seine vorläufige Zulassung zum 2. Fachsemester
begehrt, steht der Geltendmachung eines Anordnungsanspruchs der Umstand
entgegen, dass bei der Antragstellerin eine Zulassung zum 1. Fachsemester im
Studiengang Medizin nur jährlich, und zwar jeweils im Wintersemester stattfindet.
Die im Wintersemester 2005/2006 zugelassenen Studienanfänger befinden sich im
hier streitbefangenen Wintersemester 2006/2007 deshalb bereits im 3.
Fachsemester. Dementsprechend wird in der Zulassungszahlenverordnung
2006/2007 vom 03.07.2006 die Zahl der für das 2. Fachsemester zuzulassenden
Studienbewerber auf 0 festgesetzt. Eine Zulassung zum 2. Fachsemester kommt
deshalb vorliegend nicht in Betracht.
Soweit die Antragsteller ihre vorläufige Zulassung zum 1. Fachsemester begehren,
sind ihre Anträge unbegründet.
Die Berechnung der Aufnahmekapazität des Studiengangs Medizin im
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Die Berechnung der Aufnahmekapazität des Studiengangs Medizin im
Wintersemester 2006/2007 führt dazu, dass neben den durch die Verordnung über
die Festsetzung von Zulassungszahlen an den Hochschulen des Landes Hessen
im Wintersemester 2006/2007 (Zulassungszahlenverordnung 2006/2007) vom 03.
Juli 2006 (GVBl. I S. 378) festgesetzten 432 Studienplätzen im Studiengang
Medizin nur ein weiterer Studienplatz zur Verfügung steht, der jedoch bereits
besetzt ist.
Rechtsgrundlage für die Ermittlung der Aufnahmekapazität und somit
Prüfungsmaßstab des Gerichts ist die Verordnung über die Kapazitätsermittlung,
die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen
(Kapazitätsverordnung - KapVO -) vom 10.01.1994 (GVBl. I S. 1) in der Fassung
der 4. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 20.06.2005 (GVBl.
I S. 532). Die jährliche Aufnahmekapazität eines Studiengangs ergibt sich aus
einer Teilung des verfügbaren Lehrangebots durch den Anteil am
Curricularnormwert, der auf die Lehreinheit entfällt, der der Studiengang
zugeordnet ist (§§ 6-13 KapVO). Dieses Ergebnis wird anhand der Kriterien der §§
14-19 KapVO überprüft. Dabei wird die Lehreinheit Vorklinische Medizin dem
vorklinischen Teil des Studiengangs zugeordnet (§ 7 Abs. 3 Satz KapVO).
Das bereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin umfasst
347,9596 Semesterwochenstunden (SWS)). Für die Berechnung des
Lehrangebotes in der Vorklinik sind alle Stellen des wissenschaftlichen
Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen, die der Lehreinheit Vorklinische
Medizin zugeordnet sind, nach Stellengruppen aufgeteilt zu berücksichtigen (§ 8
Abs. 1 KapVO). Der Lehrperson einer Stellengruppe ist wiederum eine im Rahmen
des Dienstrechtes festgesetzte Regellehrverpflichtung zugeordnet (§ 9 Abs. 1
KapVO). Es entspricht dem Wesen des in diesen Regelungen zum Ausdruck
kommenden Stellenprinzips, dass bei der Ermittlung des Lehrangebots einer
Lehreinheit nicht von der tatsächlichen Zahl der Lehrpersonen und ihrer jeweils
individuellen Lehrverpflichtung auszugehen ist, sondern von der Zahl der
Personalstellen und der auf diese Stellen entfallenden Lehrverpflichtung (vgl.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.02.1984 - BVerfGE 66, 155 (186 f)).
Diese Berechnungsmethode ist Ausdruck des normativen Charakters der
Kapazitätsermittlung und -festsetzung und hat aus der Sicht der Hochschule den
Vorteil, dass sie eine für diese unerwünschte Einzelreglementierung der
Lehrverpflichtungen erübrigt und es der Hochschule überlässt, wie sie hier im
einzelnen ihre Ausbildungsverpflichtungen gegenüber den zugelassenen
Studenten erfüllt. Auch für die Bewerber ist sie vorteilhaft; denn in der Regel wirkt
sie sich zulassungsfreundlich aus, da bei der Kapazitätsberechnung
unberücksichtigt bleibt, ob eine Stelle nicht oder unterbesetzt ist
(Bundesverfassungsgericht a. a. O.), es sei denn, dass die Stelle aus
haushaltsrechtlichen Gründen nicht besetzt werden kann (§ 8 Abs. 3 KapVO). In
der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichts wurden folgerichtig
als Stellen im Sinne des § 8 Abs. 1 KapVO alle Planstellen und alle Stellen für
Angestellte mit Aufgaben in der Lehre angesehen, die durch den jeweiligen
Haushaltsplan der Lehreinheit zugewiesen worden waren.
Nach der Auskunft der Antragsgegnerin in den das Wintersemester 2005/2006
betreffenden Verfahren (3 FM 2887/05.W (1) u.a.) gibt es seit der rechtlichen
Verselbständigung der Universitätsklinika in Hessen durch das Gesetz für die
hessischen Universitätskliniken (UniKlinG) vom 26.06.2000 (GVBl. I S. 344) und der
parallel durch das Hessische Hochschulgesetz vom 31.07.2000 (GVBl. I S. 374)
erfolgten haushaltsrechtlichen Eingliederungen des Fachbereichs Medizin in die
Antragsgegnerin keinen Stellenplan der Beamten und Angestellten für den
Fachbereich Medizin bzw. das Universitätsklinikum Frankfurt am Main mehr. Die in
den dortigen Verfahren übersandte Stellen- und Personalübersicht der Vorklinik sei
eine Fortschreibung des Stellenplanes dieser Einrichtungen gewesen. Den
Kapazitätsberechnungen in der Lehreinheit Vorklinische Medizin lagen in den
letzten Jahren folgende Stellenausstattungen zugrunde:
Wintersemester 1999/2000: 57 Stellen mit 348,0 SWS
Wintersemester 2000/2001: 57 Stellen mit 348,0 SWS
Wintersemester 2001/2002: 56 + 1 (fiktiv) Stellen mit 344 SWS
Wintersemester 2002/2003: 57 Stellen mit 340 SWS
Wintersemester 2002/2003: 57 Stellen mit 348 + 4 SWS
Wintersemester 2004/2005: 57 Stellen mit 344 + 12 SWS
Wintersemester 2005/2006: 58 Stellen mit 368 SWS.
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Diese Übersicht belegt, dass die Stellenausstattung der Vorklinischen Lehreinheit
seit vielen Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben ist und zwar
insbesondere auch im Vergleich mit einer Zeit, in der die Stellenausstattung der
Lehreinheit einem verbindlichen Stellenplan entsprach. Unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass es einen Anspruch der Studienbewerber auf Schaffung
weiterer Ausbildungsplätze jenseits der gegebenen Kapazitäten nicht gibt (Hess.
VGH, Beschluss vom 29.07.1993 - NVwZ-RR 1994, 92 m. w. N.), sondern dass sich
der Inhalt des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem
Sozialstaatsgebot auf den Zugang zu den vorhandenen universitären
Ausbildungseinrichtungen bzw. - bei einem Nachfrageüberhang - auf sachgerechte
Teilnahme an der Verteilung der vorhandenen Kapazität beschränkt, hat die
beschließende Kammer keine Bedenken, die auf dem nicht mehr verbindlichen,
aber von der Antragsgegnerin de facto fortgeführten Stellenplan beruhende
Stellenausstattung der Vorklinischen Lehreinheit zur Grundlage der
Kapazitätsberechnung zu machen.
Die Antragsgegnerin hat für den Berechnungszeitraum folgende
Stellenausstattung angegeben ( Zusammenfassung der Stellen- und
Personalübersicht der Vorklinik):
Stellenart Anzahl Deputat SWS
W3
W2
W1
C4
C2 Doz
C1
A13-A15
A13-A15(Z)
BAT(D)
BAT(Z)
Summe
Das Gericht legt für die Lehrverpflichtung der einzelnen Stellengruppen - die sich
aus der obigen Übersicht ergeben - die Deputate zugrunde, wie sie sich aus der
Verordnung über den Umfang der Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und
künstlerischen Personals an den Universitäten und Fachhochschulen des Landes
Hessen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO - vom 02. August 2006 (GVBl. I
S.471) ergeben. Diese LVVO ist am 01. Oktober 2006 in Kraft getreten (§ 8 LVVO),
gilt also für den hier zu beurteilenden Zeitraum. Die einzige nennenswerte
Änderung zur Situation im Wintersemester 2005/2006 - neben der teilweisen
Anpassung der C1 - C4-Stellen an die W-Besoldung - besteht in der Ausweisung
von zwei Stellen für akademische Rätinnen und Räte auf Zeit im Sinne des §73
HHG. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5 LVVO beträgt die Lehrverpflichtung an
Universitäten für akademische Rätinnen und Räte, Oberrätinnen und Oberräte im
Beamtenverhältnis auf Zeit 4 SWS. Dies betrifft zunächst im Zentrum der
Physiologie die Stelle von Frau M., die nach A 13 eingruppiert und bis zum
19.12.2008 befristet ist. Eine zweite Stelle für eine(n) akademische Rätin bzw. Rat
auf Zeit wurde im Zentrum der Morphologie geschaffen, diese ist allerdings mit
Frau G. besetzt, bei der es sich nicht um eine akademische Rätin auf Zeit handelt,
sondern um eine wissenschaftliche Mitarbeiterin nach BAT IIa, befristet bis zum
29.05.2009. Das Gericht hat jedoch keine Bedenken, auch für diese Stelle das
Lehrdeputat nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 LVVO anzusetzen, da diese Stelle -
ebenso wie die Stelle M. - dadurch entstand, dass zwei ehemalige C1-Stellen in
solche A13-Stellen für akademische Rätinnen und Räte auf Zeit umgewandelt
wurden. Da auch die ehemaligen C1-Stellen lediglich mit einem Lehrdeputat von 4
SWS in die Berechnung des Lehrangebotes einflossen, ist diese Umwandlung
kapazitätsrechtlich neutral und deshalb von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Soweit in der Berechnung des Lehrangebotes der Vorklinik (Anlage 3 zum
Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 21. November 2006)
eine Dekanin aufgeführt wird, spielt dies im vorliegenden Fall keine Rolle, weil
ausweislich der Berechnung insoweit 0,0 SWS in Abzug gebracht wurden. Im
übrigen wird der Dekan des Fachbereichs Medizin der Antragsgegnerin - Prof. Dr.
P. - in der Stellen- und Personalübersicht der Vorklinik nicht aufgeführt, so dass
auch in der Sache eine Deputatsreduzierung für die Wahrnehmung der Funktion
des Dekans nicht in Betracht gekommen wäre.
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Soweit von verschiedenen Antragstellern das Lehrdeputat von befristet
beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern von 4 SWS in Frage gestellt wird,
wenn diese wissenschaftlichen Mitarbeiter sich nicht wissenschaftlich fort- und
weiterbilden, vermag dem das beschließende Gericht nicht zu folgen. Dieser
Einwand ist schon deshalb unerheblich, weil die Kapazitätsverordnung in der hier
maßgeblichen Fassung nicht darauf abstellt, welche konkreten Leistungen eine
Lehrperson tatsächlich erbringt. Im Rahmen des oben dargelegten
pauschalierenden Ansatzes für die Berechnung des Lehrangebotes ist lediglich
entscheidend, wie viele Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter im befristeten
Angestelltenverhältnis haushaltsmäßig zur Verfügung stehen, ohne dass es darauf
ankommt, ob die auf den Stellen geführten wissenschaftlichen Mitarbeiter
tatsächlich Fort- und Weiterbildung betreiben (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom
03.03.1993 - Kk 12 G 4041/91 T-Juris-Rechtsprechung) . Dies gilt in gleichem Maße
für die von manchen Antragstellern angestellte Überlegung, dass die einem im
Drittmittelbereich forschenden Hochschullehrer zugeordneten wissenschaftlichen
Mitarbeiter überhaupt nicht in der Lage seien, zu einem Drittel Dienstleistungen für
die Forschung zu erbringen, so dass eine fiktive Erhöhung des Lehrdeputats der
befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter um 2 SWS angemessen und
verfassungsrechtlich geboten sei. Schließlich steht der oben dargelegte
pauschalierende Ansatz auch der Überlegung entgegen, dass eine Erhöhung der
Arbeitszeit im öffentlichen Dienst auch eine Erhöhung der Lehrdeputate anteilig
mit sich bringen müsse. Der in § 3 LVVO geregelte Umfang der Lehrverpflichtung
wird durch die für diesen Personenkreis geltenden Vorschriften über die Arbeitszeit
nicht berührt (§ 1 Satz 2 LVVO).
Das Lehrangebot erhöht sich gemäß § 10 KapVO durch die Lehrauftragsstunden,
die im Durchschnitt der beiden dem Berechnungsstichtag vorausgehenden
Semester der Lehreinheit Vorklinik für den Ausbildungsaufwand zur Verfügung
standen. Nach der Aufstellung der Antragsgegnerin im Schriftsatz ihres
Bevollmächtigten vom 14. Dezember 2006 betrugen die Lehraufträge
einschließlich der sogenannten Titellehre insgesamt 23,7 SWS. Das Lehrangebot
erhöht sich dadurch um 11,85 SWS.
Soweit antragstellerseits verschiedentlich die Auffassung vertreten wird, dass auch
Drittmittelbedienstete bei der Frage der Höhe des Lehrangebotes zu
berücksichtigen seien, wird dies von dem beschließenden Gericht nicht geteilt. Aus
Mitteln Dritter bezahlte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an Forschungsvorhaben,
die in der Hochschule durchgeführt werden (§ 25 Abs. 5 Satz 1 HRG; § 37 HHG) -
sogenannte Drittmittelbedienstete - gehören zunächst nicht zum Kreis des
wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrpersonals und der sonstigen
Lehrpersonen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO, weil sie ausschließlich im
Rahmen eines bestimmten Forschungsvorhabens tätig sind, ausschließlich hierfür
vom Drittmittelgeber bezahlt werden und keine Lehrverpflichtung haben. Sie sind
daher nicht eigenverantwortlich für die Dauer eines Semesters mit einer
Lehraufgabe betraut (vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 03.05.2004 - 2 N
826/03; Hess. VGH , Beschluss vom 11.05.2005 - 8 MM 4492/04.W4 jeweils m. w.
N.). Anhaltspunkte dafür, dass die bei der Antragsgegnerin beschäftigten
Drittmittelbediensteten außerhalb der mit Drittmitteln bezahlten Tätigkeit
Lehraufgaben tatsächlich übernommen hätten (§ 10 KapVO) sind nicht ersichtlich.
Dies gilt in gleichem Maße für den tatsächlichen Einsatz bereits emeritierter
Hochschullehrer.
Das so ermittelte Lehrangebot ist gemäß § 11 Abs. 1 KapVO um die
Dienstleistungen zu reduzieren, die die Lehreinheit für ihr nicht zugeordnete
Studiengänge zu erbringen hat. Zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen
sind Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen,
die allerdings im Interesse einer erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität
um den Schwund zu bereinigen sind (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.09.1984 -
KMK-HSchR 1985, 259 (268)). Die Ist-Anfängerzahl im Wintersemester 2005/2006
im Studiengang Zahnmedizin betrug 100, der Schwundfaktor 0,7517. Daraus
errechnet sich eine um den Schwund bereinigte Anfängerzahl von 75,17. Halbiert
man diese Zahl und multipliziert sie mit dem CNW-Anteil von 0,8667, so ergibt sich
ein Wert von 32,57 SWS. Allerdings sind nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.12.1982 a. a. O.) und des Hess. VGH
(Beschluss vom 10.08.1992 - Fa 11G 117/91 T - Juris-Rechtsprechung) diejenigen
Studierenden abzuziehen, die wegen eines Studiums der Humanmedizin den
Dienstleistungsexport, den die Lehreinheit Vorklinik für die Lehreinheit
Zahnmedizin erbringt, nicht in Anspruch nehmen. Die Antragsgegnerin hat im
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Zahnmedizin erbringt, nicht in Anspruch nehmen. Die Antragsgegnerin hat im
Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.12.2006 (Bl. 207 GA) mitgeteilt, dass
von den im Wintersemester 2006/2007 eingeschriebenen 623 Studierenden der
Zahnmedizin 2 Studierende einen Abschluss im Studiengang Humanmedizin
nachgewiesen haben. Ein weiterer Studierender verfügt über das Physikum und ein
Studierender hat den 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung bestanden. Weitere 9
Studierende des Studiengangs Humanmedizin sind zugleich im Studiengang
Zahnmedizin eingeschrieben, so dass 13 Studierende des Studiengangs
Zahnmedizin den Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinik nicht in Anspruch
nehmen. Dies entspricht einem Anteil von 2,08668%. Reduziert man den
Dienstleistungsexport entsprechend, so errechnet sich ein Dienstleistungsexport
von 31,8904 SWS. Soweit von Antragstellerseite unter Bezugnahme auf einen
Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 11. Oktober 2006 - OVG 5 NC 30.06 -
sinngemäß geltend gemacht wird, dass bei der Berechnung des Bedarfs an
Dienstleistungen nicht die vom zuständigen Gericht festgestellte Kapazität an
Studienplätzen, sondern die tatsächlich vergebenen Studienplätze maßgeblich
seien, geht dies im vorliegenden Fall ins Leere. Wie oben ausgeführt, ist die
Antragsgegnerin bei der Berechnung des Dienstleistungsexportes von der in der
Zulassungszahlenverordnung 2005/2006 vom 08.07.2005 (GVBl. I Seite 533)
festgesetzten Zulassungszahl von 100 Studienanfängern ausgegangen und nicht
von der gerichtlicherseits festgestellten deutlich höheren Kapazität.
Das bereinigte Lehrangebot beträgt demnach 347,9596 SWS (368 + 11,85 -
31,8904 SWS).
Die jährliche Aufnahmekapazität errechnet sich aus der Multiplikation dieses
bereinigten Lehrangebotes mit 2 und der Division durch den gewichteten
Curricularanteil. Dieser Wert beträgt - wie im Wintersemester 2005/2006 - 1,7554.
Im einzelnen setzt sich der CNW-Anteil der Vorklinik aus folgenden Anteilen
zusammen:
Physiologie
0,4361
Anatomie
0,6830
Biochemie
0,4361
Med.-Psych./Med.-Soz.
0,1528
Berufsfelderkundung (Anteil Vorklinik) 0,0224
Wahlfach
0,0250
Summe
1,7554
Soweit von Antragstellern in diesem Zusammenhang vorgetragen wird, dass bei
einer anerkannten Semesterdauer von 14 Semesterwochen einerseits und einer
Dauer der durch die 7. Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für
Ärzte vom 21. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2549) eingeführten, auf 12
Semesterwochen konzipierten Seminare die CNW-Anteile für diese Seminare im
Verhältnis 12 : 14 zu kürzen seien, vermag dem das beschließende Gericht nicht
zu folgen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in der Vergangenheit
(Beschluss vom 10.08.1992 - Fa 11 G 117/91 T -; Beschluss vom 01. April 1993 -
Ga 22 G 5642/92 T -; Beschluss vom 10.03.1994 - 3 GA 23024/93 NC - jeweils Juris
Rechtsprechung) wiederholt darauf hingewiesen, dass dem Verordnungsgeber
unterstellt werden könne, dass er sich auch bei der 7. Verordnung zur Änderung
der Approbationsordnung für Ärzte an den tatsächlichen Verhältnissen der
Hochschulen orientiert habe und die Mindeststundenzahl der Seminare so gewählt
habe, dass sich die entsprechenden Lehrveranstaltungen zweckentsprechend in
die Studienordnungen integrieren ließen. Darüber hinaus sei davon auszugehen,
dass sich der Verordnungsgeber bei der Festsetzung der Mindeststundenzahlen
nicht an der durchschnittlichen Semesterdauer orientiert habe, sondern an dem
Zeitmaß, welches sich im Winter- wie im Sommersemester gleichermaßen
gewährleisten lasse, um eine regelmäßige und erfolgreiche Teilnahme aller
Seminarteilnehmer in dem vorgeschriebenen Umfang zu ermöglichen.
Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem Ausfall des
Seminars infolge von Feiertagen, Erkrankungen von Lehrkräften bzw. Studenten
und sonstiger gelegentlicher Hindernisse anderer Art die betroffenen Studierenden
die notwendigen Teilnahmenachweise nicht erhalten könnten, obwohl sie nur
einmal gefehlt hätten. Es liege deshalb auf der Hand, dass hier eine
Mindeststundenzahl festgesetzt worden sei, die sich nicht an der
durchschnittlichen Semesterdauer orientiert habe. Dem folgt das beschließende
Gericht.
Hiernach ergibt sich rechnerisch eine Jahresaufnahmekapazität von 396,44479
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Hiernach ergibt sich rechnerisch eine Jahresaufnahmekapazität von 396,44479
Studierenden (347,9596 x 2 : 1,7554).
Dieses Ergebnis ist nach den Vorschriften des 3. Abschnitts der KapVO zu
überprüfen. Gemäß § 14 Abs. 3 Ziff. 3 i. V. m. § 16 KapVO ist die Zahl der
Studienanfänger zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen der Aufgabe des
Studiums oder eines Fachwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren
Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Der
Schwundfaktor beträgt 0,9159 (Anlage 5 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom
21.11.2005).
Dividiert man die Jahresaufnahmekapazität von 396,44479 Studierenden durch die
Schwundquote von 0,9159, so errechnet sich eine Aufnahmekapazität von
432,84724, gerundet also 433 Studienplätzen.
Da bei der Antragsgegnerin ausweislich der Studierenden-Bestandsstatistik, die
nach Beginn der Vorlesungszeit erhoben wurde, im 1. Fachsemester tatsächlich
433 Studienplätze besetzt waren -in der ursprünglich 434 Studierende
aufweisenden Liste der Antragsgegnerin war versehentlich eine Person als doppelt
immatrikuliert aufgeführt -, sind keine Studienplätze mehr zu vergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 GKG und berücksichtigt, dass
das vorliegende Verfahren die Hauptsache weitgehend vorwegnimmt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.