Urteil des VG Düsseldorf vom 14.05.2004

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 13 K 7293/02
Datum:
14.05.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 7293/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
Tatbestand:
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Die 1957 geborene Klägerin steht seit langem im laufenden Hilfebezug der Beklagten.
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Am 3. Juli 2002 beantragte sie eine einmalige Beihilfe für die Renovierung ihrer
Wohnung Spfad 0 in W, insbesondere für das Tapezieren und Streichen aller Räume
sowie das Streichen aller Türen und Türrahmen. Hierzu führte sie aus: Für das
Tapezieren werde eine Fachkraft benötigt; das Anstreichen könne jemand aus dem
Bekanntenkreis erledigen. Ein Hausbesuch durch einen Außendienstmitarbeiter solle
erst dann erfolgen, wenn sie sich telefonisch melde.
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Nachdem sich die Klägerin zwischen dem 10. und 13. August 2002 mit der Bitte um
Besichtigung durch den Außendienst bei der Beklagten gemeldet hatte, fand dieser
Hausbesuch am 15. August 2002 statt. Der Außendienstmitarbeiter der Beklagten kam
in einem Vermerk vom 20. August 2002 zu dem Ergebnis, dass für die notwendige
Renovierung Material in bestimmtem Umfang erforderlich sei, und listete dies auf.
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Mit Schreiben vom selben Tage reichte die Klägerin Kostenvoranschläge von zwei
Malerfachbetrieben ein, die sich auf die gesamten Arbeiten für die Renovierung
(Tapezieren und Streichen aller Räume; Lackieren von Heizkörpern sowie Türen und
Türrahmen) bezogen und hierfür Gesamtbeträge von 1.856,00 Euro bzw. 2.098,60 Euro
(letzterer Betrag zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer) in Anschlag brachten. In diesem
Schreiben kündigte sie zugleich die Einreichung weiterer Kostenvoranschläge an.
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Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 8. September 2002, in dessen Betreff sie eine
mündliche Ablehnung der Beklagten vom 30. August 2002 aufführte, um einen
schriftlichen Bescheid gebeten hatte, weil sie die Arbeiten nicht selbst vornehmen
könne, ihr dies nicht zuzumuten sei und sie auch niemanden im Bekanntenkreis habe,
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der die Arbeiten vornehmen könne, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober
2002 den Antrag in Bezug auf die Übernahme der Kosten für die Durchführung der
Arbeiten durch eine Fachfirma ab: Bei notwendiger Wohnungsrenovierung seien in der
Regel nur die Materialkosten zu übernehmen, da die Durchführung der Arbeiten dem
Hilfeempfänger selbst zumutbar sei. Da es für die Durchführung von Tapezier- und
Anstreicharbeiten keiner besonderen Fertigkeiten oder Kenntnisse bedürfe, sei es ihr
zumutbar, sich die erforderlichen Fähigkeiten anzueignen; dies sei auch in
Bevölkerungskreisen unterer Lohngruppen üblich. Die erforderlichen Materialkosten
könnten hingegen bewilligt werden.
Mit ihrem am 18. Oktober 2002 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch macht
die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr das Durchführen der Arbeiten „als Frau"
nicht zumutbar und sie nicht sicher auf einer Leiter, sei sowie dass ihr die erforderlichen
Kenntnisse fehlen würden. Sie räumte zugleich ein, zum Streichen von Türen und
Rahmen eventuell in der Lage zu sein.
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Im Widerspruchsverfahren forderte sowohl die Beklagte als auch die
Widerspruchsbehörde die Klägerin auf, Nachweise über die von ihr angeführten
gesundheitlichen Gründe einzureichen. Mit Bescheid vom 10. April 2003 wies der
Landrat des Kreises W den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung
über die Gründe des Ablehnungsbescheides hinausgehend im Wesentlichen aus: Aus
der Rechtsprechung ergebe sich, dass die Kosten der Renovierung nur insoweit vom
Sozialhilfeträger zu übernehmen seien, als sich der Hilfe Suchende nicht selbst helfen
könne. Da sie keine entsprechenden ärztlichen Atteste eingereicht habe, sei davon
auszugehen, dass sie gesundheitlich dazu in der Lage sei, die Renovierungsarbeiten
selbst durchzuführen. Soweit sie die entsprechenden Fertigkeiten nicht habe, könne sie
sich diese aneignen, da es sich nicht um besonders anspruchsvolle Tätigkeiten
handele.
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Die Klägerin hat schon am 12. Oktober 2002 Klage erhoben, mit der sie ihr auf
Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Wohnungsrenovierung einschließlich der
Maler- und Tapezierarbeiten gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt
sie in Ergänzung ihres Vortrags im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen aus: Sie
habe - im Gegensatz zu dem Antrag vom 3. Juli 2002, wie die Beklagte diesen
festgehalten habe - keinen Bekannten, der die Arbeiten erledigen könne. Auch sie
empfinde die eingereichten Kostenvoranschläge als zu hoch, habe bis jetzt jedoch noch
keinen preiswerteren Anbieter gefunden.
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Die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin beantragt sinngemäß,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Landrats des Kreises W vom 10. April 2003 zu
verpflichten, über das für die Renovierung ihrer Wohnung Spfad 0 in W erforderliche
Material hinaus die Kosten für die Durchführung der Tapezier-, Streich- und
Lackierarbeiten in allen Räumen nebst Türen, Türrahmen und Heizkörpern durch einen
Malerfachbetrieb aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält die Klage bereits für unzulässig: Der Erlass des Ablehnungsbescheides habe
sich mit der Klageerhebung überschnitten. Die Klägerin habe den Erlass des begehrten
Verwaltungsaktes nicht abgewartet und das Widerspruchsverfahren vor Klageerhebung
nicht durchgeführt. Zudem habe sich das Verfahren auch deshalb als schwierig
gestaltet, weil die Klägerin den Hausbesuch verzögert und angekündigte
Kostenvoranschläge nicht eingereicht habe. Im Übrigen nimmt sie auf ihren
angegriffenen Bescheid Bezug.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte,
die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den Widerspruchsvorgang
des Landrats des Kreises W Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz
des Ausbleibens der Klägerin entscheiden, da die Beteiligten mit der Ladung auf diese
Möglichkeit hingewiesen worden sind.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf Übernahme
der Kosten der Renovierung durch einen Malerfachbetrieb aus Sozialhilfemitteln, § 113
Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Der geltend gemachte Anspruch kann allein auf §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1,
21 Abs. 1a Nr. 5 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gestützt werden. Die
Voraussetzungen eines solchen Anspruchs liegen jedoch nicht vor.
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Nach § 21 Abs. 1a Nr. 5 BSHG werden einmalige Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt insbesondere zur Instandhaltung der Wohnung gewährt. Hilfe zum
Lebensunterhalt ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG dem zu gewähren, der seinen
notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und
Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Gemäß §
12 Abs. 1 Satz 1 BSHG umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. die Unterkunft.
Neben den laufenden Unterkunftskosten können hierzu auch Aufwendungen für
angemessene und notwendige „Schönheitsreparaturen" zählen,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - V C 39.76 -, FEVS 28, 353; OVG NRW,
Beschluss vom 23. Juli 1992 - 8 E 718/92 -, FEVS 44, 55; VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 4. November 1992 - 6 S 2220/92 -, VBlBW 1993, 229, und Urteil vom 7.
August 1996 - 6 S 763/96 -, FEVS 47, 211.
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Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn Renovierungsarbeiten geboten sind,
um die Wohnung in einem ordentlichen Zustand zu halten, oder jedenfalls dann, wenn
sie nach dem Mietvertrag dem Mieter zur Last fallen,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 1992 - 5 C 26/88 -, BVerwGE 90, 160; OVG NRW,
Urteile vom 21. September 1990 - 24 A 727/87 -, FEVS 41, 148, und - 24 A 1075/87 -,
NVwZ-RR 1992, 30; OVG Berlin, Beschluss vom 19. März 1984 - 6 S 2/84 -, NDV 1986,
407; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., 2002, § 12 Rn. 17.
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Schönheitsreparaturen, die dem Mieter obliegen, fallen auch unter die Leistungen zur
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Instandhaltung der Wohnung im Sinne von § 21 Abs. 1a Nr. 5 BSHG,
vgl. Schellhorn/Schellhorn, a.a.O., § 21 Rn. 7g.
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Es ist davon auszugehen, dass die Renovierung der Wohnung der Klägerin, in die diese
nach ihren Angaben im Jahr 1997 in Bezug auf die nunmehr beabsichtigten
Erneuerungen unrenoviert eingezogen ist, und in der seitdem auch keine
Schönheitsreparaturen mehr durchgeführt worden sind, im Grundsatz zu ihrem
notwendigen Lebensunterhalt gehört. Es besteht kein Anlass zu Zweifeln an ihren
hierauf bezogenen Angaben. Auch die Beklagte stellt die Notwendigkeit der
Renovierung nicht in Frage, wie sich ihrem Vermerk über den Hausbesuch am 15.
August 2002 („notwendige Renovierung") und ihrem Bescheid vom 15. Oktober 2002
entnehmen lässt, in dem neben der hier angegriffenen Ablehnung der Kosten einer
Fachfirma die Übernahme der Materialkosten in Aussicht gestellt wird. Nach § 2 Abs. 5
lit. a des Mietvertrages der Klägerin vom 5. März 1997 sind vom Mieter nach Maßgabe
der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) und der Hausordnung die
Schönheitsreparaturen auszuführen, so daß die Klägerin zur Durchführung der in Rede
stehenden Renovierung verpflichtet ist. Diese erstrecken sich nach Ziff. 4 Abs. 2 Satz 2
AVB auf das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken, das
Streichen der Fußböden und den Innenanstrich der Fenster, das Streichen der Türen
und der Außentüren von innen sowie der Heizkörper einschließlich der Heizungsrohre.
Nach Ziff. 4 Abs. 2 Satz 3 AVB sind die Renovierungen in Küchen, Bädern und
Duschen alle drei Jahre und in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten
alle fünf Jahre auszuführen. Da diese Fristen seit dem Einzug der Klägerin am 5. März
1997 schon bei Antragstellung im Juli 2002 verstrichen waren, ist sie seitdem zur
Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet.
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Auch wenn die Renovierung als solche zu ihrem notwendigen Lebensunterhalt gemäß
§ 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG gehört, sind die Kosten der Durchführung der Renovierung
durch einen Malerfachbetrieb nicht von der Beklagten zu übernehmen.
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Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 BSHG, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich selbst
helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von Anderen erhält. Solche Selbsthilfe
durch Inanspruchnahme der Hilfe Dritter oder Einsatz der eigenen Arbeitskraft ist der
Klägerin auch zuzumuten. Denn die Sozialhilfe dient gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG
dem Zweck, dem Hilfeempfänger die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der
Würde des Menschen entspricht. Bei der Feststellung, was hierzu gehört, ist zu
berücksichtigen, dass dem Hilfeempfänger ein Leben in der Umgebung von
Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese ermöglicht werden soll. Hierbei sind auch die
jeweiligen Lebensgewohnheiten und Erfahrungen der Bevölkerung, insbesondere der
Gruppen mit Einkommen und Vermögen im unteren Bereich, zu berücksichtigen.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1997 - 5 C 7.95 -, FEVS 48, 337 (343), und
vom 21. Januar 1993 - 5 C 34.92 -, BVerwGE 92, 6 (7 f.); OVG Lüneburg, Beschluss vom
3. Mai 1988 - 4 B 146/88 -, FEVS 38, 112.
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Unter Berücksichtigung des in § 2 Abs. 1 BSHG geregelten Nachranges der Sozialhilfe
und der Orientierung des nach dem BSHG „notwendigen" Lebensunterhalts an den
unteren Einkommensgruppen ist anerkannt, dass Kosten der Wohnungsrenovierung nur
insoweit zu übernehmen sind, als sich der Hilfe Suchende nicht selbst helfen kann,
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OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 1992, a. a. O.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai
1991 - 22 K 2112/90 -, info also 1992, 27 (28); VG Braunschweig, Urteil vom 20. Februar
1997 - 4 A 4254/96 -, ZfF 1997, 274; VG Hamburg, Entscheidung vom 10. Februar 2000
- 8 VG 401/00 - (juris).
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In Bevölkerungskreisen unterer Einkommensgruppen, insbesondere in solchen, die nur
über ein knapp über dem Sozialhilfebedarf liegendes Einkommen verfügen, ist es
üblich, innerhalb der Wohnung Renovierungsarbeiten selbst durchzuführen und sich die
hierfür notwendigen Kenntnisse anzueignen,
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vgl. VG Düsseldorf, a. a. O., S. 29; VG Hamburg, a. a. O.; VG Braunschweig, a. a. O.
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Deshalb muss auch von Sozialhilfeempfängern (und deren Angehörigen) - wenn nicht
auf die unentgeltliche Hilfe Dritter zurückgegriffen werden kann - erwartet werden, dass
sie die notwendigen Fertigkeiten jedenfalls in so wesentlichen Teilbereichen wie
Tapezieren und Anstreichen erlernen,
34
vgl. VG Düsseldorf, a. a. O.; VG Hamburg, a. a. O.
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Es spricht bereits Viel dafür, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch schon
deshalb nicht zusteht, weil es ihr möglich ist, auf die unentgeltliche Hilfe Dritter
zuzugreifen. Sie hat auf die hierauf gerichtete Nachfrage mit der Ladung zur mündlichen
Verhandlung nicht konkret dargelegt, dass weder ihre Tochter noch sonstige
Angehörige, Freunde oder Bekannte bereit und in der Lage sind, ihr bei den
Schönheitsreparaturen zu helfen. Im Hinblick auf ihre Tochter hat sie im Schriftsatz vom
20. April 2004 lediglich angegeben, diese lebe nicht mehr in ihrem Haushalt. Dafür,
dass sie nicht völlig ohne soziale Kontakte in W ist, spricht auch schon ihre Angabe im
Antrag vom 3. Juli 2002, eine ihr bekannte Person (unabhängig von deren Geschlecht
oder dem Widerspruch in der Formulierung „eine Bekannten") könne das Streichen der
Räume erledigen. Da sie schon seit 1997 in ihrer jetzigen Wohnung - und zumindest ab
diesem Zeitpunkt in W - lebt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie dort zumindest lockere
Bekannte hat, die bereit sind, ihr bei den Renovierungsarbeiten zu helfen. Diese Frage
kann letztlich im Hinblick auf die nachstehenden Ausführungen offen bleiben.
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Jedenfalls ist ein Anspruch der Klägerin auf das Begehrte ausgeschlossen, weil sie in
der Lage ist, sich durch Einsatz ihrer eigenen Arbeitskraft selbst zu helfen.
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Nach der oben dargestellten Rechtsprechung zur Selbsthilfe bei der Durchführung von
Schönheitsreparaturen kann der Hilfeempfänger nur dann nicht darauf verwiesen
werden, die Arbeiten in eigener Person durchzuführen, wenn er dazu gesundheitlich
oder aus anderen Gründen nicht in der Lage ist,
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vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 1992, a. a. O., S. 56; VG Düsseldorf, a. a.
O., S. 28 f.; VG Braunschweig, a. a. O.
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Eine Verweisung der Klägerin auf die eigene Durchführung der Schönheitsreparaturen
ist nicht bereits nach ihrem Mietvertrag ausgeschlossen. Es ist dort insbesondere nicht
geregelt, dass die Schönheitsreparaturen nur durch einen Fachmann ausgeführt werden
dürften. Auch wenn ihre aus § 2 Abs. 5 lit. a des Mietvertrages folgende Verpflichtung
zur Durchführung der Schönheitsreparaturen durch Ziff. 4 Abs. 2 Satz 1 AVB
dahingehend konkretisiert wird, dass die Arbeiten „fachgerecht" auszuführen sind, so
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schließt dies nicht aus, dass sie die Arbeiten selbst durchführt. Zu solchen Klauseln in
Mietverträgen ist anerkannt, dass diese Eigenleistungen des Mieters nicht
ausschließen, da Schönheitsreparaturen stets in mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB) erbracht werden müssen.
Vgl. BGH, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 6. Juli 1988 - VIII ARZ 1/88 -, BGHZ 105,
71 m. w. N.; VG Braunschweig, a. a. O., S. 275.
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Der Vortrag der Klägerin, sie könne die Arbeiten nicht durchführen, weil sie nicht sicher
auf einer Leiter sei, steht ihrer Verweisung auf die Selbsthilfe nicht entgegen. Zum einen
ist überhaupt nicht ersichtlich, dass bei den Renovierungsarbeiten die Nutzung einer
Leiter erforderlich ist. In den meisten Wohnungen ist ein Anstreichen der Wände und
Decken wegen der üblichen Deckenhöhe ohne Besteigen einer Leiter möglich, wenn
hierzu sog. Teleskopstangen verwendet werden. Auch wenn dies für das Tapezieren
anders sein mag, so hat die Klägerin jedoch nicht konkret dargelegt (und nicht
ansatzweise belegt), dass ihre Unsicherheit auf einer Leiter über dasjenige
unangenehme Gefühl hinausgeht, welches Viele spüren, wenn sie sich auf eine Leiter
begeben. Eine gesundheitliche Einschränkung als Grund ihrer Unsicherheit
(Höhenangst, Störungen des Gleichgewichtssinnes o.ä.) hat sie nicht dargelegt und
Bescheinigungen hierüber auch weder auf die Anforderungen der Beklagten und der
Widerspruchsbehörde noch auf die Nachfrage des Gerichts vorgelegt. Relevante
gesundheitliche oder aus ihrem Lebensalter folgende Einschränkungen sind auch sonst
nicht ersichtlich.
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Die Renovierungsarbeiten, die hier in Rede stehen, sind entgegen der Auffassung der
Klägerin ihrer Art nach Frauen generell zumutbar und gehen auch nicht über ein Frauen
zumutbares Maß körperlicher Arbeit hinaus.
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Auch der Einwand der Klägerin, sie „könne das nicht" - verfüge also nicht über die
erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten -, greift nicht durch. In Bezug auf alle für die
Schönheitsreparaturen erforderlichen Arbeiten ist davon auszugehen, dass es sich um
Tätigkeiten handelt, die kein besonderes handwerkliches Geschick erfordern, und die
auch von einem Nichtfachmann erlernt und sodann durchgeführt werden können,
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vgl. insofern OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 1992, a. a. O., S. 56; VG Düsseldorf, a.
a. O., S. 29; VG Braunschweig, a. a. O.
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Dies belegt gerade der Umstand, dass in den als Vergleichsmaßstab relevanten
Bevölkerungskreisen unterer Einkommensschichten diese Arbeiten regelmäßig selbst
durchgeführt werden. Zudem gibt es in fast jedem Baumarkt kostenlos zu erhaltende
Arbeitsanleitungen für Streichen, Tapezieren und Lackieren, die verdeutlichen, dass
jeder Laie zur Durchführung dieser Arbeiten in der Lage ist, wenn er dazu bereit ist und
sich genügend Mühe gibt.
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Vgl. VG Braunschweig, a. a. O., S. 275; VG Hamburg, a. a. O.
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Dass auch die Klägerin sich nicht vollständig als in handwerklichen Dingen ungeschickt
ansieht, wird dadurch verdeutlicht, dass sie in ihrem Widerspruch vom 17. Oktober 2002
eingeräumt hat, Türen und (Tür-) Rahmen eventuell streichen zu können. Für diese
Arbeiten entfällt ein Anspruch auf Kostenübernahme wegen ihr zumutbarer Selbsthilfe
deshalb schon nach ihren eigenen Angaben. Für die übrigen Renovierungsarbeiten gilt
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Folgendes: Hat jemand diese Arbeiten noch niemals durchgeführt, besteht regelmäßig
eine nachvollziehbare Zurückhaltung. Jedoch ist das theoretische Wissen über
notwendige Materialien und Hilfsmittel sowie die erforderlichen Arbeitsvorgänge und -
abläufe ohne besondere Probleme (bei erfahrenen Bekannten, Mitarbeitern von Bau-
und Heimwerkermärkten, über entsprechende bereits erwähnte an Laien gerichtete
Kurzanleitungen oder auch ausführliche Ratgeber-Bücher für Heimwerker) zu erlangen.
Die praktische Seite ist eine Sache der Übung und vor allem der inneren Bereitschaft,
das Unbekannte zu versuchen und etwas Neues zu erlernen. Sollten erste Versuche
nicht gut gelingen, folgen daraus keine irreparablen Schäden, und es kann in weiteren
Versuchen die gewonnene Erfahrung zur Erzielung besserer Ergebnisse verwandt
werden. Ein hieraus erwachsender höherer Bedarf an Material ist gegebenenfalls vom
Sozialhilfeträger, der die Hilfeempfängerin auf die Selbsthilfe verweist, zu übernehmen.
Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass der Faktor Zeit, der für (voll) Erwerbstätige ein
Hinderungsgrund sein kann, sich zeitaufwändig in neue Tätigkeiten einzuarbeiten, bei
Hilfeempfängern in vielen Fällen - und so auch im Fall der Klägerin, die nach Aktenlage
seit Juli 2003 arbeitssuchend gemeldet ist und soweit ersichtlich derzeit keiner
Beschäftigung nachgeht - eine geringere oder keine Rolle spielt,
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vgl. VG Düsseldorf, a.a.O., VG Braunschweig, a. a. O., S. 275.
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Für die Kammer sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es der Klägerin auf Grund
spezieller vom Typischen abweichender Umstände nicht möglich wäre, sich die für die
Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten
anzueignen. Sie hat die Gelegenheit, in der mündlichen Verhandlung solche Umstände
vorzubringen, nicht genutzt. Zugleich lässt sich den Verwaltungsvorgängen und dem
Verfahren 13 K 5548/02 entnehmen, dass die Klägerin bereit ist, Neues zu erlernen, und
sich um Fortbildung in vielen Bereichen bemüht. Dies zeigt, dass ihre geistigen
Fähigkeiten ihr das Erfassen und Verstehen neuer Zusammenhänge ermöglichen, was
dafür spricht, dass sie auch im handwerklichen Bereich Neues erlernen kann. Wenn sie
die innere Bereitschaft an den Tag legt, sich dieser (für sie) neuen Herausforderung zu
stellen, und sich innerhalb der ihr ausreichend zur Verfügung stehenden Zeit mit
hinreichender Hartnäckigkeit dem Erlernen der für die Renovierung erforderlichen
Arbeiten widmet, ist nicht erkennbar, dass ihr dies nicht möglich sein sollte. Für das
Lackieren der Heizkörper gilt dies in besonderer Weise deshalb, weil die Klägerin
eingeräumt hat, zum Streichen von Türen und Türrahmen eventuell in der Lage zu sein.
Das Lackieren von Türen und deren Rahmen erfordert aber im Wesentlichen die
gleichen Arbeitsgänge wie dasjenige von Heizkörpern.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2, 1. Halbs. VwGO.
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