Urteil des VG Cottbus vom 13.03.2017

VG Cottbus: gefährliche stoffe, verbrennung, dänemark, vorrang, entsorgung, abgrenzung, firma, abfallverwertung, eugh, verordnung

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Gericht:
VG Cottbus 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 1673/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 6 SAbfEV BB, § 3 Abs 1
S 2 KrW-/AbfG
Sonderabfall; Andienungspflicht
Leitsatz
Nach der Sonderabfallentsorgungsverordnung des Landes Brandenburg besteht keine
Andienungspflicht für Abfälle, die aus dem Bundesgebiet verbracht werden sollen. Dies gilt
auch dann, wenn diese Abfälle im Bundesgebiet mit anderen Abfällen vermischt werden, ohne
dass der Verwertungs- und Beseitigungsvorgang dadurch abgeschlossen ist.
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass für den von der Klägerin angedienten
Abfall mit der Bezeichnung 120118 (Schleifschlämme, ölhaltig) hinsichtlich des
vorgesehenen Entsorgungsweges über die Behandlungsanlage der Firma ... GmbH & Co.
KG zur Sonderverbrennungsanlage Nyborg (Dänemark) eine Andienungspflicht nicht
besteht.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden,
wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Auf entsprechendem Vordruck, eingegangen bei der Beklagten am 28. Januar 2004,
leitete die Klägerin das Andienungsverfahren für die Entsorgung von Abfall zu der
Entsorgungsanlage der Firma ... GmbH & Co. KG ein. Nach der unter dem 02. Februar
2004 eingereichten verantwortlichen Erklärung (VE) handelt es sich um
Schleifschlämme, ölhaltig, Abfallschlüssel 120118, wobei diese nach dem
Entsorgungsnachweis aus Brandenburg stammen sollen. Beigefügt wurde eine
Deklarationsanalyse, auf Blatt 5 bis 14 der Verwaltungsvorgänge wird insoweit Bezug
genommen. Im Zusammenhang mit dem vorgelegten Entsorgungsnachweis reichte die
Klägerin weiter einen Schriftsatz der Firma ... GmbH & Co. KG vom 07. Januar 2004 ein,
worin ausgeführt wurde, dass die anzuliefernden ölhaltigen Metallschlämme in der
Bremer Anlage durch Zugabe von Polyurethanmehl konfektioniert würden, um so ein
schutt- und transportfähiges Abfallgut zu erhalten und die thermische Verwertung bei
der Kommunekemi A/S in Nyborg, Dänemark, stattfinde. Diese Anlage werde als
Verwertungsanlage eingestuft.
Mit Bescheid vom 28. Mai 2004 wies die Beklagte den Abfall mit dem Abfallschlüssel
120118 und der Bezeichnung ölhaltige Metallschlämme gemäß § 6 Abs. 1 SAbfEV
zurück. Zur Begründung führte sie aus, es liege kein Abfall zur Verwertung vor. Nach § 6
Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) sei eine der notwendigen
Voraussetzungen für eine energetische Verwertung, dass der Heizwert des einzelnen
Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 kj/kg betrage.
Dieser Wert sei nicht nachgewiesen. Das Erreichen dieses Kriteriums sei auch nicht
wahrscheinlich. Energielieferant seien hauptsächlich die Ölanhaftungen, diese würden
allerdings nur 1,3 % des Abfalls (Schleifschlämme) betragen. Auch werde bei der
Entsorgungsanlage in Dänemark der Abfall nicht als Ersatz eines Regelbrennstoffs
verwandt. Mit Blick auf § 3 Abs. 6 SAbfEV sei festzustellen, dass in der
Entsorgungsanlage in Bremen, die dort durchgeführte Vermischung für sich weder eine
stoffliche noch eine energetische Verwertung darstelle. Ferner sei der Vorrang der
stofflichen Verwertung gem. § 5 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG beachtlich. Die
Möglichkeit einer stofflichen Verwertung sei nicht nachgewiesen worden. Stoffliche und
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Möglichkeit einer stofflichen Verwertung sei nicht nachgewiesen worden. Stoffliche und
thermische Verwertung seien nicht gleichgestellt, Vorrang habe die umweltverträglichere
Verwertungsart. Bei einer Beseitigung des Abfalls sei der Vorrang der Beseitigung im
Entsorgungsraum Brandenburg/Berlin zu beachten. Insoweit sei ein Angebot der
Brandenburger Sonderabfallverbrennungsanlagen nicht beigebracht worden. Gegen den
am 28. Mai 2004 eingegangen Zurückweisungsbescheid legte die Klägerin am 17. Juni
2004 Widerspruch ein.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass
sich mittlerweile zwei neue Entsorgungsmöglichkeiten ergeben hätten, die hinsichtlich
der Entsorgungskosten, der Transportwege und einer möglichen Verwertung (in
Abhängigkeit vom Eisengehalt des Abfalls) eine vorteilhafte Alternative zu dem bisher
verfolgten Entsorgungswege darstelle. Mit Schreiben vom 24. September 2004 erklärte
die Klägerin, am Widerspruch festzuhalten und verwies insbesondere darauf, dass es
sich hier um einen grenzüberschreitenden Transport von Abfall handele. Auch sei die
Anschlussentsorgung ausschlaggebend. Sie beantragte, festzustellen, dass der Abfall
nicht der Andienungspflicht unterliege.
Mit Bescheid vom 18. November 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der
Begründung zurück, es handele sich um Abfall, der beseitigt werde. Die
Vorbehandlungen in A-Stadt und Bremen stellten keine stofflichen oder energetischen
Verwertungsmaßnahme dar, weil dort zwar die Eigenschaft des zuvor eingesammelten
Abfalls verändert werde, aber keine Nutzung der Abfallsubstanz erfolge. Auch handele es
sich bei dem Einsatz öl- und metallhaltiger Schleifschlämme in einer
Sonderabfallverbrennungsanlage nicht um eine Verwertung. Bei der Beurteilung des
Heizwertes komme es auf das von der Klägerin eingesammelte Material an, nicht auf
das Gemisch, das in Bremen hergestellt werde. Ob der streitgegenständliche, in
Brandenburg eingesammelte Abfall heizwertreich oder heizwertarm sei oder den für den
Feuerwirkungsgrad der Anlage erforderlichen Qb erreiche, bleibe spekulativ. Mangels
nachgewiesener Verwertung handele es sich mithin um Beseitigung. Es handele sich
auch nicht um eine grenzüberschreitende Verbringung. Die Notifizierung beziehe sich
nicht auf den in Brandenburg eingesammelten Abfall. Notifiziert sei das in Bremen
hergestellte Abfallgemisch, welches aus öl- und metallhaltigen Schleifschlämmen und
Polyurethanmehl bestehe. Es sei auch berücksichtigt worden, dass in Ausnahmefällen
eine Zuweisung entgegen dem normalerweise zu beachtenden Vorrang der Beseitigung
in der Region Berlin/Brandenburg erfolgen könne. Voraussetzung einer derartigen
Ausnahme wäre aber zumindest, dass die vorgesehene im Vergleich zu anderen
Entsorgungsmaßnahmen technisch und insbesondere unter ökologischen
Gesichtspunkten als gleichwertig zu betrachten sei. So liege der Fall nicht. Die
Verbrennung öl- und metallhaltiger Schleifschlämme in einer
Sonderverbrennungsanlage widerspreche dem Verwertungsgebot und sei ökologisch
nachteilig. Abfall der vorliegenden Art könne und werde in Metallhütten zur
Metallgewinnung eingesetzt und damit verwertet.
Die Klägerin hat am 20. Dezember 2004 Klage erhoben. Sie trägt vor, es sei geplant, die
Abfälle, die nach der Behandlung in der Konditionierungsanlage dem Abfallschlüssel
190209 (feste brennbare Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten) zuzuordnen seien,
nach Dänemark zur Verbrennungsanlage zu verbringen und sie dort energetisch zu
verwerten. Die Anlage in Dänemark sei in allen bekannten europäischen Ländern als
Verwertungsanlage anerkannt. Derzeit würden 100 % des Wärmebedarfs und 20% bis 50
% des Strombedarfs der Stadt Nyborg durch die in der Anlage gewonnene Energie
gedeckt. Die Anlage verbrenne im Regelbetrieb Abfälle. Die Anlage habe bereits im Jahr
1994 einen Feuerwirkungsgrad von 78,5 % aufgewiesen. Die ... GmbH & Co. KG
verbringe bereits seit mehreren Jahren auf der Grundlage eines Notifizierungsverfahrens
gem. EG-Abfallverbringungsverordnung die in der Anlage in Bremen behandelten Abfälle
nach Nyborg, wo diese energetisch verwertet würden.
Ihre Klage sei zulässig und begründet. Anspruchsgrundlage sei § 3 Abs. 1 Satz 4
Sonderabfallentsorgungsverordnung (SAbfEV). Die Regelung diene dem Zweck, eine
verbindliche Feststellung der Beklagten in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen
zweifelhaft sei, ob ein Abfall der Andienungspflicht unterliege oder nicht. Entsprechend
diesem Zwecke sei die Beklagte nicht nur zu der Feststellung befugt, ob Abfälle der
Andienungspflicht unterlägen, sondern vielmehr darüber hinaus dazu verpflichtet, dem
Abfallerzeuger eine verbindliche Auskunft über die Andienungspflicht mittels
Feststellungsbescheid zu erteilen. Dabei sei zu beachten, dass ein Verstoß gegen die
Andienungspflicht eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Die Voraussetzungen für eine
Feststellung, dass es sich um Abfälle zur Verwertung handele, seien erfüllt. Maßgeblich
sei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Seit der Entscheidung vom 27.
Februar 2002 sei für die Annahme einer Verwertungsmaßnahme maßgeblich, ob der
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Februar 2002 sei für die Annahme einer Verwertungsmaßnahme maßgeblich, ob der
Hauptzweck der Maßnahme darauf gerichtet sei, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe
erfüllen könnten, indem sie andere Materialien ersetzten, die für diese Aufgabe verwandt
werden müssten, wodurch natürlich Rohstoffquellen erhalten werden könnten. Es sei
mithin nicht die Zusammensetzung des Abfalls, sondern vielmehr die Einstufung des
Verfahrens entscheidend. Gerade für die Frage, ob die Verbrennung von Abfällen als
Beseitigungsverfahren oder als Verwertungsverfahren einzustufen sei, habe der
Europäische Gerichtshof Abgrenzungskriterien präzisiert. Eine Verwertung liege vor,
wenn der Hauptzweck des fraglichen Verfahrens in der Verwendung der Abfälle als Mittel
der Energieerzeugung anzusehen sei. Dabei habe der Europäische Gerichtshof auch
ausgeführt, dass in einer Müllverbrennungsanlage eine Verwertung stattfinden könne,
wenn der Betrieb der Abfallverbrennungsanlage ohne die Versorgung mit Abfällen unter
Verwendung einer Primärenergiequelle fortgesetzt werden müsste oder wenn der
Anlagenbetreiber den Erzeuger oder Besitzer der Abfälle für deren Belieferung bezahlen
müsse. Auch habe die LAGA vermerkt, dass beispielsweise die Verpflichtung zur
Versorgung eines Gebiets mit Fernwärme, die ohne den Betrieb der Anlage nicht
sichergestellt wäre, dazu führe, dass in der Anlage eine energetische Verwertung von
Abfällen stattfinde. Die Frage des Heizwertes der Abfälle sei nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes unmaßgeblich. Im Übrigen müsse davon ausgegangen
werden, dass das Heizwertkriterium des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG
gemeinschaftsrechtswidrig sei. Der Abfälle würden in Nyborg als Brennstoff verwendet;
damit stelle sich die Maßnahme als eine Form der Abfallverwertung dar. Dies gelte
unabhängig davon, dass die Abfälle in Bremen mit anderen Abfällen vermischt worden
seien. Allein maßgeblich sei, dass der Hauptzweck der Verbrennung der Abfälle darauf
gerichtet sei, dass durch deren Nutzung andere Primärenergiequellen ersetzt würden.
Insoweit sei beachtlich, dass die Anlage in Nyborg gerade zur Versorgung mit Wärme
und Energie errichtet worden sei und sofern nicht genügend Abfälle zur Verfügung
stünden, Erdöl, Kohle oder Gas verfeuert werden müssten. Auch in der
Konditionierungsanlage in Bremen finde im Ergebnis eine Verwertung der Abfälle statt.
Soweit sei zu beachten, dass es auch bei einer mehrphasigen Entsorgung darauf
ankomme, welcher Art von Entsorgung der Abfall letztlich zugeführt werde. Eine
autonome Beurteilung eines Behandlungsverfahrens sei dagegen nur in den Fällen
denkbar, in denen im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens mehrere gesonderte
Verfahrensabschnitte aufeinander folgten, die sich separat und ohne Bezug auf
nachfolgende Behandlungsmaßnahmen gesondert als Verwertung oder Beseitigung
einstufen ließen. Das Verfahren in Bremen diene hier aber nur dazu, die Abfälle für eine
Verwertungsmaßnahme aufzubereiten. Auf die Frage, ob es eine
ressourcenschonendere Verwertung gebe, komme es für die Frage der
Andienungspflicht nicht an, weil insoweit nur von Bedeutung sei, ob es sich um
Abfallverwertung handele. Im Übrigen habe der Gesetzgeber keinen Vorrang der
stofflichen Verwertung eingeführt. Die Abfälle unterlägen aber auch deshalb nicht der
Andienungspflicht, weil sie ins Ausland verbracht würden. Auch insoweit müsse der
Vorgang der Abfallverwertung einheitlich betrachtet werden. Auch für den Fall, dass das
Gericht die Auffassung vertreten sollte, es handele sich bei den Abfällen um Abfälle zur
Beseitigung, bestünde gleichwohl ein Anspruch auf Zuweisung der Abfälle zu den
Anlagen in Bremen. Die geplante Abfallentsorgungsmaßnahme stelle eine zulässige
energetische Verwertungsmaßnahme dar. Eine stoffliche Verwertung der
Schleifschlämme sei wegen der zu hohen Schwermetallanteile und des damit
verbundenen hohen ökonomischen und energieaufwendigen Aufbereitungsaufwandes
keine umweltverträglichere als die energetische Verwertung durch Verbrennung. Es sei
im Übrigen nicht erkennbar, dass die Verbrennung der Abfälle das Wohl der
Allgemeinheit i.S.d. § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG beeinträchtigen könnte. Der Vorrang der
Beseitigung in den Ländern Berlin/Brandenburg nach § 5 Abs. 3 SAbfEV greife nicht, da
der Klägerin andere aufnahmebereite und besser zur Entsorgung geeignete Anlagen
nicht bekannt seien. Die Beklagte habe lediglich auf zwei Metallhütten in Nordrhein-
Westfalen Bezug genommen. Insoweit sei auch beachtlich, dass der Abfallbesitzer nicht
verpflichtet sei, besser geeignete Anlagen ausfindig zu machen und zu überprüfen. Eine
derartige Verpflichtung treffe allenfalls die Beklagte.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte unter Aufhebung des Zurückweisungsbescheides vom
28.05.2004 (Nr. 40263) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom
18.11.2004 zu verpflichten festzustellen, dass die von der Klägerin in Brandenburg
eingesammelten ölhaltigen Metallschlämme (Schleif-, Hon- und Läppschlämme,
Abfallschlüsselnummer 12 01 18 gemäß Abfallverzeichnisverordnung - AVV) nicht der
Andienungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Organisation der
Sonderabfallentsorgung im Land Brandenburg unterliegen,
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2. hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Zurückweisungsbescheid vom
28.05.2004 (Nr. 40263) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2004 zu
verpflichten, die von ihr in Brandenburg eingesammelten ölhaltigen Metallschwämme
(Schleif-, Hon- und Läppschlämme, Abfallschlüsselnummer 12 01 18 gemäß
Abfallverzeichnisverordnung - AVV) der Abfallbehandlungsanlage der Firma ... GmbH &
Co.KG zuzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, der Antrag zu 1. sei mit Blick auf § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Dem
Begehren der Klägerin könne dadurch genügt werden, dass der streitbefangene
Verwaltungsakt aufgehoben werde.
Der Antrag zu 2. sei unbegründet. Es bestehe kein Anspruch auf den begehrten
Zuweisungsbescheid. Sie prüfe, ob der Vorrang der Beseitigung in der Region
Berlin/Brandenburg ausnahmsweise zugunsten anderer Entsorgungsmöglichkeiten
vernachlässigt werden könnte. Ein dies rechtfertigender Vortrag fehle. Eine
Selbstermittlungspflicht bestehe nicht. § 5 Abs. 3 Satz 4 SAbEV beinhalte auch keine
Regelfallentscheidung zu Gunsten der vom Abfallbesitzer gewählten Entsorgungsanlage.
Diese Vorschrift belege mit ihrer Bezugnahme auf Satz 2 vielmehr gerade, dass der
Vorgang der Entsorgung in der Region Berlin/Brandenburg bei der Prüfung alternativer
Entsorgungsanlagen zu beachten sei. Es sei auch so, dass Abfälle mit der
Abfallschlüsselnummer 120118 in Verbrennungsanlagen der Region Berlin/Brandenburg
verbrannt werden könnten.
Das Verfahren zu dem unter dem 22. März 2007 einreichten zusätzlichen
Feststellungsantrag hat die Kammer abgetrennt; dieses wird unter dem Aktenzeichen 3
K 266/07 fortgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat mit dem Hauptantrag Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Dem Begehren auf Verpflichtung zur Feststellung steht der
Subsidiaritätsgedanke des § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Anders als die Beklagte
meint, kann die Klägerin ihre Rechte gerade nicht durch eine Gestaltungs- oder
Leistungsklage verfolgen. Dies würde eine Andienungspflicht voraussetzen. Die Klägerin
geht aber – unter anderem - davon aus, dass eine solche Pflicht nicht besteht. Zudem
erfasst § 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 der Sonderabfallentsorgungsverordnung (SAbfEV) die
Möglichkeit der Beklagten, darüber eine Entscheidung zu treffen, ob Abfälle der
Andienungspflicht unterliegen oder nicht.
Die Priorität des genannten Begehrens ergibt sich auch daraus, dass erst wenn ein
Rechtsverhältnis hinsichtlich einer Andienungspflicht besteht, darüber zu entscheiden ist,
in welcher Art und Weise der jeweilige Abfall anzudienen ist.
Die Klage ist auch ansonsten zulässig. Insbesondere steht der Klägerin nicht der
Umstand eines fehlenden Vorverfahrens entgegen, vgl. § 68 VwGO. Unabhängig davon,
ob mit Blick auf das der Beklagten bekannte Verbringungsverfahren nicht schon dem
ursprünglichen Antrag ein solches Feststellungsbegehren innewohnte, hat die Klägerin
jedenfalls im Widerspruchsverfahren einen dementsprechenden Antrag gestellt, der der
Sache nach mit dem Widerspruchsbescheid (negativ) beschieden wurde. Selbst wenn
der im Widerspruchsverfahren gestellte Antrag als gesonderter Antrag und die
Entscheidung im Widerspruchsverfahren als Ausgangsbescheid aufzufassen wäre, wäre
die Klage zulässig, weil sich die Beklagte, ohne das Fehlen des Vorverfahrens zu rügen,
auf die Klage eingelassen hat. Zudem ist davon auszugehen ist, dass der Zweck eines
Vorverfahrens nicht mehr erreicht werden kann. Die Beklagte, die auch
Widerspruchsbehörde ist, hat sich im Widerspruchsverfahren mit dem Antrag sachlich
befasst. Von daher besteht kein Anhalt dafür, dass bei einer nochmaligen Überprüfung
eine (andere) Entscheidung zugunsten der Klägerin zu erwarten wäre.
Die von der Klägerin am 28. Januar 2004 angedienten Abfälle unterfallen nicht der
Andienungspflicht nach der Sonderabfallentsorgungsverordnung. Dem steht § 3 Abs. 6
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Andienungspflicht nach der Sonderabfallentsorgungsverordnung. Dem steht § 3 Abs. 6
der Verordnung entgegen. Danach unterliegen Abfälle, die unter anderem aus dem
Geltungsbereich des KrW-/AbfG verbracht werden, nicht der Andienungspflicht und den
sonstigen Vorschriften dieser Verordnung. Von einem solchen Fall ist hier auszugehen.
Dabei sind folgende Prämissen in die Betrachtung einzustellen:
Zunächst ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG der Abfall einem Vorgang nämlich der
Verwertung oder der Beseitigung zuzuordnen (vgl. EuGH, Urt. v. 03. April 2003 - C -
116/01 - Textziffer 40. Für die Frage der Zuordnung kommt es nicht auf den
gegenwärtigen Zustand des Abfalls sondern auf die Maßnahme an, der der Abfall
zugeführt werden soll. Dies folgt schon aus § 3 Abs. 2 Krw-/AbfG mit dem Verweis auf die
entsprechenden Anhänge, die einzelne Beseitigungs- und Verwertungs verfahren
benennen. Auch der EuGH greift für die Frage der Abgrenzung zwischen Verwertung und
Beseitigung auf die entsprechenden Maßnahmen und deren Hauptzweck zurück, vgl.
Urt. vom 13. Februar 2003 - C - 228/00 - NVwZ 2003, 455. Insoweit ist auch maßgebend,
dass für die Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung der EuGH das
abschließende Gesamtkonzept einschließlich der darauf abzielenden Zwischenschritte
der Vorbehandlung zugrunde legt. Dies ergibt sich daraus, dass er der Frage der
vorausgehenden Vermischung der Abfälle vor der Verbrennung keine Bedeutung
beimisst (vgl. OVG des Saarlandes, Urt. v. 22. August 2003 - 3 R 1/03 -, zitiert nach juris,
unter Verweis auf das Urteil vom 13. Februar 2003). Danach ist die bloße Vorbehandlung
nach dem Hauptzweck zu beurteilen, in Abgrenzung zu dem Fall, in dem mehrere
Abfallbehandlungsverfahren hintereinander geschaltet werden (vgl. zu dieser
Problematik: OVG des Saarlandes, a.a.O.). Kommt es einerseits für die Frage der
Verwertung und Beseitigung auf den Hauptzweck der Maßnahme an, ist es andererseits
für die Frage der Zuordnung des Abfalls zu der entsprechenden Entsorgungsmaßnahme
maßgeblich, welcher Maßnahme der Abfallbesitzer oder -erzeuger die Abfälle zuführt,
vgl. § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG. Will der Abfallbesitzer bzw. Abfallverursacher die Abfälle einer
Verwertung oder aber einer Beseitigung zuführen, ist mithin das Gesamtverfahren in den
Blick zu nehmen. Umfasst dieses Verfahren auch eine Verbringung außerhalb des
Geltungsbereiches des KrW-/AbfG, ist der Regelungsbereich des
Sonderabfallentsorgungsversorgung nicht eröffnet. Eine andere Sicht der Dinge würde
das Konzept der Gesamtmaßnahme aus dem Blick verlieren und letztlich - wie das hier
vorliegende Beispiel zeigt - dazu führen, dass die von dem Entsorgungspflichtigen
angestrebte Maßnahme nicht mehr realisiert werden könnte. Dies wird vorliegend
augenscheinlich dadurch, dass - würde der Auffassung der Beklagten zu folgen sein - die
hier vorliegenden Abfälle einem anderen Entsorgungsregime unterworfen wären, so dass
das vom Entsorgungspflichtigen vorgesehene Konzept (Verbrennung in einer
Sonderabfallverbrennungsanlage) letztlich nicht mehr realisiert werden könnte. Diese
Auslegung ist auch sachgerecht, weil nur dann eine einheitlich Betrachtung möglich ist.
Die Beklagte selbst weist in ihrem Ausgangsbescheid darauf hin, dass - würde lediglich
die Behandlung der Entsorgungsanlage in Bremen in Betracht genommen - dort die
durchgeführte Vermischung (Vorbehandlung) für sich weder eine stoffliche noch eine
energetische Verwertung darstellt. Auch in obergerichtlicher Rechtsprechung ist
anerkannt, dass der Zwischenschritt einer Konditionierung durch Verarbeitung und
Entfernung metallhaltiger Teile, der lediglich dazu dient, die Verbrennung erst zu
ermöglichen, keine selbständige Bedeutung zukommt - entsprechendes gilt für eine
Konditionierung durch Beifügung anderer etwa den Verbrennungsvorgang fördernder
Stoffe - vgl. insoweit: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, a.a.O., m.w.N.). Auch im
Tatsächlichen verlieren die Abfälle nicht ihre chemische Struktur. Insbesondere bleiben
sie als Abfälle erhalten (im Gegensatz zu einer endgültigen Verwertungs- oder
Beseitigungsmaßnahme). Dies gilt auch dann, wenn nach der Konditionierung ein
anderer Abfallschlüssel – hier 190209 feste brennbare Abfälle, die gefährliche Stoffe
enthalten - einschlägig sein sollte.
Die Beklagte selbst bestätigt die Richtigkeit der getroffenen Annahme dadurch, dass sie
für die Zuordnung, ob es sich um Abfälle zur Verwertung oder Beseitigung handelt, das
Gesamtverfahren betrachtet und die vorgesehene Verbrennung in Nyborg (Dänemark)
nicht als Verwertungsmaßnahme ansieht. Es überzeugt nicht, wenn sie im
Widerspruchsbescheid einerseits auf das Gesamtbild einer Entsorgung und eine
„Verwertungskette“ hinweist und selbst vermerkt, dass die Vorbehandlung Teil einer
Verwertungskette sein könne und damit als nicht andienungspflichtiger Teil einer
einheitlichen Maßnahme zu beurteilen sei, andererseits aber betont, dass diese Prüfung
nichts damit zu tun habe, ob eine Vorbehandlung in der Bundesrepublik
andienungspflichtig sei, weil der Abfall anschließend ins Ausland verbracht werde.
Beachtlich ist im vorliegenden Zusammenhang auch, dass der vorgesehene Empfänger,
die ... GmbH & Co.KG eine entsprechende Notifizierung für grenzüberschreitende Abfälle
vorgelegt hat, in der unter Textziffer 9. gerade auch ölhaltige Metallschlämme der AVV-
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vorgelegt hat, in der unter Textziffer 9. gerade auch ölhaltige Metallschlämme der AVV-
Nr.: 120118 für die grenzüberschreitende Verbringung angemeldet wurden. Im Übrigen
ist nichts dafür ersichtlich, dass die konditionierten Abfälle, die dann dem Abfallschlüssel
190209 zuzuordnen sind, nicht genauso in das Notifizierungsverfahren einbezogen
werden. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die konditionierten Abfälle
nach Dänemark verbracht würden.
Nichts anderes ergibt sich aus der Regelung in Anhang 2 a des KrW-/AbfG, wonach die
Vermengung oder Vermischung vor Anwendung eines der der D 1 bis D 12 aufgeführten
Verfahren als Beseitigungsverfahren D 13 definiert wird. Insoweit könnte ein einheitlicher
Verfahrensvorgang angenommen werden. Allerdings verweist die D 13 auf ein weiteres
Beseitigungsverfahren (D 1 bis D 12). Das setzt voraus, dass das nachfolgende
Verfahren einem Beseitigungsverfahren zugeordnet werden kann. Dies wird allerdings
von der Klägerin bestritten und lässt sich nach den vorliegenden Unterlagen nicht
zweifelsfrei bestimmen, so dass jedenfalls dann, wenn das nachfolgende Verfahren nicht
eindeutig einem Beseitigungsverfahren zugeordnet werden kann, es bei einer
einheitlichen Behandlungsmaßnahme bleibt, so dass allein die Vermischung für sich
keinen abschließenden Vorgang der Abfallbeseitigung darstellt (vgl. insoweit auch OVG
für das Land Nordrhein Westfalen, Urt. vom 29. April 2004 - 20 A 3956/02 -, NVwZ 2004,
1261). Im Übrigen ist auch bei Annahme eines Verfahrens nach D 13 nichts darüber
gesagt, ob mit der bloßen Vermischung das Beseitigungsverfahren im Sinne der
Sonderabfallentsorgungsverordnung abgeschlossen ist oder das sich anschließende
Verfahren nicht noch mit hinzugezogen werden müsste für die Frage, ob Abfälle
außerhalb des Geltungsbereiches des KrW-/AbfG verbracht werden. Davon ist freilich
auszugehen.
Soweit die Beklagte darauf hinwiest, dass die Klägerin selbst die hier in Rede stehenden
Abfälle gerade für die Verbringung nach Bremen angedient habe und sich der Fall
möglicherweise anders darstellen könnte, wenn sich das Notifizierungsverfahren bereits
auf die in Brandenburg gesammelten Abfälle bezogen hätte, rechtfertigt dies kein
anderes Ergebnis.
Zunächst hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren klargestellt, dass sie selbst von
keiner Andienungspflicht ausgehe und somit - allenfalls hilfsweise - eine Andienung nach
Bremen beantragt hat. Zudem weist die Regelung in § 3 Abs. 6 SABfEV gerade keinen
verfahrensrechtlichen Bezug auf, insbesondere wird eine Abgrenzung zu einem
Notifizierungsverfahren nicht vorgenommen. Vielmehr wird ganz allgemein eine
Andienungspflicht für Abfälle verneint, die ins Ausland verbracht werden sollen. Von
daher ist es - für den vorliegenden Fall - ohne Bedeutung, ob der jeweilige
Abfallentsorger für die Verbringung seiner Abfälle das zutreffende (Nachweis-)verfahren
gewählt hat. Entscheidend ist, dass die Abfälle tatsächlich der grenzüberschreitenden
Verbringung unterliegen und nicht schon innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die
Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahme abgeschlossen ist. Eine solche Sicht der
Dinge entspricht auch europarechtlichen Vorgaben. Nach EuGH, Urteil vom 13.
Dezember 2001 – C-324/99 ist es bei einer Abfallverbringung mit den Vorschriften der
Verordnung (EWG) Nr. 259/93 vom 01. Februar 1993 nicht vereinbar, wenn ein
Mitgliedsstaat dem Notifizierungsverfahren ein eigenes Verfahren vorschaltet.
Unterliegen die hier in Rede stehenden Abfälle mithin nicht den Andienungsregelungen
der Sonderabfallentsorgungverordnung kann es mithin offen bleiben, ob die
Verbrennung von Abfällen in den Anlagen der Kommunekemi a/s in Nyborg/Dänemark
als Abfallverwertung oder –beseitigung einzustufen ist und ob es insoweit von Bedeutung
ist, ob den ölhaltigen Schleifschlämmen überhaupt ein eigener Heizwert zukommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO.
Die Berufung ist zuzulassen, weil – soweit ersichtlich- es bisher keine obergerichtliche
oder höchstrichterliche Entscheidung dazu gibt, ob dem innerstaatlichen
Konditionierungsvorgang - im Rahmen der Andienungspflicht - einer selbstständigen
Bedeutung zukommt oder nicht – und der Sache daher grundsätzliche Bedeutung
zukommt.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG in der im Tenor benannten Höhe festzusetzen.
33 Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG in der im Tenor benannten Höhe festzusetzen.
Der genannte Betrag trägt in abstrahierender und pauschalierender Betrachtung dem
wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der begehrten Entscheidung in angemessener
Weise Rechnung.
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