Urteil des VG Braunschweig vom 30.01.2013

VG Braunschweig: epa, biologie, prüfer, klausur, chancengleichheit, breite, anteil, verordnung, niedersachsen, verwaltungsakt

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Bewertungsmaßstäbe und Bewertungssystem in der
Abiturprüfung
1. Ein in den Abiturprüfungen landesweit praktiziertes Bewertungssystem,
nach dem die Note mangelhaft erst bei einem Ergebnis von mindestens 20
Prozent der Gesamtleistung zu vergeben ist, ist rechtlich nicht zu
beanstanden.
2. Bei den Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung handelt
es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um Verwaltungsvorschriften, deren
Inhalt sich maßgeblich danach bestimmt, wie die Regelungen tatsächlich
angewandt werden.
VG Braunschweig 6. Kammer, Urteil vom 30.01.2013, 6 A 195/11
Art 12 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 7 GymOStV ND
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zulassung zur mündlichen Abiturprüfung.
Nach einer Vorbereitung bei der Volkshochschule unterzog sich der Kläger im
Frühjahr 2011 der schriftlichen Abiturprüfung vor der beklagten
Prüfungskommission als sog. Nichtschüler. Mit dem hier angefochtenen
Bescheid vom 03.06.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Klausur
im Fach Deutsch (P1) mit 5 Punkten, die Klausur im Fach Politik/Wirtschaft (P2)
mit ebenfalls 5 Punkten und die Klausuren in den Fächern Biologie (P3) und
Mathematik (P4) mit jeweils 0 Punkten bewertet wurden. Gleichzeitig wies sie
darauf hin, dass der Kläger damit die Voraussetzungen für die Zulassung zur
mündlichen Abiturprüfung nicht erfülle, weshalb die Abiturprüfung für nicht
bestanden erklärt werde. Entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung des
Bescheides vom 03.06.2011 erhob der Kläger unter dem 14.06.2011
Widerspruch. Anfang August 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass
gegen den Bescheid kein Widerspruch eingelegt werden kann, sondern Klage
beim Verwaltungsgericht erhoben werden muss.
Nach Rücknahme des Widerspruchs hat der Kläger am 22.08.2011 Klage
gegen den Bescheid vom 03.06.2011 erhoben. Zur Begründung trägt er vor, ihm
stehe ein Anspruch auf Zulassung zur mündlichen Abiturprüfung zu, weil seine
Klausuren der schriftlichen Abiturprüfung fehlerhaft bewertet worden seien. Aus
den „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Biologie“ (EPA
Biologie) der Kultusministerkonferenz ergebe sich, dass die Note „ausreichend
(05 Punkte)“ erteilt werde, wenn annähernd die Hälfte (mindestens 45 %) der
erwarteten Gesamtleistung erbracht worden sei. Oberhalb und unterhalb dieser
Schwelle sollen die Anteile der erwarteten Gesamtleistung den einzelnen
Notenstufen jeweils ungefähr linear zugeordnet werden, um zu sichern, dass mit
der Bewertung die gesamte Breite der Skala ausgeschöpft werden könne. Der
bei der Bewertung seiner Biologieklausur angewandte, in den Lehrermaterialien
für das Zentralabitur des Jahres 2011 vorgegebene Bewertungsmaßstab
entspreche diesen Vorgaben nicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten seien
unter Notenstufen im Sinne der EPA Biologie nicht die 6 Stufen von „sehr gut“
bis „ungenügend“, sondern die Punkte von 0 bis 15 zu verstehen. Die Vorgabe,
dass 45 % der erwarteten Gesamtleistung für 5 Punkte (nicht für 4 oder 6
Punkte) erforderlich sein sollen, sowie das Ziel, die gesamte Breite der Skala
auszuschöpfen, sprächen vielmehr dafür, dass sich die erforderliche lineare
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Zuordnung auf die Punkte und nicht die Noten beziehe. Bei einer den Vorgaben
der EPA Biologie entsprechenden linearen Zuordnung hätte bereits bei einer
erbrachten Gesamtleistung ab 9 % ein Punkt vergeben werden müssen. Der
angewandte Bewertungsmaßstab sehe demgegenüber die Vergabe eines
Punktes erst bei Erreichen von 20 % der Gesamtleistung vor. Da er in der
Biologieklausur 12 % der Gesamtpunkte erreicht habe, hätte diese Arbeit daher
statt mit 0 Punkten mit einem Punkt bewertet werden müssen. Gleiches gelte für
die Bewertung seiner Klausur im Fach Mathematik auf der Grundlage der
insoweit gleichlautenden „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der
Abiturprüfung Mathematik“ der Kultusministerkonferenz. Für die dort erreichten
18,9 % der Gesamtpunkte hätte hier die Klausur sogar mit 2 Punkten statt mit 0
Punkten bewertet werden müssen.
Darüber hinaus sei bei der Bewertung der Klausur im Fach Biologie nicht
ersichtlich, inwiefern die Ausführungen des Prüfers zu fachsprachlichen
Mängeln, zum Teil unleserlicher Schrift und gehäuften Rechtschreibfehlern
sowie dazu, dass er „des Öfteren über den Korrekturrand hinaus geschrieben
habe“ in die Bewertung der Arbeit eingeflossen seien. Bei der Bewertung der
Klausur im Fach Deutsch sei gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten
Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 03.06.2011 zu
verpflichten, ihn zur mündlichen Abiturprüfung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zulassung
zur mündlichen Abiturprüfung zu, da die Bewertungen seiner Klausuren sowohl
formal als auch inhaltlich fehlerfrei seien. Selbst wenn die EPA Biologie und
Mathematik unmittelbar angewendet werden könnten, entspreche der von den
Prüfern benutzte, landeseinheitlich in den Vorgaben für das Zentralabitur 2011 in
den Fächern Biologie und Mathematik vorgesehene Bewertungsmaßstab
diesen Vorgaben. Nach den EPA seien die Anteile der erwarteten
Gesamtleistung den einzelnen Notenstufen jeweils ungefähr linear zuzuordnen.
Nicht die einzelnen Notenpunkte sollen in gleichmäßigen Abständen entfernt
sein (= lineare Zuordnung), sondern die Notenstufen von 1 („sehr gut“) bis 6
(„ungenügend“). Dies ergebe sich auch aus § 4 AVO-GOFAK und § 8 VO-GO.
Es sei daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn 20 Bewertungspunkte, die
einem Anteil von 20 % der Gesamtleistung entsprächen, zur Vergabe von einem
Punkt führten und damit die Grenze zwischen „ungenügend“ und „mangelhaft“
darstellten. Auch im Übrigen seien die Klausuren fehlerfrei bewertet worden.
Während des Klageverfahrens haben die Prüfer ihre Bewertungen unter
Berücksichtigung des Vortrags des Klägers überprüft. Änderungen der
Bewertungen erfolgten nicht. Wegen des Inhalts dieser Bewertungen wird auf
die Beiakten C bis F der Beklagten Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im
vorliegenden Verfahren sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Der Kläger
wendet sich als sog. Nichtschüler dagegen, dass die Beklagte ihn nach
Ableisten der schriftlichen Abiturprüfung nicht zur mündlichen Abiturprüfung
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zugelassen und die Abiturprüfung für insgesamt nicht bestanden erklärt hat.
Gemäß § 27 Satz 1 NSchG können Nichtschülerinnen und Nichtschüler u. a. die
Abschlüsse aller allgemeinbildenden Schulen erwerben. Gemäß § 5 Abs. 1 der
Verordnung über die Qualifikationsphase und die Abiturprüfung an Freien
Waldorfschulen sowie über die Abiturprüfung für Nichtschülerinnen und
Nichtschüler vom 02.05.2005 (Nds. GVBl. S. 139) in der bis zum 31.07.2012 und
damit auch für die Prüfung des Klägers geltenden Fassung (AVO-WaNi) können
Nichtschülerinnen und Nichtschüler durch die Abiturprüfung die allgemeine
Hochschulreife erwerben. Für die Prüfung ist die Schulbehörde zuständig, bei
der nach einer externen Vorbereitung des Prüflings die Teilnahme an der
Abiturprüfung zu beantragen ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 AVO-WaNi). Die
Durchführung der Abiturprüfung obliegt einer Prüfungskommission, die von der
Schulbehörde berufen wird (§ 6 Abs. 1 AVO-WaNi). Dementsprechend hat die
im vorliegenden Verfahren für das Jahr 2011 gebildete Prüfungskommission für
die Abiturprüfung bei Nichtschülerinnen und Nichtschülern die Zulassung des
Klägers zur mündlichen Abiturprüfung mit dem Bescheid vom 03.06.2011
abgelehnt. Da damit weder um einen von einer Schule erlassenen
Verwaltungsakt noch um einen Verwaltungsakt, dem die Bewertung einer
Leistung im Rahmen einer berufsbezogenen Prüfung zugrunde liegt, gestritten
wird (vgl. § 8 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 Nds. AGVwGO), bedurfte es gemäß § 8
a Abs. 1 und 2 Nds. AGVwGO vor Erhebung der Verpflichtungsklage keiner
Nachprüfung in einem Vorverfahren. Vor diesem Hintergrund ist dem Kläger mit
dem Hinweis auf die Möglichkeit der Widerspruchserhebung in dem Bescheid
vom 03.06.2011 eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Wegen der
damit gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltenden Jahresfrist ist die erst am
21.08.2011 erhobene Klage daher fristgerecht erhoben worden. Es besteht
auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Nachdem er die Abiturprüfung für
Nichtschülerinnen und Nichtschüler im Jahr 2012 nicht bestanden hat und
derzeit an einem Abendgymnasium angemeldet ist, beabsichtigt er weiterhin, die
Fortführung der Abiturprüfung des Jahres 2011 durch Zulassung zur mündlichen
Abiturprüfung.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten in
Bezug auf die 2011 begonnene Abiturprüfung kein Anspruch auf Zulassung zur
mündlichen Abiturprüfung zu.
Gemäß § 9 AVO-WaNi werden Nichtschülerinnen und Nichtschüler von der
Prüfungskommission zur mündlichen (Abitur-)Prüfung zugelassen, wenn sie in
der schriftlichen Prüfung mindestens durchschnittlich 3,0 Punkte, in zwei
Prüfungsfächern, darunter in einem Prüfungsfach mit erhöhtem
Anforderungsniveau, mindestens 5 Punkte und in zwei weiteren
Prüfungsfächern jeweils mindestens einen Punkt erreicht haben. Anderenfalls
erklärt die Prüfungskommission die Abiturprüfung für nicht bestanden. Zwar hat
der Kläger in zwei Prüfungsfächern, darunter in einem Prüfungsfach mit
erhöhtem Anforderungsniveau mindestens 5 Punkte erreicht, nämlich jeweils 5
Punkte im Fach Deutsch (P1) und im Fach Politik/Wirtschaft (P2). Jedoch sind
die Klausuren in den beiden weiteren Fächern Biologie (P3) und Mathematik
(P4) mit jeweils 0 Punkten bewertet worden. Entgegen der Ansicht des Klägers
sind die Bewertungen der Klausuren in den Fächern Biologie und Mathematik
nicht deshalb zu beanstanden, weil seitens der Prüfer ein fehlerhafter
Bewertungsmaßstab angewendet wurde.
Im Hinblick auf prüfungsspezifische Bewertungen steht Prüfern grundsätzlich ein
gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu. Dem liegt das
Gebot der vergleichenden Beurteilung von Prüfungsleistungen zugrunde, das
letztlich aus dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der
Chancengleichheit herzuleiten ist. Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von
Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer
Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben. Prüfungsnoten
dürfen daher nicht isoliert gesehen werden. Ihre Festsetzung erfolgt in einem
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Bezugssystem, das von den persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der
Prüfer beeinflusst wird. Die komplexen Erwägungen, die einer
Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, lassen sich nicht regelhaft erfassen.
Eine gerichtliche Kontrolle würde insoweit die Maßstäbe verzerren. Denn in dem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Kandidaten könnte das
Gericht die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer
Prüfungskandidaten maßgebend waren, nicht aufdecken, um sie auf eine nur in
Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müsste eigene
Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen.
Dies wäre mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, weil einzelne
Kandidaten so die Möglichkeit einer vom Vergleichsrahmen der Prüfer
unabhängigen Bewertung erhielten. Soweit den Prüfern danach ein
Bewertungsspielraum verbleibt, hat das Gericht lediglich zu überprüfen, ob die
Grenzen dieses Spielraums überschritten worden sind, weil die Prüfer etwa von
falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte
Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt
haben (vgl. BVerwG, U. v. 21.10.1993 - 6 C 12/92 -, Buchholz 421.0
Prüfungswesen Nr. 320, S. 308). Zu den prüfungsspezifischen Fragen, die der
Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen bleiben, gehören
insbesondere die Benotung, die Gewichtung verschiedener Aufgaben
untereinander und der Schwere einzelner Fehler, die Überzeugungskraft der
Argumente, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und
die Würdigung der Qualität der Darstellung sowie der Geordnetheit der
Darlegungen (vgl. BVerwG, B. v. 17.12.1997 - 6 B 55/97 -, NVwZ 1998, 738 ff.;
Nds. OVG, U. v. 24.05.2011 - 2 LB 158/10 -, juris Rn. 46; VG Braunschweig, U.
v. 13.11.2012 - 6 A 162/11 -; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 635).
Auf dieser Grundlage haben die Prüfer bei der Bewertung der Klausuren in den
Fächern Biologie und Mathematik insbesondere keine allgemein anerkannten
Bewertungsgrundsätze missachtet. Der Kläger macht geltend, es sei ein
falscher Bewertungsmaßstab angewandt worden. Er beruft sich dazu auf den
Wortlaut der durch die Kultusministerkonferenz (im Folgenden: KMK)
beschlossenen „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung
Biologie“ (im Folgenden: EPA Biologie) vom 01.12.1989 in der Fassung vom
05.02.2004 bzw. der „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung
Mathematik“ (im Folgenden: EPA Mathematik) in der Fassung vom 24.05.2002.
Dort wird für die schriftliche Prüfung unter der Überschrift „Bewertung der
Prüfungsleistungen“ jeweils Folgendes ausgeführt:
„Die Note „ausreichend“ soll erteilt werden, wenn annähernd die Hälfte
(mindestens 45%) der erwarteten Gesamtleistung erbracht worden ist …
Oberhalb und unterhalb dieser Schwelle sollen die Anteile der erwarteten
Gesamtleistung den einzelnen Notenstufen jeweils ungefähr linear
zugeordnet werden, um zu sichern, dass mit der Bewertung die gesamte
Breite der Skala ausgeschöpft werden kann.
Die Note „gut“ soll erteilt werden, wenn annähernd vier Fünftel (mindestens
75%) der erwarteten Gesamtleistung erbracht worden ist.“
Die EPA der KMK sind zwar nicht unmittelbar in den Bundesländern anwendbar,
sie enthalten aber Vorgaben, zu deren Umsetzung sich die Länder verpflichtet
haben. Dementsprechend sind Erlasse des niedersächsischen
Kultusministeriums, hier für die Prüfung des Klägers am 01.10.2010, ergangen
(SVBl. S. 429 f.). Dort wird bestimmt, dass die EPA der KMK zukünftig als
Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung im Lande
Niedersachsen übernommen werden, während die zuvor geltenden
niedersächsischen EPA entfallen. Die EPA (der KMK) beschreiben danach in
Verbindung mit den niedersächsischen Rahmenrichtlinien gemäß der
Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im
Fachgymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg (AVO-GOFAK) die
fächerbezogenen Anforderungen in der Abiturprüfung. Nach den Ergänzenden
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Bestimmungen zu § 8 AVO-WaNi Nr. 8.1 (Erlass des MK vom 02.05.2005, SVBl.
S. 305, ber. 2006 S. 285) richten sich auch in der Abiturprüfung für
Nichtschülerinnen und Nichtschüler die Prüfungsaufgaben und die Bewertung
nach den EPA. Die EPA Biologie waren ab der Abiturprüfung im Jahr 2007, die
EPA Mathematik ab der Abiturprüfung im Jahr 2005 anzuwenden.
Die auf diese Weise für Niedersachsen übernommenen EPA der KMK stellen -
wie das Bundesverwaltungsgericht bereits für die früher geltenden
niedersächsischen EPA entschieden hat - lediglich allgemeine
Verwaltungsvorschriften dar (vgl. U. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, juris). Damit
handelt es sich bei den Bestimmungen der EPA, hier insbesondere zum
Bewertungsmaßstab für schriftliche Abiturleistungen, nicht um Rechtsnormen.
Sie haben damit keine unmittelbare Außenwirkung, sondern wirken
grundsätzlich nur verwaltungsintern, indem sie das dienstliche Verhalten der
Prüfer regeln. Im Verhältnis zum Prüfling haben sie Wirkungen allenfalls im
Hinblick auf die Verpflichtung des Prüfers zur Wahrung des Gleichheitssatzes
nach Art. 3 Abs. 1 GG und die damit verbundene Selbstbindung zur
gleichmäßigen Anwendung der innerdienstlichen Vorgaben, wenn und soweit
die Prüfer nach diesen Vorgaben verfahren (vgl. VG Berlin, U. v. 30.03.2011 - 3
A 179.08 -, juris; s. a. Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 1 Rn.
212). Darüber hinaus enthalten die EPA allgemeingültige
Bewertungsgrundsätze, soweit ihre Vorgaben in ständiger Praxis bei den
Prüfungen angewandt werden und nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Vor diesem Hintergrund kommt es für die Frage des anzuwendenden
Bewertungsmaßstabs als allgemeinem Bewertungsgrundsatz nicht auf den
Wortlaut der EPA und dessen Auslegung durch den Kläger an, sondern darauf,
wie die Regelung tatsächlich in der Vergangenheit angewandt worden ist (vgl.
Schmitz, a. a. O., § 1 Rn. 215; BVerwG, B. v. 07.08.1998 - 2 B 41/98 -, juris Rn.
2 und U. v. 02.02.1995 - 2 C 19/94 -, juris Rn. 18).
Die Prüfer haben die Klausuren anhand eines (identischen)
Bewertungsmaßstabs, welcher ihnen in den Lehrermaterialien des
niedersächsischen Kultusministeriums zum Zentralabitur des Jahres 2011 für
das jeweilige Fach vorgegeben wurde, bewertet. Dieser Bewertungsmaßstab
stellt sich wie folgt dar:
Ab
Prozent
95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 34 28 20 00
Punkte 15 14 13 12 11 10 09 08 07 06 05 04 03 02 01 00
Da dieser Maßstab einheitlich von allen Prüfern in den Fächern Biologie und
Mathematik im Zentralabitur 2011 angewandt wurde, ist nach dem oben
Gesagten nicht von Belang, ob dieser den vom Kläger in Bezug genommenen
Vorgaben der EPA Biologie und der EPA Mathematik entspricht. Vielmehr stellt
dieser Bewertungsmaßstab aufgrund seiner tatsächlichen Anwendung einen
allgemeinen Bewertungsgrundsatz dar, der bei der Bewertung beachtet wurde.
Damit sind die Rechte des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG gewahrt worden. Er
kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass die oben zitierten Vorgaben
der EPA zur Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen seiner Ansicht nach
nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden und so auszulegen sind, dass bereits
eine erbrachte Gesamtleistung von mindestens 9% in einer Klausur und nicht
erst eine erbrachte Gesamtleistung von mindestens 20% zu einer Bewertung mit
einem Punkt führt.
Selbst wenn es auf die Auslegung der umstrittenen Regelung in den EPA
ankommen sollte, entspricht der angewandte Bewertungsmaßstab den dortigen
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Vorgaben. Der Bewertungsmaßstab stellt bei der geforderten „jeweils ungefähr
linearen“ Zuordnung der erwarteten Gesamtleistung zu einer konkreten
Bewertung zu Recht auf die 6 Notenstufen von „sehr gut“ bis „ungenügend“ und
nicht auf die Punkteskala von 0 bis 15 Punkten ab. Dies entspricht dem üblichen
Sprachgebrauch in den schulrechtlichen Regelungen. Die Noten „sehr gut“ bis
„ungenügend“ werden als „Noten“ bzw. „Notenstufen“ bezeichnet, während je
nach Notentendenz für die einzelne Note unterschiedliche Punkte der
Punkteskala von 0 bis 15 Punkten vergeben werden (z. B. 15, 14 oder 13
Punkte für die Note „sehr gut“). Dies zeigt sich beispielsweise an der Regelung
des § 7 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO vom
17.02.2005 in der Fassung vom 17.05.2010, SVBl.S. 245), nach der sich auch
die Leistungsbewertung in der Abiturprüfung für Nichtschülerinnen und
Nichtschülern richtet (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 AVO-WaNi a. F.). Gemäß § 7 Abs. 1
VO-GO wird die einzelne Leistung mit einer Note der sechsstufigen Notenskala
von sehr gut bis ungenügend bewertet. Nach § 7 Abs. 2 VO-GO steht das 15-
Punkte-System dagegen für die Vergabe von Punkten je nach Notentendenz.
Außerdem haben bereits am 28.10.1964 die Regierungschefs der Länder die
„Neufassung des Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur
Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens“ unterzeichnet. Dieses
sog. Hamburger Abkommen, das noch heute eine wesentliche Grundlage der
gemeinsamen Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik ist,
enthält neben allgemeinen Bestimmungen über das Schuljahr, Beginn und
Dauer der Schulpflicht und die Ferien Regelungen für einheitliche
Bezeichnungen im Schulwesen, die Organisationsformen, die Anerkennung von
Prüfungen und Zeugnissen sowie die Bezeichnung von „Notenstufen“. Insoweit
regelt § 19 Abs. 2 des Hamburger Abkommens, dass für alle Zeugnisse der
Schulen die Noten „sehr gut“, „gut“ usw. festgesetzt werden.
Darüber hinaus fordern die Vorgaben der EPA zum Bewertungsmaßstab nur
eine „ungefähr lineare“ Zuordnung, und auch in Bezug auf die zu erwartende
Gesamtleistung für die Erteilung der Noten „gut“ und „ausreichend“ werden dort
nur Mindestangaben gemacht („mindestens 45%“ bzw. „mindestens 75%“). Dem
wird der angewandte Bewertungsmaßstab, der oberhalb der mit 45%
angenommenen Schwelle eine streng lineare Zuordnung mit jeweils 15
Prozentpunkten zwischen den Notenstufen trifft und diese strenge Zuordnung
unterhalb dieser Schwelle zugunsten der Prüflinge verändert, gerecht. Auch
ermöglicht dieser Maßstab die Ausschöpfung der gesamten Breite der Skala
entsprechend den Vorgaben der EPA.
Auch das angewandte Bewertungssystem, nach dem die Note „mangelhaft“ erst
bei einem Ergebnis von 20% der Gesamtleistung zu vergeben ist, ist rechtlich
nicht zu beanstanden. Das Prüfungsrecht kennt keinen allgemein anerkannten
Grundsatz, dass bei der Zuordnung der erbrachten Leistung zu einer
bestimmten Note ausschließlich nach einer bestimmten Zuordnungs- oder
Umrechnungsmethode zu verfahren ist. Vielmehr steht den Prüfern auch in
diesem Bereich ein Beurteilungsspielraum zu. Ein Prüfling kann dabei aber
beanspruchen, dass seine Prüfungsleistung mit einer systemgerecht
ermittelten Punktzahl und einer damit sachgerecht korrespondierenden
Einzelnote bewertet wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 11.04.1989 - 9 S
2047/88 -, NVwZ-RR 1989, 479; OVG Nordrhein-Westfalen, u. v. 27.06.1984 -
16 A 1152/81 -, NVwZ 1985, 596). Der Vorbehalt der sachgerechten
Korrespondenz zwischen Punktwerten und Noten findet seine Grundlage in den
verfassungsrechtlichen Maßstäben, die im Prüfungswesen durch Art. 3 Abs. 1
und Art. 12 Abs. 1 GG gesetzt werden. Die Gebote der Chancengleichheit sowie
der Abwägung der Freiheit der Ausbildungsplatzwahl auf der einen und wichtiger
Gemeinschaftsinteressen auf der anderen Seite erfordern für die bei Prüfungen
verwandten Beurteilungssysteme, dass Punktbewertungen und ihre Zuordnung
zu Noten nicht zu einer willkürlichen Verzerrung der Beurteilung führen.
Prüfungs- und Benotungssysteme müssen an materiellen Wertvorstellungen
orientiert sein. Sie sind willkürlich, soweit sie einen sachlich nicht gerechtfertigten
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Bruch zur selbstgewählten Sachgesetzlichkeit enthalten oder wenn sie die
Leistungsanforderungen sachwidrig überspannen (vgl. OVG Nordrhein-
Westfalen, a. a. O. unter Verweis auf das BVerwG).
Der im vorliegenden Verfahren angewandte Bewertungsmaßstab ist nicht in
diesem Sinne willkürlich. Insbesondere stellt die daraus resultierende, vom
Kläger angegriffene Bewertung mit einem Punkt (erst) ab einer erbrachten
Gesamtleistung von 20% keine sachwidrige Überspannung der
Prüfungsanforderungen dar. Dabei ist auf den konkreten Prüfungszweck
abzustellen. Mit dem Abitur erwirbt der Prüfling die allgemeine Hochschulreife,
durch die Abiturprüfung soll das Maß an Kenntnissen nachgewiesen werden,
das für den Erwerb der allgemeinen Studierfähigkeit erforderlich ist (vgl. § 11
Abs. 1 NSchG). Vor diesem Hintergrund steht die Schwelle von 20% der
Gesamtleistung für eine mangelhafte Leistung und damit für das Bestehen der
Prüfung (vgl. § 9 AVO-WaNi) nicht im Widerspruch zu den Definitionen der
Noten „mangelhaft“ (1-3 Punkte) und „ungenügend“ (0 Punkte) und erweist sich
gemessen an Art. 12 Abs. 1 GG auch nicht als unverhältnismäßig.
Nach Nr. 3.4.1 des Runderlass des MK über Zeugnisse in den
allgemeinbildenden Schulen vom 24.05.2004 (SVBl. S. 305, ber. S. 505) in der
Fassung des Runderlass vom 04.11.2010 (SVBl. S. 480) lauten die Definitionen
wie folgt:
Die Note mangelhaft ist zu vergeben, wenn die Leistung den
Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die
notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in
absehbarer Zeit behoben werden können.
Die Note ungenügend ist zu vergeben, wenn die Leistung den
Anforderungen nicht entspricht und selbst die Grundkenntnisse so
lückenhaft sind, dass die Mängel nicht in absehbarer Zeit behoben werden
können.
Danach werden in beiden Fällen den Anforderungen nicht entsprechende
Leistungen erbracht. Jedoch muss für ein „mangelhaft“ der Anteil positiver
Leistungen so groß sein, dass sich eine positive Prognoseentscheidung für die
Behebung der Mängel in absehbarer Zeit treffen lässt und dass er die
Feststellung des Vorhandenseins der notwendigen Grundkenntnisse erlaubt.
Damit reicht nicht aus, wenn „überhaupt“ oder in Einzelpunkten zutreffende
Ausführungen gemacht wurden. Welche Grundkenntnisse in der Abiturprüfung
notwendig sind, bestimmt sich maßgeblich nach dem besonderen Zweck dieser
Prüfung. Erforderlich ist danach eine Notengebung, die aussagekräftig feststellt,
ob der Prüfling das mit der allgemeinen Studierfähigkeit verbundene erhöhte
Leistungsniveau erreicht. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es
jedenfalls nicht sachwidrig oder unverhältnismäßig, den Nachweis notwendiger
Grundkenntnisse in der Abiturprüfung mit einer positiven Tendenz für die
Zukunft davon abhängig zu machen, dass mindestens 20% der erwarteten
Gesamtleistung erbracht werden (vgl. OVG Saarland, B. v. 08.06.2005 - 3 Q
13/05 - , juris, wonach sogar ein notwendiger Anteil erbrachter Leistungen von
mindestens 25% rechtmäßig ist).
Da der Kläger die Bewertung der Klausur im Fach Mathematik nicht mit weiteren
Argumenten angegriffen hat, ein Erfolg der Klage auf Zulassung zur mündlichen
Abiturprüfung aber jedenfalls die Bewertung dieser Klausur mit einem Punkt
voraussetzt (s. o.), erübrigt sich eine Überprüfung der Klausur im Fach Biologie
und der Klausur im Fach Deutsch im Hinblick auf die vom Kläger im Übrigen
geltend gemachten Bewertungsfehler.