Urteil des VG Arnsberg vom 04.01.2007
VG Arnsberg: angola, politische verfolgung, verschlechterung des gesundheitszustandes, aufschiebende wirkung, drohende gefahr, medikamentöse behandlung, wahrscheinlichkeit, abschiebung, bundesamt
Verwaltungsgericht Arnsberg, 7 K 1150/06.A
Datum:
04.01.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 1150/06.A
Tenor:
für Recht erkannt:
Hinsichtlich des Klägers zu 2. wird die Beklagte unter entsprechender
Aufhebung von Nr. 3 des Bescheides des Bundesamtes für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Februar 2003
verpflichtet festzustellen, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot
gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes für Angola besteht.
Die Abschiebungsandrohung in Nr. 4 des Bescheides des Bundesamtes
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Februar 2003
wird aufgehoben, soweit darin dem Kläger zu 2. die Abschiebung nach
Angola angedroht worden ist.
Im Übrigen wird die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, dass die
Ausreisefrist einen Monat nach unanfechtbarem Abschluss des
Asylverfahrens endet.
Von den Kosten des Rechtsstreits, für den Gerichtskosten nicht erhoben
werden, tragen die Beklagte 1/12, die Klägerin zu 1. 1/2 und der Kläger
zu 2. 5/12.
T a t b e s t a n d:
1
Die im Jahre 1947 geborene Klägerin zu 1. und ihr in 1995 geborener Sohn, der Kläger
zu 2., sind angolanische Staatsangehörige. Nach eigenen Abgaben reisten sie am
16./17. Januar 2003 auf dem Landweg in den Kongo aus und gelangten von dort auf
dem Luftweg am 25. Januar 2003 in die Bundesrepublik Deutschland. Am 30. Januar
2003 stellten sie beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im
Folgenden: Bundesamt) Asylanträge.
2
Das Bundesamt hörte die Klägerin zu 1. am 31. Januar 2003 zu ihren Ausreisegründen
an. Die Klägerin trug hierbei im Wesentlichen vor: Sie sei seit vielen Jahren
Sympathisantin der FLEC. Ihr Mann, den sie Ende November 2002 zuletzt gesehen
habe, sei Mitglied der FLEC. Am 23. Dezember 2002 seien um fünf Uhr morgens
Polizisten zuhause erschienen. Sie hätten Papiere der FLEC verlangt. Man habe sie ins
Gefängnis gebracht, wo sie bis zum 12. Januar 2003 festgehalten worden sei. Sie habe
geschwollene Füße bekommen. Man habe sie ins Krankenhaus gebracht. Dort habe sie
sich vom 12. Januar bis zum 16. Januar 2003 aufgehalten. Am 16. Januar 2003 sei ihr
die Flucht aus dem Krankenhaus gelungen. Sie sei mit ihrem Sohn, den eine Nachbarin
am 14. Januar 2003 zu ihr ins Krankenhaus gebracht habe, geflohen. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Niederschrift des
Bundesamtes verwiesen.
3
Mit Bescheid vom 27. Februar 2003 - zugestellt am 11. März 2003 - lehnte das
Bundesamt die Asylanträge der Kläger als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest,
dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG)
offensichtlich nicht vorliegen; das Bundesamt stellt weiter fest, dass
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte den Klägern
unter Festsetzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der
Entscheidung ihre Abschiebung nach Angola oder in einen anderen Staat an, in den sie
einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist.
4
Am 17. März 2003 haben die Klägerin die vorliegende Klage beim seinerzeit noch
zuständigen Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erhoben. Auf ihren zugleich gestellten
Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht die
aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid
des Bundesamtes angeordnet (Beschluss vom 4. April 2003 - 4a L 618/03.A -). Zur
Begründung der Klage beziehen sich die Kläger auf ihren Vortrag im Eilverfahren und
tragen unter Vorlage ärztlicher Atteste vor, dass der Kläger zu 2. an einer
Bluterkrankung (Sichelzellenanämie, Thalassämie) leide und ein Folgezustand nach
Virushepatitis A vorliege; bei der Klägerin zu 1. bestehe eine Herzleistungsschwäche,
eine Venenklappeninsuffizienz und eine Adipositas.
5
Die Kläger beantragen,
6
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 27. Februar 2003
zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass in
der Person der Kläger für den Staat Angola die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen,
7
hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG für
den Staat Angola vorliegen.
8
Die Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10
Sie bezieht sich auf die angefochtene Entscheidung und trägt vor, es lägen keine
Erkenntnisse vor, die eine Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz
1 AufenthG geboten erscheinen ließen.
11
Am 3. August 2006 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Den Klägern ist
aufgegeben worden, bis zum 20. September 2006 aktuelle ärztliche Befundberichte
vorzulegen, die möglichst detailliert Auskunft geben über Art und Schwere der geltend
gemachten Erkrankungen sowie über die bisher durchgeführten stationären oder
ambulanten Behandlungen und die gegenwärtige Therapie. Im Folgenden haben die
Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der
Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Klage- und
Eilverfahrens und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
13
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
14
Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet die Kammer ohne mündliche
Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
15
Die zulässige Klage ist nur im tenorierten Umfang begründet.
16
Der Bescheid des Bundesamtes vom 27. Februar 2003 ist insoweit rechtswidrig und
verletzt den Kläger zu 2. in seinen Rechten i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1
VwGO, als das Bundesamt mit dem Bescheid festgestellt hat, dass für den Kläger zu 2.
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und ihm die Abschiebung
nach Angola angedroht hat. Auch die mit der Abschiebungsandrohung gegenüber
beiden Klägern festgesetzte Ausreisefrist von einer Woche kann rechtlich keinen
Bestand haben. Im Übrigen erweist sich der Bescheid hingegen als rechtmäßig.
17
Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über die
Klage (§ 77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG -) können die Kläger weder
ihre Anerkennung als Asylberechtigte noch die Feststellung des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen.
18
Gemäß Art. 16 a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt ist, wer wegen seiner Rasse,
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner
politischen Überzeugung gezielt intensiven und ihn aus der übergreifenden
Friedensordnung des Staates ausgrenzenden Rechtsverletzungen ausgesetzt ist; der
eingetretenen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich.
Hierbei kann sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers auch
aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines
asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das der Asylsuchende mit ihnen teilt, und
wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit
vergleichbaren Lage befindet.
19
Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 23. Januar 1991 - 2 BvR
902/85 u.a., in: Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE) Band 83, S. 216 (230);
Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, in: BVerfGE Band 80, S. 315 (334 ff.);
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG),Urteil vom 20. Juni 1995 - 9 C 294/94 - in: Neue
Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport - (NVwZ-RR) 1996, S. 57.
20
Das Grundrecht auf Asyl beruht auf dem Zufluchtgedanken und setzt daher
grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus.
21
Ist der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer
Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb des Heimatstaates
unzumutbar, so ist er gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG asylberechtigt, wenn die
fluchtauslösenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche
Änderung fortbestehen. Hat der Asylsuchende demgegenüber seinen Heimatstaat
unverfolgt verlassen, so kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von
beachtlichen Nachfluchttatbeständen politische Verfolgung droht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1991 - 9 C 154.90 -, in: Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG, 402.24 § 1 Nr. 146.
22
Entscheidend ist, ob dem Asylsuchenden bei objektiver Würdigung der gesamten
Umstände seines Falles nicht zuzumuten ist, in seinem Heimatland zu bleiben oder
dorthin zurückzukehren. Hierbei muss das Gericht - unter Berücksichtigung des
sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich
asylbegründender Vorgänge in ihrem Heimatland vielfach befinden - zur
Überzeugungsgewissheit gelangen,
23
vgl. zu diesem Beweismaßstab: BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 - 9 C 109.84 -, in:
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) Band 71, S. 180 ff.,
24
dass eine politische Verfolgung im oben beschriebenen Sinne in absehbarer Zeit mit
beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit droht bzw. die Wiederholung
gleicher oder ähnlicher Verfolgungsmaßnahmen nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
25
Vgl. zu diesem Maßstab der Verfolgungsprognose: BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 1987
- 2 BvR 478, 962/86 -, in: BVerfGE Band 76, S. 143 (167 f.).
26
Dabei muss das Gericht sowohl von der Wahrheit - und nicht nur von der
Wahrscheinlichkeit - des von dem Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals
als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung die volle
Überzeugung gewinnen. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des
Asylsuchenden kann schon allein sein eigener Tatsachenvortrag zur Anerkennung
führen, sofern das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit
überzeugt ist.
27
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - 9 B 239.89 -, in: Buchholz, a.a.O., 402.25 §
1 Nr. 113.
28
Der Asylsuchende ist gehalten, seine Asylgründe in schlüssiger Form vorzutragen. Er
muss insbesondere seine persönlichen Erlebnisse unter Angabe genauer Einzelheiten
derart schlüssig darlegen, dass seine Schilderung geeignet ist, seinen Anspruch
lückenlos zu tragen. Da häufig andere Beweismittel nicht vorhanden sind, muss im
Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung vom Vorhandensein des
entscheidungserheblichen Sachverhalts der Tatsachenvortrag auf seine Plausibilität
und Widerspruchsfreiheit überprüft werden. Enthält das Vorbringen des Asylsuchenden
erhebliche, nicht überzeugend aufgelöste Widersprüche und Unstimmigkeiten, kann es
als unglaubhaft beurteilt werden, wobei insbesondere der persönlichen Glaubwürdigkeit
des Asylsuchenden entscheidende Bedeutung zukommt.
29
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 12. November
1985 - 9 C 27.85 -, in: Informationsbrief Ausländerrecht (InfAuslR) 1986, S. 79.
30
Von diesen Grundsätzen ausgehend sind die Kläger nicht asylberechtigt. Das Gericht
hat auch unter Berücksichtigung der Beweisnot, in der sich die Kläger befinden, und der
daraus folgenden besonderen Bedeutung der eigenen Schilderung der persönlichen
Verhältnisse und Erlebnisse der Kläger vor deren Ausreise nicht die Überzeugung
gewinnen können, dass sie Angola unter dem Druck einer ihnen unmittelbar drohenden
politischen Verfolgung verlassen haben und bei einer Rückkehr in ihre Heimat von
politischer Verfolgung bedroht sind. Denn das verfolgungsbezogene Vorbringen der
Klägerin zu 1. - auf das es hier allein ankommt, weil für den Kläger zu 2. keine eigenen
Asylgründe ersichtlich sind - stellt sich als unglaubhaft dar. Die Kammer teilt die in dem
angefochtenen Bescheid dargelegte Auffassung des Bundesamtes, der Sachvortrag der
Klägerin sei unsubstantiiert und detailarm, und nimmt in Anwendung des § 77 Abs. 2
AsylVfG auf die entsprechenden Ausführungen im Bescheid Bezug. Auch in der
mündlichen Verhandlung vermochte die Klägerin die angeblich erlittene Haft nicht
ansatzweise überzeugend zu schildern; ihr diesbezüglicher Vortrag blieb
ausgesprochen dünn und oberflächlich und konnte zu keiner Zeit den Eindruck
authentischer Erlebnisse erwecken. Letzteres gilt insbesondere auch für die Umstände,
unter denen die Klägerin das Gefängnis verlassen haben will. Ihr Vortrag, aufgrund der
Initiative von "drei Herren", welche "die Gefangenen besuchen" wollten, in ein
Krankenhaus gebracht worden zu sein, drängt sich als lebensfremd und fiktiv auf, wobei
hinzu kommt, dass die Klägerin gegenüber dem Bundesamt von den besagten "Herren"
nichts erwähnt hatte. Was den Aufenthalt im Krankenhaus anbelangt, so fiel auf, dass
die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erst behauptete, ihr Kind habe "immer
draußen vor dem Krankenhaus" - tags wie nachts - gestanden, sei "gar nicht bei mir auf
dem Zimmer gewesen", auf Nachfassen dann aber - offenbar in der Erkenntnis der sich
aufdrängenden Unglaubhaftigkeit dieser Schilderung - behauptete, eine
Krankenschwester habe ihren (der Klägerin) Sohn auf ihre Bitte doch hereingelassen.
Die Klägerin vermochte schließlich auch kaum etwas Substantielles zu ihrer
angeblichen Tätigkeit als Einkäuferin für die FLEC vorzutragen. Ihre Angaben zur FLEC
selbst blieben ausgesprochen dürftig und gingen nicht ansatzweise über das hinaus,
was in der Region ohnehin allgemein bekannt ist.
31
In den Personen der Kläger liegen auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG
für Angola nicht vor. Nach Maßgabe dieser Vorschrift darf ein Ausländer in Anwendung
des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953
II, S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine
Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu
einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht
ist. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen
Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. § 60 Abs. 1 Satz 4
AufenthG stellt insoweit klar, dass eine Verfolgung ausgehen kann von a) dem Staat, b)
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets
beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zu a) und b) genannten
Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der
Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig
davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei
denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Eine Verfolgungssituation, die
diesen Regelungen unterfällt, lässt sich für die Kläger nicht feststellen, wie die
32
vorstehenden Ausführungen belegen.
Die Kammer teilt indessen nicht die Einschätzung des Bundesamtes, die Asylanträge
der Kläger seien offensichtlich unbegründet. Die qualifizierten Voraussetzungen für eine
Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylVfG hat das Bundesamt in seinem
Bescheid vom 27. Februar 2003 nicht hinreichend dargelegt. Das Vorliegen dieser
Voraussetzungen drängt sich für die Kammer auch nicht auf.
33
Allerdings besteht für den Kläger zu 2., nicht jedoch für die Klägerin zu 1., ein
Abschiebungsverbot, das seine Abschiebung nach Angola als den in der Androhung
genannten Zielstaat ausschließt. Dieses Abschiebungsverbot ist aus der - für die Kläger
allein in Betracht kommenden - Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG herzuleiten.
Denn der Kläger zu 2. ist im Falle seiner Rückkehr nach Angola einer erheblichen
konkreten und insbesondere individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt.
Begründet wird diese Gefahr zunächst durch die - vor allem in medizinischer Hinsicht -
schlechte Versorgungslage in Angola und das relativ junge Alter des Klägers. Allerdings
vermögen diese Umstände allein (hinsichtlich derer auch die nur bei extremen Risiken
überwindbare Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu beachten ist) in seinem
Fall noch keine abschiebungsrechtlich relevante Gefahrenlage zu begründen. Als
wesentliche individuelle Ursache, aufgrund derer die Schwelle zur erheblichen
konkreten Gefahr überschritten wird, tritt zur Überzeugung der Kammer hier jedoch das
Krankheitsbild des Klägers hinzu. Dabei hat sich die Kammer von folgenden
Erwägungen leiten lassen:
34
Eine erhebliche krankheitsbedingte Gefahr setzt voraus, dass sich der
Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich
verschlechtern würde. Diese Gefahr wäre konkret, wenn der Ausländer alsbald nach der
Rückkehr in den Heimatstaat in diese Lage geriete, weil er auf die dortigen
unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und
auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
35
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 -,
Entscheidungen des BVerwG (BVerwGE) Band 105, 383.
36
Hierbei ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon
bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung einer Krankheit anzunehmen, sondern
nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder
existenzbedrohenden Zuständen.
37
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 20. September 2006 - 13 A 1740/05.A - .
38
Eine solche Gefahr muss mit hinreichend beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
39
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1996 - 9 C 38.96 -, InfAuslR 1997, 341, 342; zu §
60 AufenthG: OVG NRW, Urteil vom 2. Februar 2005 - 8 A 59/04.A -.
40
Das ist der Fall, wenn die für die Annahme einer erheblichen Rechtsgutverletzung
sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden
Gesichtspunkte. Davon kann im Hinblick auf die Schwere der drohenden
Rechtsgutverletzung auch bei einer geringeren als fünfzigprozentigen
41
Eintrittswahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Eine nur theoretische Möglichkeit des
Eintritts der befürchteten Rechtsgutverletzung reicht jedoch für eine tatbestandsmäßige
Gefahrensituation nicht aus,
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1991 - 9 C 119.90 -, BVerwGE 89, 162.
42
Zu beachten ist weiter, dass § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zielstaatsbezogene
Abschiebungshindernisse erfasst. Ein solches kann vorliegen, wenn dem Ausländer im
Abschiebezielstaat erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Das ist u.a. dann
anzunehmen, wenn er bereits in der Bundesrepublik Deutschland an einer Krankheit
leidet, die sich im Falle der Rückkehr in sein Heimatland verschlimmert, weil sie im
Abschiebezielstaat nicht hinreichend behandelt werden kann. Ein zielstaatsbezogenes
Abschiebungshindernis im Hinblick auf eine Erkrankung kann auch vorliegen, wenn die
Krankheit im Abschiebezielstaat zwar grundsätzlich hinreichend behandelbar ist, der
Ausländer die verfügbare medizinische Versorgung tatsächlich jedoch - etwa auch
wegen des Fehlens finanzieller Mittel - nicht erlangen kann.
43
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 4002.240 § 53
AuslG Nr. 60; OVG NRW, Urteil vom 2. Februar 2005, a.a.O., m.w.N.
44
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7
Satz 1 AufenthG nicht dazu dient, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln
oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Insbesondere gewährt die Vorschrift keinen
allgemeinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der
medizinischen Versorgung in Deutschland. Ein Ausländer muss sich vielmehr auf den
Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn
diese dem entsprechenden Niveau in Deutschland nicht entspricht.
45
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A -.
46
Nach diesen Maßstäben liegen bei dem Kläger zu 2. die Voraussetzungen eines
Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Ihm droht im Falle
seiner Rückkehr nach Angola mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine wesentliche
oder sogar lebensbedrohliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes.
Aufgrund der den Kläger betreffenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der
Befundberichte des Evangelischen Krankenhauses I. vom 25. August 2004 und 5.
November 2004 sowie der Bescheinigung des W. vom 17. Juli 2006 und des Attestes
des T. vom 19. September 2006 ist davon auszugehen, dass der Kläger an einer
Sichelzellenanämie leidet, die möglicherweise mit einer ?-Thalässämia minor
einhergeht. In beiden Fällen handelt es sich, wie aus den mit der Verfügung des
Gerichts vom 20. September 2006 aufgezeigten Erkenntnissen hervorgeht, um durch
Gendefekte bedingte Bluterkrankungen, die nicht geheilt, sondern - soweit sie klinische
Symptome hervorbringen - lediglich behandelt werden können. Allerdings lassen die
Erkenntnisse weiter darauf schließen, dass der Kläger allein aufgrund dieser Befunde
nicht zwangsläufig mit gravierenden gesundheitlichen Störungen zu rechnen hat; denn
die Sichelzellenanämie liegt bei dem Kläger "nur" in heterozygoter Form vor, die in ihren
Merkmalen gegenüber der homozygoten Variante deutlich schwächer ausgeprägt ist;
gleiches gilt auch für die beim Kläger möglicherweise vorliegende Thalässämia minor.
Gleichwohl ist die Kammer aufgrund der Auswertung aller vorliegenden Erkenntnisse zu
der Überzeugung gelangt, dass das Krankheitsbild des Klägers - welches bei
Gewährleistung der hiesigen hygienisch/medizinischen Standards ohne gravierende
47
gesundheitliche Auswirkungen bleiben mag - unter den Bedingungen, die der Kläger in
seinem Heimatland anträfe, hingegen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben birgt,
die gegenwärtig ein Abschiebungsverbot für den Kläger begründet.
Infolge des jahrzehntelangen Bürgerkrieges ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln in
Angola weiterhin als sehr kritisch zu bezeichnen. Derzeit sind die Existenzbedingungen
- insbesondere für kleine Kinder - in weiten Teilen des Landes nicht gewährleistet. Das
Gesundheits- und Hygienewesen ist vollständig zusammengebrochen, so dass
regelmäßig auftretende Cholera, Typhus - und Malariaepidemien ihre Opfer fordern. Aus
diesen Gründen weist Angola laut UNICEF die zweithöchste Kindersterblichkeit der
Erde mit einer Mortalitätsrate von ca. 32 - 35 % der unter 5-jährigen auf. Größere
staatliche Krankenhäuser gibt es nur in der Hauptstadt Luanda.
48
Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Angola
vom 18. April 2006, 18. April 2005, 5. November 2004, 23. April 2004.
49
Aufgrund dieser aktuellen wirtschaftlich-sozialen Lage in Angola muss gegenwärtig
nach wie vor davon ausgegangen werden, dass die Überlebensmöglichkeiten für
Babys, kleine Kinder, werdende Mütter sowie für schwer kranke Personen in Angola
generell als bedenklich einzustufen sind.
50
Vgl. siehe zu dieser Personengruppe auch: OVG NRW, Urteil vom 28. Juni 2000 - 1 A
1462/96.A -; OVG NRW, Urteil vom 21. August 1997 - 1 A 5903/95.A -.
51
Allerdings ist es eine Frage des Einzelfalles, ob unter Berücksichtigung der jeweiligen
besonderen Umstände ein Abschiebungsverbot besteht.
52
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. September 2000 - 1 A 5615/96.A -; OVG NRW,
Beschluss vom 18. März 2002 - 1 A 961/02.A -.
53
Der zur Zeit elf Jahre alte Kläger ist zwar nicht mehr der Hochrisikogruppe der
Kleinkinder zuzurechnen. Auch Kinder seiner Altersgruppe sind indessen nach wie vor
darauf angewiesen, dass andere Personen - üblicherweise die Eltern - für ihr
Auskommen sorgen. Dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in Angola nicht aus
eigener Kraft bestreiten kann, liegt dabei auf der Hand. Er ist insoweit abhängig von
seiner Mutter - der Klägerin zu 1. -, die maßgeblich für seine Versorgung einzustehen
hat. Die Klägerin zu 1. hingegen wäre, wenn sie mit ihrem Sohn nach Angola
abgeschoben würde, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, neben ihrem
eigenen Auskommen auch die gebotene Versorgung ihres Kindes sicherzustellen.
Denn sie ist bereits annähernd sechzig Jahre alt, erweist sich als gesundheitlich
angeschlagen (wenn auch nicht in einem Maße, das in ihrer eigenen Person ein
Abschiebungsverbot rechtfertigt, siehe hierzu weiter unten) und kann nach Aktenlage
nicht auf ein familiär/verwandtschaftliches Umfeld zurückgreifen, das erheblichen
Rückhalt verspricht; nach den Angaben der Klägerin zu 1., auf die insoweit allein
zurückgegriffen werden kann, beschränkt sich die Verwandtschaft auf eine erwachsene
Tochter, die mit den Klägern zusammen in C. (Cabinda) lebte. In dieser ohnehin
problematischen Ausgangssituation kommt als weiteres gefahrbegründendes - und für
das Vorliegen des Abschiebungsverbots entscheidendes - Element hinzu, dass der
Kläger zu 2. aufgrund seiner Bluterkrankung(en) ein erhöhtes Risiko für
Infektionskrankheiten trägt (vgl. hierzu den Befundbericht des Evangelischen
Krankenhauses I. vom 5. November 2004, S. 2: "anzunehmende Infektanfälligkeit").
54
Dass sich dieses Risiko im Falle einer Abschiebung des Klägers mit gravierenden
Folgen für seine Gesundheit alsbald realisieren würde, ist vor dem Hintergrund der
dargelegten medizinisch/hygienischen Verhältnisse in Angola naheliegend, zumal der
Kläger die letzten rund vier Lebensjahre in der Bundesrepublik Deutschland verbracht
hat und insofern nicht mehr davon auszugehen ist, dass er - soweit möglich - an die
Lebensumstände in seinem Heimatland gewöhnt ist. In Anbetracht der allgemeinen
Versorgungslage, die dort gegeben ist, und der individuellen Leistungsfähigkeit des
Familienverbundes bestehen für die Kammer auch kaum Zweifel daran, dass nach einer
Abschiebung weder die Klägerin zu 1. noch sonstige Verwandte in der Lage wären zu
gewährleisten, dass der Kläger zu 2. bei schwerwiegenden, möglicherweiser häufiger
auftretenden Infekten die ärztliche und medikamentöse Behandlung erhielte, die
notwendig wäre, um schwerwiegende Krankheitsfolgen zu vermeiden.
Die Klägerin zu 1. kann nach den dargelegten Grundsätzen hingegen keinen
Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beanspruchen. Auch unter
Berücksichtigung der sie betreffenden ärztlichen Unterlagen ist nicht davon
auszugehen, dass die Klägerin schwer krank ist und damit einer der o.a. besonders
gefährdeten Personengruppen angehört. Ihre Erkrankungen erweisen sich, soweit sie
durch die Unterlagen als belegt anzusehen sind, nicht als so schwerwiegend, dass sie
die Annahme einer erheblichen konkreten Lebens- oder Leibesgefahr im
Abschiebungsfall rechtfertigen. Die aus dem - hier vor allem relevanten - Befundbericht
des X. vom 11. August 2006 hervorgehenden Diagnosen (Belastungsdyspnoe bei wohl
behandlungsbedürftigem Hypertonus; linksbetonte Beinödeme bei Klappeninsuffizienz
des tiefen Venensystems linksseitig; Adipositas) stellen sich in ihren Auswirkungen
auch in der Gesamtbetrachtung nicht als so gravierend dar, dass befürchtet werden
müsste, bei der Klägerin würde - was nach den oben dargelegten Grundsätzen
Voraussetzung für die Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots ist -
alsbald nach der Rückkehr in ihr Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein
außergewöhnlich schwerer körperlicher oder psychischer Schäden und/oder ein
existenzbedrohenden Zuständ eintreten. Dagegen spricht bereits, dass sich das
Krankheitsbild der Klägerin aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erst in der
Bundesrepublik Deutschland, sondern bereits in ihrem Heimatland entwickelt hat, ohne
dass die Klägerin von damit zusammenhängenden schwerwiegenden gesundheitlichen
Problemen vor ihrer Ausreise berichtet hat; im Verwaltungsverfahren hat sie die Frage
des Entscheiders nach "weiteren persönlichen Gründen, wie etwa Krankheiten", die
gegen eine Rückkehr nach Angola sprächen, ausdrücklich verneint (vgl. S. 5 unten des
Anhörungsprotokolls). Auch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung
geschilderten konkreten Beschwerden ("Manchmal habe ich Probleme richtig zu atmen
und starke Kopfschmerzen.") deuten nicht auf eine abschiebungsrechtlich relevante
Gefahrenlage hin. Soweit in dem Attest des T. vom 19. September 2006 davon die Rede
ist, die Klägerin leide "unter einer Herzleistungsschwäche in Form einer
Herzinsuffizienz", liegt kein hinreichender Beleg für diese Diagnose vor. Denn in dem
o.a. Bericht des Kardiologen X. - dem grundsätzlich ein größeres Gewicht beizumessen
ist, da er von einem Facharzt stammt - wird abschließend ausgeführt, "eindeutige
Zeichen einer Herzinsuffizienz (ließen) sich nicht nachweisen". Auf diese Diskrepanz
hingewiesen hat die Klägerin lediglich wiederholt das (inhaltsgleiche) Attest des T.
vorgelegt, das sich aber zu den abweichenden Erkenntnissen des Kardiologen nicht
verhält. In Anbetracht der Aktualität des Befundberichts spricht auch nichts dafür, dass
sich gegenwärtig neue Erkenntnisse gewinnen ließen. Für den Fall einer Abschiebung
der Kläger ist davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1. trotz ihrer eingeschränkten
Gesundheit gelingen würde, im Verbund mit ihrer erwachsenen Tochter jedenfalls den
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eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Der Arbeit als Straßenverkäuferin, die sie vor
ihrer Ausreise ausgeübt hat, würde sie weiterhin - wenn auch vielleicht nicht mehr im
gleichen Umfang - nachgehen können, so dass sie einen eigenen Beitrag zu ihrem
Auskommen leisten könnte. Im Übrigen hätte sie Unterstützung von ihrer Tochter zu
erwarten. Ihre Lebensumstände würden sich damit in wirtschaftlicher Hinsicht nicht
erheblich von der Situation unterscheiden, mir der die Klägerin bereits vor ihrer Ausreise
umzugehen hatte.
Die Abschiebungsandrohung war auf der Grundlage des nunmehr anwendbaren § 59
Abs. 3 Satz 2 AufenthG - hiernach ist in der Androhung der Staat zu bezeichnen, in den
der Ausländer nicht abgeschoben werden darf - insoweit aufzuheben, als dem Kläger zu
2. die Abschiebung nach Angola angedroht worden ist; im Übrigen lässt das für den
Kläger zu 2. bestehende Abschiebungsverbot die Rechtmäßigkeit der
Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 3 AufenthG unberührt. Außerdem war
die Androhung im Hinblick auf die den Klägern gesetzte Ausreisefrist zu ändern. Denn
da sich die Asylanträge der Kläger nicht als offensichtlich, sondern nur als "schlicht"
unbegründet erweisen, kommt statt § 36 Abs. 1 AsylVfG die Regelung des § 38 Abs. 1
AsylVfG zur Anwendung, so dass die Ausreisefrist einen Monat nach unanfechtbarem
Abschluss des Asylverfahrens endet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die
Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylVfG.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen wird. Die
Zulassung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim
Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) zu beantragen. Der Antrag muss das
angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die
Berufung zuzulassen ist, darzulegen.
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Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
beruht oder 3. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter
Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
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Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag
stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im
Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen.
Das gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Juristische Personen des
öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
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Dem Antrag sollen möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
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