Urteil des VG Aachen vom 25.11.2003
VG Aachen: aufwendungen für die anschaffung, ersatzbeschaffung, reparatur, beihilfe, bvo, verordnung, brille, vollstreckung, einzelrichter, gerichtsakte
Verwaltungsgericht Aachen, 1 K 813/00
Datum:
25.11.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 813/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit der Anschaffung von zwei neuen
Brillengläsern.
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Mit Antrag vom 1. April 1999 begehrte der beihilfeberechtigte Kläger die Gewährung
einer Beihilfe in Höhe von für seine Ehefrau maßgeblichen 70 vom Hundert zur
Anschaffung von zwei neuen Kunststoff - Brillengläsern mit Tönung und Entspiegelung
zu einem von der Firma M. -P. GmbH am 11. Januar 1999 in Rechnung gestellten Preis
von 387,50 DM. In der Rechnung wird darauf hingewiesen, dass die beiden alten
Brillengläser zerbrochen gewesen seien.
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Mit Bescheid vom 12. April 1999 lehnte die Beihilfestelle der Oberfinanzdirektion
Düsseldorf - Besitz- und Verkehrssteuerabteilung Köln - (OFD) die begehrte Beihilfe mit
der Begründung ab, dass keine Änderung der Sehschärfe von mehr als 0,5 Dioptrien
eingetreten sei.
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Der Kläger erhob Widerspruch und führte aus, es handele sich um Aufwendungen für
eine Reparatur der Brille seiner Ehefrau und nicht um eine vom Beklagten
angenommene Ersatzbeschaffung.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2000 wies die OFD den Widerspruch als
unbegründet zurück. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, wonach es sich bei der
Anschaffung von zwei neuen Brillengläsern inhaltlich um eine Ersatzbeschaffung und
nicht um eine Reparatur handele. Dies ergebe sich eindeutig auf der Grundlage der 13.
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Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung (BVO) vom 31. Oktober 1996.
Danach habe der Verordnungsgeber klargestellt, dass es sich bei der Anschaffung von
zwei Brillengläsern um eine Ersatzbeschaffung handele. Eine Reparatur liege nur dann
vor, wenn lediglich ein Brillenglas ausgewechselt werden müsse.
Der Kläger hat am 19. April 2000 Klage erhoben. Er begehrt weiter die Gewährung einer
Beihilfe für die Anschaffung der neuen Brillengläser und verweist zur Begründung auf
ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14.
September 1981 - 12 (6) A 387/81 -, wonach die Anschaffung von zwei neuen
Brillengläsern als Reparatur der Brille anzusehen sei. Das Gericht trage damit dem
Gedanken Rechnung, dass Brillengläser nur in Verbindung mit einem Brillengestell
genutzt werden könnten, auch wenn die Aufwendungen für das Gestell nicht mehr
beihilfefähig seien. Für eine Reparatur sei kennzeichnend, dass die schadhafte Sache -
wie hier - nach Wiederherstellung des gebrauchsfähigen Zustandes ihrer bisherigen
Zweckbestimmung erneut zugeführt werde.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Abänderung des Beihilfebescheides vom 12. April 1999 und
Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 zu verpflichten, ihm auf
seinen Antrag vom 1. April 1999 eine weitere Beihilfe in Höhe von 138,69 EUR
(entsprechend 271,25 DM) für die Anschaffung von zwei Brillengläsern zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen aus den angefochtenen
Bescheiden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiheft zu den
Personalakten B 2) verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer kann durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entscheiden,
weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden
erklärt haben, vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe; die angefochtenen
Bescheide sind rechtmäßig, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sind §§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit 4
Abs. 1 Nr. 10 der auf der Grundlage von § 88 des Landesbeamtengesetzes erlassenen
Beihilfenverordnung. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind in Krankheitsfällen die
notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang beihilfefähig. Gemäß § 4 Abs.
1 Nr. 10 Satz 1 BVO umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen die Kosten der vom
Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel, zu denen auch Brillen gehören. Nach Satz 2
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dieser Vorschrift sind beihilfefähig die Aufwendungen für die Anschaffung und
Reparatur. Nach Satz 7 sind Kosten für ein Brillengestell nicht beihilfefähig; Kosten für
eine Ersatzbeschaffung von Sehhilfen (zwei Brillengläser/Kontaktlinsen) sind bei
Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, bei einer Änderung der Sehschärfe
um mindestens 0,5 Dioptrien (sphärischer Wert) beihilfefähig.
Hiernach scheidet die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung der zwei
Brillengläser aus. Zur Begründung wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides
verwiesen, dem die Kammer im Ergebnis folgt, sodass sich nach § 117 Abs. 5 VwGO
eine weitere Begründung erübrigt.
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Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Berufung des Klägers auf das Urteil des
12. Senats des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 14. September 1981 der Klage nicht
zum Erfolg verhilft. Diese Entscheidung verhielt sich zu § 4 Nr. 10 Satz 1 der
Beihilfenverordnung vom 27. März 1975 - GV NW S. 332 - in der Fassung der
Verordnung vom 31. Juli 1981 - GV NW S. 430 -. Der Wortlaut des § 4 Nr. 10 BVO in
dieser Fassung enthielt (noch) keine Definition der "Ersatzbeschaffung von Sehhilfen".
Eine derartige - ausdrückliche - Definition ist indes durch Artikel I Nr. 4 c) aa) der 16.
Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 16. Dezember 1999 (GV NW S.
673) - und damit vor Entscheidung der OFD Düsseldorf über den Widerspruch des
Klägers durch Bescheid vom 20. März 2000 - dergestalt erfolgt, dass hinter die Wörter
"Ersatzbeschaffung von Sehhilfen" in Klammern der Zusatz "(zwei
Brillengläser/Kontaktlinsen)" aufgenommen worden ist. Damit hat der
Verordnungsgeber unmissverständlich klargestellt, dass er - wie auch schon das
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OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 1985 - 2 A 81/84 -, ZBR 1985, 254 -
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den Einbau zweier neuer Gläser in eine Brille als Ersatzbeschaffung und nicht als
Reparatur verstanden wissen will. Nach dieser Klarstellung, die das
Oberverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung in der seinerzeitigen Fassung der
Beihilfenverordnung vermisste, kommt eine Auslegung der Vorschrift im Sinne des
Klägers nicht (mehr) in Betracht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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