Urteil des StGH Hessen vom 04.05.2004
StGH Hessen: rechtsverordnung, stadt, hessen, zusammenarbeit, öffentliche aufgabe, regionalplanung, vertreter, abgrenzung, allgemeines verwaltungsrecht, öffentliches interesse
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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 1714
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 70 Verf HE, Art 131 Verf
HE, Art 137 Verf HE, § 19
StGHG HE, § 43 StGHG HE
Gründe
Das Gesetz, dessen Bestimmungen seit Antragstellung teilweise umnummeriert
worden sind (Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Hessischen
Naturschutzrechtes vom 18.06.2002, GVBl. I S. 364, und Art. 2 des Gesetzes zur
Neufassung des Hessischen Landesplanungsgesetzes vom 11.09.2002, GVBl. I S.
548), enthält in der derzeit geltenden Fassung u.a. folgende Vorschriften:
Artikel 1 Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main (BallrG)
§ 1 Aufgaben
(1) Zur Förderung und Sicherung einer geordneten Entwicklung und zur Stärkung
der kommunalen Zusammenarbeit im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main sollen
die Städte, Gemeinden und Landkreise des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main
Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Wahrnehmung folgender Aufgaben bilden:
1. Abfallverwertung und -beseitigung, Errichtung, Betrieb und Unterhaltung von
Abfallverwertungs- und Abfallbeseitigungsanlagen,
2. Beschaffung von Trink- und Brauchwasser,
3. überörtliche Abwasserbeseitigung,
4. Errichtung, Betrieb und Unterhaltung von Sport-, Freizeit- und Erholungsanlagen
von überörtlicher Bedeutung,
5. Errichtung, Betrieb und Unterhaltung von kulturellen Einrichtungen von
überörtlicher Bedeutung,
6. Standortmarketing und Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung,
7. Planung, Errichtung und Unterhaltung des Regionalparks Rhein-Main,
8. regionale Verkehrsplanung und regionales Verkehrsmanagement.
(2) Die Zusammenschlüsse können auf einzelne Bereiche dieser Aufgaben
beschränkt werden; sie können im Einzelfall von den räumlichen Grenzen des
Ballungsraums Frankfurt/ Rhein-Main nach § 2 Abs. 1 abweichen.
§ 2 Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main und andere Räume
(1) Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main im Sinne des Gesetzes ist das Gebiet der
kreisfreien Städte Frankfurt am Main und Offenbach am Main, der Städte und
Gemeinden in den Landkreisen Hochtaunuskreis, Main-Taunus-Kreis und
Offenbach, der Städte Bruchköbel, Hanau, Langenselbold, Maintal, Nidderau und
Gemeinden Erlensee, Großkrotzenburg, Hammersbach, Neuberg, Niederdorfelden,
Rodenbach, Ronneburg, Schöneck im Main-Kinzig-Kreis, der Städte Bad Nauheim,
Bad Vilbel, Butzbach, Friedberg (Hessen), Karben, Münzenberg, Niddatal,
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Bad Vilbel, Butzbach, Friedberg (Hessen), Karben, Münzenberg, Niddatal,
Reichelsheim (Wetterau), Rosbach v.d. Höhe und Gemeinden Florstadt, Ober-
Mörlen, Rockenberg, Wölfersheim, Wöllstadt im Wetteraukreis sowie der Städte
Groß-Gerau, Kelsterbach, Mörfelden-Walldorf, Raunheim, Rüsselsheim und
Gemeinden Bischofsheim, Ginsheim-Gustavsburg, Nauheim im Landkreis Groß-
Gerau.
(2) Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung festlegen, dass Städte,
Gemeinden und Landkreise außerhalb des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main
Zusammenschlüsse im Sinne dieses Gesetzes bilden können. Die
Rechtsverordnung bestimmt Namen und Gebiet des Raums, für den die
Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend gelten. Soweit eine entsprechende
Anwendung einzelner Bestimmungen nicht möglich ist, kann die Rechtsverordnung
an deren Stelle tretende Regelungen treffen. Die angrenzenden Städte,
Gemeinden und Landkreise sind vor Erlass der Rechtsverordnung anzuhören.
§ 3 Grundsatz der Eigenverantwortung; Beteiligung Dritter
(1) Die Organisationsform der Zusammenschlüsse, den räumlichen und
sächlichen Zuschnitt, die finanzielle Ausstattung und den Ausgleich von Vor- und
Nachteilen regeln die Städte, Gemeinden und Landkreise im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main in eigener Verantwortung.
(2) An den Zusammenschlüssen können sich das Land Hessen, andere
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie natürliche
und juristische Personen des Privatrechts beteiligen, wenn dadurch die
Aufgabenerfüllung gefördert wird, Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegen
stehen und deren Beteiligung durch besondere Rechtsvorschriften nicht
ausgeschlossen oder beschränkt ist.
§ 4 Rat der Region
(1) Für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main wird ein Rat der Region gebildet.
(2) Dem Rat der Region gehören für jede kreisfreie Stadt und jede kreisangehörige
Gemeinde mit mehr als 50 000 Einwohnern im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
je zwei Mitglieder und für jeden Landkreis drei Mitglieder mit je einer Stimme an.
Die Mitglieder der jeweiligen Städte und Landkreise können ihre Stimmen im Rat
der Region nur einheitlich abgeben. Erfolgt keine einheitliche Stimmabgabe,
werden die Stimmen als Enthaltung gewertet.
(3) Die Oberbürgermeisterinnen oder die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte
und der kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern sowie die
Landrätinnen oder Landräte der Landkreise gehören dem Rat der Region kraft
Amtes an. Die zweiten Mitglieder werden von den Vertretungskörperschaften der
kreisfreien Städte, der kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 50 000
Einwohnern und der Landkreise im Ballungsraum Frankfurt/ Rhein-Main gewählt;
wählbar sind Mitglieder ihrer Organe. Die dritten Mitglieder der Landkreise werden
aus der Mitte der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der kreisangehörigen
Gemeinden unter 50 000 Einwohnern im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
gewählt. Das Verfahren dazu bestimmt die Landrätin oder der Landrat des
jeweiligen Landkreises. Für jedes Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu
wählen; eine weitere Stellvertretung ist ausgeschlossen.
(4) ... bis (9) ... .
§ 5 Aufgaben des Rates der Region
Der Rat der Region hat die folgenden Aufgaben:
1. Aufstellung der Grundsätze für die Durchführung der im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main gemeinsam wahrzunehmenden Aufgaben,
2. Durchführung von Kommunalkonferenzen zur Förderung und Sicherung einer
geordneten Entwicklung in der Region und Auswertung der Ergebnisse dieser
Konferenzen,
3. Erstellung eines Jahresberichts über den Stand der kommunalen
Zusammenarbeit im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main und Vorlage dieses
Berichts an die Städte, Gemeinden und Landkreise zur Beratung,
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4. Maßnahmen zur Erarbeitung eines gemeinsamen Erscheinungsbildes der
Region,
5. Beteiligung der außerhalb des Ballungsraums gelegenen Kommunen und
kommunalen Zusammenschlüsse bei ballungsraumüberschreitenden Wirkungen
der kommunalen Zusammenarbeit.
§ 6 Pflichtverband
(1) Die Landesregierung kann die Erfüllung einer der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 dieses
Gesetzes genannten Aufgaben durch einen Zusammenschluss nach § 1 für
dringlich erklären, wenn die Erfüllung dieser Aufgaben aus Gründen des
öffentlichen Wohles dringend geboten ist und ohne den Zusammenschluss nicht
wirksam oder zweckmäßig erfolgen kann. Im Beschluss der Landesregierung ist die
Aufgabe mit den davon betroffenen Einrichtungen zu beschreiben. Der Beschluss
der Landesregierung ist im Staatsanzeiger für das Land Hessen zu veröffentlichen.
Wird für eine als dringlich erklärte Aufgabe der Zusammenschluss nicht binnen
eines Jahres nach der Veröffentlichung des Beschlusses der Landesregierung
gebildet, kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Städte, Gemeinden
und Landkreise zur Wahrnehmung dieser Aufgabe zu einem Pflichtverband
zusammenschließen. Die Landesregierung erlässt in der Rechtsverordnung
1. die Satzung des Pflichtverbandes entsprechend § 9 Abs. 2 des Gesetzes über
die kommunale Gemeinschaftsarbeit,
2. die Regelungen zur Überleitung von Personal und Sachen sowie über die
Deckung des Finanzbedarfs.
(2) Innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des
Beschlusses nach Abs. 1 Satz 3 haben die betroffenen Städte, Gemeinden und
Landkreise im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main sowie der Rat der Region
Gelegenheit zur Äußerung. Widerspricht der Rat der Region einstimmig der
Beurteilung der Landesregierung nach Abs. 1 Satz 1, entscheidet sie nicht vor
Ablauf eines Jahres nach dem Widerspruch.
(3) Auf den Pflichtverband finden die Vorschriften des Gesetzes über kommunale
Gemeinschaftsarbeit Anwendung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
Die Regelungen nach § 13 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit
über den Pflichtanschluss bleiben unberührt.
§ 7 Rechtsübergang
Wird ein Pflichtverband nach § 6 gebildet, gehen mit In-Kraft-Treten der
Rechtsverordnung die zur Durchführung der Aufgabe vorhandenen Einrichtungen
der Verbandsmitglieder einschließlich der mit diesen verbundenen Grundstücke,
Rechte und Pflichten unentgeltlich in das Eigentum des Pflichtverbandes über. ...
§ 8 In-Kraft-Treten; Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am 1. April 2001 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2006
außer Kraft.
Artikel 2 Gesetz über den Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
(PlanvG)
§ 1 Bildung des Planungsverbandes
(1) Für das Gebiet des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main nach § 2 Abs. 1 des
Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main wird ein Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
gebildet, dessen Mitglieder die jeweils zugehörigen Städte und Gemeinden nach §
2 Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes sind.
(2) Der Verband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt
am Main. Er ist ein Planungsverband im Sinne des § 205 des Baugesetzbuchs. Er
regelt seine Angelegenheiten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen unter
eigener Verantwortung durch Satzung. Er hat Dienstherrnfähigkeit.
(3) Der Verband richtet zur Erfüllung seiner Aufgaben an seinem Sitz eine
Geschäftsstelle ein.
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§ 2 Aufgaben
(1) Der Planungsverband hat die folgenden Aufgaben:
1. Aufstellung, Änderung und Aufhebung des Flächennutzungsplans für das Gebiet
des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main mit der Maßgabe, dass die Darstellungen
nach § 5 des Baugesetzbuchs, die zugleich Festlegungen nach § 6 Abs. 3 des
Hessischen Landesplanungsgesetzes sind, im Zusammenwirken mit der
Regionalversammlung Südhessen entwickelt und nach näherer Bestimmung des §
13 des Hessischen Landesplanungsgesetzes gemeinsam beschlossen werden
(Regionaler Flächennutzungsplan),
2. Aufstellung und Änderung des Landschaftsplans für das Gebiet des
Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main nach § 4 Abs. 3 des Hessischen
Naturschutzgesetzes.
(2) Bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur
Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-
Main kann der Planungsverband mitwirken.
§ 3 Organe
Organe des Verbandes sind die Verbandskammer und der Verbandsvorstand.
§ 4 Aufgaben der Verbandskammer
(1) Die Verbandskammer trifft alle wichtigen Entscheidungen des Verbandes und
überwacht die gesamte Verwaltung. ...
(2) ...
§ 5 Zusammensetzung und Wahl der Verbandskammer
(1) Die Mitglieder des Planungsverbandes Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
entsenden je eine Vertreterin oder einen Vertreter in die Verbandskammer.
(2) Die Vertreterin oder der Vertreter der Stadt Frankfurt am Main hat 12
Stimmen, der Stadt Offenbach am Main vier Stimmen, der Stadt Hanau drei
Stimmen, der Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern je zwei Stimmen und der
anderen Städte und Gemeinden je eine Stimme.
(3) Die Vertreterinnen oder Vertreter werden von den Vertretungskörperschaften
der Verbandsmitglieder gewählt; wählbar sind nur Mitglieder ihrer Organe.
(4) ... und (5) ... .
§ 8 Verbandsvorstand
(1) Der Verbandsvorstand ist die Verwaltungsbehörde des Verbandes. ...
(2) Der Verbandsvorstand vertritt den Verband. ...
(3) ... bis (5) ... .
§ 11 Verbandsumlage
Der Verband erhebt zur Deckung seines Finanzbedarfs von den
Verbandsmitgliedern eine Umlage (Verbandsumlage). Die Verbandsumlage ist in
der Haushaltssatzung für jedes Rechnungsjahr neu festzusetzen. Für die
Umlagegrundlagen gilt § 40 des Finanzausgleichsgesetzes.
§ 15 Überleitungsvorschriften
(1) ... bis (3) ... .
(4) Die Flächennutzungspläne der Städte und Gemeinden und des
Umlandverbandes Frankfurt im Verbandsgebiet gelten bis zum In-Kraft-Treten des
Regionalen Flächennutzungsplans fort. Das Recht, diese Flächennutzungspläne bis
dahin zu ändern oder aufzuheben bleibt unberührt. Soweit Städte und Gemeinden
im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main Verfahren zur Aufstellung von
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im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main Verfahren zur Aufstellung von
Flächennutzungsplänen vor dem 1. Juli 2000 eingeleitet haben, können sie zu Ende
geführt werden.
§ 16 In-Kraft-Treten; Außer-Kraft Treten
Dieses Gesetz tritt am 1. April 2001 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2006
außer Kraft.
Artikel 11 Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes
….. § 13 Regionaler Flächennutzungsplan im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
(1) Für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur
Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-
Main übernimmt der Regionalplan der Planungsregion Südhessen zugleich die
Funktion eines gemeinsamen Flächennutzungsplans nach § 204 des
Baugesetzbuchs (Regionaler Flächennutzungsplan). Der Regionalplan enthält im
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main neben den regionalplanerischen Festlegungen
nach § 6 Abs. 3 auch die flächennutzungsplanbezogenen Darstellungen nach § 5
des Baugesetzbuchs.
(2) Die Festlegungen nach § 6 Abs. 3, die zugleich Darstellungen nach § 5 des
Baugesetzbuchs sind, bedürfen übereinstimmender Beschlüsse der
Regionalversammlung und der Verbandskammer des Planungsverbandes
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main. § 7 dieses Gesetzes bleibt im Übrigen
unberührt. Kommt es zu keiner übereinstimmenden Beschlussfassung über die
Aufstellung bestimmter Planaussagen im gemeinsamen Entscheidungsbereich
von Regionalversammlung und Verbandskammer nach Satz 1, legt der
Vermittlungsausschuss innerhalb eines Monats einen Vermittlungsvorschlag zur
erneuten Beschlussfassung in der jeweils nächsten Sitzung der
Regionalversammlung und der Verbandskammer vor. Führt auch dies zu keiner
übereinstimmenden Beschlussfassung, entscheidet die Regionalversammlung
abschließend über die regionalplanerischen Festlegungen; über die
flächennutzungsplanbezogenen Darstellungen entscheidet die Verbandskammer
nach Maßgabe der regionalplanerischen Festlegungen. Dies gilt auch, wenn kein
Vermittlungsvorschlag zustande kommt.
(3) Der Vermittlungsausschuss besteht aus zehn Mitgliedern.
Regionalversammlung und Verbandskammer entsenden jeweils fünf Mitglieder und
eine gleiche Anzahl von Stellvertretungen aus ihrer Mitte in den
Vermittlungsausschuss. Der Ausschussvorsitz wird jährlich abwechselnd von der
Verbandskammer und der Regionalversammlung benannt. Bei Stimmengleichheit
entscheidet die Stimme des Ausschussvorsitzes über den Vermittlungsvorschlag.
(4) Die Kartendarstellung des Regionalplans im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
erfolgt ergänzend auch im Maßstab 1: 50 000. Eine Aufstellung des Regionalplans
im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main in räumlichen Teilen nach § 6 Abs. 5 ist
nicht zulässig.
(5) Für die Aufstellung des Regionalen Flächennutzungsplans im Ballungsraum
Frankfurt/ Rhein-Main sind ergänzend die Bestimmungen der §§ 2 bis 4 des
Baugesetzbuchs anzuwenden. Für die Genehmigung des Plans ist § 8 maßgeblich.
Eine Aufstellung flächennutzungsplanbezogener Darstellungen durch die oberste
Landesplanungsbehörde nach § 8 Abs. 5 Satz 3 ist nicht zulässig.
(6) Die für Raumordnung und Städtebau zuständige Ministerin oder der hierfür
zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen
zu treffen über Aufstellungsverfahren, Form und Inhalt des Regionalen
Flächennutzungsplans.
(7) Bis zum In-Kraft-Treten des Regionalplans nach Abs. 1 gilt der Regionalplan
Südhessen fort, Änderungen sind zulässig. § 7 Abs. 6 bleibt unberührt.
Artikel 16 In-Kraft-Treten
Art. 3, 4, 15 und 16 treten am Tage nach der Verkündung in Kraft. Art. 5 bis 14
treten am 1. April 2001 in Kraft."
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Die Antragstellerin hat am 27. Dezember 2001 kommunale Grundrechtsklage
erhoben.
1. Sie ist der Ansicht, die kommunale Grundrechtsklage sei nach § 46 des
Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - statthaft und rechtzeitig erhoben.
2. Prüfungsmaßstab sei Art. 137 der Verfassung des Landes Hessen (kurz:
Hessische Verfassung - HV -). Aufgaben mit örtlichem Bezug dürften den
Gemeinden nur entzogen werden, wenn anders die ordnungsgemäße
Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre. Verwaltungsvereinfachung oder
Zuständigkeitskonzentration schieden als Rechtfertigung aus. Gründe der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung könnten einen
Aufgabenentzug nur in Fällen eines unverhältnismäßigen Kostenanstiegs
rechtfertigen.
3. Die Antragstellerin sieht sich durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der
kommunalen Zusammenarbeit in der Region Rhein-Main vom 19. Dezember 2000
in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt.
a) § 1 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit im
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main (kurz: Ballungsraumgesetz - BallrG -) enthalte
einen verfassungswidrigen Rechtsbefehl an die 75 Städte und Gemeinden und 6
Landkreise, sich zur gemeinsamen Wahrnehmung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 8
BallrG genannten Aufgaben zusammenschließen. Mit dem durch das Wort “sollen”
ausgedrückten Befehl werde in das Recht der Selbstverwaltung aller beteiligten
Kommunen eingegriffen. Entgegen der Gesetzesbegründung und § 3 Abs. 2 Satz 2
des Gesetzes über die Auflösung des Umlandverbandes - AuflG - handele es sich
nicht um “die Bildung freiwilliger Zusammenschlüsse”. Der Regelungen im
Ballungsraumgesetz hätte es nicht bedurft, um die Chance eines freiwilligen
Zusammenschlusses zu eröffnen. Dieses Recht habe schon nach dem Gesetz
über kommunale Gemeinschaftsarbeit - KGG - bestanden. § 1 BallrG begründe
vielmehr einen Zwang für die betroffenen Kommunen, auch wenn Absatz 2
Zusammenschlüsse für bestimmte Aufgabenfelder zulasse und ein Abweichen von
den räumlichen Grenzen des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main erlaube.
Für die Fälle des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BallrG fehle es am “dringenden öffentlichen
Interesse”. Die Aufgaben würden weder unzureichend erfüllt noch gelte es,
Missstände zu beseitigen. Kostenentlastungen für Kultureinrichtungen
begründeten ebenfalls kein dringendes öffentliches Interesse. Das Ziel der
Verwaltungsmodernisierung genüge ebenso wenig wie das einer zukunftsfähigen
Entwicklung des Ballungsraums.
b) § 3 Abs. 2 BallrG sei zu unbestimmt, weil nicht ersichtlich sei, ob Dritten ein
Anspruch eingeräumt werde, sich an Zusammenschlüssen i.S.d. § 1 Abs. 1 BallrG
zu beteiligen.
c) § 4 BallrG sei verfassungswidrig, weil kreisangehörige Gemeinden unter 50.000
Einwohnern keine eigenen Vertreter mit originärem Stimmrecht in den Rat
entsenden könnten.
d) Wenn der Rat der Region nach § 5 Nr. 1 BallrG verbindliche Festlegungen treffen
könne, verstoße das gegen das Raumordnungsgesetz - ROG -.
Selbst wenn den Festlegungen nur eine abwägungsrelevante Bedeutung
zukomme, liege eine Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts vor.
Dem Rat der Region fehle es an jeglicher demokratischer Legitimation. Es würden
nicht alle Gemeinden des Ballungsraumes beteiligt. Örtliche Interessen
durchzusetzen werde den Gemeinden mit weniger als 50 000 Einwohnern
verwehrt.
e) § 6 Abs. 1 Satz 1 BallrG sei verfassungswidrig. Ein Pflichtverband dürfe nicht
gebildet werden, wenn dafür lediglich Gründe der Zweckmäßigkeit sprächen.
4. Auch die Bestimmungen des Art. 2 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen
Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-Main vom 19. Dezember 2000
verstießen gegen die Selbstverwaltungsgarantie.
Die Verbandskammer sei zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans nach § 2
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Die Verbandskammer sei zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans nach § 2
Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/
Rhein-Main (kurz: Planungsverbandsgesetz - PlanvG -) nicht legitimiert. Die
Stimmen der jeweiligen Vertreter in der Verbandskammer seien nicht gleichwertig.
Verfassungsrechtlich unzulässig solle der Flächennutzungsplan im
Zusammenwirken mit der Regionalversammlung Südhessen aufgestellt werden.
Der Regionalversammlung werde damit ein Einfluss auf die Belange der Gemeinde
zugestanden, der nicht zu rechtfertigen sei. Gemeinden unter 50 000 Einwohner
seien in der Regionalversammlung nicht vertreten. Sie würden bei der Aufstellung
des Regionalen Flächennutzungsplans rigoros ausgeschlossen.
Darüber hinaus bestünden Zweifel daran, dass die Regionalversammlung eine
regionale Planungsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 6 ROG sei. Bedenklich sei
ferner, dass der räumliche Kompetenzbereich der Regionalversammlung
Südhessen nicht mit dem Gebiet des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main
identisch sei. Vertreter von Gemeinden, die nicht im Ballungsraum lägen, könnten
so über den Flächennutzungsplan ballungsraumangehöriger Gemeinden
mitbestimmen, während der Antragstellerin das verweigert werde.
Der Planungsverband sei auch nicht in der Lage, einen gemeinsamen
Flächennutzungsplan i.S.v. § 4 des Baugesetzbuchs - BauGB - aufzustellen. Hierzu
bedürfe es zunächst der Feststellung, dass die örtlichen, privaten oder öffentlichen
Belange aller Mitglieder des Planungsverbandes durch die Bauleitplanung in einer
anderen Gemeinde berührt würden. Belange, die die Antragstellerin mit den
Gemeinden Münzenberg, Niddatal oder Reichelsheim verbinde, seien nicht
ersichtlich. Auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 204 BauGB seien
für die einzelnen Gemeinden nicht dargelegt. Damit scheitere bereits hieran die
Aufstellung eines Regionalen Flächennutzungsplanes, der nach § 9 Abs. 6 ROG
auch den Anforderungen des § 204 BauGB entsprechen müsse. Im Gebiet des
Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main seien außerdem keine städtebaulichen
Mängel ersichtlich, die eine Übertragung der Flächennutzungsplanung auf einen
Planungsverband zum Wohle der Allgemeinheit dringend geboten erscheinen
lassen könnten. Ein etwaiger Koordinations- und Abstimmungsbedarf könne auch
durch eine detailliertere Regionalplanung befriedigt werden.
Der Regionale Flächennutzungsplan stelle auch deswegen einen erheblichen
Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie dar, weil er von der
Landesregierung genehmigt werden müsse und die Genehmigung nicht
ausschließlich auf regionalplanerische Festsetzungen beschränkt sei. Damit könne
die gemeindliche Planungshoheit vollständig ausgehöhlt werden.
Schließlich blieben den Gemeinden des Ballungsraumes durch die Hochzonun-gen
sowohl nach § 1 Abs. 1 BallrG wie auch § 2 Abs. 1 PlanvG kaum noch
Kompetenzen, die es rechtfertigen könnten, von einer Universalität des
gemeindlichen Wirkungskreises zu sprechen.
5. Aus diesen Gründen sei auch Art. 11 des Gesetzes zur Stärkung der
kommunalen Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-Main vom 19.
Dezember 2000, der korrespondierende Regelungen für das Hessische
Landesplanungsgesetz - HLPG - enthalte, verfassungswidrig.
Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2003 rügt die Antragstellerin darüber hinaus den
Zuschnitt des Ballungsraums gemäß § 2 Abs. 1 BallrG. Erstmals in der mündlichen
Verhandlung führt sie ferner aus, dem in § 7 Satz 1 BallrG vorgesehenen
Übergang von Einrichtungen auf einen Pflichtverband stünden vom Gesetzgeber
nicht beachtete Hindernisse entgegen.
Die Antragstellerin beantragt, Art.1 §§ 1 bis 7, Art. 2 §§ 1 bis 5 und § 11 sowie Art.
11 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit und Planung in
der Region Rhein-Main (GVBl. 2000 I S. 542) wegen Verstoßes gegen Art. 137 der
Verfassung des Landes Hessen für nichtig zu erklären. III.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
1. Er ist der Ansicht, die kommunale Grundrechtsklage sei unzulässig, soweit sie
sich gegen § 6 BallrG richte. Die Antragstellerin sei nicht unmittelbar betroffen. Die
noch zu erlassende Rechtsverordnung sei einschließlich ihrer
Ermächtigungsgrundlage gerichtlich überprüfbar.
2. Im Übrigen sei die Grundrechtsklage unbegründet. Die Vorschriften des
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2. Im Übrigen sei die Grundrechtsklage unbegründet. Die Vorschriften des
Ballungsraumgesetzes über kommunale Zusammenschlüsse seien
verfassungsgemäß.
a) § 1 Abs. 1 des BallrG greife nicht in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie
ein. Ein Zwang zur Bildung kommunaler Zusammenschlüsse ergebe sich schon
aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht. An vielen Stellen der
Gesetzesbegründung werde die Freiwilligkeit der Zusammenschlüsse besonders
herausgestellt. Auch in den parlamentarischen Gesetzesberatungen sei das
Merkmal der Freiwilligkeit betont worden. § 3 Abs. 2 Satz 1 AuflG stelle dies
zusätzlich mit dem Hinweis auf die Freiwilligkeit der Zusammenschlüsse im
Ballungsraum klar. Dem stehe nicht entgegen, dass § 1 Abs. 1 BallrG eine
Sollvorschrift enthalte. Das “Soll” begründe hier keine Rechtspflicht, sondern
beschreibe eine Zielvorstellung und Wertentscheidung des Gesetzgebers. Etwas
anderes ergebe sich auch nicht aus § 6 BallrG, der unter bestimmten
Voraussetzungen die Möglichkeit eines Zwangszusammenschlusses vorsehe.
b) Die Abgrenzung des Ballungsraumes durch § 2 Abs. 1 BallrG sei
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da § 1 Abs. 1 BallrG keine Pflicht zu
einem Zusammenschluss begründe. Insbesondere sei es nicht sachfremd, den auf
die planungsverbandliche Aufgabenwahrnehmung zugeschnittenen Ballungsraum
zugrunde zu legen.
Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass drei Landkreise nur mit einem Teil ihres
Gebietes im Ballungsraum lägen. Die Landkreise könnten selbst darüber befinden,
ob sie einem Zusammenschluss mit einem Teil ihres Gebiets, mit ihrem
Gesamtgebiet oder überhaupt nicht beitreten.
c) § 3 Abs. 2 BallrG räume Dritten keinen Beteiligungsanspruch ein. Allein die
kommunalen Gebietskörperschaften des Ballungsraumes befänden über die
Zusammenschlüsse und deren Zusammensetzung.
3. Die kommunale Grundrechtsklage gegen § 6 BallrG und § 7 BallrG sei jedenfalls
unbegründet.
4. §§ 4, 5 BallrG seien ebenfalls mit der Garantie der kommunalen
Selbstverwaltung vereinbar.
a) Dem Rat der Region stünden keinerlei “exekutivische Entscheidungsbefugnisse"
gegenüber Dritten zu. Die von ihm aufgestellten Grundsätze hätten keine
Verbindlichkeit.
b) Der Rat sei auch ausreichend demokratisch legitimiert. Eine mittelbare
demokratische Legitimation genüge. Verfassungsrechtlich sei nicht zu
beanstanden, dass der Gesetzgeber überwiegend die kommunalen
Gebietskörperschaften des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main in den Rat der
Region aufgenommen habe, welche ein erhöhtes politisches Gewicht aufwiesen.
Soweit die Entscheidungen des Rates sich auch auf kleinere Gemeinden
auswirkten, seien diese im Rahmen einer Anhörung zu beteiligen. Das ergebe sich
unmittelbar aus Art. 137 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 HV.
5. Die Hochzonung der Flächennutzungsplanung auf den Planungsverband durch §
2 Abs. 1 Nr. 1 PlanvG und die Abgrenzung des Verbandsgebietes in § 1 Abs. 1
PlanvG i.V.m. § 2 Abs. 1 BallrG seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Die
Entscheidung des Gesetzgebers unterliege nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts lediglich einer Vertretbarkeitsprüfung. Der
Gesetzgeber habe sich im Rahmen seiner Entscheidungsprärogative gehalten.
a) Der Gesetzgeber habe von der Ermächtigung des § 205 Abs. 6 BauGB
Gebrauch gemacht. Das nach Art. 137 Abs. 1 HV erforderliche dringende
öffentliche Interesse liege vor. Dem erhöhten Koordinations- und
Abstimmungsbedarf im Verbandsgebiet sowie den daraus resultierenden
besonderen Herausforderungen für die organisatorische Ausgestaltung der
Raumplanung werde damit Rechnung getragen. Der Gesetzgeber habe namentlich
auf die weitreichenden überörtlichen Bezüge reagiert, die einzelgemeindliche
Flächennutzungspläne in dem von Verdichtungs-, Stadt- und Umlandproblemen
geprägten Gebiet aufwiesen. Ihm gehe es hierbei nicht nur um eine rein
technische Verwaltungsvereinfachung oder Zuständigkeitskonzentration, auch
nicht um bloße Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, sondern
um eine konzeptionell einheitliche Flächennutzungsplanung, von der er sich eine
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um eine konzeptionell einheitliche Flächennutzungsplanung, von der er sich eine
wirksamere Bewältigung der bestehenden raumstrukturellen Probleme verspreche.
Dieser Annahme lägen Daten zum Industrialisierungs- und Verdichtungsprozess,
zur Bevölkerungsentwicklung, zur Erwerbstätigkeit, zu Sozialhilfeausgaben und zur
Bruttowertschöpfung zugrunde.
Das dieser Entscheidung zugrunde liegende Ziel lasse sich auch nicht mit gleicher
Wirksamkeit bei geringerer Beeinträchtigung der gemeindlichen Selbstverwaltung,
etwa durch eine detaillierte Regionalplanung, erreichen. Eine detailliertere
Regionalplanung für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main wäre mit der
Konzeption einer gestrafften und entfeinerten Regionalplanung nur schwer zu
vereinbaren gewesen. Eine Reduzierung der staatlichen Rahmenvorgaben durch
Regionalpläne eröffne Spielräume für eine kooperative kommunale Bauleitplanung.
Weil alle Gemeinden Mitglieder im Planungsverband seien, hätten sie mehr Einfluss
auf die Planungsinhalte als bei der Regionalplanung.
Soweit die Einwohnerstärke der Gemeinden bei der Bemessung der jeweiligen
Stimmenzahl in der Verbandskammer zugrundegelegt werde, sei das
sachgerecht.
b) Der Gesetzgeber habe bei der Abgrenzung des Ballungsraumes die Stadt
Frankfurt am Main als “Kernbereich" betrachtet und sich am Verdichtungsraum
und sonstigen raumstrukturellen Verflechtungen orientiert. Die Gebietsabgrenzung
verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Oberzentren
Wiesbaden und Darmstadt seien zu Recht nicht in den Planungsverband
einbezogen worden, da sie ungeachtet ihrer raumstrukturellen Beziehungen zum
Raum Frankfurt am Main einen eigenen Verflechtungsbereich aufwiesen, der
weiterentwickelt werden solle. Die Stadt Hanau habe zwar ebenfalls einen eigenen
Verflechtungsbereich, doch dürfe insoweit nicht übersehen werden, dass der Raum
Hanau ein anderes strukturpolitisches Gewicht besitze.
In den Ballungsraum seien im Rahmen einer Gesamtabwägung die Gemeinden
einbezogen worden, die vorrangig mit der Kernstadt Frankfurt verbunden seien,
sowie die Gemeinden des Ordnungsraums, deren Berufspendleranteil nach
Frankfurt mindestens ca. 15 % betrage und deren zentralörtlicher
Verflechtungsbereich innerhalb des Ballungsraumes liege.
6. § 13 HLPG und § 2 Abs. 1 Nr. 1 PlanvG verletzten die Antragstellerin nicht in
ihrem Selbstverwaltungsrecht und seien mit Bundesrecht vereinbar.
a) Das Land besitze nach § 9 Abs. 6 ROG die Gesetzgebungskompetenz, einen
Regionalen Flächennutzungsplan zu ermöglichen. Die Vereinbarkeit eines
Landesgesetzes mit einfachem Bundesrecht sei dabei nicht zu prüfen. § 46 StGHG
begrenze den Prüfungsmaßstab des Staatsgerichtshofs auf das Recht der
Selbstverwaltung und damit auf wenige landesverfassungsrechtliche Normen.
Wenn nicht einmal alle Normen der Landesverfassung zum Prüfungsmaßstab
gehörten, könne nicht angenommen werden, dass dieser das einfachgesetzliche
Recht des Bundes umfasse.
b) Dessen ungeachtet liege kein Verstoß gegen einfach-gesetzliches Bundesrecht
vor. Als “Rahmenvorschrift mit Experimentiercharakter" gewähre § 9 Abs. 6 ROG
dem Landesgesetzgeber einen ausgedehnten organisatorischen Spielraum.
Dieser werde eingehalten. IV.
Die Landesanwaltschaft beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Die kommunale Grundrechtsklage sei teilweise unzulässig, im Übrigen
unbegründet.
1. Soweit sich die kommunale Grundrechtsklage gegen § 6 BallrG richte, sei sie
unzulässig, da die Antragstellerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht nicht
unmittelbar betroffen werde.
2. §§ 1, 3 BallrG seien verfassungsgemäß. Aus ihnen ergebe sich nur ein
eindringlicher Appell an die Adressaten zu freiwilligen Zusammenschlüssen. Unter
diesen Umständen könne dem Gesetzgeber mangelnde Bestimmtheit der
Vorschriften nicht vorgeworfen werden.
3. § 5 Nr. 1 BallrG fehle jegliche Verbindlichkeit. Der Rat der Region habe eine
moderierende Stellung. Die Schwelle eines Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht
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moderierende Stellung. Die Schwelle eines Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht
der Gemeinden werde damit nicht erreicht.
4. Der Entzug der Flächennutzungsplanung stelle zwar einen massiven Eingriff in
das Selbstverwaltungsrecht dar. Der Gesetzgeber habe aber eine nicht zu
beanstandende Abwägungsentscheidung getroffen.
5. Die bundesgesetzlichen Kompetenzvorschriften gehörten nicht zum
Prüfungsmaßstab des Staatsgerichtshofs bei der kommunalen Grundrechtsklage.
Allerdings seien vom Staatsgerichtshof offensichtliche oder schwerwiegende
Kompetenzverstöße des Landesgesetzgebers zu beachten. Solche
Kompetenzverstöße ließen sich hier jedoch nicht feststellen.
V.
Der Staatsgerichtshof hat zu den tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes zur
Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-
Main Stellungnahmen eingeholt. Auf den Inhalt der Äußerungen der
Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main für den Rat der Region vom 12.
Mai 2003, des Planungsverbandes Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main vom 15. Mai
2003, des Regierungspräsidiums Darmstadt für die Regionalversammlung
Südhessen vom 25. August 2003, des Hessischen Landkreistages vom 27. Mai
2003, des Hessischen Städtetages vom 30. Mai 2003 und des Hessischen Städte-
und Gemeindebundes vom 3. Juni 2003 wird Bezug genommen.
B
I.
Die kommunale Grundrechtsklage der Antragstellerin ist nur zum Teil zulässig.
Nach §§ 46, 19 Abs. 2 Nr. 10 StGHG können Gemeinden und Gemeindeverbände
eine Grundrechtsklage mit der Behauptung erheben, dass Landesrecht die
Vorschriften der Hessischen Verfassung über das Recht der Selbstverwaltung
verletzt (Art. 137 der Verfassung des Landes Hessen).
Die Einführung der kommunalen Grundrechtsklage durch das Gesetz vom 30.
November 1994 (GVBl. I S. 684) ist mit der Verfassung des Landes Hessen
vereinbar. § 46 und § 19 Abs. 2 Nr. 10 StGHG beruhen auf der Ermächtigung aus
Art. 131 Abs. 1 HV. Danach entscheidet der Staatsgerichtshof über die
Verfassungsmäßigkeit der Gesetze, die Verletzung der Grundrechte, bei
Anfechtung des Ergebnisses einer Volksabstimmung sowie in den in der
Verfassung und den Gesetzen vorgesehenen Fällen. Art. 131 Abs. 1 HV überlässt
es dem einfachen Landesgesetz zu bestimmen, in welchen nicht in der Verfassung
selbst genannten weiteren Fällen der Staatsgerichtshof zur Entscheidung berufen
sein soll (vgl. schon Urteil des Staatsgerichtshofs - StGH - vom 03.07.1968 - P.St.
486 -, StAnz. 1968, S. 1180 [1182]). Der Gesetzgeber darf jedenfalls solche neuen
Zuständigkeiten für den Staatsgerichtshof begründen, die der Verteidigung von
Rechtsgarantien der Hessischen Verfassung dienen.
Die kommunale Grundrechtsklage dient der Durchsetzung des
Verfassungsrechtes nach Art. 137 HV, der den Gemeinden und
Gemeindeverbänden die kommunale Selbstverwaltung garantiert. Der
Landesgesetzgeber durfte deshalb von der Ermächtigung des Art. 131 Abs. 1 HV
Gebrauch machen und die kommunale Grundrechtsklage mit § 46 StGHG
einführen (zustimmend Günther, Verfassungsgerichtsbarkeit in Hessen, 2004, § 19
Rdnr. 43, § 46 Rdnr. 2 und 28; v. Zezschwitz, in: Zinn/Stein, Verfassung des Landes
Hessen, Art. 137 Anm. X 1., S. 116 f., Anm. X 3. c), S. 125, Stand: 1999; ohne
nähere Begründung wird die kommunale Grundrechtsklage vorausgesetzt von
Hecker, Staats- und Verfassungsrecht, 2002, Rdnr. 467; Hinkel, Die Verfassung
des Landes Hessen, 1998, Art. 131 - 133, Anm. 5; Schmidt, Verfassungsrecht, in:
Meyer/Stolleis [Hrsg.], Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen, 5. Aufl. 2000, S.
35 [65]; Schmidt-De Caluwe, Die kommunale Grundrechtsklage in Hessen, 1996,
S. 16 ff.). Die Bezeichnung “Grundrechtsklage” meint dabei keine Klage von
Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Verteidigung von in der Verfassung
gewährten Grundrechten, sondern bezeichnet ein Verfahren eigener Art, das
lediglich in wesentlichen Verfahrensfragen auf die Grundrechtsklage zurückgreift.
Art. 131 Abs. 1 HV überlässt dem Gesetzgeber die Bestimmung darüber, in
welchen weiteren Fällen der Staatsgerichtshof zu entscheiden hat. Das
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welchen weiteren Fällen der Staatsgerichtshof zu entscheiden hat. Das
Antragsrecht der Gemeinden und Gemeindeverbände für die kommunale
Grundrechtsklage konnte daher in § 19 Abs. 2 Nr. 10 StGHG aufgenommen
werden.
Art. 131 Abs. 2 HV, der die Antragsberechtigten im Einzelnen auflistet, steht dem
nicht entgegen. Antragsberechtigt sind danach: eine Gruppe von
Stimmberechtigten, die mindestens ein Hundertstel aller Stimmberechtigten des
Volkes umfasst, der Landtag, ein Zehntel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder,
die Landesregierung sowie der Ministerpräsident. Die Gemeinden und
Gemeindeverbände werden nicht ausdrücklich erwähnt.
Der Kreis der Antragsberechtigten sollte damit jedoch nicht abschließend
bestimmt werden, obwohl sich die Aufzählung auf die Verfahrensarten des Art. 131
Abs. 1 HV bezieht. Das zeigt Absatz 3, aus dem sich ergibt, in welchen Fällen und
unter welchen Voraussetzungen jedermann das Recht hat, den Staatsgerichtshof
anzurufen. Insoweit liegt nur eine Ergänzung zu Art. 131 Abs. 2 HV vor, weil dort
die Antragsberechtigung für jedermann nicht aufgenommen ist. In weiteren von
der Hessischen Verfassung genannten Fällen - etwa Art. 17, 127 Abs. 4, 147 Abs.
2 HV - sollen Anträge andere als die in Art. 131 Abs. 2 HV Genannten stellen
können.
Die Ermächtigung des Gesetzgebers in Art. 131 Abs. 1 letzte Alt. HV erstreckt sich
somit auch auf den Kreis derer, die antragsberechtigt sein sollen. Das gilt
zumindest insoweit, als im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ermächtigung eine
Verfahrensart neu geschaffen wird, die in der Verfassung bisher nicht ausdrücklich
vorgesehen war. Das ist mit der Einführung der Grundrechtsklage für Gemeinden
aber geschehen. Der Landesgesetzgeber konnte deshalb auch durch einfaches
Gesetz Gemeinden und Gemeindeverbände als weitere Antragsberechtigte für
diesen neu geschaffenen Zugang zum Staatsgerichtshof zulassen (vgl. StGH,
Urteil vom 26.07.1978 - P.St. 789 -, StAnz. 1978, S. 1683 [1687]; Barwinski, in:
Zinn/Stein, a.a.O., Art. 131 bis 133 Anm. B III 5. a), S. 20). II.
Die kommunale Grundrechtsklage der Antragstellerin ist aber aus anderen
Gründen teilweise unzulässig.
1. Die kommunale Grundrechtsklage ist grundsätzlich unter den gleichen
Voraussetzungen zulässig wie die allgemeine Grundrechtsklage. Das ergibt sich
schon aus dem systematischen Zusammenhang. Beide Klagearten finden sich
unter Ziffer 5 des zweiten Abschnitts des zweiten Teils des Gesetzes über den
Staatsgerichtshof. Soweit die Bestimmungen für eine kommunale
Grundrechtsklage nicht gelten sollen, hat der Gesetzgeber das ausdrücklich
geregelt. So wird etwa nach § 43 Abs. 1 Satz 3 StGHG die kommunale
Grundrechtsklage nicht unzulässig, wenn in derselben Sache
Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben ist oder wird.
Das unterscheidet sie von der jedermann zustehenden allgemeinen
Grundrechtsklage nach Art. 131 Abs. 1 und 3 HV, § 43 Abs. 1 Satz 1 StGHG.
Gemeinden und Gemeindeverbände können nach § 46 StGHG eine
Grundrechtsklage mit der Behauptung erheben, Landesrecht verletze die
Vorschriften der Verfassung des Landes Hessen über ihr Recht der
Selbstverwaltung gemäß Art. 137 HV. Entsprechend § 43 Abs. 2 StGHG müssen
Antragsteller dazu diejenigen Tatsachen angeben, aus denen sich plausibel die
Möglichkeit einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts ergeben soll. Nach § 45
Abs. 2 StGHG müssen die Antragsteller diesem Darlegungserfordernis binnen
Jahresfrist genügen und innerhalb dieser Frist geltend machen, selbst, gegenwärtig
und unmittelbar betroffen zu sein (Günther, a.a.O., § 45 Rdnr. 29; vgl. zur
Grundrechtsklage gegen eine gerichtliche Entscheidung und zur Frist des § 45 Abs.
1 StGHG: StGH, Beschluss vom 15.08.2002 - P.St. 1619 -, StAnz. 2002, S. 3735
[3736]). Insoweit gilt für sie nichts anderes als für jeden Grundrechtskläger (vgl.
StGH, Beschluss vom 08.10.1997 - P.St. 1276 -, StAnz. 1997, S. 3336 [3337]). Die
angegriffene Norm muss unmittelbar in ihr Selbstverwaltungsrecht eingreifen,
ohne dass ein weiterer anfechtbarer Umsetzungsakt notwendig wird. Den
Gemeinden ist es verwehrt, verfassungsgerichtlich gegen ein Gesetz vorzugehen,
das noch der Konkretisierung etwa durch eine Rechtsverordnung bedarf, um
vollziehbar zu sein. In einem solchen Fall muss der Erlass der Rechtsverordnung
abgewartet werden (vgl. BVerfGE 76, 107 [112 f.]; VerfGH NRW, DVBl. 2003, S. 394
[395]; Günther, a.a.O., § 46 Rdnr. 14 a.E.; Schmidt-De Caluwe, a.a.O., S. 34;
Hecker, a.a.O., Rdnr. 470).
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2. Zum Teil fehlt es der Antragstellerin an der unmittelbaren Betroffenheit, zum
Teil hat sie die Verletzung des Selbstverwaltungsrechts nicht plausibel dargelegt.
a) Soweit sich die kommunale Grundrechtsklage gegen § 6 Abs. 1 BallrG richtet, ist
die Antragstellerin nicht unmittelbar betroffen. Zur Umsetzung dieser Vorschrift
bedarf es einer Rechtsverordnung. Auch eine solche Rechtsverordnung wäre nicht
sogleich mit der kommunalen Grundrechtsklage angreifbar.
aa) Die Antragstellerin ist durch die in § 6 BallrG enthaltene Regelung über die
Bildung eines Pflichtverbandes zur Erfüllung näher benannter Aufgaben im Gebiet
des Ballungsraums nicht unmittelbar betroffen, da der Zusammenschluss zu
einem Pflichtverband nach § 6 Abs. 1 Satz 4 BallrG erst durch eine
Rechtsverordnung der Landesregierung erfolgt. Erst diese Rechtsverordnung
könnte unmittelbar in das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin eingreifen. §
6 BallrG entfaltet diese Wirkung nicht.
bb) Gegen eine aufgrund von § 6 Abs. 1 Satz 4 BallrG erlassene Rechtsverordnung
wäre dennoch eine sogleich erhobene kommunale Grundrechtsklage unzulässig.
Wegen ihrer Subsidiarität müsste die Rechtsverordnung zunächst im
Normenkontrollverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof angegriffen
werden (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes zur
Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung; vgl. näher StGH, Beschluss vom
09.08.2000 - P.St. 1551 -, StAnz. 2000, S. 2920 [2921]; Günther, a.a.O., § 46 Rdnr.
19 bis 21).
Das Erfordernis einer vorherigen Anrufung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs führt nicht dazu, dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 2
StGHG für eine kommunale Grundrechtsklage gegen die Rechtsverordnung
versäumt würde. Die Jahresfrist für eine Grundrechtsklage gegen eine
Rechtsverordnung beginnt mit Abschluss des verwaltungsgerichtlichen
Normenkontrollverfahrens, soweit dieses Verfahren selbst innerhalb eines Jahres
seit Inkrafttreten der angegriffenen Rechtsverordnung eingeleitet worden ist
(StGH, Beschluss vom 01.02.1995 - P.St. 1192 -, StAnz. 1995, S. 1060 [1062],
unter Hinweis auf BVerfGE 76, 107 [115 f.]; StGH, Beschluss vom 09.08.2000 -
P.St. 1551 -, StAnz. 2000, S. 2920 [2921]; Günther, a.a.O., § 46 Rdnr. 25).
b) Soweit die Antragstellerin beantragt, § 1 Abs. 2, §§ 2, 3 Abs. 1, § 7 BallrG, §§ 1,
2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, §§ 3, 4, 11 PlanvG aufzuheben, hat sie jedenfalls nicht
innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist im notwendigen Umfang begründet,
weshalb sie sich in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt sieht. Insoweit ist
lediglich pauschal eine Rechtsverletzung behauptet worden. Eine Darlegung kann
nicht durch den Hinweis auf ein dem Gericht in einem anderen Verfahren
vorgelegtes Rechtsgutachten ersetzt werden. Nach dem Ablauf der Jahresfrist
kann eine Begründung nur noch ergänzt und erläutert, nicht aber vollständig
nachgeholt werden (vgl. zu § 45 Abs. 1 StGHG: StGH, Beschluss vom 09.06.1999 -
P.St. 1299 -, StAnz. 1999, S. 2380 [2382 f.]; zu § 45 Abs. 2 StGHG: Günther,
a.a.O., § 45 Rdnr. 29).
C
Danach ist die kommunale Grundrechtsklage zum Teil zulässig, hat in der Sache
aber keinen Erfolg. Die zulässigerweise angegriffenen Vorschriften des Gesetzes
zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-
Main sind mit Art. 137 HV vereinbar.
I.
§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2, §§ 4 und 5 BallrG verletzen die Antragstellerin nicht in ihrem
Selbstverwaltungsrecht.
1. Nach Art. 137 Abs. 1 HV sind die Gemeinden in ihrem Gebiet unter eigener
Verantwortung die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Verwaltung.
Sie können jede öffentliche Aufgabe übernehmen, soweit sie nicht durch
ausdrückliche gesetzliche Vorschrift anderen Stellen im dringenden öffentlichen
Interesse ausschließlich zugewiesen ist. Das so umschriebene Recht der
Selbstverwaltung wird den Gemeinden in Art. 137 Abs. 3 Satz 1 HV im Sinne einer
institutionellen Garantie ausdrücklich gewährleistet. Die Selbstverwaltungsgarantie
sichert den Gemeinden die Allzuständigkeit für die Wahrnehmung aller öffentlichen
Angelegenheiten in ihrem Gemeindegebiet sowie die Befugnis zur
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Angelegenheiten in ihrem Gemeindegebiet sowie die Befugnis zur
eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich.
Gemeindeverbände haben nach Art. 137 Abs. 2 HV im Rahmen ihrer gesetzlichen
Zuständigkeiten die gleiche Stellung. In diesem Rahmen gewährleistet ihnen der
Staat nach Art. 137 Abs. 3 Satz 1 HV das Recht der Selbstverwaltung.
Auch die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie gilt indessen nicht
unbeschränkt. Sie unterliegt nach Art. 137 Abs. 1 Satz 2 HV vielmehr einem
Gesetzesvorbehalt (vgl. Staatsgerichtshof, Beschluss vom 11.04.1973 - P.St. 697 -
, ESVGH 23, 147 [152]; Beschluss vom 11.02.1987 - P.St. 1036 -, StAnz. 1987, S.
562 [580] - Förderstufe -). Danach erfüllen die Gemeinden jegliche öffentliche
Aufgabe, soweit sie nicht durch ausdrückliche gesetzliche Vorschrift anderen
Stellen im dringenden öffentlichen Interesse ausschließlich zugewiesen ist. Mithin
darf eine Aufgabeneinschränkung nur im dringenden öffentlichen Interesse
erfolgen.
Auch die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung durch den Staat nach
Art. 137 Abs. 3 HV gilt nicht unbeschränkt (vgl. Staatsgerichtshof, Urteil vom
30.04.1986 - P.St. 1023 -, StAnz. 1986, S. 1089 [1099] - Hess.
Personalvertretungsgesetz -; Urteil vom 11.02.1987 - P.St. 1036 -, StAnz. 1987, S.
562 [579 f., 581]). Art. 137 Abs. 3 HV enthält einen Gesetzesvorbehalt. Nach
dieser Norm übt der Staat die Aufsicht darüber aus, dass die Verwaltung “im
Einklang mit den Gesetzen” geführt wird. Daraus folgt, dass die Selbstverwaltung
durch staatliches Gesetz reguliert werden kann (Meyer, Kommunalrecht, in: Meyer/
Stolleis [Hrsg.], a.a.O., S. 169 [184]; ihm folgend Hecker, a.a.O., Rdnr. 397, 405).
Gesetzliche Eingriffe in das durch Art. 137 Abs. 1 und 3 HV geschützte Recht der
Selbstverwaltung unterliegen verfassungsrechtlichen Grenzen. Diese sind aber
nicht schon mit den beanstandeten Regelungen des Ballungsraumgesetzes
überschritten. Der Gesetzgeber hat zu berücksichtigen, dass Art. 137 Abs. 1 HV
hinsichtlich der öffentlichen örtlichen Angelegenheiten ein verfassungsrechtliches
Aufgabenverteilungsprinzip zugunsten der Gemeinden enthält. Von diesem darf er
nur im dringenden öffentlichen Interesse abweichen. Gesetzliche Vorgaben nach
Art. 137 Abs. 3 HV sind auf das zu beschränken, was der Gesetzgeber zur
Wahrung der jeweiligen Gemeinwohlbelange für geboten halten darf. Ihm steht
dabei ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu. Die gesetzgeberische
Entscheidung muss eine vertretbare Ausfüllung des Rahmens darstellen, den Art.
137 HV in den Absätzen 1 und 3 vorgibt. Das ist hier der Fall.
2. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2, §§ 4 und 5 BallrG berühren nur zum Teil die
eigenverantwortliche Wahrnehmung von öffentlichen örtlichen Angelegenheiten.
a) § 1 Abs. 1 BallrG greift nicht in das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 137 HV ein.
Die Vorschrift schafft keine rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinden, sondern
enthält nur eine Zielvorgabe mit Appellcharakter. Nach § 1 Abs. 1 BallrG sollen
Städte, Gemeinden und Landkreise des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main zur
Förderung und Sicherung einer geordneten Entwicklung und der kommunalen
Zusammenarbeit zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben Zusammenschlüsse
bilden. Die Verwendung des rechtlichen Begriffs “sollen” begründet aber nicht
schon ohne weiteres eine Rechtspflicht. Vielmehr kommt es für die Bedeutung der
Vorschrift entscheidend auf den sachlichen Zusammenhang an, in dem sie zu
weiteren Vorschriften des Gesetzes steht.
Das Wort “sollen” drückt in Rechtsvorschriften zwar eine Rechtspflicht aus, die für
den Regelfall gelten soll. Lediglich in atypischen Fällen besteht sie nicht (vgl. etwa
BVerwGE 90, 88 [93]; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 7
Rdnr. 11). Aus dem Zusammenhang kann sich aber auch ergeben, dass keine
Rechtspflicht, sondern lediglich eine Obliegenheit oder eine Last gewollt ist. Dann
wird kein bestimmtes Verhalten aufgegeben.
Aus der Zusammenschau der Regelungen des Gesetzes zur Stärkung der
kommunalen Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-Main und seiner
Entstehungsgeschichte folgt, dass § 1 Abs. 1 BallrG nur eine Zielvorgabe mit
Appellcharakter enthält.
Nach § 1 Abs. 2 BallrG können Zusammenschlüsse auf einzelne Aufgabenbereiche
beschränkt werden. Sie können im Einzelfall von den räumlichen Grenzen des
Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main (nach § 2 Abs. 1) abweichen. Die Gemeinden
und Gemeindeverbände sollen danach selbst die Initiative zu Zusammenschlüssen
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und Gemeindeverbände sollen danach selbst die Initiative zu Zusammenschlüssen
ergreifen. Das Gesetz überlässt ihnen, zu welchen Aufgaben und in welchem
Gebiet sie sich zusammenschließen wollen.
§ 3 BallrG weist den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Eigenverantwortung
bei der organisatorischen Ausgestaltung zu und eröffnet einen weiten Raum, wie
Zusammenschlüsse organisiert werden können. Das spricht ebenfalls dafür, dass
eine Rechtspflicht in § 1 BallrG nicht gemeint sein kann.
Auch eine systematische Zusammenschau von § 1 BallrG mit § 6 BallrG belegt,
dass die in § 1 BallrG beschriebene Aufforderung zu Zusammenschlüssen - noch -
keinen Verpflichtungscharakter hat.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 BallrG sieht zwar unter bestimmten Voraussetzungen einen
kommunalen Pflichtverband vor. Die Landesregierung kann als ersten Schritt
hierzu die Erfüllung von Aufgaben durch einen Zusammenschluss unter den
genannten Voraussetzungen für dringlich erklären, wenn dies aus Gründen des
öffentlichen Wohls dringend geboten ist und die Erfüllung der Aufgaben ohne den
Zusammenschluss nicht wirksam oder zweckmäßig erfolgen kann. Hier wird
konkretisiert, was der Gesetzgeber von Kommunen und Landkreisen fordert. Erst
in einem weiteren Schritt aber kann dann nach § 6 Abs. 1 Satz 4 BallrG aufgrund
einer Rechtsverordnung der Zusammenschluss zu einem Pflichtverband erfolgen.
Besondere Bedeutung kommt schließlich dem Umstand zu, dass der Gesetzgeber
selbst die in § 1 Abs. 1 BallrG vorgesehenen Verbindungen in § 3 Abs. 2 Satz 1
AuflG als “freiwillige Zusammenschlüsse” bezeichnet. Der Freiwilligkeit steht nicht
entgegen, dass nach dem Gesetzeswortlaut die Städte, Gemeinden und
Landkreise im Ballungsraum bis zum 31. Dezember 2002 “sicher stellen” sollten,
dass im Gesetz genannte Aufgaben durch freiwillige Zusammenschlüsse
wahrgenommen werden. Ein mit der Formulierung “stellen sicher” verbundener
etwaiger Zwang betrifft allein die Übergangsvorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 AuflG,
nicht aber § 1 BallrG.
Die Freiwilligkeit der Aufgabenwahrnehmung lag verschiedenen Redebeiträgen in
den parlamentarischen Gesetzesberatungen zugrunde (vgl. die Beiträge des
Abgeordneten Haselbach, LT-Sten.Ber. 15/47. Sitzung, S. 3099, 15/59. Sitzung, S.
4027, und des Abgeordneten Denzin, LT-Sten.Ber. 15/57. Sitzung, S. 3923). Die
Gesetzesbegründung ging ebenfalls davon aus, § 1 BallrG enthalte keine
zwingende Verpflichtung, Zusammenschlüsse zu bilden. Dies wird besonders
deutlich an dem einleitenden Satz der Einzelbegründung zu § 1 BallrG. Dort heißt
es: “Abs. 1 sieht für den Ballungsraum Frankfurt am Main die Bildung freiwilliger
Zusammenschlüsse der Städte, Gemeinden und Landkreise vor” (LT-Drucks.
15/1491, S. 25). Eine andere Beurteilung ist nicht geboten, weil nach der weiteren
Begründung “…zur Förderung und Sicherstellung einer geordneten Entwicklung …
die genannten Aufgabenbereiche in Zukunft von den Gebietskörperschaften
gemeinsam wahrzunehmen sind...”. Eine Verpflichtung, Zusammenschlüsse zu
bilden, kann daraus nicht abgeleitet werden, wie sich aus dem weiteren Text ergibt.
Dort ist von “freiwilligen Zusammenschlüssen nach § 1 Abs. 1” die Rede (LT-
Drucks. 15/1491, S. 29). Zudem wird auf die “beabsichtigte Förderung der
freiwilligen interkommunalen Zusammenarbeit” verwiesen (LT-Drucks. 15/1491, S.
23). Überdies heißt es, dass der Gesetzgeber das “Prinzip der freiwilligen
Lösungen” in den Vordergrund stelle. Er belasse den Städten, Gemeinden und
Landkreisen die “Möglichkeit der freiwilligen interkommunalen Selbstorganisation”,
weil er davon ausgehe, dass sich “auf freiwilliger Basis” die erforderlichen
vernetzten Strukturen ergeben (LT-Drucks. 15/1491, S. 17). Erst wenn “freiwillige
Lösungen” versagten bzw. die “erstrebenswerten freiwilligen Kooperationen”
ausblieben, kämen verpflichtende Maßnahmen in Betracht. In diesem Fall könne
die Landesregierung unter strengen Voraussetzungen Pflichtverbände gründen
(LT-Drucks. 15/1491, S. 17, 23).
Gegen die Annahme einer Verpflichtung, Zusammenschlüsse zu bilden, spricht
schließlich auch, dass der Gesetzgeber bewusst keinerlei Vorgaben für die
Organisationsform und den Organisationsumfang der als erstrebenswert
angesehenen Zusammenschlüsse der Städte, Gemeinden und Landkreise im
Ballungsraum macht. Diese regeln nach § 3 Abs. 1 BallrG die Organisationsform in
eigener Verantwortung. Welche Körperschaften sich zusammenschließen, bleibt
ihnen überlassen. Die zur Verfügung stehenden öffentlich-rechtlichen und
privatrechtlichen Formen können entweder rechtlich selbstständig oder rechtlich
unselbstständig ausgestaltet sein (LT-Drucks. 15/1491, S. 26). Den
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unselbstständig ausgestaltet sein (LT-Drucks. 15/1491, S. 26). Den
Gebietskörperschaften sollte mit freiwilligen Zusammenschlüssen die “flexible
Wahrnehmung” (LT-Drucks. 15/1491, S. 25) verschiedener Aufgabenbereiche
ermöglicht werden. Auch deshalb sieht § 1 Abs. 2 Halbsatz 1 BallrG vor, dass
Zusammenschlüsse auf einzelne Bereiche der in Abs. 1 aufgezählten Aufgaben
beschränkt werden können und nach § 1 Abs. 2 Halbsatz 2 BallrG im Einzelfall von
den räumlichen Grenzen des Ballungsraums abgewichen werden kann.
b) § 3 Abs. 2 BallrG greift ebenfalls nicht in das Selbstverwaltungsrecht ein.
Danach können sich an Zusammenschlüssen das Land Hessen, andere
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie natürliche
und juristische Personen des Privatrechts unter näher beschriebenen
Voraussetzungen beteiligen. Daraus folgt kein Beteiligungsanspruch Dritter, wie
ihn die Antragstellerin im Lichte des Art. 137 HV als bedenklich angesehen hat.
Aus § 3 Abs.1 BallrG folgt die umfassende Eigenverantwortung von Städten,
Gemeinden und Landkreisen des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main für ihre
Zusammenschlüsse. Diese Eigenverantwortung wird nicht durch § 3 Abs. 2 BallrG
eingeschränkt. Ein anderes Verständnis des § 3 Abs. 2 BallrG widerspräche § 1
BallrG, der allein den Städten, Gemeinden und Landkreisen auferlegt,
Zusammenschlüsse nach ihren Vorstellungen zu bilden. Billigte das Gesetz Dritten
einen Beitrittsanspruch zu, würde insoweit ihre Organisationshoheit wieder
eingeschränkt. Dafür bieten aber weder der Gesetzeswortlaut noch sein
Regelungszweck noch die Gesetzesbegründung einen Anhalt. Vielmehr soll § 3
Abs. 2 BallrG den Gemeinden und Landkreisen die zusätzliche Möglichkeit
eröffnen, ihre Zusammenschlüsse im Interesse effektiver Aufgabenerfüllung um
Dritte zu erweitern. Da diese Normen somit keinen Eingriffscharakter haben,
kommt es auf die gerügte mangelnde Bestimmtheit nicht an.
c) Die Vorschriften über den Rat der Region in §§ 4, 5 BallrG sind mit dem
Selbstverwaltungsrecht vereinbar. § 5 BallrG wirkt lediglich auf den gemeindlichen
Abwägungsprozess ein, soweit der Rat der Region Grundsätze aufstellt.
aa) § 5 BallrG greift nicht unzulässig in das Selbstverwaltungsrecht ein. Die
Vorschrift enthält eine Zusammenstellung der Aufgaben des Rats der Region.
Keine dieser Aufgaben verleiht dem Rat Eingriffsbefugnisse gegenüber Städten,
Gemeinden und Kreisen im Gebiet des Ballungsraums.
Die Aufgaben des Rats der Region nach § 5 Nr. 1 bis 5 BallrG ermächtigen ihn nicht
zu hoheitlichen Eingriffen in Rechte Dritter. Eine solche Befugnis hat der
Gesetzgeber auch nicht gewollt. Die Gesetzesbegründung weist wiederholt darauf
hin, dass dem Rat der Region “keine exekutiven Entscheidungsbefugnisse”
zustünden (LT-Drucks. 15/1491, S. 18, 23). Er erhalte nur eine Leitlinienkompetenz
und Moderatorenfunktion und solle die Kommunen in ihrem eigenverantwortlichen
Handeln unterstützen (LT-Drucks. 15/1491, S. 23).
Die Grundsätze, die vom Rat der Region nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BallrG zur
Durchführung gemeinsamer Aufgaben aufgestellt werden, sind allerdings von den
Städten, Gemeinden und Landkreisen im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main bei
Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Damit werden die
Städte, Gemeinden und Landkreise in ihrem Selbstverwaltungsrecht, ihrer
Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte, zwar betroffen. Eine
solche Einwirkung verletzt das Selbstverwaltungsrecht aber nicht. Der Rat der
Region hat lediglich Grundsätze aufzustellen und keine ins Einzelne gehenden
Regelungen zu treffen. Im Rahmen einer Abwägungs- und Ermessensentscheidung
können Städte, Gemeinden und Landkreise von den aufgestellten Grundsätzen
ohne weiteres abweichen, wenn andere gewichtigere Belange vorliegen. Solche
gewichtigen Belange können auch örtliche sein, denen die betroffenen Städte und
Gemeinden nach Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte den Vorrang
einräumen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Einwirkung in das
Selbstverwaltungsrecht durch das Anliegen des Gesetzgebers gerechtfertigt, die
kommunale Zusammenarbeit im Ballungsraum zu stärken sowie dessen
geordnete Entwicklung zu fördern und zu sichern.
Darüber hinaus hat der Rat der Region im Rahmen des § 6 Abs. 2 Satz 2 BallrG ein
Widerspruchsrecht gegen die Beurteilung der Landesregierung in einer
Dringlichkeitserklärung, mit der sie die Bildung eines Pflichtverbandes vorbereitet.
Macht der Rat der Region von diesem Recht Gebrauch, so darf die
Landesregierung nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Widerspruch über die
Bildung eines Pflichtverbandes entscheiden. Ein solches Vetorecht gegenüber
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Bildung eines Pflichtverbandes entscheiden. Ein solches Vetorecht gegenüber
einer Dringlichkeitserklärung der Landesregierung, das zudem eine Entscheidung
nicht hindern kann, sondern nur aufschiebt, ist nicht geeignet, das
Selbstverwaltungsrecht der Städte, Gemeinden und Landkreise zu verletzen.
bb) Die Zusammensetzung des Rats der Region nach § 4 Abs. 2, 3 BallrG ist mit
dem Demokratieprinzip vereinbar und stellt keinen Verstoß gegen das
Willkürverbot dar.
Art. 137 HV schützt auch vor Eingriffen in das Selbstverwaltungsrecht aufgrund der
Ausübung von Staatsgewalt durch nicht demokratisch legitimierte Organe.
Insoweit wird das Bild der Selbstverwaltung durch das Demokratieprinzip geprägt
(vgl. BVerfGE 91, 228 [244]).
Dieses findet seinen Niederschlag in Art. 70 HV, wonach die Staatsgewalt
unveräußerlich beim Volke liegt (StGH, Urteil vom 30.04.1986 - P.St. 1023 -, StAnz
1986, S. 1089 [1098]; zu Art. 20 Abs. 2 GG vgl. BVerfG, NVwZ 2003, S. 974 [976
f.]). In einem demokratisch organisierten Staat sind verfassungsgemäß bestellte
Organe deshalb nur solche, die ihre Legitimation - unmittelbar oder mittelbar - auf
die Gesamtheit der Bürger und damit das Volk zurückführen können (StGH,
a.a.O.). Neben dem Volk sind folgerichtig nur solche verfassungsgemäß bestellte
Organe zur Ausübung von Staatsgewalt befugt.
Einer unmittelbaren demokratischen Legitimation bedürfen nach Art. 75 HV der
Landtag und nach Art. 138 HV die Oberbürgermeister, Bürgermeister und
Landräte. Der Grundsatz der demokratischen Legitimation gilt aber auch für die
Gemeinden und Gemeindeverbände und sonstigen rechtsfähigen Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Sie üben öffentliche Gewalt und
damit Staatsgewalt im weiteren Sinne aus. Hierfür müssen sie nach Art. 70 HV
vom Volk legitimiert sein (StGH, a.a.O). Dabei genügt grundsätzlich eine
mittelbare Legitimation. Eine unmittelbare personelle Legitimation ist zwar nach
Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG für die Vertretung von Gemeinden und Kreisen
erforderlich. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst aber nicht den Rat der Region. Seine
Mitglieder sind dennoch ausreichend legitimiert. Die kraft Amtes im Rat
vertretenen Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sind unmittelbar
vom Volk gewählte Repräsentanten der jeweiligen Gebietskörperschaft (§ 4 Abs. 3
Satz 1 BallrG, § 39 HGO). Gleiches gilt für die Landrätinnen und Landräte (§ 4 Abs.
3 Satz 1 BallrG, § 37 HKO). Die von den kreisfreien Städten, Sonderstatusstädten
und Landkreisen entsandten zweiten Mitglieder werden von den unmittelbar
legitimierten Vertretungskörperschaften gewählt (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BallrG). Auch
die “dritten Mitglieder” der Landkreise werden durch eine Wahl ermittelt, und zwar
aus dem Kreis der unmittelbar gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
der kreisangehörigen Gemeinden unter 50 000 Einwohnern, wobei das Verfahren
von den Landrätinnen und Landräten bestimmt wird (§ 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4
BallrG).
Die Zusammensetzung des Rats der Region ist mit dem Willkürverbot vereinbar.
Das Willkürverbot prägt ebenfalls in dem o. g. Sinne das Selbstverwaltungsrecht
(Günther, a.a.O., § 46 Rdnr. 9; vgl. zu § 91 BVerfGG BVerfGE 56, 298 [313];
BVerfG, NVwZ 2003, S. 850 [854]) und ist auch vom Gesetzgeber zu beachten. Ein
Verstoß gegen das Willkürverbot liegt nicht etwa darin, dass nicht alle
kreisangehörigen Gemeinden unter 50 000 Einwohnern im Rat der Region
vertreten sind. Der Landesgesetzgeber hat die kreisangehörigen Gemeinden unter
50 000 Einwohnern bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Rates der Region nicht
übersehen. Er hat vielmehr bewusst von einer repräsentativen Wahl der Mitglieder
des Rates der Region abgesehen. Die Entwicklung der Region sollte auch dadurch
vorangetrieben werden, dass gerade die maßgebenden kommunalen
Entscheidungsträger der Region eingebunden sein sollten (LT-Drucks. 15/1491, S.
19, 23). Die Besetzung des Rates der Region vorwiegend mit Vertretern derjenigen
kommunalen Gebietskörperschaften des Ballungsraums, die aufgrund ihrer Größe
eine besondere Bedeutung einnehmen, entbehrt nicht eines sachlichen Grundes
und ist frei von sachfremden Erwägungen.
II.
Die Übertragung der Aufstellung, Änderung und Aufhebung des
Flächennutzungsplans für das Gebiet des Ballungsraums auf den Planungsverband
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 PlanvG verletzt die
Antragstellerin nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht nach Art. 137 HV. Der
Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung wird nicht ausgehöhlt (1.). Die
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Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung wird nicht ausgehöhlt (1.). Die
Übertragung der Flächennutzungsplanung liegt im dringenden öffentlichen
Interesse (2.). Die Abgrenzung des Gebietes des Planungsverbandes greift nicht
unzulässig in das Selbstverwaltungsrecht der betroffenen Städte und Gemeinden
ein (3.).
1. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht umfasst mit der Planungshoheit die
Bauleitplanung und damit als deren Teil die Flächennutzungsplanung. Nach der
Definition in § 5 BauGB wird im Flächennutzungsplan für das gesamte
Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung
ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der
Gemeinde in den Grundzügen dargestellt. Diese Vorstellungen zu entwickeln und
planerisch darzustellen, ist zunächst ausschließliche Aufgabe der Gemeinden. Der
Entzug der Flächennutzungsplanung bedeutet mithin einen Eingriff in das
Selbstverwaltungsrecht.
Die gemeindliche Planungshoheit gilt jedoch nicht unbeschränkt. Gemeinden
haben bei der Flächennutzungsplanung Rücksicht zu nehmen auf ihr Umland und
die Bedürfnisse der Gesamtheit. Das bindet die Flächennutzungsplanung an die
überörtliche Planung, die Landesentwicklungsplanung und den Regionalplan, die
die Planungsfreiheit der Gemeinden einschränken, und gebietet die Abstimmung
mit den benachbarten Gemeinden. Schon insoweit kann das
Selbstverwaltungsrecht durch Gesetze eingeschränkt werden. Bundesrecht
begrenzt zudem die Planung auf vielfache Weise. Dennoch kann Städten und
Gemeinden die Zuständigkeit zur Flächennutzungsplanung nur entzogen werden,
soweit der Wesensgehalt des Selbstverwaltungsrechts unangetastet bleibt. Ein
Eingriff in den Wesensgehalt wäre erst anzunehmen, wenn den Gemeinden die
ihnen eigenen und ihr Selbstverständnis prägenden Grundlagen so weit entzogen
würden, dass von selbstverantwortlicher Verwaltung der eigenen Angelegenheiten
nicht mehr die Rede sein könnte (vgl. BVerfGE 79, 127 [146] - Rastede -; BVerfG,
NVwZ 2003, S. 850 [851]).
a) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, ob die Planungshoheit der
Gemeinden zum unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, bisher
offen gelassen (BVerfGE 56, 298 [313]; 76, 107 [118 f.]; 103, 332 [366]). Der
Kernbereich sei jedenfalls betroffen, wenn die kommunale Selbstverwaltung völlig
beseitigt oder derart ausgehöhlt werde, dass die Gemeinde keinen ausreichenden
Spielraum zu ihrer Ausübung mehr habe, wenn also die Selbstverwaltung nur noch
ein Scheindasein führen könnte. Da der Kernbereich nur institutionell, nicht jedoch
für einzelne Gemeinden gewahrt sein müsse, sei er jedenfalls dann nicht verletzt,
wenn die Planungshoheit einzelner Gemeinden in räumlich abgegrenzten Gebieten
eingeschränkt werde. Aber auch, wenn (durch Gesetz) die Planungshoheit aller
Gemeinden berührt werde, so bedeute dies nicht unbedingt einen unzulässigen
Angriff auf den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Denn selbst wenn der
Kernbereich der Selbstverwaltung die Planungshoheit umfassen sollte, so könne
dies wiederum nur für deren Wesensgehalt und nicht für die Planungshoheit in
vollem Umfang und in allen ihren Erscheinungsformen gelten (BVerfGE 103, 332
[366]).
Frühere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts legen nahe, dass die
Flächennutzungsplanung nicht zum unantastbaren Kernbereich der
Planungshoheit gehört. So hält das Bundesverfassungsgericht es unter den
Voraussetzungen des § 205 Abs. 6 BauGB (entspricht dem zum Zeitpunkt der
Entscheidung geltenden § 4 Abs. 8 BBauG) für zulässig, die
Flächennutzungsplanung auf einen Verband zu verlagern (BVerfGE 77, 288 [307 f.]
- zum Stadtverband Saarbrücken - ausdrücklich unter Hinweis auf die
Gemeindekammer im Umlandverband Frankfurt).
b) In der übrigen Rechtsprechung und im Schrifttum bestehen zu dieser Frage
unterschiedliche Ansichten.
Die überwiegende Meinung zählt die Flächennutzungsplanung nicht zum
unantastbaren Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung (z.B. SaarlVerfGH,
Urteil vom 18.12.1974 - Lv 7/74 -, AS 14, 145 ff.; Dreier, in: Dreier [Hrsg.], GG,
Band II, 1998, Art. 28 Rdnr. 130; Löwer, in: von Münch/ Kunig, [Hrsg.], GG, Band 1,
5. Aufl. 2000, Art. 28 Rdnr. 76 i.V.m. Rdnr. 75; Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels,
Öffentliches Baurecht: Bauplanungsrecht, Bauordnungsrecht und Grundzüge des
Raumordnungsrechts, 2. Aufl. 2002, § 2 Rdnr. 36; Giegerich, Die Planungshoheit
der Gemeinde, JA 1988, S. 367 [370]; Heinemann, Rechtsfragen zur Übertragung
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der Gemeinde, JA 1988, S. 367 [370]; Heinemann, Rechtsfragen zur Übertragung
der Flächennutzungsplanung auf die Kreis- oder Stadtverbandsebene, DÖV 1982,
S. 189 [191]; Köstering, Kommunale Selbstverwaltung und staatliche Planung,
DÖV 1981, S. 689 [691]; Schmidt-Aßmann, Der Städteverband als Modell
kommunaler Neugliederung in Ballungsräumen, DÖV 1973, S. 109 [111]; ders.,
Die Stellung der Gemeinden in der Raumplanung, VerwArch 71 [1980], S. 117
[130]; nach Clemens, Kommunale Selbstverwaltung und institutionelle Garantie:
Neue verfassungsrechtliche Vorgaben durch das BVerfG, NVwZ 1990, S. 834
[838], gehört die Planungshoheit insgesamt nicht zum Kernbereich). Gleichwohl
soll der Gesetzgeber die Flächennutzungsplanung den Gemeinden nicht nach
Belieben entziehen können. Selbst wenn die Flächennutzungsplanung nicht zu
dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehöre, müsse
sich eine Hochzonung im Ergebnis an den vom Bundesverfassungsgericht im
Rastede-Beschluss entwickelten Grundsätzen messen lassen.
Soweit angenommen wird, die Flächennutzungsplanung sei in den Kernbereich
einbezogen (so etwa BWStGH, ESVGH 26, 1 [6] = DÖV 1976, S. 595; Grauvogel,
in: Brügelmann, BauGB, § 2 Rdnr. 6, Bearbeitung 11/1987; Brohm, Öffentliches
Baurecht: Städtebau- und Raumplanungsrecht, 3. Aufl. 2002, § 9 Rdnr. 4: “nicht
ganz aus dem Kernbereich ausgenommen”), wird daraus jedoch nicht gefolgert,
dass die Übertragung der Kompetenz zur Flächennutzungsplanung etwa auf einen
Gemeindeverband das Selbstverwaltungsrecht verletze. Das sei wegen der
überörtlichen Bezüge der vorbereitenden Bauleitplanung nicht der Fall, wenn den
Gemeinden eine Mitwirkungsmöglichkeit im Verband verbleibe (BWStGH, ESVGH
26, 1 [7]). Werde die Flächennutzungsplanung auf Planungsverbände übertragen,
dürfe dies nicht die autonome gemeindliche Gestaltung ausschließen, also die
Gemeinde durch eine zu große Dichte an Festlegungen knebeln (Brohm, a.a.O.).
c) Die dargestellten Auffassungen verdeutlichen, dass nach ganz überwiegender
Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum das Recht der Städte und Gemeinden
zur Flächennutzungsplanung einer Beschränkung nicht gänzlich entzogen ist. Der
Staatsgerichtshof braucht nicht abschließend zu entscheiden, in welchem Umfang
die Flächennutzungsplanung zum Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts
gehört. Jedenfalls greift die Übertragung der Flächennutzungsplanung in den
betroffenen Städten und Gemeinden auf den Planungsverband Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main nicht in den Kernbereich ein, weil den Städten und
Gemeinden noch ausreichender Spielraum verbleibt, ihre Selbstverwaltung zur
Geltung zu bringen.
Auch nach der Hochzonung der Flächennutzungsplanung können die Städte und
Gemeinden mit der Bebauungsplanung ihr Gemeindegebiet nach ihrer Vorstellung
in ausreichender Weise entwickeln. Der Flächennutzungsplan wird in einem
Maßstab erstellt, der beträchtliche Freiheit für detaillierte gemeindliche
Bebauungsplanung belässt. Bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans durch
den Planungsverband wirken sie mit. Der Regionale Flächennutzungsplan kann nur
mit Zustimmung der Verbandskammer erlassen werden und dort ist das
Stimmengewicht der im Planungsverband vertretenen Städte und Gemeinden
nicht unangemessen verteilt.
Der Gesetzgeber hat für die Überplanung des Plangebiets keinen detailgenaueren
Maßstab als 1:50 000 vorgesehen (§ 13 Abs. 4 HLPG). Dieser Maßstab lässt der
Bebauungsplanung mehr Spielraum für die örtlich relevanten Einzelheiten als ein
Flächennutzungsplan, dem üblicherweise Karten in den Maßstäben von 1:5 000 bis
1:25 000 zugrunde gelegt werden (Schmitz/ v. Hesler/Groß, Modelle eines neuen
Plantyps für Verdichtungsräume, 1997, S. 21 = Akademie für Raumforschung und
Landesplanung, Arbeitsmaterial, Nr. 222, 1998).
Nach § 1 Abs. 1 PlanvG i.V.m. § 2 Abs. 1 BallrG sind alle Städte und Gemeinden im
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main Mitglied im Planungsverband Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main. Alle Gemeinden sind in der Verbandskammer vertreten, in
der alle wichtigen Entscheidungen, auch Entscheidungen über einen künftigen
Flächennutzungsplan, getroffen werden. Sie sind so an den Entscheidungen des
Verbandes beteiligt.
Überdies hat der Planungsverband die Vorstellungen der einzelnen Gemeinden zu
ihrer örtlichen Planung in einem Flächennutzungsplan zu berücksichtigen, soweit
nicht Belange des Gesamtraums entgegenstehen (vgl. Brohm, a.a.O., § 6 Rdnr.
17). Die Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet, dass gegen den Willen einer
Gemeinde unter Ausnutzung der Mehrheitsverhältnisse Beschlüsse nicht gefasst
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Gemeinde unter Ausnutzung der Mehrheitsverhältnisse Beschlüsse nicht gefasst
werden dürfen, die nicht durch überörtliche Belange zu rechtfertigen sind (vgl.
BWStGH, ESVGH 26, 1 [8]; Schmidt-Eichstaedt‚ Gemeinsame
Flächennutzungsplanung nach Bundes- und Landesrecht, NVwZ 1997, S. 846 [850
Fn. 18]). Nicht durch Belange des Gesamtraums gerechtfertigte Sonderinteressen
einer Mehrheit dürfen nicht auf Kosten einer Mitgliedsgemeinde bei der
Flächennutzungsplanung durchgesetzt werden (BWStGH, a.a.O.; in Anlehnung
hieran Sixt, in: Kunze/Schmidt, BadWürttGO, 4. Aufl. 1995, Stand 5/2002, § 61
Rdnr. 18). Andererseits besteht das Wesen der gemeindlichen Selbstverwaltung
nicht darin, dass jede Gemeinde nach ihren Kommunalegoismen frei schalten
kann. Vielmehr soll sie verantwortlich walten und bei ihren Maßnahmen auch ihre
Stellung innerhalb des sie umgebenden Raumes und die sich daraus ergebende
Notwendigkeit zu Zusammenarbeit und Ausgleich in Betracht ziehen (BVerfG,
NVwZ 1982, S. 95).
Dem Mitwirkungsrecht der Städte und Gemeinden bei der Aufstellung des
Flächennutzungsplans steht nicht entgegen, dass die Darstellungen des
Flächennutzungsplans nach § 5 BauGB, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 HLPG
zugleich Festlegungen nach § 9 Abs. 4 HLPG sind, im Zusammenwirken mit der
Regionalversammlung entwickelt und nach Maßgabe des § 13 HLPG beschlossen
werden müssen (Regionaler Flächennutzungsplan). Infolge eines
Redaktionsversehens nimmt § 2 Abs. 1 Nr. 1 PlanvG noch Bezug auf § 6 Abs. 3
HLPG. Bei der Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes im Jahre 2002
(vgl. oben S. 5) wurde versäumt, § 2 Abs. 1 Nr. 1 PlanvG auch insoweit zu ändern.
Zweifelsfrei sind aber die Festlegungen gemeint, die nunmehr in § 9 Abs. 4 HLPG
aufgeführt sind, was sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 HLPG ergibt, der ausdrücklich
entsprechend Bezug nimmt. Die Interessen der betroffenen Gemeinden werden im
Verfahren verfassungsrechtlich angemessen berücksichtigt. In einem frühen
Stadium können alle für den Flächennutzungsplan relevanten Interessen offen
gelegt und flächennutzungsplanerische und regionalplanerische Ziele parallel
entwickelt werden. Gegen den Planungsverband können Festlegungen für den
Flächennutzungsplan nicht beschlossen werden. Es bleibt daher Sache der für den
Planungsver-band entscheidenden Verbandskammer, in die Beratungen die
Interessen der Gemeinden einzubringen. Übereinstimmender Beschlüsse zwischen
der Verbandskammer und der Regionalversammlung bedarf es nach § 13 Abs. 2
Satz 1 HLPG für die Festlegungen nach § 9 Abs. 4 HLPG, die zugleich
Darstellungen nach § 5 des Baugesetzbuchs sind. Kommt es nach einem in § 13
Abs. 2 Satz 3 HLPG vorgesehenen Verfahren nicht zu übereinstimmenden
Beschlüssen, entscheidet nach § 13 Abs. 2 Satz 4 HLPG die Verbandskammer
auch über den Flächennutzungsplan allein, allerdings nach Maßgabe der
regionalplanerischen Festlegungen. An regionalplanerische Festlegungen sind die
Gemeinden aber ohnedies gebunden.
Soweit in der Regionalversammlung auch über Darstellungen des
Flächennutzungsplans beraten werden könnte, die keine Festlegungen nach § 9
Abs. 4 HLPG sind, ist ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht von Städten und
Gemeinden im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main von vornherein
ausgeschlossen. Zwar sind in der Regionalversammlung für die Planungsregion
Südhessen nach §§ 21, 22 Abs. 1 HLPG auch Gebietskörperschaften vertreten, die
dem Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main nicht angehören. Doch haben die
Regionalversammlung und insbesondere darin vertretene ballungsraumfremde
kommunale Gebietskörperschaften insoweit keine Möglichkeit, eine inhaltliche
Ausgestaltung flächennutzungsplanerischer Darstellungen zu erreichen, die nicht
dem Willen des Planungsverbandes entspricht. Ohne die Zustimmung der
Verbandskammer des Planungsverbandes kommt ein Regionaler
Flächennutzungsplan nicht zustande. Der Einfluss der obersten
Landesplanungsbehörde, der sich im Konfliktfall auf den Inhalt des
Flächennutzungsplanes bestimmend auswirken könnte, wird begrenzt. Ihr wird eine
Aufstellung der flächennutzungsplanbezogenen Darstellungen nach § 13 Abs. 5
Satz 3 HLPG verwehrt.
Die Mitwirkungsrechte sind auch sachgerecht so ausgestaltet, dass sie den
Gemeinden einen angemessenen Einfluss auf die Flächennutzungsplanung
gewährleisten. Die Mitglieder des Planungsverbandes, alle im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main gelegenen Städte und Gemeinden, entsenden nach § 5 Abs.
1 PlanvG je einen Vertreter oder eine Vertreterin in die Verbandskammer. Nicht
alle Vertreter oder Vertreterinnen der Mitglieder des Planungsverbandes haben ein
gleiches Stimmengewicht. Nach § 5 Abs. 2 PlanvG verfügen die Vertreterin oder
der Vertreter der Stadt Frankfurt am Main über zwölf Stimmen, der Stadt
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der Vertreter der Stadt Frankfurt am Main über zwölf Stimmen, der Stadt
Offenbach am Main über vier Stimmen, der Stadt Hanau über drei Stimmen, der
Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern über je zwei Stimmen und der anderen
Städte und Gemeinden über je eine Stimme. Der Gesetzgeber hat das Kriterium
der Einwohnerstärke bei der Bemessung der Stimmenzahl in der
Verbandskammer zugrunde gelegt. Das ist nicht sachwidrig und vermeidet, dass
die Anzahl der Einwohner, die von den jeweiligen Verbandskammermitgliedern
repräsentiert werden, je Verbandskammerstimme stark schwankt, und zwar je
nachdem, ob es sich um den Einwohner einer Großstadt oder einer kleinen
Gemeinde handelt. Die Gewichtung der Stimmenzahl ist nichts
Außergewöhnliches, wie Art. 51 Abs. 2 GG zeigt, und entspricht deutscher
bundesstaatlicher Tradition (näher Korioth, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das
Bonner Grundgesetz, Band 2, 4. Aufl. 2000, Art. 51 Rdnr. 16 f.; vgl. auch etwa §
211 Abs. 2 des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes des Saarlandes in der
Fassung der Bekanntmachung vom 27.06.1997, ABl. S. 682, zuletzt geändert
durch Gesetz vom 07.11.2001, ABl. S. 2158 ).
2. Der Aufgabenentzug ist mit dem Aufgabenverteilungsprinzip nach Art. 137 Abs.
1 Satz 2 HV vereinbar und liegt im dringenden öffentlichen Interesse.
Zum Wohl der Allgemeinheit kann es dringend geboten sein, die
Flächennutzungsplanung auf einen Planungsverband zu verlagern. Eine
einheitliche, Gemeindegrenzen übergreifende Bauleitplanung kann aus
übergeordneten und überörtlichen Gründen erforderlich sein. Bei der Ausfüllung
des Begriffs “im dringenden öffentlichen Interesse” ist dem Normgeber eine
gesetzgeberische Ge-staltungsfreiheit und damit die Kompetenz eingeräumt, die
erforderliche Abwägung selbst vorzunehmen. Die Spielräume auszufüllen, ist
Sache des Gesetzgebers und vom Staatsgerichtshof nur eingeschränkt
verfassungsrechtlich zu überprüfen. Der Staatsgerichtshof kann nicht seine eigene
Abwägung an die Stelle derjenigen des Normgebers setzen. Er hat nur zu prüfen,
ob diese sich in den verfassungsrechtlich vorgezeichneten Grenzen hält (vgl.
BVerfGE 76, 107 [121]). Die Entscheidung des Gesetzgebers muss den Rahmen
vertretbar ausfüllen, den das Aufgabenverteilungsprinzip nach Art. 137 HV festlegt
(vgl. BVerfGE 79, 127 [154]). Die gesetzgeberische Einschätzung des Gewichts der
eine Übertragung auf einen Planungsverband rechtfertigenden Gründe muss
vertretbar sein. Der Staatsgerichtshof hat zu untersuchen, ob der
entscheidungsrelevante Sachverhalt ermittelt und dem Gesetzgebungsverfahren
zugrundegelegt worden ist. Schließlich muss der Gesetzgeber die Vor- und
Nachteile des beabsichtigten Gesetzes sachgerecht abwägen (vgl. zu § 98 BbgLV
VerfGBbg, Urteil vom 18.12.2003 - VfGBbg 101/03 -,
www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Dem ist hier in verfassungsrechtlich
vertretbarer Weise Rechnung getragen.
a) Der Gesetzgeber strebt mit der Übertragung der Flächennutzungsplanung auf
den Planungsverband eine einheitliche Entwicklung im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main an (LT-Drucks. 15/1491, S. 33). Die Position des Wirtschafts-
zentrums Frankfurt am Main und der die Stadt umgebenden Kommunen im
europäischen und internationalen Wettbewerb soll gestärkt werden (LT-Drucks.
15/1491, S. 1). Dazu bedarf es einer erhöhten Koordination und Abstimmung im
Verbandsgebiet. Einen wesentlichen Teil soll die gemeinsame
Flächennutzungsplanung im Planungsverband leisten. Die
Flächennutzungsplanung von 75 Städten und Gemeinden auf den
Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main zu verlagern, rechtfertigt sich
dadurch. Ein Flächennutzungsplan für das Verbandsgebiet ermöglicht einen
gerechten Ausgleich der verschiedenen Belange. Dabei kommt es nicht darauf an,
ob es in der Vergangenheit bei der Flächennutzungsplanung durch den
Umlandverband Frankfurt und die einzelnen Städte und Gemeinden im
Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main, die bisher nicht dem Umlandverband Frankfurt
angehörten, zu nachweisbaren Defiziten bei der Flächennutzungsplanung
gekommen ist. Entscheidend ist, dass sich die vom Gesetzgeber definierte Region
nach seiner Vorstellung künftig einheitlich entwickeln soll. Einer Defizitanalyse
bedurfte es deshalb nicht. Weder das Ziel des Gesetzgebers noch das Ergebnis
der Abwägung ist verfassungsrechtlich zu beanstanden.
Folgende Überlegungen waren im Gesetzgebungsverfahren maßgeblich. Die
Rhein-Main Region ist, ausgehend von der Bevölkerungsdichte im
Landesdurchschnitt, ein Verdichtungsraum. Die Position des Wirtschaftszentrums
Frankfurt am Main und der umgebenden Kommunen im europäischen und
internationalen Wettbewerb beruht auf ihrer modernen Wirtschafts- und
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internationalen Wettbewerb beruht auf ihrer modernen Wirtschafts- und
Verkehrsstruktur, ihrer ausgeprägten Wirtschaftskraft und finanzwirtschaftlichen
Dynamik. Der Rhein-Main-Region kommt nicht nur eine besondere Rolle in Hessen
und in Deutschland zu, sondern sie übernimmt auch eine Metropolfunktion von
zentraler europäischer Bedeutung. Gleichzeitig ist sie jedoch vom Strukturwandel
der Wirtschaft und den Auswirkungen globaler Entwicklungen besonders betroffen
(vgl. Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hessen 2000 vom 13.12.2000,
GVBl. 2001 I S. 2 [7]).
Der Gesetzgeber ging von dem allgemein bekannten Umstand aus, dass es in
großstädtischen Verdichtungsräumen Stadt-Umland-Probleme gibt (siehe hierzu:
Kilian/Müllers, Möglichkeiten zur Bewältigung von Stadt-Umland-Problemen in
großstädtischen Verdichtungsräumen, VerwArch 89 [1998], S. 25 [26]). Hierbei
handelt es sich um spezifische Entwicklungs- und Ordnungsprobleme innerhalb
großräumiger Zusammenballungen von Menschen, die gekennzeichnet sind durch
die Konzentration von Entwicklungspotential, durch Konkurrenzen um die Nutzung
von Grund und Boden, durch eine ausgeprägte Funktionsteilung zwischen
Kernstadt und Umland, durch intensive Verflechtungen vor allem im Bereich von
Verwaltung und Wirtschaft, durch enge Verkehrsbeziehungen sowie durch
Belastungen des Naturhaushalts. Die Bewältigung dieser Probleme gelang mit den
vorhandenen Verwaltungsstrukturen nur unzureichend.
Die Diskussion über eine Änderung der Verwaltungsstruktur gerade im Rhein-Main-
Gebiet ist nicht neu (vgl. etwa Lange, Zur Problematik einer isolierten
Regionalkreisbildung - Überlegungen zur Reformdiskussion im Rhein-Main-Gebiet -,
DÖV 1996, S. 684), die Notwendigkeit regionaler Zusammenarbeit im Rhein-Main-
Gebiet unbestritten (vgl. Hill/Nemitz, Verwaltungsstrukturmodelle auf dem
Prüfstand: Darstellung und Vergleich möglicher Reformmodelle für die Region
Rhein-Main, Gutachten im Auftrag der Wirtschaftsinitiative Frankfurt Rhein-Main
e.V., ohne Jahresangabe, S. 1 ff. mit Nachweisen).
In der Folge des Bemühens um eine Bewältigung der anstehenden Probleme
wurde am 1. Januar 1975 der Umlandverband Frankfurt geschaffen. Nach § 3 des
Gesetzes über den Umlandverband Frankfurt (vom 11.09.1974, GVBl. I S. 427) “…
soll (der Verband) die geordnete Entwicklung des Verbandsgebiets koordinieren
und fördern…”. Zu diesem Zweck wurde dem Umlandverband Frankfurt u. a. die
Aufgabe der Flächennutzungsplanung für die in seinem Verbandsgebiet liegenden
43 Städte und Gemeinden übertragen. Der Umlandverband Frankfurt war ein
Planungsverband nach § 205 Abs. 6 BauGB. Ihm wurde attestiert, dieses
schwierige Unterfangen sei ihm gelungen (Meyer, a.a.O., S. 169 [261 Fn. 427]).
Ausschlaggebend für die Bildung des Umlandverbandes sei die Überlegung
gewesen, dass eine sinnvolle Planung im Rhein-Main-Verdichtungsgebiet nur bei
Vereinigung der hierfür erforderlichen Kompetenzen in einer Hand möglich sei.
Durch den Verband seien den Gemeinden zwar eine Reihe von Kompetenzen
genommen worden. Dies erscheine aber dadurch gerechtfertigt, dass eben diese
Befugnisse für die Rhein-Main-Region einheitlich ausgeübt werden sollten (Hermes,
Baurecht, in: Meyer/Stolleis, a.a.O., S. 361 [377]; vgl. auch die positive
Einschätzung von Simon, Zehn Jahre Umlandverband Frankfurt, DÖV 1985, S.
345).
An die Erfahrungen des Umlandverbandes Frankfurt, der einen gemeinsamen
Flächennutzungsplan für alle verbandsangehörigen Gemeinden erstellt hat,
knüpfen die gesetzgeberischen Überlegungen u. a. an (LT-Drucks. 15/1491, S. 33;
Redebeitrag des Abgeordneten Haselbach, LT-Sten. Ber. 15/47. Sitzung, S. 3098).
Diese Erfahrungen haben zu dem Schluss beigetragen, eine einheitliche
Flächennutzungsplanung sei geeignet, die anstehenden Probleme lösen zu helfen.
Das ist vertretbar.
b) Die Tatsachen, die im Gesetzgebungsverfahren bereits vorlagen, tragen die
Entscheidung. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob heute neuere Erkenntnisse
die aus gesetzgeberischer Sicht zu treffende Prognoseentscheidung stützen. Die
Landesregierung verweist zur weiteren Begründung des Gesetzes auf steigende
Bevölkerungszahlen, während die dem Landesentwicklungsplan Hessen 2000
(GVBl. I 2001 S. 2 ff.) zugrunde liegenden statistischen Daten eine auch für
Südhessen rückläufige Bevölkerungsentwicklung ausweisen. Auf die neuen Daten
kommt es aber nicht an. Der Gesetzgeber war davon ausgegangen, dass es auch
in der Zukunft einen erhöhten Kooperations- und Abstimmungsbedarf wegen des
in der Rhein-Main-Region festzustellenden Industrialisierungs- und
Verdichtungsprozesses in den vergangenen Jahrzehnten gibt. Es wird eingestellt,
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Verdichtungsprozesses in den vergangenen Jahrzehnten gibt. Es wird eingestellt,
dass sich die Flächenentwicklung in der Zukunft nicht mehr so dynamisch
darstellen wird wie bisher, die Konflikte aber auch in der Zukunft gelöst werden
müssen. Schließlich ergibt sich etwa ein erhöhter Siedlungsdruck schon daraus,
dass die Region im Vergleich zu anderen Regionen Hessens ein attraktiver
Zuwanderungsraum bleiben wird. Das wird die Nachfrage nach Arbeitsplätzen
weiter erhöhen. Der Bedarf an Wohnraum wird ebenfalls infolge anhaltender
Veränderungen der Haushaltsstruktur steigen (vgl. dazu die Ausführungen im
Regionalplan Südhessen, StAnz. 2001, S. 614 ff.).
Die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung geht davon aus, dass
dem Planungsverband insbesondere die Kompetenz übertragen werde, im
Rahmen des neuen Instrumentes “Regionaler Flächennutzungsplan” kommunale
Aufgaben wahrzunehmen, und knüpft insoweit an die bisherige interkommunale
Erstellung des Flächennutzungsplans an (LT-Drucks. 15/1491, S. 33).
Planungsverbände seien in der Bundesrepublik Deutschland eine rechtlich
anerkannte Organisationsform, um durch zusammengefasste Bauleitplanung
einen Ausgleich der verschiedenen Belange und Interessen zu gewährleisten (LT-
Drucks. 15/1491, S. 24). Im Zusammenhang mit der auch für den
Planungsverband maßgeblichen Abgrenzung des Ballungsraums wird auf
verdichtete Räume und raumstrukturelle Verflechtungen Bezug genommen.
Pendlerbeziehungen, Einwohnerdichte und Beschäftigungsstruktur werden
berücksichtigt (LT-Drucks. 15/1491, S. 22), ebenso die Entlastungsfunktion von
Teilbereichen für den Kernraum (LT-Drucks. 15/1491, S. 28). Der Regionale
Flächennutzungsplan beschränke sich durch den gewählten Maßstab von 1:50 000
auf die wesentlichen Darstellungen und gewähre somit einen großen Spielraum für
die gemeindlichen Bebauungspläne vor Ort (LT-Drucks. 15/1491, S. 25).
Planungsprozesse würden vereinfacht oder beschleunigt (LT-Drucks. 15/1491, S.
19). Das Bedürfnis nach einer koordinierten und abgestimmten Planung durchzieht
den Gesetzgebungsprozess gleichsam wie ein “roter Faden”, was auch in
verschiedenen Beiträgen zum Ausdruck kommt, die aus Anlass der Anhörung des
Hessischen Landtages im Gesetzgebungsverfahren abgegeben wurden (vgl. Prot.
des INA 15/31 = WVA/15/15 vom 16.11.2000).
Weitere Hinweise auf die tatsächliche Situation, wie sie der Gesetzgeber im Jahre
2000 vorgefunden hat, lassen sich der Antwort der Landesregierung auf die Fragen
des Staatsgerichtshofs entnehmen.
Die Landesregierung hält eine einzelgemeindliche Flächennutzungsplanung für
überfordert, die raumstrukturellen Probleme im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
zu lösen. Ergänzend trägt die Landesregierung u.a. vor: Im Rhein-Main-Gebiet
komme der Sicherung von zusammenhängenden Freiräumen sowie dem Schutz
der natürlichen Ressourcen ein hoher Rang zu. Es gehe hierbei namentlich um die
Erhaltung und Entwicklung von regionalen Grünzügen, Klimaschneisen, Freiflächen
zur Regenerierung des Grundwassers, Biotopverbundsystemen und
Erholungsbändern. Bedeutsam sei in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch
eine regional abgestimmte Konzeption der Flächen und Maßnahmen zur
Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft. Sie müsse darauf Rücksicht
nehmen, dass die weiterhin erforderlichen größeren Eingriffe eine Vielzahl von
Gemeinden beträfen. In manchen Gemeinden seien die Flächenpotentiale für
Kompensationsmaßnahmen bereits weitgehend ausgeschöpft, in anderen
dagegen noch in ausreichendem Maße vorhanden. Freiraumsicherung und
Ressourcenschutz im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main seien nicht durch
einzelgemeindliche, sondern nur durch gemeindeübergreifende Planungen zu
erreichen.
Ähnlich wie mit der Freiraumsicherung und dem Ressourcenschutz verhalte es sich
beispielsweise auch mit den Sachbereichen Wohnen, Wirtschaft und Verkehr. Die
Wohnflächennachfrage sei nicht lokal, sondern regional orientiert. Ihr sei deshalb
auch ein entsprechend abgestimmtes Angebot gegenüber zu stellen. Dies
bedeute: Auf kommunaler Ebene seien die Interessen der verschiedenen
Gemeinden an der Wohnbauflächenbereitstellung mit den jeweils möglichen Bau-
und Verdichtungsformen sowie den Möglichkeiten der Nachverdichtung und
Umnutzung zu einem Ausgleich zu bringen. Zugleich sei eine Abstimmung mit der
regionalen Ebene erforderlich. Die regionalen Erfordernisse beträfen u. a. die
Verkehrsanbindung, den Freiraumschutz, die übergemeindliche
Infrastrukturversorgung sowie die Funktion der einzelnen Gemeinden im System
der zentralen Orte.
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Im Bereich der Wirtschaft werde die Standortsuche der Unternehmen zunehmend
nicht mehr nur lokal, sondern regional ausgerichtet. Ein attraktives
Standortangebot in einem hochverdichteten Ballungsraum lasse sich auf
kommunaler Ebene nur bereitstellen, wenn die Gemeinden sich hierbei planerisch
eng abstimmten. Nicht zuletzt verlange in einem solchen Raum auch die
Standortausweitung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ein derartiges
Zusammenwirken.
Überdies werde die Mobilitätsnachfrage im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
künftig weiter steigen. Es werde jedoch nicht zu einer großzügigen Erweiterung des
vorhandenen Verkehrsnetzes kommen, sondern es werde um punktuellen Ausbau,
Ergänzung und Optimierung des Bestandes gehen, etwa durch den Bau von
Umgehungsstraßen, durch das Ausschöpfen der bestehenden Reserven mit Hilfe
von Verkehrsmanagement, durch die verbesserte Koordination von öffentlichem
Verkehr und Individualverkehr sowie die verstärkte Ausrichtung der
Siedlungsflächenerweiterung auf die Kapazitätsreserven des Verkehrsnetzes.
c) Der Gesetzgeber hat den dargestellten Sachverhalt und die Interessen der
beteiligten Körperschaften nachvollziehbar gegeneinander abgewogen (vgl. LT-
Drucks. 15/1491, S. 24; LT-Sten. Ber. 15/47. Sitzung, S. 3099; 15/57. Sitzung, S.
3923; 15/59. Sitzung, S. 4027). Er ist davon ausgegangen, dass die Übertragung
der Flächennutzungsplanung auf den Planungsverband von herausragender
Bedeutung sei und von diesem mit der erforderlichen Kompetenz ausgeübt
werden könne. Der Gesetzgeber durfte in seine Überlegungen auch einbeziehen,
dass für einen gewichtigen Teil des Verbandsgebietes - 43 von 75 Städten und
Gemeinden - die Flächennutzungsplanung bereits einem Verband übertragen war,
der einen gemeinsamen Flächennutzungsplan erstellt hat.
Der Verweis auf Kompensationserfordernisse beruht auf gesetzlichen Vorgaben. §
21 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz sieht vor, dass über die Vermeidung, den
Ausgleich und den Ersatz bei zu erwartenden Eingriffen in Natur und Landschaft zu
entscheiden ist, wenn Bauleitpläne aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben
werden. Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB erfolgt der Ausgleich der zu erwartenden
Eingriffe in Natur und Landschaft durch geeignete Darstellungen nach § 5 BauGB
als Flächen zum Ausgleich und durch Festsetzungen nach § 9 BauGB als Flächen
oder Maßnahmen zum Ausgleich. Aus § 1a Abs. 3 Satz 2 BauGB ergibt sich, dass
solche Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des
Eingriffs erfolgen können, soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen
Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der
Landschaftspflege vereinbar ist. Daher können erforderliche Kompensationen für
Vorhaben innerhalb des Kernbereichs des Ballungsraums an den Randbereichen
des Ballungsraums erfolgen. Daraus können sich unterschiedliche Interessen der
Gemeinden ergeben. Ein gemeinsamer Flächennutzungsplan ist geeignet, diese
auszugleichen.
d) Der Aufgabenentzug geht nicht über das im dringenden öffentlichen Interesse
erforderliche Maß hinaus.
Die Verlagerung der Flächennutzungsplanung ist nicht bereits deshalb unzulässig,
weil eine weitergehende Koordination und Abstimmung im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main auch durch eine “detailfreudigere” Regionalplanung erfolgen
könnte. Eine solche Planung wäre nicht in gleicher Weise ein geeignetes, aber das
Selbstverwaltungsrecht weniger beschränkendes Mittel, das gesetzgeberische Ziel
zu erreichen. Der Gesetzgeber überschreitet den ihm zustehenden
Gestaltungsspielraum nicht, wenn er sich für das ihm am besten geeignet
erscheinende Mittel entscheidet. Die Städte und Gemeinden im Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main haben bei der Regionalplanung weniger
Mitwirkungsbefugnisse als bei der Flächennutzungsplanung durch den
Planungsverband. Den Regionalplan beschließt die Regionalversammlung (§ 10
Abs. 1 HLPG) für die Planungsregion Südhessen, die den Regierungsbezirk
Darmstadt umfasst (§ 21 Abs. 2 Satz 3 HLPG). In der Regionalversammlung sind
keine kreisangehörigen Gemeinden unter 50 000 Einwohnern vertreten. Die
übrigen Gemeinden, kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte des
Verbandsgebietes sind zwar in der Regionalversammlung vertreten, müssen hier
aber ihren Einfluss mit den Landkreisen und den nicht zum Verbandsgebiet
gehörenden Städten und Sonderstatusstädten teilen (§ 23 Abs. 1 HLPG). Hinzu
kommt, dass eine Regionalplanung die Planungsvorstellungen der Gemeinden
umso mehr bestimmt, je detaillierter sie ist. Wie detailliert eine Regionalplanung
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umso mehr bestimmt, je detaillierter sie ist. Wie detailliert eine Regionalplanung
sein wird, hängt vom Einzelfall ab. Daher lässt sich nicht abstrakt bestimmen, ob
eine detailliertere Regionalplanung weniger in das Selbstverwaltungsrecht
eingreifen würde als die Übertragung der Flächennutzungsplanung auf den
Planungsverband.
3. Der Gebietszuschnitt des Planungsverbandes ist mit der
Selbstverwaltungsgarantie ebenfalls vereinbar. Der Gesetzgeber hat den ihm
zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Die Einschätzungen und
Entscheidungen des Gesetzgebers sind vertretbar.
Die Abgrenzung des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main ist eine planerische
Entscheidung. Daher kann es keine Berechnung der Grenzen des Ballungsraums
nach mathematischen Gesichtspunkten geben. Für derartige Grenzziehungen
lassen sich verschiedene Kriterien finden, die jeweils sachgerecht sein können.
Deshalb kann der Ballungsraum ganz unterschiedlich gefasst und trotzdem nach
vertretbaren Kriterien abgegrenzt sein. Bei der Abgrenzung des Planungsraums in
den Randbereichen besteht eine Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers
(Schmitz/von Hesler/Groß, a.a.O., 1997, S. 16; Schmidt-Eichstaedt,
Anwendungsstudie zum Regionalen Flächennutzungsplan nach § 9 Abs. 6 ROG,
Endbericht zum 30.11.2001, S. 15). Schematische Zuordnungen sind nicht
möglich. Kleinere Kommunen haben in den Randbereichen einerseits Beziehungen
zu dem Kernraum, andererseits aber auch Verbindungen zu anderen,
gegebenenfalls auch näher liegenden größeren Kommunen. Die Abgrenzung von
Planungsräumen kann auch das Ziel verfolgen, mehrere Oberzentren mit
“eigenem Umland” zu erhalten. Diese Entscheidungen erfordern Bewertungen und
Prognosen des Gesetzgebers. Insoweit ist die Nachprüfung darauf zu beschränken,
ob die Einschätzungen und Entscheidungen offensichtlich fehlerhaft und eindeutig
widerlegbar sind oder der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen. Nur
unter diesen Einschränkungen kann eine Regelung daraufhin überprüft werden, ob
sie das Willkürverbot beachtet und verhältnismäßig ist, insbesondere der
Bedeutung der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie Rechnung trägt (BVerfGE
76, 107 [121 f.]; vgl. auch BVerfGE 86, 90 [109]).
a) Zur Ausdehnung und Begrenzung des Gebiets des Ballungsraums führt die
Begründung zum Gesetzentwurf aus: Das Gebiet des Ballungsraumes greife über
den Kernraum (LT-Drucks. 15/1491, S. 18) und Verdichtungsraum Frankfurt (LT-
Drucks. 15/1491, S. 33) hinaus. Der durch die Stadt Frankfurt am Main gebildete
Kernbereich des Gebiets werde sachgerecht erweitert. Der Raum Hanau als
östlicher Teil des Ballungsraums Frankfurt am Main habe starke Verflechtungen zu
Frankfurt am Main und Offenbach am Main, auch wenn er einen eigenen, in das
Kinzigtal reichenden Verflechtungsbereich habe. Im nördlichen Teil des Landkreises
Groß-Gerau liege ein Schwerpunkt der regionalen Wohnsiedlungsentwicklung. Der
Teilkreis gehöre vor allem wegen seiner Arbeitsmarktverflechtungen zum
Einzugsbereich der Stadt Frankfurt am Main. Er spiele auch für die Vernetzung der
regionalen Grünzüge eine wichtige Rolle. Zu dem im Norden an die Stadt Frankfurt
am Main angrenzenden Wetteraukreis bestünden intensive
Arbeitsmarktverflechtungen. Dem südlichen Bereich des Kreises komme
Entlastungsfunktion für den Kernraum zu.
Die Funktion der Oberzentren Wiesbaden und Darmstadt sollte für die
Weiterentwicklung des Gesamtraumes eigenständig genutzt werden durch die
Bildung von dezentralen, sich ergänzenden Standortsystemen. Beide Oberzentren
bildeten wiederum jeweils den Kern eines eigenen Verflechtungsbereichs. Dieses
Umland würde durch die Einbeziehung der Städte Wiesbaden und Darmstadt von
seinen Zentren in stärkerem Maße abgeschnitten (LT-Drucks. 15/1491, S. 28).
Im Gesetzgebungsverfahren sind u. a. die Gemeinden und Landkreise angehört
worden. Mit dem Ergebnis der Anhörung und den dort eingebrachten Vorschlägen
hat sich die Landesregierung auseinandergesetzt (vgl. LT-Drucks. 15/1491, S. 22),
ist ihnen aber nicht gefolgt. Einer vollständigen Einbeziehung der Landkreise Groß-
Gerau, Main-Kinzig-Kreis und Wetteraukreis in den Ballungsraum Frankfurt am
Main stünden erhebliche rechtliche und fachliche Bedenken entgegen. Nach § 9
Abs. 6 ROG könne ein Regionaler Flächennutzungsplan nur in verdichteten Räumen
oder bei sonstigen raumstrukturellen Verflechtungen zugelassen werden.
Insbesondere die östlichen Teilgebiete des Wetteraukreises und des Main-Kinzig-
Kreises erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Sie seien nach den Entwürfen des
Landesentwicklungsplans und des Regionalplans sowie des rechtsgültigen
Raumordnungsplans Südhessen als ländliche Räume, die als eigenständige und
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Raumordnungsplans Südhessen als ländliche Räume, die als eigenständige und
attraktive Lebens- und Wirtschaftsräume zu gestalten seien, eingestuft. Sie
zählten weder zu dem Verdichtungsraum als Zentralbereich des Ordnungsraums
noch zum weiteren Ordnungsraum. Im nördlichen Teil des Landkreises Groß-Gerau
liege ein Schwerpunkt der regionalen Wohnsiedlungsentwicklung. Der Teilkreis
gehöre deshalb auch wegen seiner Arbeitsmarktverflechtungen zum
Einzugsbereich der Stadt Frankfurt am Main. Dies gelte nicht in diesem Maße für
den südlichen Teil des Landkreises. Insgesamt seien für die nicht berücksichtigten
Teilkreise keine raumstrukturellen Zusammenhänge erkennbar, die es quantitativ
oder qualitativ angezeigt erschienen ließen, diese Räume in den Ballungsraum
einzubeziehen. Die Pendlerbeziehungen, die Einwohnerdichte sowie die
Beschäftigungsstruktur rechtfertigten die gebietliche Abgrenzung. Der in dem
Gesetzentwurf vorgesehene Raum spiegele somit die Verflechtungsbeziehungen
des Verdichtungsraums in nachvollziehbarer Weise wider und entspreche den
gesetzlichen Vorgaben. (LT-Drucks. 15/1491, S. 22).
Ergänzend hat die Landesregierung - ausgehend von der Stadt Frankfurt am Main
als “Kernstadt” - als Kriterien für die Einbeziehung in den Ballungsraum in erster
Linie die Zugehörigkeit zum raumordnungsrechtlich bestimmten Ordnungsraum,
den zentralörtlichen Verflechtungsbereich innerhalb des Ballungsraums und den
Berufspendleranteil nach Frankfurt am Main genannt. Daneben seien
Besonderheiten zu beachten. Vereinzelt seien Kommunen in den Planungsraum
einbezogen worden, um zu verhindern, dass sie in eine planerisch isolierte Lage
gerieten. Das könne für Gemeinden der Fall sein, die an einen anderen
Regierungsbezirk oder ein anderes Bundesland angrenzten. Einzelne Kommunen
seien wegen historischer Bindungen oder der Orientierung zu anderen
Oberzentren nicht einbezogen worden.
b) Das Ergebnis der Abwägung ist unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten
Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers und der dieser korrespondierenden
begrenzten Überprüfungsmöglichkeit des Staatsgerichtshofs verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Die Gründe und Wertungen, etwa die Stadt Hanau in das
Gebiet des Ballungsraums einzubeziehen, nicht hingegen die Städte Darmstadt
und Wiesbaden, sind nachvollziehbar. Ebenso wenig ist es systemwidrig, die
Landkreise Groß-Gerau, Main-Kinzig und Wetterau nicht in ihrer Gesamtheit zu
berücksichtigen. Schließlich lässt sich nachvollziehen, dass Gemeinden, die
vereinzelt dem ländlichen Raum zugeordnet sind, gleichwohl dem Ballungsraum
zugerechnet wurden.
Die Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg konnte mit der Begründung einbezogen
werden, sie gehöre von der Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsstruktur zur
industriell geprägten Mainschiene des Ballungsraumes Frankfurt am Main sowie
zum Mittelbereich Rüsselsheim. Der Gesetzgeber durfte in seine Überlegungen
einstellen, dass die besonderen Beziehungen der Gemeinde Ginsheim-
Gustavsburg zu Mainz nur im Rahmen einer grenzüberschreitenden Lösung hätten
berücksichtigt werden können. Dies allein zu entscheiden, fehlt dem hessischen
Gesetzgeber die Kompetenz.
Die Einbeziehung eines Teils der Gemeinden im Landkreis Groß-Gerau wie etwa
der Gemeinde Bischofsheim liegt ebenfalls im planerischen Ermessen. Mit
Bischofsheim und dem angrenzenden Ginsheim-Gustavsburg ergibt sich eine
Arrondierung des nördlichen Landkreises Groß-Gerau auch unter den bereits
benannten Kriterien zur Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz. Demgegenüber
wurde etwa die Gemeinde Büttelborn nicht als eng verbunden betrachtet, wobei
der recht hohe Pendleranteil nach Frankfurt gesehen, jedoch die Orientierung nach
Darmstadt höher gewichtet wurde. Büttelborn bildet hier mit den Gemeinden
Erzhausen und Weiterstadt ein nordwestliches Einzugsgebiet zu Darmstadt.
Die Gemeinden Rockenberg und Münzenberg durften ebenfalls mit einbezogen
werden, obwohl sie raumordnerisch im “ländlichen Raum” liegen. Einerseits wurde
der Pendleranteil nach Frankfurt berücksichtigt, der eine Einbeziehung zulässt,
andererseits angeknüpft an die Zugehörigkeit zum Altkreis Friedberg sowie die
fehlende planerische Verbundenheit mit dem angrenzenden Landkreis Gießen.
Münzenberg und Rockenberg bilden “Inseln des ländlichen Raumes” im
Ordnungsraum zwischen Butzbach und Wölfersheim, so dass es nahe liegt, diese
Gemeinden dem Ballungsraum zuzurechnen.
III.
§ 13 HLPG ist mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 137 HV
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§ 13 HLPG ist mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 137 HV
vereinbar.
1. Die Antragstellerin rügt, § 13 HLPG halte sich nicht im Rahmen der
bundesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 6 ROG. Die Norm regelt
Verfahrensfragen der Aufstellung, des Zustandekommens und der Darstellung
eines Regionalen Flächennutzungsplans. Dieser Regionale Flächennutzungsplan ist
durch den Planungsverband im Zusammenwirken mit der Regionalversammlung
aufzustellen. Ob § 13 HLPG gegen Bundesrecht verstößt, kann dahinstehen. Denn
der Staatsgerichtshof hat die Vereinbarkeit hessischen Landesrechts mit
Bundesrecht nicht zu überprüfen.
Die Gültigkeit hessischen Landesrechts misst der Staatsgerichtshof nur an der
hessischen Landesverfassung, hier an Art. 137 HV und den Normen und Prinzipien
der Hessischen Verfassung, die das Bild der Selbstverwaltung prägen. Die
Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder stehen selbstständig
nebeneinander (vgl. BVerfGE 69, 112 [117]). Prüfungsmaßstab für das
Bundesverfassungsgericht ist Bundesrecht, für die Landesverfassungsgerichte
Landesverfassungsrecht. Vorschriften des Grundgesetzes sowie des einfachen
Bundesrechts gehören grundsätzlich nicht zum Prüfungsmaßstab des
Staatsgerichtshofs. Das Grundgesetz und einfaches Bundesrecht schaffen kein
Landesverfassungsrecht. Bundesrecht wirkt nicht in die hessische
Landesverfassung hinein. Bundesverfassungsrechtliche Bestimmungen wie die
Gesetzgebungskompetenzen gemäß Art. 70 ff. GG sind nicht Teil des
Landesverfassungsrechts (vgl. BVerfGE 103, 332 [357]; Lange, Das
Bundesverfassungsgericht und die Landesverfassungsgerichte, in: Badura/Dreier
[Hrsg.], Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, 2001, Erster Band, S. 289
ff. [305]; Dreier, a.a.O., Art. 28 Rdnr. 49; vgl. auch Günther, a.a.O., § 47 Rdnr. 28
ff., 32; ausdrücklich auch BayVerfGH, BayVBl. 1992, S. 365 ff., zur Popularklage
einer Gemeinde. Die Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht im
Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren derselben Gemeinde ausdrücklich
nicht beanstandet, BVerfG, BayVBl. 1993, S. 303).
Anerkennt man die Verfassungsautonomie der Länder, ist es folgerichtig, wenn
Landesverfassungsgerichte sich bei der Prüfung auf die Vereinbarkeit eines
Staatsaktes mit der Landesverfassung beschränken. Die Verfassungsgerichte
haben die angefochtenen Rechtsvorschriften nicht selbst anzuwenden, sondern
(nur) darüber zu befinden, ob die angefochtenen Bestimmungen mit der
Landesverfassung vereinbar sind (so auch BayVerfGH, BayVBl. 1992, S. 365
[366]). Den Landesverfassungsgerichten obliegt es nicht, die angefochtene Norm,
also den Kontrollgegenstand, umfassend unter bundes- und
landesverfassungsrechtlichen Aspekten zu bewerten (vgl. J. Dietlein, Das
Verhältnis von Bundes- und Landesverfassungsrecht, in:
Verfassungsgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen: Festschrift zum 50-jährigen
Bestehen des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, 2002, S.
203 ff., 221). Anders verhält es sich nur, wenn die jeweilige Landesverfassung die
Prüfungskompetenz in Richtung Bundesrecht eröffnet. Das geschieht durch die
Hessische Verfassung jedoch nicht.
2. Die Regelung über den Regionalen Flächennutzungsplan ist auch insoweit mit
der Selbstverwaltungsgarantie vereinbar, als dieser gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2
HLPG der Genehmigung durch die Landesregierung nach § 11 HLPG bedarf.
Lediglich eine Rechtmäßigkeitskontrolle ist vorgesehen (vgl. LT-Drucks. 15/1491, S.
42), wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, § 11 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 Nr. 8
HLPG ergibt. Daneben folgt aus § 13 Abs. 5 Satz 3 HLPG, dass die Aufstellung
flächennutzungsplanbezogener Darstellungen nach § 5 BauGB durch die oberste
Landesplanungsbehörde nicht zulässig ist. Die Landesregierung darf daher die
Genehmigung des Regionalen Flächennutzungsplans nicht von
Zweckmäßigkeitserwägungen abhängig machen. Die Genehmigung eines
Regionalen Flächennutzungsplans darf insoweit nur aus den gleichen Gründen
versagt werden wie die Genehmigung eines Flächennutzungsplans nach § 6 Abs. 2
BauGB. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt ist mit der Garantie der kommunalen
Selbstverwaltung vereinbar (vgl. Gierke, in: Brügelmann, a.a.O., § 6 Rdnr. 10 mit
Nachweisen).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 28 StGHG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.