Urteil des StGH Hessen vom 30.12.1981
StGH Hessen: ungültigkeit, ermächtigung, rechtsverordnung, hessen, stimmzettel, stadt, nichtigkeit, gewaltenteilung, exekutive, organisation
1
Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 914
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 132 Verf HE, Art 133 Verf
HE, EinglG HE 1977, 2. VO zur
Organ. d. Schulaufsicht 1978,
§ 41 Abs 3 StGHG
Leitsatz
1. Das Prüfungsmonopol des Staatsgerichtshofs, das ihm durch Art. 132 HV übertragen
worden ist, bezieht sich nur auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm; es erstreckt sich
nicht auf den Fall, daß der Verstoß gegen eine unterhalb des Verfassungsrechts
stehende Norm, der bereits die Ungültigkeit der Vorschrift zur Folge hat, unter
Umständen zugleich eine unmittelbare Verletzung eines Verfassungsgrundsatzes
darstellen kann.
2. Für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage genügt es nicht,
daß das Vorlagegericht meint, es komme für seine Entscheidung auf die Gültigkeit der
anzuwendenden Vorschrift an. Vielmehr hat es die rechtlichen Erwägungen darzulegen,
nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der
betreffenden Vorschrift ankommt. Hierzu gehört auch die Darlegung, daß und
gegebenenfalls mit welcher Begründung das Vorlagegericht bei Ungültigkeit der Norm
zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Fall ihrer Gültigkeit.
3. Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist
die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts, sofern sie nicht offensichtlich unhaltbar
ist.
4. Der Vorlageberechtigung geht die gerichtliche Ermittlungspflicht grundsätzlich vor.
Eine Vorlage ist daher unzulässig, falls eine Beweisaufnahme oder weitere
Sachaufklärung zu einem Ergebnis führen kann, bei dem über die Verfassungswidrigkeit
der Bestimmung nicht mehr entschieden zu werden braucht. Eine Ausnahme kann
lediglich dann in Betracht gezogen werden, wenn die Vorlagefrage von allgemeiner und
grundsätzlicher Bedeutung für das Gemeinwohl ist und deshalb ihre Entscheidung
dringlich ist oder wenn die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage durch den
Staatsgerichtshof im Hinblick auf Parallelverfahren von allgemeiner Bedeutung ist.
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
A.
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob Art. 10 Abs. 4 des Hessischen
Gesetzes zur Eingliederung von Sonderverwaltungen (Eingliederungsgesetz) vom
14. Juli 1977 (GVBl. I S. 319) in Verbindung mit der Zweiten Verordnung über die
Organisation der Schulaufsicht vom 23. Februar 1978 (GVBl. I S. 160) mit Art. 121
der Verfassung des Landes Hessen (HV) vereinbar ist, soweit durch Art. 10 Abs. 4
Satz 2 des Gesetzes der Kultusminister ermächtigt worden ist, durch
2
3
4
5
6
7
Satz 2 des Gesetzes der Kultusminister ermächtigt worden ist, durch
Rechtsverordnung Teile der spätestens am 1. Januar 1980 in Kraft tretenden
gesetzlichen Regelung zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft zu setzen, und er von
dieser Ermächtigung für den Bereich der Stadt Frankfurt am Main Gebrauch
gemacht hat.
Art. 10 Abs. 4 des Eingliederungsgesetzes lautet:
"Mit Ausnahme der in Art. 6 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. d
enthaltenen Regelungen treten für die übrigen Staatlichen Schulämter die in Art. 6
und die in Art. 1 und 2 enthaltenen Bestimmungen über die Staatlichen
Schulämter sowie die in Art. 8 und 9 enthaltenen dienstrechtlichen
Bestimmungen, soweit sie von der Einrichtung Staatlicher Schulämter ausgehen,
spätestens am 1. Januar 1980 in Kraft. Der Kultusminister wird ermächtigt, durch
Rechtsverordnung einen früheren Zeitpunkt, auch für einzelne Staatliche
Schulämter, zu bestimmen."
Die auf Grund von Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes erlassene
Zweite Verordnung über die Organisation der Schulaufsicht vom 23. Februar 1978
enthält folgende Regelungen:
"§ 1
Die im Eingliederungsgesetz in Art. 1 und in Art. 6 enthaltenen Bestimmungen
über die Staatlichen Schulämter sowie die in Art. 8 und 9 enthaltenen
dienstrechtlichen Bestimmungen, soweit sie von der Einrichtung Staatlicher
Schulämter ausgehen, werden für den Bereich der Stadt Frankfurt am Main in Kraft
gesetzt.
§ 2
Diese Verordnung tritt am 1. April 1978 in Kraft."
II.
Die Geltung dieser Vorschriften hat Bedeutung in einem beim Verwaltungsgericht
Frankfurt am Main anhängigen verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren - I/V L
1892/79 -. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften, Bezirksverband
Frankfurt, wendet sich darin gegen die Gültigkeit der vom 14. bis 16. Mai 1979
durchgeführten Wahl des Gesamtpersonalrats der Lehrer beim Staatlichen
Schulamt Frankfurt am Main. Sie macht geltend, die Wahl leide an schweren
Mängeln, die ihre Unwirksamkeit zur Folge hätten. So sei das Wahlausschreiben
vom 1. März 1979 zunächst nicht unterschrieben gewesen; ein weiteres an die
örtlichen Wahlvorstände versandtes Schreiben vom 27. April 1979 habe
handschriftliche Korrekturen bzw. Anmerkungen enthalten und sei nicht als Entwurf
gekennzeichnet worden. Ob das "Wahlausschreiben "durch Aushang an allen
Schulen ordnungsgemäß bekanntgegeben worden sei, sei zweifelhaft. Jedenfalls
habe das Wahlausschreiben nicht die gemäß § 36 der Wahlordnung zwingenden
Hinweise enthalten; von den örtlichen Wahlvorständen sei der erforderliche Hinweis
gemäß § 36 der Wahlordnung auch nicht (zusätzlich) ausgehängt worden. Damit
fehle es an einem zwingenden Erfordernis für die Ordnungsmäßigkeit der Wahl. Sie
sei schon deshalb anfechtbar und unwirksam. Darüber hinaus leide die Wahl an
weiteren schweren Mängeln, die ebenfalls ihre Unwirksamkeit zur Folge hätten. So
seien die Wahlergebnisse der Schulen GOS Bockenheim Süd 3, Adolf-Reichwein-
Schule, Walter-Kolb-Schule und Hermann-Herzog-Schule nicht ordnungsgemäß
übersandt bzw. ausgewertet worden. Stimmzettel der Angestellten der
kaufmännischen Berufsschule 6 seien nicht dem Hauptwahlvorstand vorgelegt,
sondern vom örtlichen Wahlvorstand ausgezählt worden und dann verschwunden.
Gleichwohl habe der Hauptwahlvorstand das von dem örtlichen Wahlvorstand
ermittelte Auszählungsergebnis ungeprüft übernommen. Bei den anderen
genannten Schulen hätten Angestellte gewählt; 11 Stimmzettel seien aber
verlorengegangen und unberücksichtigt geblieben. Eine Nachforschung nach dem
Verbleib der Stimmzettel habe nicht stattgefunden. Auch bei der Prüfung der
Gültigkeit der Stimmzettel sei der Wahlvorstand einigermaßen großzügig
verfahren, indem er manche Stimmzettel mit nicht ordnungsgemäßer
Kennzeichnung als gültig, andere wiederum als ungültig behandelt habe. Ferner
seien die Referendare der Schulen nicht in die Wählerlisten eingetragen worden,
wodurch auch das Stimmverhältnis der Beamten entscheidend unrichtig geworden
sein könne. Die Nichtbeachtung der o.a. Stimmen habe mit Sicherheit auch das
Wahlergebnis verfälscht, da sich im Hinblick auf die d' Hondt'sche Sitzverteilung ein
geändertes Wahlergebnis bereits bei einer Stimmenverschiebung von nur fünf
Stimmen bzw. einer noch geringfügigeren Stimmenverlagerung ergebe.
8
9
10
11
12
Nach mündlicher Verhandlung hat die Fachkammer für Personalvertretungssachen
des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main am 24. September 1979 beschlossen,
das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Hessischen
Staatsgerichtshofs darüber einzuholen, ob Art. 10 Abs. 4 Satz 1 und 2 des
Hessischen Eingliederungsgesetzes vom 14. Juli 1977 in Verbindung mit der
Zweiten Verordnung über die Organisation der Schulaufsicht vom 23. Februar
1978 wegen Verstoßes gegen Art. 121 der Hessischen Verfassung nichtig sei.
Zur Begründung des Vorlagebeschlusses hat das Verwaltungsgericht u. a.
ausgeführt:
Die Kammer halte die Ermächtigung des Kultusministers, das Gesetz für
Teilbereiche, hier bezogen auf das Staatliche Schulamt für die Stadt Frankfurt am
Main, früher in Kraft zu setzen, für verfassungswidrig und deshalb für nichtig. Art.
121 HV, der inhaltlich Art. 82 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) entspreche, enthalte
als Ausdruck der Gewaltenteilung den unumstößlichen Grundsatz, daß nur der
Gesetzgeber, nicht aber ein anderes Staatsorgan, zur Inkraftsetzung des
Gesetzes im Ganzen oder für Teile befugt sei, wie dies nach früherem
Verfassungsrecht für zulässig erachtet worden sei. Die vom
Bundesverfassungsgericht (Band 42 S. 263 ff.) zugelassene Ausnahme sei hier
eindeutig nicht gegeben. Weder handele es sich bei dem Eingliederungsgesetz um
ein Spezialgesetz im Sinne der vorgenannten Entscheidung, noch handele es sich
bei Art. 10 dieses Gesetzes um eine gesetzlich festgelegte Bedingung, deren
Vollzug der Landesminister nur festzustellen hätte. Vielmehr hänge das teilweise
frühere Inkrafttreten des Gesetzes allein von einer vom Gesetzgeber nicht näher
konkretisierten Entscheidung des Kultusministers ab, was unzulässig sei. Dies
unterscheide die Regelung des Landesgesetzgebers gerade von der Regelung,
über die das Bundesverfassungsgericht seinerzeit entschieden habe; denn dort
seien die Voraussetzungen und Bedingungen eindeutig geregelt gewesen. Die
subsidiäre Regelung des Art. 121 HV (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 GG) sei nicht
anwendbar, da der Gesetzgeber den Tag des Inkrafttretens habe bestimmen
wollen und auch bestimmt habe, so daß nach Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit
Abs. 4 Satz 1 des Eingliederungsgesetzes für die übrigen Staatlichen Schulämter,
darunter die Stadt Frankfurt, das Gesetz erst am 1. Januar 1980 in Kraft trete. Das
Tatbestandsmerkmal "spätestens", welches vor der Zeitbestimmung 1. Januar
1980 eingefügt sei, habe nur Bedeutung im Zusammenhang mit Abs. 4 Satz 2
dieser Bestimmung. Wegen der Nichtigkeit des Abs. 4 Satz 2 könne daher dieses
Tatbestandsmerkmal in Satz 1 ebenfalls keine Wirkungen entfalten, da sonst
unklar wäre, wann denn das Gesetz vor dem 1. Januar 1980 in Kraft getreten sein
sollte. Ein gleichsam fortdauerndes Inkrafttreten gebe es nicht. Wegen der
Nichtigkeit dieser Rechtsvorschriften sei ein Staatliches Schulamt als
Hauptabteilung des Oberbürgermeisters in Frankfurt als Behörde der
Landesverwaltung nicht zustande-gekommen, so daß die nach § 75 Abs. 3 HPVG
durchgeführte Wahl vor dem 1. Januar 1980 nicht habe stattfinden dürfen und
deshalb nichtig sei.
Das Gericht hat ferner ausgeführt, die im Tenor des Beschlusses genannten
gesetzlichen Bestimmungen seien auch entscheidungserheblich, was immer dann
der Fall sei, wenn die Frage streitig sei, ob ein Gesetz oder eine Verordnung
überhaupt in Kraft getreten sei; denn die Gültigkeitsprüfung habe diese
Entscheidung zur Voraussetzung. Die in dem Beschluß des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juni 1979 - HPV TL 16/78 - unter Berufung auf die
Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 28. Juli 1976 - P.St. 790 -
vertretene Auffassung, es komme für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die
Gültigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes nicht an, sei hier
deshalb nicht einschlägig, weil die Entscheidung des Hessischen
Staatsgerichtshofs von einem in Kraft getretenen Gesetz ausgegangen sei, woran
es hier nach der Überzeugung der Kammer gerade fehle, Verstoße nämlich die
gesetzliche Ermächtigung in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 und 2 gegen die Hessische
Verfassung, dann sei sie und die darauf gestützte Zweite Verordnung vom 23.
Februar 1978 unwirksam mit der Rechtsfolge, daß eine gesetzliche Ermächtigung
zur Einrichtung eines Staatlichen Schulamtes in Frankfurt vor dem 1. Januar 1980
nicht existent sei, es also insoweit an einem überhaupt in Kraft getretenen Gesetz
fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Aussetzungs- und
Vorlagebeschlusses vom 24. September 1979 Bezug genommen.
13
14
15
16
17
18
19
20
Der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat unter Bezugnahme auf
den Vorlagebeschluß die Sache dem Staatsgerichtshof gemäß § 41 StGHG zur
Entscheidung vorgelegt.
III.
Der Hessische Ministerpräsident hat beantragt, der Staatsgerichtshof möge
feststellen:
Die Vorlage des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 24. September
1979 - I/V - L 1892/79 - ist unzulässig,
hilfsweise:
Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes zur Eingliederung von Sonderverwaltungen
(Eingliederungsgesetz vom 14. Juli 1977 - GVBl. I S. 319 -) ist mit der Verfassung
des Landes Hessen vereinbar.
Er hat ausgeführt:
Die Vorlagefrage bedürfe der Einschränkung. Die vom Verwaltungsgericht für
verfassungswidrig gehaltene Ermächtigung des Kultusministers, durch
Rechtsverordnung einen vor dem 1. Januar 1980 liegenden Zeitpunkt des
Inkrafttretens der für die Staatlichen Schulämter einschlägigen Vorschriften des
Eingliederungsgesetzes zu bestimmen, folge aus Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes. Auf diese Norm sei die Vorlagefrage zu beschränken. Der
ebenfalls zur Prüfung gestellte Art. 10 Abs. 4 Satz 1 des Eingliederungsgesetzes
sei in seinem Bestand von der Gültigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes nicht abhängig. Auch die verfassungsrechtliche Prüfung
der Verordnung des Kultusministers vom 23. Februar 1978. könne nicht verlangt
werden. Die Gültigkeit dieser Verordnung hänge davon ab, ob der Kultusminister
durch Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes wirksam ermächtigt
worden sei. Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Rechtsverordnung sei aber nicht
verfassungsrechtlicher Natur; sie sei vom vorlegenden Gericht in eigener
Zuständigkeit zu entscheiden, sobald die Entscheidung des Staatsgerichtshofs
über die Verfassungsmäßigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes ergangen sei.
Die Vorlage sei auch in der Einschränkung auf Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes unzulässig; denn das Verwaltungsgericht habe die
Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht in einer Art. 133 Abs. 1 Satz 1
HV, § 41 Abs. 3 StGHG genügenden Weise dargelegt. Art. 133 Abs. 1 Satz 1 HV
setze voraus, daß es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die
Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift ankomme. Das sei nach der
ständigen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs dann der Fall, wenn das Gericht
bei Gültigkeit der vorgelegten Norm anders entscheiden würde als bei ihrer
Ungültigkeit. Ob die Vorlagefrage entscheidungserheblich sei, habe der
Staatsgerichtshof grundsätzlich nach der Rechtsauffassung des vorlegenden
Gerichts zu beurteilen, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar sei. Der
Vorlagebeschluß müsse jedoch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen,
daß und aus welchen Gründen das Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage
gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer
Ungültigkeit. Diesen Anforderungen werde der Vorlagebeschluß nicht gerecht. Das
vorlegende Gericht habe zwar ausreichend dargetan, daß und warum es die
Ermächtigungsgrundlage des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes für
unvereinbar mit Art. 121 HV halte. Es fehlten aber die nach Art. 133 Abs. 1 Satz 1
HV, § 41 Abs. 3 StGHG erforderlichen Ausführungen, warum und mit welcher
Begründung es bei Unwirksamkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes im Ausgangsverfahren zu einem anderen Ergebnis
kommen würde als im Falle der Gültigkeit der Norm. Das Verwaltungsgericht hätte
darlegen müssen, warum es die Wahl zum Gesamtpersonalrat beim Staatlichen
Schulamt in Frankfurt am Main nicht schon wegen der von der antragstellenden
Gewerkschaft gerügten Verstöße gegen das Personalvertretungsgesetz für
ungültig halte. Erst wenn es aus diesen Gründen keine Bedenken gegen die
Gültigkeit der Wahl hätte, könnte es auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung
gestellten Norm ankommen. Das vorlegende Gericht könne sich für das
Unterlassen einer erschöpfenden Erheblichkeitsprüfung auch nicht auf das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts im Contergan-Fall (BVerfGE 42, 263 ff.) berufen;
denn in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall sei ausschließlich
21
22
23
24
25
26
27
28
denn in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall sei ausschließlich
die Anwendung von Vorschriften des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung
"Hilfswerk für behinderte Kinder" in Betracht gekommen, dessen Inkrafttreten
insgesamt streitig gewesen sei. Hier seien aber neben Vorschriften, deren
Inkrafttreten das vorlegende Gericht bezweifele, Vorschriften des
Personalvertretungsgesetzes anzuwenden, die unzweifelhaft in Kraft seien. In
einem solchen Fall könne eine verfassungsgerichtliche Prüfung der umstrittenen
Normen nicht verlangt werden, wenn schon die Anwendung der in ihrer Geltung
nicht bestrittenen Normen nach Auffassung des Gerichts zum gleichen Ergebnis,
hier zur Ungültigkeit der Wahl, führe.
Die Vorlage wäre im übrigen auch unbegründet, weil Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes mit Art. 121 HV vereinbar sei. Art. 121 HV sei Art. 71 WRV
nachgebildet, der seinerseits Art. 2 Satz 2 der Reichsverfassung von 1871 zum
Vorbild gehabt habe. Für Art. 2 Satz 3 der Reichsverfassung von 1871 sei
unbestritten gewesen, daß das jeweilige Gesetz die Bestimmung des
Anfangstermins einem besonderen Gesetz oder einer besonderen Verordnung
habe vorbehalten können. Diese Staatspraxis sei unter der Weimarer Verfassung
übernommen worden. Die Obernahme des Wortlautes des Art. 71 der Weimarer
Reichsverfassung in Art. 121 HV lege nahe, daß damit auch das gleiche rechtliche
Ergebnis gewollt gewesen sei.
Der Grundsatz der Gewaltenteilung stehe einer Ermächtigung an den
Verordnungsgeber zur Bestimmung des Zeitpunktes des Inkrafttretens eines
Gesetzes nicht entgegen.
Literatur und Rechtsprechung zu Art. 82 Abs. 2 GG könnten zur Auslegung des Art.
121 HV wegen der unterschiedlichen Wortfassung nur bedingt herangezogen
werden. Auch für Art. 82 Abs. 2 GG werde jedoch angenommen, daß das Gesetz
den Verordnungsgeber ermächtigen könne, den Zeitpunkt des Inkrafttretens
festzulegen.
Im konkreten Falle genüge die zur Prüfung gestellte Ermächtigung den
Voraussetzungen, unter denen nach Art. 121 HV die Bestimmung des Zeitpunktes
des Inkrafttretens eines Gesetzes dem Verordnungsgeber überlassen werden
dürfe. Der Kultusminister sei an einen engen zeitlichen und sachlichen Rahmen
gebunden gewesen, wie die Bestimmung des Anfangs- und Endtermins des
Inkrafttretens sowie Sinn und Zweck der Bestimmung zeigten.
IV.
Die übrigen Mitglieder der Landesregierung haben keine besondere
Stellungnahme abgegeben.
Der Präsident des Hessischen Landtages hat erklärt, daß der Hessische Landtag
nicht beabsichtige, sich zu diesem Verfahren zu äußern.
V.
Der Landesanwalt hält in Obereinstimmung mit dem Hessischen
Ministerpräsidenten die Einschränkung der Vorlagefrage für geboten. Er sieht im
übrigen die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ebenfalls als fraglich an,
hält es jedoch für vertretbar, sie im vorliegenden Fall zu bejahen, weil die
Rechtsprechung Ausnahmen von dem Grundsatz zulasse, daß das vorlegende
Gericht eine erschöpfende Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen habe, und eine
solche Ausnahme hier angenommen werden könne.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes habe er erhebliche Bedenken, weil nach Art. 121 HV
grundsätzlich der Gesetzgeber das Inkrafttreten eines Gesetzes zu bestimmen
habe. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung und der
Rechtsstaatlichkeit könne nur in ganz besonderen Fällen eine Ausnahme von
diesem Prinzip gerechtfertigt sein. Im Hinblick auf die Bedeutung der Bestimmung
über das Inkrafttreten eines Gesetzes für den Normadressaten mache der
Gesetzgeber es sich zu einfach, wenn er über diesen Teil den Verordnungsgeber
bestimmen lasse. Auch sei dann eine gewisse Machtverschiebung zwischen
Legislative und Exekutive unverkennbar. Offenbar bestehende Ungewißheiten des
Gesetzgebers, ab wann wegen der noch zu klärenden Voraussetzungen eine neue
Regelung gelten könne, sowie Ungewißheiten bezüglich der "Machbarkeit" der
neuen Regelung würden im Falle der Ermächtigung der Exekutive zur Bestimmung
29
30
31
32
33
neuen Regelung würden im Falle der Ermächtigung der Exekutive zur Bestimmung
des Inkrafttretens in Wahrheit auf den Normadressaten verlagert. Dieser könne
sich nur sehr unzulänglich auf die neue Regelung einrichten, weil er den Zeitpunkt
des Inkrafttretens noch nicht kenne und von diesem möglicherweise recht
kurzfristig erfahre. Bestehende Unklarheiten über die Schaffung der
Voraussetzungen zum Inkrafttreten eines Gesetzes müsse deshalb der
Gesetzgeber grundsätzlich selbst ausräumen, ehe er ein Gesetz beschließe.
Außergewöhnliche Umstände, unter denen dem Gesetzgeber zugebilligt werden
könnte, den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes durch die Exekutive
bestimmen zu lassen, seien im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
VI.
Den Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist gemäß § 42 Abs. 2 StGHG
Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Die Antragstellerin des
Ausgangsverfahrens hat keine Stellungnahme abgegeben; der beteiligte
Gesamtpersonalrat beim Staatlichen Schulamt Frankfurt am Main hält unter
Bezugnahme auf die Ausführungen des Landesanwalts Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes für verfassungswidrig.
B.
I.
Die Vorlage ist unzulässig.
1. Nach Art. 133, 132 HV trifft nur der Staatsgerichtshof die Entscheidung darüber,
ob ein Gesetz mit der Verfassung in Widerspruch steht. Hat ein gerichtliches
Verfahren Anlaß zu dem Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit gegeben,
so muß es bei der im Ausgangsverfahren zu treffenden Entscheidung auf die Frage
ankommen, ob das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit ungültig ist. Das ist nur
dann der Fall, wenn das Gericht bei Gültigkeit der vorgelegten Norm anders
entscheiden würde als bei ihrer Ungültigkeit (Hess. StGH, Urteil vom 19. Mai 1976
- P.St. 757 -, StAnz. 1976, 1134; Beschluß vom 28. Juli 1976 - P.St. 790 -, StAnz.
1976, 1798; Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 -, StAnz. 1977, 110 =
ESVGH 27, 30 jeweils unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts u. a. in BVerfGE 36, 258, 263 mit weiteren
Nachweisen).
2. Die Vorlagefrage bedarf zunächst der Einschränkung. Neben Art. 10 Abs. 4 Satz
2 des Eingliederungsgesetzes stellt der Vorlagebeschluß auch Art. 10 Abs. 4 Satz
1 des Eingliederungsgesetzes und die auf Grund der Ermächtigung in Art. 10 Abs.
4 Satz 2 erlassene Rechtsverordnung vom 23. Februar 1978 zur
verfassungsrechtlichen Überprüfung. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt
sich indessen, daß Art. 10 Abs. 4 Satz 1 des Eingliederungsgesetzes für sich allein
aus der Sicht des vorlegenden Gerichts für die Entscheidung des
Ausgangsverfahrens unerheblich ist und nur Bedeutung hat, soweit er dem
Verständnis des Satzes 2 der Vorschrift dient. Auch abgesehen von der
Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird Art. 10 Abs. 4 Satz 1 in seinem Bestand
von der Gültigkeit oder Ungültigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes nicht berührt. Zwar hat das vor dem Datum des 1. Januar
1980 eingefügte Wort "spätestens" in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 des
Eingliederungsgesetzes nur Bedeutung im Hinblick auf Art. 10 Abs. 4 Satz 2 und
die darin enthaltene Ermächtigung; doch wäre jenes Wort bei
Verfassungswidrigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes ohne
weiteres gegenstandslos.
Auch die verfassungsrechtliche Prüfung der beanstandeten Verordnung des
Kultusministers vom 23. Februar 1978 kann nicht begehrt werden. Die Gültigkeit
der Verordnung ist davon abhängig, ob der Kultusminister zu ihrem Erlaß durch
Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes wirksam ermächtigt worden ist.
Die Frage nach dem Vorhandensein einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage für
eine Rechtsverordnung ist aber eine Frage ihrer Gesetzmäßigkeit, nicht jedoch
zugleich ihrer Verfassungsmäßigkeit, wie auch sonst nicht jede Gesetzwidrigkeit
einer Norm notwendig auch deren Verfassungswidrigkeit begründet. Das
Verwaltungsgericht muß in eigener Zuständigkeit entscheiden, ob
Rechtsverordnungen die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung überschreiten.
Das Prüfungsmonopol des Staatsgerichtshofs, das ihm durch Art. 132 HV
übertragen worden ist, bezieht sich nur auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm;
es erstreckt sich nicht auf den Fall, daß der Verstoß gegen eine unterhalb des
34
35
36
37
es erstreckt sich nicht auf den Fall, daß der Verstoß gegen eine unterhalb des
Verfassungsrechts stehende Norm, der bereits die Ungültigkeit der Vorschrift zur
Folge hat, unter Umständen zugleich eine mittelbare Verletzung eines
Verfassungsgrundsatzes darstellen kann (Hess. Staatsgerichtshof, Beschluß vom
27. März 1974 - P.St. 719 -, ESVGH 25, 25, 38 unter Hinweis auf StGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 10. Oktober 1968, ESVGH 19, 133, 138; Bayerischer
Verfassungsgerichtshof, Beschluß vom 20. November 1969, Bayerischer VGH n. F.
22, 136, 137; vgl. auch Barwinski in Zinn-Stein, Die Verfassung des Landes
Hessen, Kommentar. B II 2 a zu Art. 131 bis 133).
3. Das Vorlagegericht hat die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage auch in
ihrer eingeschränkten Form nicht in einer Art. 133 Abs. 1 HV, § 41 Abs. 3 des
Gesetzes über den Staatsgerichtshof (StGHG) genügenden Weise dargetan. Für
die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit genügt es nicht, daß das
Vorlagegericht meint, es komme für seine Entscheidung auf die Gültigkeit der
anzuwendenden Vorschrift an. Vielmehr hat es die rechtlichen Erwägungen
darzulegen, nach denen es für die von ihm getroffene Entscheidung auf die
Gültigkeit der gesetzlichen Vorschriften ankommt (vgl. BVerfGE 22, 175 [177]; 25,
213 [214]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist
die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts, sofern sie nicht offensichtlich
unhaltbar ist. Bei offensichtlicher Unhaltbarkeit muß die Ansicht des vorlegenden
Gerichts außer Betracht bleiben (Barwinski in Zinn-Stein, a. a. O., B II 7 zu Art. 131
- 133). Von diesem Grundsatz gehen das Bundesverfassungsgericht und - ihm
folgend - der Staatsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. u. a.
BVerfGE 7, 171 [175]; 13, 31 [35]; 22, 330 [341]; 24, 1 [14]; 38, 348 [356];
Hessischer Staatsgerichtshof, Urteil vom 4. Dezember 1968 - P.St. 512 und 520 -,
StAnz. 1969, 33 = ESVGH 19, 140 = DÖV 1969, 634 = DVBl. 1970, 465 [L] =
VerwRspr. Band 21, 1; Urteil vom 7. Januar 1970 - P.St. 562 -, StAnz. 1970, 398;
Beschluß vom 27. März 1974 - P.St. 719 -; Beschluß vom 28. Juli 1976 - P.St. 790 -,
StAnz. 1976, 1798).
Das vorlegende Verwaltungsgericht hat zwar näher ausgeführt, daß und warum es
Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes für verfassungswidrig hält. Es hat
jedoch nicht hinreichend dargetan, daß und gegebenenfalls mit welcher
Begründung es bei Ungültigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des
Eingliederungsgesetzes zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle
der Gültigkeit dieser Norm. Dazu hätte es Ausführungen darüber bedurft, warum
das vorlegende Gericht die Wahl zum Gesamtpersonalrat beim Staatlichen
Schulamt in Frankfurt am Main nicht schon wegen der von der Antragstellerin des
Ausgangsverfahrens gerügten Verstöße für ungültig hält. Die unter Berufung auf
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem sogenannten Contergan-
Fall (BVerfGE 42, 263 ff., 281) vertretene Rechtsauffassung des vorlegenden
Gerichts zur Frage der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist
offensichtlich unhaltbar und daher für den Staatsgerichtshof nicht bindend. Zwar
hat das Bundesverfassungsgericht in der angegebenen Entscheidung die
Auffassung vertreten, die Zulässigkeit einer Vorlage könne nicht zweifelhaft sein,
wenn die Frage streitig sei, ob ein Gesetz in Obereinstimmung mit den
Vorschriften der Verfassung in Kraft gesetzt worden sei und deshalb die für
entscheidungserheblich angesehene Norm überhaupt bestehe. Jene Entscheidung
betraf indessen zwei Fälle, deren rechtliche Beurteilung und Entscheidung allein
und ausschließlich davon abhing, ob das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung
"Hilfswerk für behinderte Kinder" vom 17. Dezember 1971 verfassungswidrig ist
oder nicht. Im Ausgangsfall des vorliegenden Verfahrens hingegen sind außer der
von dem vorlegenden Gericht für verfassungswidrig gehaltenen Bestimmung des
Eingliederungsgesetzes auch Bestimmungen des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes einschlägig, deren Nichtbeachtung oder fehlerhafte
Anwendung bei der Personalratswahl zu ihrer Ungültigkeit führen können. Bei einer
solchen Sachlage kann eine verfassungsrechtliche Prüfung der umstrittenen Norm
nur verlangt werden, wenn für das vorlegende Gericht feststeht, daß nicht schon
die Außerachtlassung bzw. fehlerhafte Anwendung der in ihrer Geltung nicht
bestrittenen Normen zum gleichen Ergebnis, hier also zur Feststellung der
Ungültigkeit der Personalratswahl, führt. Der Vorlageberechtigung geht die
gerichtliche Ermittlungspflicht grundsätzlich vor.
Zwar hat der Staatsgerichtshof in dem durch Urteil vom 19. Mai 1976 - P.St. 757 -
(StAnz. 1976, 1134) entschiedenen Fall, in dem das seinerzeit vorlegende Gericht
von einer erschöpfenden und lückenlosen Erheblichkeitsprüfung abgesehen hatte,
38
39
von einer erschöpfenden und lückenlosen Erheblichkeitsprüfung abgesehen hatte,
die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 1 HV für gegeben erachtet mit der
Begründung, die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Normen sei für
das vorlegende Gericht eine Vorfrage, bei deren Verneinung es keiner
Beweiserhebung mehr bedürfe. Hierbei hat es sich jedoch um einen Ausnahmefall
gehandelt, der nicht die Verallgemeinerung zuläßt, daß ein Gericht immer dann,
wenn es eine Norm für verfassungswidrig hält, auf die es seines Erachtens für die
von ihm zu treffende Entscheidung je nach Sachlage ankommen kann, die Sache
dem Verfassungsgericht vorlegen könne, um eine ansonsten notwendige weitere
Sachaufklärung oder Beweisaufnahme zu ersparen.
Der diesem Verfahren zugrunde liegende Ausgangsfall wäre zwar bei Nichtigkeit
des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes entscheidungsreif, während
es bei Gültigkeit der Norm weiterer Sachaufklärung bzw. einer Beweiserhebung
bedarf. Die Frage der Gültigkeit oder Nichtigkeit der Norm ist also in diesem Fall
logisch vorrangig. Dies bedeutet indessen nicht, daß die Beantwortung der Frage
nach der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm nicht ausgeklammert werden
könnte, wenn und soweit es nach Klärung des Sachverhalts aus tatsächlichen
Gründen oder (nicht verfassungsrechtlichen) Rechtsgründen auf die Gültigkeit bzw.
Ungültigkeit der Norm für das Entscheidungsergebnis nicht ankommt. Der
Grundgedanke der Subsidiarität der Verfassungsgerichtsbarkeit (vgl. bereits
BVerfGE 11, 335) greift vielmehr grundsätzlich auch dann ein, wenn das
vorlegende Gericht bei der von ihm angenommenen Verfassungswidrigkeit der
vorgelegten Bestimmung eine abschließende Entscheidung zu erlassen hätte, sich
aber gleichwohl die Vorlage vermeiden ließe, falls eine Beweisaufnahme oder
weitere Sachaufklärung zu einem Ergebnis führen kann, bei dem über die
Verfassungswidrigkeit der Bestimmung nicht mehr entschieden zu werden
braucht. Dann ist nämlich die Vorlage zur Entscheidung des Ausgangsverfahrens
nicht unerläßlich (BVerfGE 47, 146 ff., 154). Auch in einem solchen Fall ist daher
vor einer Vorlage an den Staatsgerichtshof grundsätzlich zunächst Beweis zu
erheben (BVerfGE 47, 146 ff., 156; vgl. auch BVerfGE 11, 330, 334 ff.; 34, 118, 127;
Maunz, Schmidt-Bleibtreu, Klein, Ulsamer, BVerfGG [Kommentar], RdNrn. 262 und
265 zu § 80; Schlitz-. berger, NJW 1963, 1901, 1903). Eine Ausnahme kann
lediglich dann in Betracht gezogen werden, wenn die Vorlagefrage, auf die es für
eine Entscheidung des vorlegenden Gerichts ankommt, von allgemeiner und
grundsätzlicher Bedeutung für das Gemeinwohl ist und deshalb ihre Entscheidung
dringlich ist (BVerfGE 47, 146 ff., 157; 50, 108 ff., 113; Maunz, Schmidt-Bleibtreu,
Klein, Ulsamer, a.a.O., RdNr. 266 zu § 80) oder wenn die Klärung einer
verfassungsrechtlichen Frage durch den Staatsgerichtshof in Hinblick auf
Parallelverfahren von allgemeiner Bedeutung ist (vgl. Hess. StGH, Urteil vom 1.
Dezember 1976 - P.St. 312 - unter B I. 3).
Im vorliegenden Fall hat die Fachkammer für Personalvertretungssachen des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zwar zum Ausdruck gebracht, daß sie dem
Begehren der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens stattgeben werde, wenn
Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes verfassungswidrig sei, da dann
mangels wirksamer gesetzlicher Ermächtigung das Staatliche Schulamt in
Frankfurt am Main vor dem 1. Januar 1980 nicht zustande gekommen sei und die
Personalratswahl unter diesen Umständen nicht habe stattfinden dürfen. Das
Gericht hat aber nicht dargelegt und bei dem gegenwärtigen Stand des
Ausgangsverfahrens auch nicht darlegen können, daß es anders entscheiden, also
den Antrag zurückweisen werde, wenn die von ihm für verfassungswidrig gehaltene
Norm Bestand hätte. In diesem Fall müßte das vorlegende Gericht von der
Existenz des Staatlichen Schulamts in Frankfurt am Main zur Zeit der
Personalratswahl ausgehen und möglicherweise weiter aufklären, ob die vom 14.
bis 16. Mai 1979 durchgeführte Wahl des Gesamtpersonalrats der Lehrer beim
Staatlichen Schulamt in Frankfurt am Main wegen Nichtbeachtung gesetzlicher
Vorschriften oder aus anderen (nicht verfassungsrechtlichen) Gründen an Mängeln
leidet, die eine stattgebende Endentscheidung rechtfertigen würden. Das
vorlegende Gericht hat nicht einmal dargelegt, in welchem Umfang seines
Erachtens bei Gültigkeit des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes der
Sachverhalt weiter aufzuklären und ob überhaupt und in welchem Umfang etwa
Beweis zu erheben wäre. Es ist ferner weder dargetan noch ersichtlich, daß die
Vorlagefrage, insbesondere nachdem der 1. Januar 1980 als Endzeitpunkt für die
Sonder-regelung des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 des Eingliederungsgesetzes bald nach
der Vorlage an den Staatsgerichtshof verstrichen ist, von allgemeiner und
grundsätzlicher Bedeutung für das Gemeinwohl oder im Hinblick auf
Parallelverfahren wäre und deshalb ihre Entscheidung dringlich wäre, so daß eine
Ausnahme von den dargelegten Grundsätzen der Subsidiarität der
40
Ausnahme von den dargelegten Grundsätzen der Subsidiarität der
Verfassungsrechtsprechung zugelassen werden könnte.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 StGHG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.