Urteil des StGH Hessen vom 11.05.1994
StGH Hessen: beförderung, rechtliches gehör, schutzwürdiges interesse, hessen, mitbewerber, kollegialgericht, öffentlich, grundrecht, aussichtslosigkeit, rechtsweggarantie
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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 1181
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Leitsatz
1. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruches wegen Amtspflichtverletzung sind die
Zivilgerichte auch für die Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen zuständig. Art. 2 Abs.
3 HV gewährt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, daß solche Vorfragen
vorrangig durch die Verwaltungsgerichte geklärt werden. Diese Grundrechtsnorm
gewährleistet keinen bestimmten Rechtsweg.
2. Der Rechtsweg ist erschöpft, wenn der Antragsteller die Entscheidung des höchsten
in der Sache zuständigen hessischen Gerichts herbeigeführt hat.
3. Art. 136 HV enthält kein Grundrecht.
4. Der Staatsgerichtshof hält sich in ständiger Rechtsprechung nicht für befugt, die
Anwendung von Bundesrecht am Maßstab der Landesverfassung zu überprüfen. Von
dieser Rechtsprechung weichen der Bayerische Verfassungsgerichtshof und der
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin ab; der Staatsgerichtshof wäre grundsätzlich
verpflichtet, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 3 GG dem Bundesverfassungsgericht
vorzulegen. Eine Vorlage kommt aber nur in Betracht, wenn die Vorlagefrage
entscheidungserheblich ist.
5. Der Staatsgerichtshof überprüft die Anwendung einfachen Rechts nicht
uneingeschränkt, sondern nur darauf, ob das Fachgericht eine verfassungswidrige Norm
seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat oder bei der Rechtsanwendung von einer
grundsätzlich unrichtigen Anschauung eines Verfassungssatzes ausgegangen ist.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
A
I.
Der Antragsteller ist Beamter im Polizeidienst des Landes Hessen. Anfang...
wurden beim Polizeipräsidenten in ... zwei Planstellen der BesGr. A 11 (...) zur
Besetzung ausgeschrieben. Die Bewerbung des Antragstellers wurde nicht
berücksichtigt, auf beide Stellen wurden zum 15. April ... andere Mitbewerber
befördert.
Für die zuerst zu besetzende Stelle hatte der Polizeipräsident zunächst den auch
auf Platz 1 der internen Beförderungsliste geführten Antragsteller vorgeschlagen.
Diesem Vorschlag stimmte die Personalvertretung nicht zu, sondern vertrat die
Ansicht, die Stelle solle mit einem bestimmten dienst- und lebensälteren Beamten
besetzt werden. Daraufhin nahm der Polizeipräsident seinen Besetzungsvorschlag
zurück und schlug einen älteren Kollegen vor. Diesem Vorschlag stimmte der
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zurück und schlug einen älteren Kollegen vor. Diesem Vorschlag stimmte der
Personalrat zu. Für die weitere freie Stelle wurden auch die bisher abgegebenen
Bewerbungen berücksichtigt, vom Polizeipräsidenten aber nicht der Antragsteller,
sondern ein anderer Bewerber vorgeschlagen und vom Personalrat akzeptiert.
Mit Schreiben vom 15. April ... teilte der Polizeipräsident dem Antragsteller mit,
daß beide Stellen mit anderen Bewerbern besetzt worden seien. Daraufhin legte
der Antragsteller Widerspruch ein. Das Widerspruchsverfahren wurde zunächst
nicht weiter betrieben, weil der Antragsteller Klage beim Landgericht... auf
Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung erhoben hatte. Diese Klage wies das
Landgericht... mit Urteil vom 17. Januar 1985 (Az.: ...) ab mit der Begründung, es
liege weder eine Fürsorge- noch eine Amtspflichtverletzung gegenüber dem
Antragsteller vor. Bei der Beförderung der Mitbewerber sei es weder zu
Verfahrens- noch zu Ermessensfehlern gekommen. Die Berufung des
Antragstellers darauf, die Stellungnahme des Personalrats zugunsten eines
lebens- und dienstälteren Mitbewerbers sei ein unzulässiger Initiativantrag, der das
Stufenverfahren insgesamt unzulässig mache, könne nicht zum Erfolg führen. Der
Personalrat sei nicht von sich aus tätig geworden, sondern sei im Zuge des
Besetzungsverfahrens im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts eingeschaltet
worden. Der Personalrat habe dabei die Grenzen seines Mitbestimmungsrechts
nicht überschritten; er habe nicht konkret die Beförderung eines Beamten
betrieben, sondern allgemeine sachliche Gesichtspunkte geltend gemacht. Es
liege in der Natur der Sache, daß sich der Personalrat dabei gelegentlich auch für
oder gegen einen einzelnen Bediensteten entscheiden müsse. Unter
Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien der Eignung, Befähigung und
fachlichen Leistung habe der Polizeipräsident sich ermessensfehlerfrei für die
beiden Mitbewerber entscheiden können. Es sei nicht streitig, daß alle drei in
Betracht gezogenen Bewerber aus der Sicht der Behörde letztlich gleich gut
geeignet gewesen seien.
Dagegen legte der Antragsteller Berufung ein, betrieb dieses Verfahren aber nicht
weiter. Es wurde auf Antrag der Beteiligten durch Beschluß des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 18. Dezember 1986 zum Ruhen gebracht (Az.: ...; die
Verfahrensakten sind mittlerweile - irrtümlich - vernichtet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 1985 wies der Regierungspräsident in
Darmstadt den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des
Polizeipräsidenten vom 15. April 1983 zurück und stellte fest, daß die
unterbliebene Beförderung des Antragstellers nicht rechtswidrig gewesen sei.
Dagegen erhob der Antragsteller am 8. Juli 1985 Fortsetzungsfeststellungsklage
beim Verwaltungsgericht... mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung, daß der
Polizeipräsident in ... es rechts widrig unterlassen habe, ihn im April ... zu
befördern. Sein Feststellungsinteresse begründete der Antragsteller mit der
Weiterverfolgung seines Anspruchs auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung.
Zwischenzeitlich wurde der Antragsteller am 1. April ... zum ... befördert. Mit
Gerichtsbescheid vom 1. September 1987 wies das Verwaltungsgericht... (Az.: ...)
die Klage des Antragstellers mit der Begründung ab, es fehle das
Feststellungsinteresse. Die Absicht, einen Schadensersatzanspruch geltend zu
machen, könne ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit
der ablehnenden Entscheidung der Behörde nur dann begründen, wenn dieses
Vorhaben nicht offensichtlich aussichtslos sei. Ein Schadensersatzanspruch setze
aber ein Verschulden des sachbearbeitenden Beamten voraus, das regelmäßig
dann zu verneinen sei, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes
Kollegialgericht - hier das Landgericht... - das Vorgehen des Beamten als objektiv
rechtmäßig gewertet habe. Dieser Grundsatz gelte nur dann nicht, wenn das
Kollegialgericht die Rechtslage verkannt oder eindeutige Bestimmungen
handgreiflich falsch ausgelegt habe. Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich.
Die dagegen eingelegte Berufung wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit
Urteil vom 28. Juli 1993, dem Antragsteller zugestellt am 17. August 1993, zurück
(Az.: 1 UE 2725/87). Soweit der Antragsteller die Feststellung begehre, daß der
Polizeipräsident verpflichtet gewesen sei, ihn zum 1. April ... zu befördern, sei die
Klage unzulässig, weil angesichts des dem Dienstherrn bei
Beförderungsentscheidungen eingeräumten Ermessens- und
Beurteilungsspielraums im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht die
gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden könne, daß die Behörde zur
begehrten Amtshandlung verpflichtet gewesen sei. Soweit der Antrag das
Begehren auf Feststellung enthalte, daß die im April ... vorgenommene
Beförderung der Mitbewerber rechtswidrig gewesen sei, fehle das
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Beförderung der Mitbewerber rechtswidrig gewesen sei, fehle das
Feststellungsinteresse wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit des
Amtshaftungsprozesses. Das Landgericht... - als Kollegialgericht - habe das
Verhalten des sachentscheidenden Beamten als rechtmäßig gewertet, diese
Wertung sei auch nicht handgreiflich falsch. Ob das Urteil im Rechtsmittelverfahren
Bestand haben werde oder ob in einem möglichen verwaltungsgerichtlichen
Eilverfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - die
Beförderungsentscheidungen zugunsten der Konkurrenten als rechtsfehlerhaft
angesehen worden wären, sei im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
II.
Mit seiner am 10. September 1993 beim Staatsgerichtshof eingegangenen
"Verfassungsklage" wendet sich der Antragsteller gegen das Urteil des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 1993 und das Urteil des Landgerichts... vom
17. Januar 1985 und rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3, 134
und 136 der Verfassung des Landes Hessen - kurz: Hessische Verfassung, HV -
und aus Art. 33 des Grundgesetzes - GG -. Dadurch, daß er am 1. April ...
fehlerhaft nicht befördert worden sei, sei er in diesen Rechten verletzt. Unter
Berufung auf seine Ausführungen im Verwaltungsstreitverfahren trägt der
Antragsteller im wesentlichen vor, das Urteil des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs verletze sein Grundrecht aus Art. 1 HV, weil dort
ausgeführt werde, eine mögliche andere Entscheidung in einem Verfahren nach
123 VwGO sei im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Das Urteil verletze
weiterhin Art. 2 HV, weil der dort garantierte Rechtsweg nicht mehr eingehalten
werden könne. Durch die Rechtsprechung zur Aussichtslosigkeit des
Amtshaftungsbegehrens, wenn ein Kollegialgericht die angegriffene Amtshandlung
für rechtmäßig erachtet habe, sei das Berufungsgericht (OLG) praktisch an die
Aussagen der Vorinstanz gebunden. Das Landgericht... habe Art. 3 HV verletzt,
indem es dem Antragsteller das rechtliche Gehör verweigert habe. Das
Landgericht habe in Spezialfragen nach dem Hessischen
Personalvertretungsgesetz und dem Hessischen Beamtengesetz entschieden,
ohne die Verwaltungsakten beigezogen zu haben. Da das Landgericht... von
unrichtigen Fakten ausgegangen sei und nicht alle zur Verfügung stehenden
Beweismittel genutzt habe, könne der "Rechtsgrundsatz 'Kollegialgericht'" auf
dessen Entscheidung nicht angewandt werden. Im Verwaltungsstreitverfahren
müßten die Spezialfragen geklärt werden, mit denen ein Landgericht ansonsten
wenig befaßt sei. Das Verwaltungsgericht habe ihn über "die Möglichkeit des
Schadensersatzes im Verwaltungsstreitverfahren" belehren und ihn auf
entsprechende Anträge hinweisen müssen. Eine Sachentscheidung der
Verwaltungsgerichte zur Klärung von Fragen, die allein das Verwaltungsrecht
beträfen, sei unerläßlich. Da das zivilgerichtliche Verfahren noch nicht
abgeschlossen sei, bestehe ein Feststellungsinteresse. Während des
Beförderungsverfahrens habe er den drohenden Schaden nicht abwenden können.
Er sei zur Beförderung vorgeschlagen gewesen und von der Beförderung der
Mitbewerber überrascht worden. Im streitigen Beförderungsverfahren sei das
Prinzip der Bestenauslese verletzt worden, der Personalrat sei in unzulässiger
Weise für einen einzelnen Beamten im Verfahren initiativ geworden. Diese
Verfahrensweise verstoße gegen Art. 134 und 136 HV sowie Art. 33 GG.
III.
Der Ministerpräsident des Landes Hessen hält die Grundrechtsklage für
unzulässig. Soweit sie sich gegen das Urteil des Landgerichts... richte, sei der
Rechtsweg nicht erschöpft. Im übrigen fehle es an substantiiertem Sachvortrag.
Soweit der Antragsteller sich gegen das Urteil des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs wende, sei die Grundrechtsklage schon deshalb
unzulässig, weil diese Entscheidung ausschließlich auf der Anwendung von
Bundesrecht beruhe; der Senat habe die Zulässigkeit einer
Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO verneint.
Art. 136 HV schaffe kein Grundrecht. Für einen Verstoß gegen die in Art. 1 und Art.
3 HV geschützten Rechtsgüter seien keine ausreichenden Anhaltspunkte
vorgetragen. Auch in der Sache könne die Grundrechtsklage keinen Erfolg haben.
Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs verletze weder das Grundrecht
auf rechtliches Gehör noch verstoße es gegen das Gebot der Bestenauslese aus
Art. 134 HV. Der Verwaltungsgerichtshof habe keine Verpflichtung gehabt, dem
Antragsteller Rechtsbelehrungen zu erteilen. Daß der Senat Ausführungen des
Antragstellers nicht zur Kenntnis genommen habe, behaupte dieser selbst nicht.
Mit dem Gebot der Bestenauslese habe sich der Verwaltungsgerichtshof in den
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Mit dem Gebot der Bestenauslese habe sich der Verwaltungsgerichtshof in den
tragenden Gründen seiner Entscheidung gar nicht befaßt. Der ergänzende Hinweis
auf den Ermessensspielraum des Dienstherrn bei Beförderungsentscheidungen
habe nur den Antragsteller darüber unterrichten sollen, daß - unabhängig von der
Verschuldensfrage - objektive Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der
angefochtenen Beförderungsentscheidung nicht festzustellen seien. Daß der
Senat nicht auf die Frage des Ausgangs eines möglichen Eilverfahrens nach § 123
VwGO eingegangen sei, erweise sich als verfassungsrechtlich unbedenklich; denn
auch in einem solchen Fall bestehe ein Schadensersatzanspruch nur dann, wenn
der Antragsteller auch einen materiellen Beförderungsanspruch gehabt habe.
Dafür ergäben sich aber aus dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
keinerlei Anhaltspunkte.
IV.
Der Landesanwalt hat sich dem Verfahren nicht angeschlossen.
V.
Die Akten des Verwaltungsgerichts..., Az.: ... (= HessVGH 1 UE 2725/87) lagen
dem Staatsgerichtshof vor und waren Gegenstand der Beratung.
B
Der als Grundrechtsklage nach Art. 131 Abs. 1 und 3 HV und den §§ 45 ff. des
Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - auszulegende Antrag bleibt
erfolglos.
I.
Die Grundrechtsklage gegen die Entscheidung des Landgerichts... vom 17. Januar
1985 ist bereits deshalb unzulässig, weil der Antragsteller den Rechtsweg nicht
erschöpft hat (§ 48 Abs. 3 Satz 1 StGHG). Das Berufungsverfahren ist noch beim
Oberlandesgericht Frankfurt am Hain anhängig. Der Wiederaufruf und die
Weiterführung dieses Verfahrens sind dem Antragsteller auch zumutbar. Soweit
die Akten des Verfahrens irrtümlicherweise vernichtet wurden, ist es Sache des
Gerichts, diese zu rekonstruieren. Der umstand, daß der Hessische
Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung - im Rahmen der Prüfung des
Feststellungsinteresses - von der Erfolglosigkeit des Amtshaftungsbegehrens
aufgrund der Entscheidung eines Kollegialgerichts über die Rechtmäßigkeit des
Handelns eines Amtswalters ausgegangen ist, hindert das Rechtsmittelgericht
nicht, die Entscheidung des Landgerichts... in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
zu überprüfen und auch gegebenenfalls zu einem anderen Ergebnis zu gelangen.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es nicht erforderlich, vor Beendigung
des zivilgerichtlichen Verfahrens eine erneute - durch den gewünschten Ausspruch
des Staatsgerichtshofs herbeigeführte - Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der
angegriffenen Beförderungsentscheidungen durch "das sachlich zuständige
Verwaltungsgericht" zu erwirken. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruches
wegen Amtspflichtverletzung - hier wegen unterlassener oder verspäteter
Beförderung - sind die Zivilgerichte auch für die Klärung öffentlich-rechtlicher
Fragen und damit auch öffentlich-rechtlicher Vorfragen zuständig; ein
schutzwürdiges Interesse daran, Vorfragen zunächst vor den Verwaltungsgerichten
klären zu lassen, besteht ebensowenig wie der Anspruch auf den "sachnäheren
Richter" (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989, BVerwGE 81, 226, 227; BayVGH,
Urteil vom 25.03.1983, BayVBl. 1983, S. 473).
Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die gegen das Urteil des
Landgerichts... beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegte Berufung
von vornherein erfolglos bleiben müßte. Insbesondere ist es nicht undenkbar, daß
das Oberlandesgericht - obgleich das Landgericht die vom Antragsteller
angegriffenen Beförderungsentscheidungen gebilligt hat - auch hinsichtlich der
Fragen eines Verschuldens des handelnden Beamten zu einem dem Antragsteller
günstigen Ergebnis gelangt.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers bindet auch die - unter Hinweis auf die
voraussichtliche Erfolglosigkeit des Amtshaftungsbegehrens ("Kollegialgericht")
das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Antragstellers verneinende -
Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs die Zivilgerichte bei ihrer
Entscheidung über das Bestehen eines Amtshaftungsanspruches nicht. Der
Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte über die Zulässigkeit einer
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Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte über die Zulässigkeit einer
Fortsetzungsfeststellungsklage im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden. Zur
Begründung hat er die Entscheidung des Landgerichts... herangezogen, aber
zunächst nur deren Auswirkungen auf den erhobenen Vorwurf schuldhaften
Verhaltens des Amtswalters und die Durchsetzung des Amtshaftungsanspruchs
entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom
04.05.1984, NJW 1985, S. 876) geprüft und eine prognostische Entscheidung über
den Ausgang des Amtshaftungsprozesses getroffen. Er hatte dabei die
Darlegungen des Landgerichts... nicht im einzelnen zu überprüfen und hat
entsprechend nur dargelegt, daß in dem Urteil die Sach- und Rechtslage jedenfalls
nicht "handgreiflich falsch" beurteilt wurde. Damit ist eine erneute Prüfung der
Sach- und Rechtslage durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main weder
verhindert noch in eine bestimmte Richtung gebunden. Der Ausspruch des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs kann nur in dem Umfang in Rechtskraft
erwachsen und damit Bindungswirkung auch für die Zivilgerichte entfalten, in dem
dort über den Streitgegenstand entschieden wurde (§ 121 VwGO; vgl. dazu BGH,
Urteil vom 07.02.1985, NVwZ 1985, S. 682, 683). Bei einem Prozeßurteil erwächst
die Entscheidung, daß dem prozessualen Anspruch das für die Klageabweisung
maßgebliche prozessuale Hindernis entgegensteht, in Rechtskraft (vgl. Kopp, §
121 VwGO, Anm. 19). Weitere Ausführungen in dem Urteil, auf die die
Entscheidung nicht gestützt ist, sind für die Frage von Inhalt und Umfang der
Rechtskraft ohne Bedeutung (ders., a.a.O., Anm. 18).
II.
Die Grundrechtsklage gegen die Entscheidung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 1993 bleibt ebenfalls erfolglos.
Hier hat der Antragsteller allerdings den Rechtsweg erschöpft, weil es sich bei dem
Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs um die Entscheidung des höchsten
in der Sache zuständigen hessischen Gerichts handelt (vgl. § 48 Abs. 4 StGHG; zu
dessen Auslegung vgl. StGH, Urteil vom 13.05.1992 - P.St. 1126 -, StAnz. 1992, S.
1222).
1. Soweit der Antragsteller die Grundrechtsklage mit einer Verletzung des Art. 136
HV begründet, ist sie schon deshalb unzulässig, weil diese Vorschrift - wie der im
wesentlichen gleichlautende Art. 34 GG - kein Grundrecht enthält (vgl. dazu Papier
in: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 34 GG, Anm. 73; vgl. auch StGH, Beschluß vom
10.12.1991 - P.St. 1124 -).
2. Soweit die Grundrechtsklage auf Art. 33 GG in Verbindung mit den Vorschriften
des Hessischen Beamtengesetzes und des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes gestützt wird, ist sie ebenfalls unzulässig. Der
Staatsgerichtshof als Landesverfassungsgericht kann die angefochtene
Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nur am Maßstab der
Landesverfassung überprüfen.
3. Soweit der Antragsteller die Verletzung von Art. 1 HV rügt, ist der Antrag
unzulässig. Der Antragsteller hat entgegen § 46 Abs. 1 StGHG nicht
nachvollziehbar dargetan, durch welche Maßnahmen oder Ausführungen in seiner
Entscheidung der Hessische Verwaltungsgerichtshof gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 1 HV verstoßen haben soll. Zur Begründung
hat der Antragsteller lediglich vorgetragen, der Hessische Verwaltungsgerichtshof
habe in den Entscheidungsgründen die Frage des Ausganges eines möglichen
verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 123 VwGO als unerheblich
angesehen. Inwieweit sich aus dieser Bemerkung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs über ein vom Antragsteller nicht eingeleitetes
Eilverfahren eine Rechtsverletzung ergeben soll, ist nicht dargetan.
4. Soweit die Grundrechtsklage auf die Verletzung von Art. 2 HV gestützt ist, ist sie
ebenfalls unzulässig. Der Antragsteller wendet sich gegen eine gerichtliche
Entscheidung, die, indem sie eine sachliche Überprüfung seines Begehrens
ablehnt, unter Anwendung von Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung und
damit von Bundesrecht ergangen ist. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat
die Berufung zurückgewiesen, weil der Fortsetzungsfeststellungsantrag unzulässig
sei. Diese Entscheidung beruht insoweit auf Bundesprozeßrecht. Der
Staatsgerichtshof als Landesverfassungsgericht hat sich in ständiger
Rechtsprechung unter Hinweis auf Art. 31 GG nicht für befugt gehalten, die
Anwendung von Bundesrecht am Maßstab der Landesverfassung zu überprüfen
(vgl. zuletzt Beschluß vom 22.12.1993 - P.St. 1166 -, StAnz. 1994, S. 738).
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Von dieser Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs weichen allerdings der
Bayerische Verfassungsgerichtshof und der Verfassungsgerichtshof des Landes
Berlin ab. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof sieht sich in ständiger
Rechtsprechung zwar auch grundsätzlich gehindert, auf Bundesrecht beruhende
Entscheidungen am Maßstab der Landesverfassung zu messen, macht eine
Ausnahme davon allerdings dann, wenn der Antragsteller die Verletzung von
Prozeßgrundrechten, die auch die Landesverfassung gewährt, geltend macht (vgl.
z.B. BayVerfGH, Entscheidungen vom 18.05.1973, NJW 1973, S. 1644, und vom
18.02.1993, NVwZ 1994, S. 64). Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin ist
- ohne Einschränkungen - der Auffassung, die von der Landesverfassung
gewährten Grundrechte seien für die rechtsprechende Gewalt des Landes Berlin in
den Grenzen der Art. 142 und 31 GG auch bei Anwendung von Bundesrecht
verbindlich (vgl. Beschlüsse vom 23.12.1992, NJW 1993, S. 513; vom 12.01.1993,
NJW 1993, S. 515; vom 02.12.1993, NJW 1994, S. 436). Auf der Grundlage seiner
bisherigen Rechtsprechung wäre der Staatsgerichtshof grundsätzlich verpflichtet,
das Verfahren nach Art. 100 Abs. 3 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen
(vgl. StGH, Beschluß vom 14.04.1989 - P.St. 1076 -, StAnz. 1989, S. 1661). Eine
Vorlage kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Vorlagefrage
entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfG, Beschluß vom 29.01.1974, BVerfGE 36,
342; StGH, Beschluß vom 22.12.1993 - P.St. 1166 -, a.a.O.).
Das ist hier nicht der Fall. Die Grundrechtsklage bliebe - bei unterstellter
Prüfungskompetenz des Staatsgerichtshofs - erfolglos.
Der Antragsteller fühlt sich durch die Entscheidung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs an der Weiterverfolgung seines Begehrens gehindert. Es
stellt jedoch keine Verletzung der Rechtsweggarantie des Art. 2 Abs. 3 HV dar, daß
der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Erfolgsaussichten des
Amtshaftungsbegehrens unter Bezugnahme auf die Entscheidung des
Landgerichts... verneint und damit ein Feststellungsinteresse für nicht gegeben
erachtet hat. Durch diese Ausführungen in den Entscheidungsgründen wird der
Antragsteller - wie dargelegt - nicht gehindert, den Zivilrechtsweg weiter zu
beschreiten und vor dem zuständigen Gericht eine Klärung über die von ihm
geltend gemachten Schadensersatzansprüche herbeizuführen.
Art. 2 Abs. 3 HV gewährt auch keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf,
daß öffentlich-rechtliche Vorfragen eines Amtshaftungsanspruchs vorrangig durch
die Verwaltungsgerichte geklärt werden. Die Rechtsweggarantie und der
Justizgewährungsanspruch sichern den Bürgern den Zugang zu den Gerichten.
Rechtsschutz ist im Rahmen der jeweils geltenden Prozeßordnung gewährleistet.
Die Anrufung der Gerichte darf von bestimmten formalen Voraussetzungen
abhängig gemacht werden. Erst wenn der Weg zu den Gerichten unzumutbar und
aus Sachgründen nicht zu rechtfertigend erschwert ist, liegt ein Verstoß gegen
diese Grundrechtsnorm vor (vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 12.02.1992, BVerfGE
85, 337, 347; Beschluß vom 19.09.1989, NJW 1990, S. 501, 502). Damit wird aber
kein bestimmter Rechtsweg gewährleistet, vielmehr ist dem einzelnen Bürger
lediglich garantiert, daß die ihn beeinträchtigende hoheitliche Maßnahme in
irgendeinem gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann (so BVerfG, Beschluß
vom 27.07.1971, BVerfGE 31, 364, 368) und daß der zur Entscheidung berufene
Richter zur hinreichenden Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Seite des
Rechtsschutzbegehrens befugt ist sowie über eine zureichende
Entscheidungsmacht verfügt, um einer Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen (so
BVerfG, Beschluß vom 08.07.1982, BVerfGE 61, 82, 111). Dem Antragsteller steht
es frei, seinen Rechtsstreit vor den Zivilgerichten fortzusetzen. Diese sind sachlich
für die Entscheidung über Schadensersatzansprüche wegen
Amtspflichtverletzungen zuständig und müssen in diesem Rahmen eigenständig
auch die öffentlich-rechtlichen Vorfragen klären (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom
20.01.1989, BVerwGE 81, 226, 227). Umfassender verwaltungsgerichtlicher
Rechtsschutz kann dem unterlegenen Bewerber nach der gefestigten
Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. z.B. HessVGH, Beschluß vom
18.02.1991, NVwZ-RR 1992, S. 34 m.w.N.) entweder über ein Eilverfahren nach §
123 VwGO oder über eine Klage auf Neubescheidung nur vor der endgültigen
Stellenbesetzung gewährt werden. Dies ist verfassungsrechtlich unter dem
Gesichtspunkt der Rechtsweggarantie nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluß
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5. Die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs verstößt nicht gegen
Art. 134 HV. Insoweit ist die Grundrechtsklage zwar zulässig, aber offensichtlich
unbegründet.
Ausgehend von seiner Auffassung über die mangelnde Zulässigkeit der Klage
hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof über die Frage, ob die angegriffene
Beförderung der Mitbewerber rechtswidrig war, nicht zu entscheiden. Das Gericht
hat sich vielmehr lediglich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
gestützt und ist - im Rahmen der Prüfung des Feststellungsinteresses - von einer
offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Amtshaftungsanspruchs ausgegangen.
Soweit der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen des Landgerichts... zur
Rechtmäßigkeit der Amtshandlung in seine Erwägungen einbezogen hat, hat er
nur geprüft, ob diese offensichtlich haltlos, nicht aber ob sie rechtlich in jedem
Punkt zutreffend sind. Daß dem Verwaltungsgerichtshof bei der pauschalen
Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung ein Verstoß gegen Art. 134 HV
unterlaufen ist, ist nicht erkennbar. Der Staatsgerichtshof überprüft die
Anwendung einfachen Rechts nicht uneingeschränkt, sondern nur darauf, ob das
Fachgericht eine verfassungswidrige Norm seiner Entscheidung zugrunde gelegt
hat oder bei der Rechtsanwendung von einer grundsätzlich unrichtigen
Anschauung eines Verfassungssatzes ausgegangen ist. Dies ist hier nicht der Fall.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 StGHG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.