Urteil des SozG Köln vom 19.08.2002

SozG Köln (Aufschiebende Wirkung, Behandlung, Ersatzvornahme, Unter Ärztlicher Kontrolle, Medizinischer Grund, Verwaltungsakt, Krankenversicherung, Gesundheit, Therapie, Substitution)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Sozialgericht Köln, S 19 KA 25/02 ER
19.08.2002
Sozialgericht Köln
19. Kammer
Beschluss
S 19 KA 25/02 ER
Vertragsarztrecht
nicht rechtskräftig
Die Eilanträge des Antragstellers werden abgewiesen. Die
Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin
werden dem Antragsteller auferlegt, sonst sind Kosten unter den
Beteiligten nicht zu erstatten. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,-
EURO (in Worten: viertausend EURO) festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um eine Ersatzvornahme nach § 94 Buch V des
Sozialgesetzbuches (SGB V). Ausgangspunkt ist der Dissens zwischen Antragsteller und
Antragsgegnerin, ob die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger nur zulässig
ist, wenn der gesetzlich Krankenversicherte unter einer Begleiterkrankung leidet.
Die substitutionsgestützte Therapie ist seit 1991 als vertragsärztliche Leistung anerkannt. In
den Richtlinien zur Methadon-Substitutionsbehandlung bei i.v. - Heroinabhängigen
(Substitutions-Richtlinien) war sie in die Richtlinien des Antragstellers über die Einführung
neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Ri) Anlage 1 Ziffer 2 eingeordnet.
Die NUB-Ri sind 1999 durch die Richtlinien des Antragstellers über die Bewertung
ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 134 Abs. 1 SGB V (BUB-
Ri) abgelöst. Auch dort finden sich die Substitutions-Ri in der Anlage 1 Ziffer 2. Dem § 3,
der die für eine Substitution notwendige Begleiterkrankungen auflistete, war auf eine
Beanstandung der Antragsgegnerin vom Februar 1999 § 3a angefügt, nach dessen Abs. 1
die Substitution über die in § 3 geregelten Indikationen hinaus auch dann zulässig ist,
wenn eine drogenfreie Therapie aus medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden
kann und Aussichten bestehen, dass durch die Behandlung eine Stabilisierung und
Besserung des Gesundheitszustandes sowie durch allmähliches Herunterdosieren
schrittweise eine Drogenfreiheit erreicht werden kann. Dennoch wirkte der oben genannte
Dissens zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin als Auslegungsstreit um den § 3a
Substitutions-Ri fort: Nach Auffassung der Antragsgegnerin habe die Vorschrift dahin
ausgelegt werden müssen, dass grundsätzlich eine substitutionsgestützte Behandlung
(auch ohne Begleiterkrankungen) möglich ist; nach Auffassung des Antragstellers muss
auch bei der Behandlung nach der genannten Vorschrift ein medizinischer Grund als
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Zulässigkeitsvoraussetzung für die substitutionsgestützte Behandlung vorliegen, mithin
eine Begleiterkrankung.
Nachdem die Auslegungsdifferenzen nicht auszuräumen waren, forderte die
Antragsgegnerin den Antragsteller auf, binnen Monatsfrist mitzuteilen, ob der
Bundessausschuss der Rechtsauslegung des Bundesministers für Gesundheit (BMG)
folge. Als der Antragsgegner bei seiner Auffassung blieb, forderte die Antragsgegnerin den
Antragsteller auf, die Richtlinien entsprechend der Auffassung des BMG zu ändern und
setzte hierfür eine Frist bis zum 12.12.2000 mit der Ankündigung, das BMG werde die
erforderliche Änderung sonst selbst erlassen. Am Tag des Fristablaufs jedoch teilte der
Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er der Aufforderung des BMG nicht Folge
leisten werde.
Neue Nahrung bekam der Dissens, als die Bundesärztekammer mit ihrer Richtlinie vom
22.03.2002 ihre Ermächtigung in § 5 Abs. 11 der Betäubungsmittel
Verschreibungsverordnung (BtmVV) nutzte und feststellte, dass die substitutionsgestützte
Behandlung eines Opiatabhängigen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Wissenschaft entspricht, wenn die Abhängigkeit seit längerer Zeit besteht und
Abstinenzversuche unter ärztlicher Kontrolle keinen Erfolg gebracht haben oder eine
drogenfreie Therapie derzeit nicht durchgeführt werden kann oder die
substitutionsgestützte Behandlung im Vergleich mit anderen Therapiemöglichkeiten die
größte Chance zur Heilung oder Besserung bietet. Wegen der Einheit und
Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sah die Antragsgegnerin auch für die
Konkretisierung des dem gesetzlich Krankenversicherten zustehenden Leistungsanspruch
die Feststellungen der Bundesärztekammer als maßgeblich an, zumal sie wegen der
schlechteren prognostischen Heilungsaussichten der drogenfreien Therapie in der
substitutionsgestützten Behandlung keine Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sah.
Unter dem 05.07.2002 erließ das BMG die hier angefochtenen Änderungen der BUB-Ri in
der Anlage A Nr. 2 (substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger) unter anderem
dahin, dass sie den früheren § 3a Anlage A 2 aufhob und § 3 im wesentlichen dahin
änderte, dass die Substitution auch Bestandteil eine Therapiekonzeptes ohne
Begleiterkrankung sein kann.
Noch am selben Tage ging die Richtlinienänderung beim Antragsteller mit einem
Anschreiben des BMG ein, in dem die Änderung begründet und der Antragsteller gebeten
wird, die Veröffentlichung im Bundesanzeiger bald möglichst zu veranlassen. In einem
weiteren Schreiben (31.07.2002) drohte die Antragsgegnerin an, die Änderung der
Substitutions-Ri selbst bekannt zu machen, falls der Antragsteller diese nicht bis zum
05.08.2002 veranlasst hat.
Dagegen wenden sich die Anträge des Antragstellers auf Gewähren vorläufigen
Rechtsschutzes.
Er sieht in der Ersatzvornahme einen Verwaltungsakt und schreibt deshalb der 3 Tage
später erhobenen Anfechtungsklage (S 19 KA 26/02 SG Köln) eine aufschiebende Wirkung
zu. Er trägt vor, dies müsse gerichtlich festgestellt werden, damit Zweifel ausgeräumt seien,
dass die Rechtsänderung durch die Antragsgegnerin bis zur Entscheidung in der
Hauptsache nicht in Kraft treten könne. Darüber hinaus hält er die Änderung für
rechtswidrig und leitet daraus einen Anspruchsgrund für seinen Eilantrag ab, mit dem - für
den Fall, dass das Gericht in der Ersatzvornahme keinen Verwaltungsakt ansieht - er
zumindest die Veröffentlichung und damit das Wirksamwerden der Änderung verhindern
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will: Formell sei die Ersatzvornahme rechtswidrig, weil sich die Bundesministerin für
Gesundheit (das BMG) nicht an die für das Beanstandungsverfahren geltenden Regeln
gehalten habe; der Ersatzvornahme müsse eine Beanstandung und eine Fristsetzung
vorausgehen; diese formellen Voraussetzungen seien nicht beachtet; aber auch materiell-
rechtlich sei die Ersatzvornahme zu beanstanden; die §§ 91 Abs. 4 und 94 SGB V würden
dem BMG lediglich eine Rechtsaufsicht einräumen, so dass aufsichtsrechtliche
Maßnahmen nur zulässig seien, wenn die geltenden Substitutions-Ri in den durch die
Ersatzvornahme geänderten Bestandteilen rechtswidrig wären; der Antragsteller aber habe
den ihm zustehenden Gestaltungs- und Beurteilungsraum nicht überschritten, indem er die
Drogensubstitution zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei Vorliegen
weiterer Voraussetzungen als der Drogenabhängigkeit erlaubt habe; durch die insoweit
abweichenden Richtlinien nach § 5 Abs. 11 BtmVV sei er nicht gebunden, da der
Bundesärztekammer aus einer Vielzahl von Gründen keine Ermächtigung zukomme, den
Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bei Drogenabhängigkeit
festzulegen; vielmehr müsse der Antragsteller neben der ausreichenden und
zweckmäßigen Versorgung der Versicherten auch das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Klage des Antragstellers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der
Antragsgegnerin vom 05.07.02 betreffend die Änderung der Richtlinien über die Bewertung
ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-
Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung
Opiatabhängiger" aufschiebende Wirkung hat und die Antragsgegnerin die geänderten
Richtlinien nicht veröffentlichen darf, für den Fall, dass der Klage keine aufschiebende
Wirkung beigemessen werden sollte, der Antragsgegnerin zu untersagen, die durch
Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung
der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur
substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen, hilfsweise - sofern das Gericht dem Antrag
zu 1) des Antragstellers folgt - die sofortige Vollziehung der Ersatzvornahme des BMG vom
05.07.2002 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.
Sie meint, die Rechte des BMG aus § 94 SGB V seien keine Aufsichtsrechte, die jenen aus
§ 91 Abs. 4 SGB V vergleichbar wären; vielmehr habe der Gesetzgeber in § 94 Abs. 1 SGB
V ein gestuftes Normensetzungsverfahren geregelt; in ihm bringe der Antragsteller seinen
besonderen Sachverstand ein, darüber hinaus aber sichere das Beanstandungsrecht des
BMG der dem demokratischen Gesetzgeber verantwortlichen Exekutive eine Einwirkungs-
und Überwachungsmöglichkeit; auch und gerade durch das Ersetzungsverfahren werde
das Erfordernis demokratischer Legitimation der Richtlinien in einer das Demokratieprinzip
wahrenden Art und Weise kompensiert; die Ersatzvornahme sei keine hoheitliche
Anordnung, die in Rechte des Antragstellers eingreife, sondern Folge aus dem eigenen -
dem Antragsteller übergeordneten - Gestaltungsrecht des BMG und damit der
Antragsgegnerin; sofern der Antragsteller darin eine Rechtsverletzung sehe, könne er dies
lediglich mit einer Feststellungsklage geltend machen, für die § 86 a SGG keine
aufschiebende Wirkung der Klage vorsehe; daraus folge, dass auch der
Unterlassungsantrag unbegründet sei; wenn dem Antragsgegner eine Klagebefugnis
gegen den Selbsteintritt nicht zustehe, könne er auch die Bekanntmachung einer
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Ersatzvornahme zu unterlassen nicht verlangen; auch aus Gründen einstweiligen
Rechtsschutzes könne dem Unterlassungsantrag kein Erfolg beschieden sein; der
Antragsteller könne sich weder auf einen Anordnungsanspruch noch einen
Anordnungsgrund stützen; durch die Bundesärztekammer sei der Stand der medizinischen
Wissenschaft für die Krankenbehandlung Opiatabhängiger festgeschrieben; da die
substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger ohne Begleiterkrankung nicht dem
Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V widerspreche, müsse der Konflikt zwischen dem
Bundesausschuss und dem BMG über die dem Stand des medizinischen Wissens
entsprechende Krankenbehandlung opiatabhängiger Versicherter unverzüglich aufgelöst
werden, zumal sich das Betäubungsmittelrecht zwischenzeitlich geändert habe; deshalb
dürfte der Anspruch der Versicherten in dem hier fraglichen Bereich auch nicht befristet
werden; schließlich sei es notwendig, die bisher geltenden niedrigeren
krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen an die Strukturqualität der
substituierenden Ärzte an die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtmVV umschriebenen
Mindestanforderungen anzupassen, da diese Anforderungen auch von den in der
vertragsärztlichen Versorgung substituierenden Ärzte nicht unterschritten werden dürften;
einer Fristsetzung für ein entsprechendes Tätigwerden des Antragstellers habe es
schließlich im vorliegenden Verfahren nicht bedurft, weil dies § 94 SGB V nicht
unabdingbar verlange, zum anderen dem Antragsteller genügend Fristen gesetzt seien, die
BUB-Richtlinien den zwingenden Auffassungen des BMG anzupassen und schließlich der
Antragsgegner mehrfach eine entsprechende Richtlinienänderung abgelehnt habe.
Der Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag des Beklagte an: Durch die
Ersatzvornahme sei in die Beschlussfreiheit des Antragsgegners unmittelbar eingegriffen;
seine Beschränkung auf eine Rechtskontrolle habe der Antragsgegner überschritten;
während einerseits durch die bisherigen Richtlinien der Leistungsanspruch der
Versicherten nicht in rechtlich unzulässiger Weise geschmälert sei, weil die Substitution
keine von der Krankenkasse geschuldete Maßnahme sei, wenn sie nur Hilfe im Bereich der
Lebensführung bieten solle, habe andererseits die Antragsgegnerin mit ihrer Änderung die
den Krankenkassen aufgebürdeten Leistungen in den Bereich der Unwirtschaftlichkeit
ausgeweitet; im übrigen prüfe der Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" inwieweit die
BUB-Ri im Hinblick auf die Richtlinien der Bundesärztekammer geändert werden müssten;
die Ermittlungen würden zeitnah abgeschlossen werden können, so dass der Antragsteller
dann über eine Änderung der Richtlinien entscheiden könne.
Der Beigeladene zu 3) hält den Antrag auf Gewähren vorläufigen Rechtsschutzes für
zutreffend, weil die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme seiner Auffassung nach
nicht vorliegen würden; er verweist - ebenso wie die Beigeladenen zu 2) und 4) - auf die
Begründung des Beigeladenen zu 1), stellt aber keinen eigenen Antrag.
Die Beigeladene zu 9) verzichtet ebenfalls auf einen eigenen Antrag. Sie reicht eine
Pressemitteilung ein, nach der sich jeder Arzt bei der substitutionsgestützten Behandlung
von opiatabhängigen Patienten an die zum 1. Juli in Kraft getretene Neufassung der
Betäubungsmittelverschreibungsverordnung halten müsse, anderenfalls er sich strafbar
mache; die in dieser Neufassung gesetzlich verankerten Richtlinien der
Bundesärztekammer vom 23. März 2002 würden den derzeitigen gesicherten Stand der
medizinischen Erkenntnisse zur Drogensubstitution wiedergeben.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
II.
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Der Antrag zu 1) ist unzulässig.
Zwar ist der Antragsteller grundsätzlich antragsbefugt. Als Anstalt des öffentlichen Rechts
(vgl. BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 - in: BSGE 78, 70, 80 f) ist er eine rechtlich
selbständige Verwaltungseinheit, deren Mitglieder an Weisungen nicht gebunden sind (§
92 Abs. 2 Satz 5 SGB V). Damit sind dem Antragsteller vom Gesetz selbständige Rechte
eingeräumt, deren Verletzung im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden.
Mit seinem Antrag zu 1) bezieht sich der Antragsteller aber auf § 86 a Abs. 1 SGG, wonach
unter anderem die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat. Diese Vorschrift
wiederum nimmt Bezug auf § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach Gegenstand der Klage die
Aufhebung eines Verwaltungsaktes sein kann. Für derartige Anfechtungsklagen sieht § 86
a Abs. 1 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage vor. Als besondere
Sachentscheidungsvoraussetzung ist dafür zunächst erforderlich, dass der durch die Klage
angegriffene Akt objektiv ein bereits erlassener Verwaltungsakt sein muss, der noch nicht
erledigt ist. Dabei kommt es auf die Meinung und den Vortrag des Antragstellers nicht an
(Schmittz Glaeser, Verwaltungsprozessrecht, 1997, Rdnr: 137 m.w.N.; Hufen,
Verwaltungsprozessrecht, 2000, § 14 Rdnr. 1 f.; Meyer-Ladewig, SGG, 2002, § 54 SGG
Rdnr. 8). Dementsprechend kann auch der sich auf § 86 a Abs. 1 SGG stützende Antrag auf
Feststellen der aufschiebenden Wirkung nur zulässig sein, wenn der Antragsteller
tatsächlich geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt
zu sein. Die sich auf § 94 Abs. 1 Satz 2 SGB V stützende Ersatzhandlung der
Antragsgegnerin ist jedoch gegenüber der Beklagten kein Verwaltungsakt.
Zunächst können die Befugnisse des BMG aus § 91 Abs. 4 SGB V mit jenen aus § 94 Abs.
1 Satz 2 SGB V nicht gleichgesetzt werden. Über die Geschäftsführung des Beklagten führt
zwar das BMG eine Rechtsaufsicht und übt damit eine gebundene Verwaltung aus. Durch
Beanstandungen in diesem Bereich wird das Rechtsverhältnis zwischen dem Inhaber der
Rechtsaufsicht und dem ihr Unterworfenen geregelt. Damit sind die Definitionskriterien des
Verwaltungsaktes (§ 31 Satz 1 SGB X) erfüllt. Sie sind typisch für das Über- und
Unterverordnungsverhältnis, von dem in der Regel das Verwaltungsrecht geprägt ist.
Anders stellt sich die Beanstandung nach § 94 Abs. 1 Satz 2 SGB V dar. Mit ihr übt das
BMG keine Funktion innerhalb eines Über- und Unterordnungsverhältnisses aus, sondern
nimmt eine Funktion wahr, die ihm das Gesetz im Verfahren zum Erlass untergesetzlicher
Normen eingeräumt hat. Darin ist das BMG dem Antragsteller nicht hoheitlich
übergeordnet, vielmehr sind die Kompetenzen geteilt. Nach § 92 SGB V ist zunächst der
Antragsteller beauftragt, untergesetzliche Normen zu erlassen, wie sie unter anderem in
Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich genannt sind. Im Hinblick auf ihre normative Wirkung binden sie
sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Vertragsärzte, die Krankenkassen
und die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 20.03.1996 -
6 RKa 62/94 -in: USK 96 166). Durch die Richtlinien des Bundesausschusses sollen
Leistungs- und Leistungserbringungsrecht mit verbindlicher Wirkung sowohl für Versicherte
und Krankenkassen als auch für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen in
Übereinstimmung gebracht werden (BT-Drucksache 13/7264; Seite 64 zu Artikel 1 Nr. 27a).
Dabei ist der Antragsteller, wie in der Literatur nach der oben genannten Entscheidung aus
dem Jahre 1996 umfangreich erörtert ist, auf eine demokratische Legitimation angewiesen.
Diese leitet sich gerade aus § 94 SGB V ab, der dem Bundesminister für Gesundheit nicht
nur eine Rechtsaufsicht überträgt, sondern ihm auch eine demokratische Mitverantwortung
für das in den Richtlinien liegende politische Handeln des Antragstellers aufbürdet. Der
Bundesminister für Gesundheit kann deshalb die Richtlinien auch beanstanden, weil er die
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Verengung der Versichertenrechte politisch nicht billigt (vgl. dazu Urteil der Kammer vom
27.03.2002 - Az.: S 19 KA 23/01 -). Dies wäre dem Bundesminister bzw. der
Bundesministerin für Gesundheit schlechterdings unmöglich, wenn eine Ersatzvornahme
oder Beanstandung nach § 94 SGB V (nur) bei einer Rechtsverletzung des
Bundesausschusses möglich wäre, mithin bei einem Verstoß gegen das höherrangige
Recht des SGB V (so aber Peters/Hencke, Handbuch der Krankenversicherung, Sept.
2000, § 94 SGB V Rdnr. 4). Die davon abweichende Ansicht (insbesondere Kaltenborn
"Richtliniengebung durch ministerielle Ersatzvornahme" in: VSSR 3/2000, Seite 267 1.
Absatz) gewichtet die zwei Ebenen der untergesetzlichen Normgebung durch den
Antragsteller nicht hinreichend, sofern - wie in vorliegendem Fall - unter politischen
Gesichtspunkten durch den BMG eine Richtlinie im Ersatzverfahren erlassen wird.
Insoweit überschneiden sich die Aufgabenkreise des Antragstellers und der
Antragsgegnerin nicht, sie ergänzen sich. Während der Antragsteller auf die Beachtung von
Recht und Gesetz beschränkt ist, sind die Möglichkeiten der Antragsgegnerin auf politische
Erwägungen erweitert. Die Auffassung der Antragsgegnerin stimmt mit der in früheren
Entscheidungen zum Tragen gekommenen Rechtsauffassung der Kammer überein, dass
mit dem Eintrittsrecht die staatliche Legitimation der Normsetzung zur untergesetzlichen
Leistungskonkretisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet ist. Die
dem Antragsteller in § 92 SGB V eingeräumte Kompetenz ist von vornherein dahin
beschränkt, dass er für den Erlass der Richtlinien auf die Zustimmung (durch
Nichtbeanstanden) der Antragsgegnerin angewiesen ist und er im übrigen - soweit er nicht
tätig wird oder werden will - das Eintrittsrecht der Antragsgegnerin hinnehmen muss. Einer
hoheitlichen Regelung durch die Antragsgegnerin bedarf es dazu nach der Systematik des
Gesetzes nicht, es fehlt der für einen Verwaltungsakt nötige Regelungswille gegenüber
dem Antragsteller. Darüber hinaus lässt das Schreiben der Antragsgegnerin vom
05.07.2002 nicht erkennen, dass sie hoheitlich das Recht zwischen ihr und dem Beklagten
einseitig regeln will (vgl. Jahn/Limpinsel, Sozialgesetzbuch für die Praxis, § 94 SGB V
Rdnr. 2 Seite 2; a.A. Kaltenborn, a.a.O. Seite 267 2. Absatz; die übrige von dem
Antragsteller zitierte Literatur hat nicht die Besonderheiten des § 94 SGB V im Auge,
sondern andere Sachvorhaben der Rechtsaufsicht). Liegt aber kein Verwaltungsakt vor,
kann der Antragsteller auch keine Feststellung verlangen, dass das von ihm als hoheitlich
empfundene Handeln durch eine dagegen gerichtete Klage aufgeschoben ist.
III.
Der nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG zulässige Antrag zu 2) ist nicht begründet.
Danach kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung im
Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des
Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen
liegen nicht vor. Aus dem Charakter der Entscheidung nach § 86 Abs. 2 SGG als
Eilentscheidung folgt, dass ein Dringlichkeitsgrund vorliegen muss. Der Rechtsschutz im
Eilverfahren soll vollendeten Tatsachen zuvorkommen, die bei einem Erfolg in der
Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (BVerfG Beschluss vom
16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 - in: NJW 1995, 2447) oder aber nur durch Inkaufnahme
unzumutbarer Nachteile. Dies setzt neben dem im Gesetz genannten Anordnungsgrund
auch einen Anordnungsanspruch voraus (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 b Rdnr. 27). Wenn
der Antragsteller nämlich sein Begehren nicht auf eine Anspruchsgrundlage stützt, er mithin
im Hauptverfahren nicht obsiegen kann, braucht auch der sich ohne die Anordnung sonst
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faktisch erledigende Rechtsstreit nicht offengehalten werden. Die Kammer zweifelt bereits
an den Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage, die vor der Kammer
unter dem Aktenzeichen S 19 KA 26/02 geführt wird. Die summarische Prüfung des
Klageantrages, die inkriminierte Richtlinienänderung aufzuheben, lässt ein Obsiegen des
Antragstellers als eher unwahrscheinlich erscheinen. Dies folgt zunächst aus der Stellung
des BMG in der demokratischen Legitimationskette, auf die der Antragsteller für die
Rechtmäßigkeit seiner Normsetzung angewiesen ist. Die Antragsgegnerin verkürzt nicht
die Rechte des Antragstellers, sondern schöpft ihre rechtlichen Möglichkeiten bis zu jener
Grenze aus, an denen die Normsetzungsbefugnis des Bundesausschusses endet. So führt
der Antragsteller in seiner Klagebegründung selbst aus, dass die Differenzen in den u.a.
politischen Auffassungen der Kostenträger und Leistungserbringer nicht hatten behoben
werden können. Es ist nach Auffassung der Kammer aber gerade Aufgabe des BMG -
mithin der Antragsgegnerin - ihren politischen Auffassungen gegenüber den im
Antragsteller vereinten Interessenvertreter zum Durchbruch zu helfen. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn sich die politischen Auffassungen mit dem höherrangigen Recht des SGB V in
Übereinstimmung bringen lassen. Dabei wiederum ist zu berücksichtigen, dass bei jeder
gesetzlichen Regelung unvordenkliche Fälle auftreten, die im Wege der Auslegung oder
Analogie geschlossen werden müssen. Die Aufnahme der Substitutionsbehandlung in die
BUB-Richtlinien zeigt aber, dass auch der Antragsteller der Auffassung ist, eine
zielführende Behandlung der Drogenabhängigkeit sei jedenfalls nicht in allen Fällen ohne
Substitution möglich. Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Änderung auf Vorschriften
der BtmVV und den darauf fußenden Richtlinien der Bundesärztekammer Bezug nimmt.
Dass die BtmVV unrechtmäßig zustande gekommen oder inhaltlich geltendem Recht
widerspreche, ist vom Antragsteller nicht schlüssig begründet. Gleiches gilt für die
Richtlinien der Bundesärztekammer. Welche Rechtsqualität ihr auch immer zugebilligt wird:
jedenfalls gibt sie die medizinische Meinung eine zu dieser Äußerung durch Rechtsnorm
berufenen Organisation wieder. Deshalb sieht die Kammer keinen Anlass, an der
Vertretbarkeit der zu Grunde liegenden medizinisch-wissenschaftlichen Auffassung zu
zweifeln. Richtig ist, dass nach den Grundsätzen des SGB V neben der Frage, ob eine
bestimmte Therapie ausreichend und zweckmäßig ist, auch die Wirtschaftlichkeit geprüft
werden muss. Auch hier aber besteht ein Beurteilungsraum, der neben rein rechtlichen
Erwägungen auch politische Zweckmäßigkeitsüberlegungen einschließt. Dass dies dem
Leistungssystems des SGB V nicht fremd ist, ergibt § 33 a Abs. 6 S. 2 SGB V. Gerade der
vorliegende Fall zeigt, dass für den Ausschluss der Substitutionstherapie Drogenkranker
ohne Begleiterkrankung monetäre Erwägungen der Krankenkassen maßgeblich waren.
Auch im Antragsverfahren haben die Beigeladenen zu 1), 3) und 4) die Interessen der
Krankenkassen in diesem Sinne vertreten. Nach Auffassung der Kammer ist nicht zu
beanstanden, wenn die Antragsgegnerin demgegenüber Recht und Interessen der
Versicherten zum Durchbruch verhilft. Dabei kann unerörtert bleiben, ob die Rechtsfolgen
der BtmVV im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verbindlich sind. Jedenfalls
gibt es gute Gründe, die gesetzlich Krankenversicherten in dem Bereich der
Drogensubstitution gerade nicht von den therapeutischen Möglichkeiten privat Versicherter
abzukoppeln. Soweit der Antragsteller beanstandet, dass konkrete inhaltliche Aussagen
zur substitutionsgestützten Krankenbehandlung fehlen, wie auch konkrete zeitliche
Vorgaben für die Dauer der bisherigen Abhängigkeit sowie Vorgaben zur Dauer der
Substitution und Vorsorge für den Fall, dass der Substitutionseffekt durch den Beigebrauch
anderer Suchtmittel vereitelt wird, oder sonstige Regelungen zur Wirtschaftlichkeit
notwendig erscheinen, ist der Antragsteller nicht gehindert - eher aufgerufen - die
Regelungen der Antragsgegnerin zu vervollständigen.
Schließlich sind die Änderungen der Antragsgegner nicht wegen formeller Fehler
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angreifbar. So schreibt § 94 Abs. 1 S. 3 eine Fristsetzung gerade nicht vor, wenn "die für
die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse der
Bundesausschüsse" nicht zustande kommen. Richtig ist, dass in der Regel nach der
innerbehördlichen Diskussion der Rechts- und Zweckmäßigkeitsfragen dem Antragsteller
die Möglichkeit eingeräumt werden muss, den Rechtsauffassungen der Antragsgegnerin zu
folgen und entsprechende Richtlinien zu erlassen. An der in § 94 Abs. 1 S. 3 SGB V auch
erwähnten Fristsetzung festzuhalten, wäre aber im vorliegenden Fall reine Förmelei
gewesen. Der Antragsteller hat gegenüber dem BMG mehrfach und endgültig erklärt, den
Rechtsauffassungen und Vorschlägen der Antragsgegnerin nicht zu folgen. Angesichts der
eindeutigen Haltung des Antragsstellers brauchte die Antragsgegnerin keine Frist zu
setzen, weil feststand, dass der Antragsteller sie ungenutzt verstreichen lassen würde.
Darüber hinaus kann sich der Antragsteller nicht auf einen Anordnungsgrund berufen.
Voraussetzung einer Sicherungsanordnung ist insbesondere die Gefahr, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des
Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Das Recht des
Bundesausschusses zum Normenerlass aber wird keinesfalls vereitelt oder auch nur
erschwert. Richtig ist, dass er die früheren Regelungen nicht beibehalten kann. Dieses
aber ist im Rahmen seiner Normsetzungsbefugnisse ein außerordentlich kleiner Teil.
Darüber hinaus wird ihm durch die Regelung der Antragsgegnerin ein neues Feld der
Normsetzungsbefugnis eröffnet. Darüber hinaus kann er, sofern die Begleitregelungen zur
Substitutionstherapie mit Einzelvorschriften der Antragsgegnerin kollidieren, deren
Änderung selbst wieder ändern - wenngleich er dafür auf die Zustimmung der
Antragsgegnerin angewiesen ist. Jedenfalls ist der Antragssteller nicht gehindert, trotz der
Änderungen durch die Antragsgegnerin ein auch für die Beigeladenen zu 1) bis 8)
erträgliches und in sich schlüssiges Konzept zu entwickeln. Im übrigen ergibt ein Abwägen
der widerstreitenden Interessen zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin, dass kein
Grund besteht, von jenen Regelungen abzuweichen, die im vorliegenden Fall der Klage
des Antragstellers keine aufschiebende Wirkung beimessen. Bei jeder einstweiligen
Regelung sind die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die einstweilige
Anordnung nicht erginge, die Klage aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die
entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, der Antragsteller aber mit
seiner Klage aber erfolglos bliebe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.11.1992 - 1 BvR
1595/92, 1606/92 - in NJW 1992, 3288). Gegenüber dem Recht der opiatabhängigen
gesetzlich Krankenversicherten auf eine Therapie, die - wenn auch mit Rückfallgefahr
behaftet - den aussichtsreichen Ausstieg aus der Drogensucht ermöglicht, wiegen
einerseits die Normensetzungsinteressen des Antragstellers, aber auch die monetären
Erwägungen der in dem Beigeladenen zu 1) bis 8) vertretenen Krankenkassen geringer.
Richtig ist der Vortrag des Antragstellers, dass die Krankenkassen über die Dauer des
Hauptverfahrens einen unwiederbringlichen Nachteil hinnehmen müssen, falls die Klage
erfolgreich ist. Diesen Nachteil hinzunehmen aber ist für die Versicherer zumutbar. Zum
einen ist die Höhe des Nachteiles ungewiss, auch ist ungewiss, ob nicht durch einen
frühzeitigen Ausstieg Substitutionstherapierter zumindest ein Teil der höheren Kosten
aufgewogen wird. Zum anderen können die Mehrkosten nur einen geringen Teil der
Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen ausmachen. Angesichts dieser
Erwägungen sieht die Kammer keinen Anlass, durch eine einstweilige Regelung jene
Nachteile aufzuheben, die das Gesetz selbst dem Antragsteller einstweilen hinzunehmen
zumutet, indem für die im vorliegenden Fall in Betracht kommende
Nichtigkeitsfeststellungsklage keine aufschiebende Wirkung vorgesehen ist.
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Die Kostenentscheidungen beruhen auf einer entsprechenden Anwendung des § 193, Abs.
1 S. 1 SGG bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin, auf § 197 a Abs.
1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung bezüglich der Gerichtskosten.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 S. 3 des Gerichtskostengesetzes.