Urteil des SozG Hamburg vom 30.09.2002
SozG Hamburg: unfallversicherung, pflegebedürftigkeit, rechtsnachfolger, geldleistung, ermessensleistung, bekanntgabe, berufskrankheit, verwaltungsverfahren, verwaltungsakt, mindestbetrag
Sozialgericht Hamburg
Urteil vom 30.09.2002 (rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 36 U 273/99
Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 1999 wird
aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) EUR 812,62 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage der
Klägerin zu 1) abgewiesen. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin zu 2) EUR 818,07 zu erstatten. Die
Beklagte hat der Klägerin zu 1) 18 % von deren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen sind
Kosten nicht zu erstatten. Die Berufung hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 2) wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob in der Person der 1925 geborenen und am X.XXXXXXX 1998 verstorbenen Frau E. N. (im folgenden:
Versicherte) für den Zeitraum vom 3. März 1998 bis 31. August 1998 ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung
von Pflegegeld entstanden ist und ggf. in welcher Höhe, der auf deren Sohn als Rechtsnachfolger übergegangen ist,
und nunmehr von der Klägerin zu 1) aus abgetretenem Recht geltend gemacht werden kann und ob der Klägerin zu 2)
wegen von ihr gezahlten Pflegegeldes aus der sozialen Pflegeversicherung ein Erstattungsanspruch gegen die
Beklagte zusteht.
Unter dem 4. März 1998 erstattete das Krankenhaus G., in dem die Versicherte vom 23. Februar bis 2. März 1998
stationär behandelt worden war, eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit der Versicherten. Es liege ein
gesichertes Pleuramesotheliom vor, das zurückzuführen sei auf die berufliche Asbestbelastung der Versicherten
während ihrer Tätigkeit als Fabrikarbeiterin bei der Firma K.-A. vom September 1944 bis Mai 1945. Seit Dezember
1996 bestehe zunehmende Luftnot.
Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen zog die Beklagte u.a. einen Befundbericht des Hausarztes der
Versicherten K. bei, der angab, dass im Februar 1997 erstmals eine Behandlung wegen Kurzluftigkeit erfolgt sei,
woraufhin eine ausgedehnte Lungendiagnostik wegen eines Pleuraergusses erfolgt sei. Der Lungenfacharzt Dr. Kl. gab
in seinem Befundbericht vom 11. Juni 1998 an, dass der radiologische Verlauf in den letzten drei Monaten ein
progredientes Tumorwachstum zeige, körperliche Anstrengungen nicht mehr möglich seien und dass die im
Krankenhaus eingeleitete Schmerztherapie fortgesetzt werde. Eine chirurgische oder chemotherapeutische
Behandlung komme nicht mehr in Frage. Eine Kontrolluntersuchung sei für Juli 1998 vorgesehen.
Nachdem sich die Versicherte am 13. Juli 1998 telefonisch nach dem Sachstand erkundigt hatte, ging am 22. Juli
1998 die gewerbeärztliche Stellungnahme der Frau Dr. P. vom 2. Juli 1998 ein. Darin wurde das Vorliegen einer
Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) (durch Asbest verursachtes
Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards; im folgenden: BK 4105) bejaht. Die Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit 100 v.H. ab dem Tag der ersten Behandlungsbedürftigkeit im Februar 1997
eingeschätzt.
Am 30. Juli 1998 ging bei der Beklagten der Bericht ihres Berufshelfers über einen Besuch bei der Versicherten am
27. Juli 1998 zur Prüfung der Frage, ob eine berufskrankheitenbedingte Pflegebedürftigkeit vorliegt, ein. In dem
Bericht hieß es, die Versicherte sei liegend im Pflegebett angetroffen worden und kaum ansprechbar. Sie lebe seit
März 1997 weitestgehend bei ihrer Schwester – der Klägerin zu 1) –, die sie betreue. Auf Anraten des Hausarztes sei
ein Antrag auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung bei der Klägerin zu 2) im April 1998 gestellt und es seien
Leistungen in der Pflegestufe 1 ab 1. April 1998 bewilligt worden. Derzeit laufe ein Verfahren nach einem Antrag auf
Neufeststellung. Eine wesentliche Verschlechterung mit seither ausschließlicher Bettlägerigkeit sei ab 1. Juli 1998
eingetreten. Der Berufshelfer empfahl, Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 70 v.H. des
Höchstbetrages vom 3. März 1998, dem Tag nach der Entlassung aus der stationären Behandlung, bis zum 30. Juni
1998 und ab 1. Juli 1998 in Höhe von 100 v.H. des Höchstbetrages zu gewähren. Weiter sei zu prüfen, inwieweit
bereits vor der stationären Behandlung berufskrankheitenbedingt Pflegebedürftigkeit bestanden habe.
Unter dem 5. August 1998 fertigte die Beklagte zwei Bescheide. Mit dem einen wurde das Vorliegen einer BK 4105
anerkannt und Verletztenrente in Höhe von 100 v.H. der Vollrente ab 21. März 1997 bis auf weiteres bewilligt. In dem
anderen hieß es, dass Pflegegeld in Höhe von 70 v.H. des Höchstbetrages ab 3. März 1998 und in Höhe von 100 v.H.
des Höchstbetrages ab 1. Juli 1998 bewilligt werde. Es werde noch geprüft, ob bereits vor dem 3. März 1998 ein
Anspruch entstanden sei.
Die Bescheide wurden am 6. August 1998 um 14.48 Uhr zur Post gegeben.
Laut Mitteilung des Hausarztes der Versicherten K. war jene am X.XXXXXXX 1998 um 7.00 Uhr verstorben.
Daraufhin schrieb die Beklagte unter dem 12. August 1998 an den Sohn der Versicherten, Herrn G. N., dass die
Bescheide vom 5. August 1998 unwirksam seien, da sie nicht mehr haben zugestellt werden können. Es wurde um
Angaben zur Ermittlung der Rechtsnachfolge gebeten.
Nachdem der Sohn der Versicherten mitgeteilt hatte, dass er als einziges Kind der verwitweten Versicherten deren
Alleinerbe sei, bewilligte die Beklagte dem Sohn der Versicherten mit Bescheid vom 13. Oktober 1998 Sterbegeld
sowie mit Bescheid vom 15. Oktober 1998 Verletztenrente in Höhe von 100 v.H. der Vollrente für die Zeit vom 21.
März 1997 bis 31. August 1998.
Mit Bescheid vom 13. Januar 1999 lehnte sie die Gewährung von Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung
mit der Begründung ab, dass nach § 59 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) Ansprüche auf Dienst- und
Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten erlöschen, auf Geldleistungen, wenn diese zum Zeitpunkt des Todes
weder festgestellt noch ein Verwaltungsverfahren anhängig sei. Nach § 40 SGB I entstehen Ansprüche, sobald die
gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, bei Ermessensleistungen mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe nach § 40
Abs. 2 SGB I. Bei dem Pflegegeld handele es sich um eine Ermessensleistung. Zu Lebzeiten sei ein
Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Pflegegeldes der Versicherten nicht bekannt gegeben worden, sodass eine
Leistung an den gesetzlichen Erben ausscheide.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1999 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 21. Juni 1999 von der Klägerin zu 1) unter Vorlage einer Abtretungserklärung des
Sohnes der Versicherten erhobene Klage.
Am 13. September 1999 hat die Klägerin zu 2) Klage erhoben, nachdem sie der Versicherten im Zeitraum vom 1. April
bis 31. Juli 1998 Pflegegeld der sozialen Pflegeversicherung in der Pflegestufe 1 gewährt und einen entsprechenden
Erstattungsanspruch gegenüber er Beklagten angemeldet hatte, die diesen jedoch zurückgewiesen hatte.
Das Gericht hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass es sich bei dem Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung um eine
Anspruchsleistung handele, sodass ein Anspruch nach § 40 Abs. 1 SGB I entstanden sei.
Nach Auffassung der Klägerin zu 1) handelt es sich der Höhe nach um einen Anspruch auf Ausübung pflichtgemäßen
Ermessens nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I, der nur erlösche, wenn weder eine Festsetzung zu Lebzeiten erfolgt noch
ein Verwaltungsverfahren anhängig sei (§ 59 Satz 2 SGB I), sodass der Höhe nach ein Anspruch auf Neubescheidung
auf den Rechtsnachfolger der Versicherten und nunmehr auf die Klägerin zu 1) übergegangen sei.
Hilfsweise wird geltend gemacht, dass, selbst wenn man das Pflegegeld als eine Ermessensleistung i.S.d. § 40 Abs.
2 SGB I ansehe, dieser Anspruch entstanden sei, weil nach § 40 Abs. 2 SGB I nur grundsätzlich auf den
Bekanntgabezeitpunkt abzustellen sei, ausnahmsweise jedoch nicht, wenn in der Entscheidung etwas anderes
bestimmt sei. Dies sei hier der Fall, weil das Pflegegeld ab dem 3. März 1998 bewilligt worden sei.
Weiter hilfsweise stützt die Klägerin zu 1) den geltend gemachten Klageanspruch auf einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch. Die Beklagte habe es zwischen dem 3. März 1998 und 20. Juli 1998 pflichtwidrig versäumt,
trotz mehrfacher Erinnerungen tätig zu werden.
Die Klägerin zu 1) beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1999
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie Pflegegeld aus der Versicherung der am X.XXXXXXX 1998
verstorbenen Frau E. N. für den Zeitraum vom 3. März 1998 bis 31. August 1998 in Höhe von EUR 5.224,71 abzüglich
des von der Klägerin zu 2) gezahlten Pflegegeldes in Höhe von EUR 818,07 zu zahlen.
Die Klägerin zu 2), die meint, dass der Anspruch auf Pflegegeld von der Beklagten zu Lebzeiten der Versicherten
anerkannt worden sei, weil es sich bei dem Bescheid vom 5. August 1998 nicht um eine empfangsbedürftige
Willenserklärung handele, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 818,07 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei dem Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt um
eine Ermessensleistung handele, sodass mangels Bekanntgabe des Bescheides vom 5. August 1998 zu Lebezeiten
der Versicherten ein Anspruch nicht entstanden sei und auch nicht auf einen Rechtsnachfolger habe übergehen
können.
Im übrigen sei schon fraglich, ob es sich bei dem Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt um eine
Geldleistung handele oder nicht vielmehr um eine Sachleistung, sodass schon von daher eine Rechtsnachfolge nicht
in Betracht komme.
Im übrigen wäre selbst bei Entstehen eines Anspruchs und Übergang auf den Rechtsnachfolger der Versicherten die
Abtretung an die Klägerin zu 1) unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 53 SGB I nicht vorliegen.
Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe nicht, weil ihr schon keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften
vom 21. Februar 2000 und 30. September 2002 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen
Verwaltungsakten der Klägerin zu 2) und der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen sind statthaft (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – hinsichtlich der Klage der
Klägerin zu 1) bzw. § 54 Abs. 5 hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 2)). Auch die übrigen
Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Klage der Klägerin zu 1) ist insoweit begründet, als ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestbetrag an
Pflegegeld abzüglich des von der Klägerin zu 2) gezahlten Pflegegeldes geltend gemacht wird; im übrigen ist die
Klage unbegründet (vgl. hierzu unter I.). Die Klage der Klägerin zu 2) ist in vollem Umfang begründet (vgl. hierzu unter
II.).
I.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1999 ist
insoweit rechtswidrig, als Pflegegeldzahlungen in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrages abzüglich des von der
Klägerin zu 2) gezahlten Pflegegeldes abgelehnt werden und verletzen die Klägerin zu 1) insoweit in ihren Rechten. Im
übrigen sind die Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin zu 1) daher nicht in ihren Rechten. Bei dem
Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung handelt es sich um eine Geldleistung (vgl. hierzu 1.). Dem Grunde
nach und in Höhe des gesetzlichen Mindestanspruchs handelt es sich um eine Anspruchsleistung und lediglich
hinsichtlich darüber hinausgehender Beträge um eine Ermessensleistung (vgl. hierzu 2.). Der Mindestanspruch ist in
der Person der Versicherten entstanden und auf den Sohn der Versicherten als deren Rechtsnachfolger übergegangen
(vgl. hierzu 3.). Bei in der Höhe darüber hinausgehenden Beträgen handelt es sich um Ermessensleistungen; insoweit
ist kein Anspruch entstanden, der auf den Rechtsnachfolger der Versicherten hätte übergehen können (vgl. 4.). Ein
sozialrechtlicher Herstellungsanspruch besteht nicht (vgl. hierzu 5.). Der auf den Sohn der Versicherten als
Rechtsnachfolger übergegangene Anspruch ist von diesem wirksam an die Klägerin zu 1) abgetreten worden (vgl.
hierzu 6.).
1. Nach § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) wird Pflegegeld gezahlt, eine Pflegekraft gestellt oder
Heimpflege gewährt, solange Versicherte infolge des Versicherungsfalls so hilflos sind, dass sie für die gewöhnlichen
und regelmäßig wiederkehren Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe
bedürfen. Das Pflegegeld ist unter Berücksichtigung der Art oder Schwere des Gesundheitsschadens sowie des
Umfangs der erforderlichen Hilfe auf einen Monatsbetrag zwischen 527,- DM und 2.106,- DM (Beträge am 1. Juli 1995)
festzusetzen, wobei ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in DM der Pflegegeldrahmen in Euro tritt,
indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet
werden und wobei diese Beträge zum 1. Juli jeden Jahres entsprechend dem Faktor angepasst werden, der für die
Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen maßgebend ist (vgl. § 44 Abs. 2 Sätze 1 bis 3
SGB VII). Auf Antrag der Versicherten kann statt des Pflegegeldes eine Pflegekraft gestellt werden (Hauspflege) oder
die erforderliche Hilfe mit Unterkunft und Verpflegung in einer geeigneten Einrichtung (Heimpflege) erbracht werden
(vgl. § 44 Abs. 5 SGB VII). Die Bundesregierung setzt mit Zustimmung des Bundesrates die neuen Mindest- und
Höchstbeträge nach Absatz 2 und den Anpassungsfaktor nach Absatz 4 in der Rechtsverordnung über die
Bestimmung des für die Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebenden aktuellen
Rentenwertes fest (vgl. § 44 Abs. 6 SGB VII).
Danach wird seit Inkrafttreten es SGB VII als Regelleistung Pflegegeld gewährt und nur auf Antrag eine Pflegekraft
gestellt oder Heimpflege gewährt. Sinn und Zweck des Pflegegeldes ist es, den auf fremde Wartung und Hilfe
angewiesenen Verletzten so zu stellen, dass er sich die erforderliche Wartung und Pflege beschaffen kann, dass in
besonderem Maß die eigene Gestaltungsfreiheit sowohl des Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson in der
familiären oder sonstigen privaten Sphäre gesichert wird, und es dient als Anreiz, die Pflege in der gewohnten
Umgebung durchzuführen, wobei der Pflegebedürftige seine Mittel dort einsetzen kann, wo es der ihm gewährten
Pflege nach seiner Einschätzung am besten entspricht und insbesondere ein Anreiz zugunsten des Versicherten
geschaffen werden soll, durch Inanspruchnahme der Familienangehörigen die Pflege in der gewohnten Umgebung
durchzuführen, so dass es sich bei dem Pflegegeld um eine Geldleistung handelt (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens,
Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 44 SGB VII Rz. 7; ebenso: Brackmann, Gesetzliche
Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 44 Rz. 6; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, 1997, §
44 Rz. 16).
Der Vergleich zur häuslichen Krankenpflege (vgl. § 32 SGB VII) und zur Haushaltshilfe (vgl. § 42 SGB VII) ergibt,
dass es sich bei dem Pflegegeld nach § 44 SGB VII um eine Geldleistung handelt (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens,
a.a.O.). § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII bestimmt ausdrücklich, dass diese als Leistung der Heilbehandlung und als
Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft als Dienst- oder Sachleistung zur
Verfügung gestellt werden. Nur unter näher genannten Voraussetzungen werden die Kosten für eine selbstbeschaffte
Hilfe anstelle der Sachleistung erstattet, wobei der ausbezahlte Betrag ein Sachleistungssurrogat ist, der nur erstattet
wird, wenn eine Hilfskraft tätig wurde und dem Versicherten tatsächlich Kosten entstanden sind (vgl. Bereiter-
Hahn/Mehrtens, a.a.O. m.N.).
Die anders lautende Ansicht, wonach es sich bei dem Pflegegeld nach § 44 SGB VII nicht um eine Geldleistung,
sondern um ein Sach- oder Dienstleistungssurrogat handele, kann nicht überzeugen (vgl. insoweit Ricke in: Kasseler
Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Loseblattkommentar, § 44 SGB VII Rz. 2). Zwar weist diese Ansicht
zurecht darauf hin, dass in § 26 Abs. 1 SGB VII Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft auf
ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen nebeneinander stehen und
damit einen scheinbaren Widerspruch zwischen Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie Geldleistungen schaffen.
Auch ist richtig, dass dies ebenso in der Überschrift zum ersten Abschnitt des dritten Kapitels des SGB VII so
geschieht und der fünfte Unterabschnitt lediglich mit Leistungen bei Pflegebedürftigkeit überschrieben ist.
Dabei übersieht diese Ansicht jedoch, dass Geldleistungen im ersten Abschnitt des dritten Kapitels des SGB VII
lediglich im sechsten Unterabschnitt mit Geldleistungen während der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben erwähnt sind, im übrigen jedoch nicht und dass der Hinweis auf die angeblich andere Systematik im
Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), die die Qualifizierung des Pflegegeldes dort als Geldleistung im Gegensatz
zum SGB VII rechtfertige (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 6. Februar 1997, Az.: 3 RK 8/96), so nicht überzeugen
kann.
Es ist vielmehr so, dass das Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung schon deshalb noch mehr an
Geldleistungscharakter als das Pflegegeld im SGB XI hat, weil ersteres unabhängig von dessen Verwendung gezahlt
wird, während der Pflegegeldanspruch in der sozialen Pflegeversicherung davon abhängig ist, dass auch tatsächlich
sachgerechte Pflege geleistet wird.
2. Aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 SGB VII ("wird Pflegegeld gezahlt, eine Pflegekraft gestellt oder Heimpflege
gewährt") folgt eindeutig, dass es sich bei der Pflege um einen Rechtsanspruch handelt (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens,
a.a.O., Rz. 8). Da das Gesetz dem Pflegebedürftigen dem Grunde nach einen Pflegeanspruch gewährt, mangels
eines anderslautenden Antrags einen Anspruch auf Pflegegeld dem Grunde nach vorsieht und in § 44 Abs. 2 einen
Mindestmonatsbetrag an Pflegegeld beziffert, handelt es sich in dieser Höhe um eine Rechtsanspruchsleistung.
Lediglich, soweit Pflegegeld über den Mindestbetrag hinaus bis zum Höchstbetrag gewährt werden soll, hat der
Unfallversicherungsträger Ermessen auszuüben (vgl. BSG, SozR 3 bis 2200 § 558 Nr. 1; Ricke in Kasseler
Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB VII Rz. 8)., sodass es sich insoweit nicht um eine
Anspruchsleistung handelt, sondern um eine Ermessensleistung. Auch bei einer etwaigen Ermessensreduzierung auf
Null geht ein Anspruch nur auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und verliert seinen Charakter nicht, wird nicht
zum Anspruch auf die Leistung (vgl. BSG, SozR 1200 § 40 Nr. 3; Seewald in Kasseler Kommentar zum
Sozialversicherungsrecht, § 38 SGB I Rz. 3).
3. Nach § 40 Abs. 1 SGB I entstehen Ansprüche aus Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines
Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Die Versicherte war unstreitig zumindest ab dem Tag nach der Entlassung aus der stationären Behandlung, dem 3.
März 1998, infolge des Versicherungsfalls der mit Bescheid vom 15. Oktober 1998 anerkannten BK 4105 so hilflos,
dass sie für die gewöhnlichen und regelmäßigen wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in
erheblichem Umfang der Hilfe bedurfte.
Zu diesem Zeitpunkt lag bereits seit etwa einem Jahr die schwere Erkrankung vor, deren erhebliche Verschlimmerung
zu der stationären Behandlung geführt hatte. Dementsprechend erfolgte auch tatsächliche Pflege durch die Klägerin
zu 1). Auch die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), die für die Klägerin zu 2)
erstellt wurden, die ab 01.04.1998 Pflegegeld der sozialen Pflegeversicherung in der Pflegestufe I leistete, bestätigen
das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nach der Entlassung aus der stationären Behandlung. Ob eine weitergehende
Pflegebedürftigkeit als eine solche nach der Stufe I vorgelegen hat, wie von der Versicherten noch zu Lebzeiten
geltend gemacht, sodass die Klägerin zu 2) ein Neufeststellungsverfahren eingeleitet hatte, kann offen bleiben, da in
jedem Fall erhebliche Pflegebedürftigkeit bestand. Dies bestätigen auch die vom Berufshelfer der Beklagten
anlässlich seines Besuchs am 27.07.1998 wiedergegebenen Angaben der Klägerin zu 1) sowie die von der Beklagten
eingeholten Befundberichte des Hausarztes K. sowie des Lungenfacharztes Dr. Kl ...
Der danach in der Person der Versicherten entstandene Anspruch auf Pflegegeld in Höhe des gesetzlichen
Mindestbetrages abzüglich des von der Klägerin zu 2) geleisteten Pflegegeldes ist als fälliger Anspruch auf eine
laufende Geldleistung mangels einer Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 56 SGB I nach § 58 SGB I i.V.m. § 1922
ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auf den Sohn der Versicherten als Alleinerben übergegangen.
Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt
sind noch ein Verwaltungsverfahren anhängig ist (vgl. § 59 SGB I). Vorliegend war jedoch ein Verwaltungsverfahren
über die Bewilligung von Pflegegeld an die Versicherte zum Zeitpunkt deren Todes anhängig, sodass eine Vererbung
nach § 58 SGB I erfolgen konnte. Dieser Anspruch wurde mit seinem Entstehen fällig (vgl. § 41 SGB I).
Der Anspruch umfasst EUR 812,62.
Bis einschließlich 30.06.1998 betrug der gesetzliche Mindestbetrag 537,- DM, der in vollem Umfang für die Monate
April, Mai und Juni und in Höhe von 29/31 für den Monat März angefallen ist, sowie 538,- DM ab 1. Juli 1998, der für
die Monate Juli und August angefallen ist; die Pflegebedürftigkeit bestand unstreitig progredient bis zum Tod der
Versicherten am X.XXXXXXX 1998, und das Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung ist bis zum Ende des
Monats, in dem die Versicherte verstorben ist, zu leisten, sodass sich insgesamt ein Anspruch in Höhe von 3.189,35
DM errechnet, der nach dem amtlichen Umrechnungskurs EUR 1.630,69 entspricht. Hiervon sind die von der Klägerin
zu 2) insgesamt gezahlten 1.600,- DM Pflegegeld in der Stufe 1 für die Monate April, Mai, Juni und Juli 1998, was
nach dem amtlichen Umrechnungskurs EUR 818,07 entspricht, in Abzug zu bringen, sodass EUR 812,62 als auf den
Sohn der Versicherten übergegangener Anspruch verbleiben.
4. Ein über den gesetzlichen Mindestbetrag hinausgehender Anspruch auf Pflegegeld ist in der Person der
Versicherten nicht entstanden, weil der entsprechende Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 5. August 1998 ihr
nicht mehr bekannt gegeben wurde, weil sie am Morgen des Tages, an dem der Bescheid nachmittags zur Post
gegeben wurde, verstorben war.
Für das Entstehen der Ansprüche ist bei Ermessensleistungen nach § 40 Abs. 2 SGB I jedoch der Zeitpunkt
maßgebend, an dem die Entscheidung über die Leistungen bekannt gegeben wird, es sei denn, dass in der
Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 2) wäre der Bescheid auch der Versicherten gegenüber bekannt zu geben
gewesen. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt
demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Danach wird ein
Verwaltungsakt erst mit seiner Bekanntgabe existent. Vorher handelt es sich nur um einen verwaltungsinternen
Vorgang, der jederzeit aufgehoben werden kann.
Die Ansicht der Klägerin zu 1), dass ein Anspruch auf Ermessensleistungen vorliegend entstanden sei, weil ein
anderer Zeitpunkt in der Entscheidung bestimmt worden sei, ist fehlerhaft.
Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruchs auf Ermessensleistungen nach § 40 Abs. 2 SGB I ist stets ein
Verwaltungsakt (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, § 40 SGB I Rz. 6).
Zum einen gibt es in diesem Sinne überhaupt keine Entscheidung, weil der Verwaltungsakt vom 5. August 1998
mangels Bekanntgabe nie existent im Rechtssinne geworden ist.
Zum anderen ist es schon logisch ausgeschlossen, dass ein Zahlungsanspruch als Ermessensleistung rückwirkend
entstehen soll, weil nach § 41 SGB I Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig werden. Eine
Fälligkeit vor der Bekanntgabe eines entsprechenden bewilligenden und den Anspruch erst begründenden
Verwaltungsaktes kann es jedoch nicht geben. Vielmehr bezieht sich der letzte Halbsatz des § 40 Abs. 2 SGB I auf
die Bestimmung eines anderen Zeitpunkts in der Zukunft, sodass Ansprüche dann noch nicht mit der Bekanntgabe
entstehen, sondern erst später, sodass auch erst zu einem späteren Zeitpunkt die Fälligkeit eintreten kann.
Auf Seiten des Rechtsnachfolgers der Versicherten ist auch kein anders gearteter Anspruch entstanden, den die
Klägerin zu 1) als Anspruch auf Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bezeichnet, der ebenfalls nur erlösche, wenn
insoweit noch kein Verwaltungsverfahren anhängig sei.
Ein solcher Anspruch kann jedoch bereits deshalb nicht bestehen, weil § 59 SGB I verbindlich diejenigen
sozialrechtlichen Ansprüche benennt, die überhaupt von Todes wegen übertragen werden können, auch wenn dies
vom Gesetzgeber sprachlich gleichsam negativ formuliert worden ist (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar zum
Sozialversicherungsrecht, Loseblattkommentar, § 59 SGB I Rz. 2). Diese Vorschrift gilt sowohl für die
Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I als auch für die Vererbung nach § 58 SGB I (vgl. Seewald, a.a.O. Rz. 3). Ein
Anspruch auf Bescheidung ist demnach nicht vererbbar. Im übrigen würden damit die zuvor dargestellten gesetzlichen
Grundsätze der Vererbbarkeit von Ansprüchen auf fällige Geldleistungen unterlaufen werden, was vom Gesetzgeber
mit den abschließenden Regelungen im SGB I offensichtlich nicht gewollt war.
5. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch besteht nicht.
Ein solcher setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts voraus, dass der Sozialleistungsträger eine
gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt
hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare
Bedingung – zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen – ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen
bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muss gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen
Maßnahmen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl.
BSG, Urteil vom 02.05.2001, Az.: B 2 U 19/00 R m.w.N.).
Vorliegend ist schon keine Pflichtverletzung erkennbar.
Eine schuldhafte Verzögerung der Bescheidung des Antrags auf Pflegegeld ist nicht erkennbar. Nach der ärztlichen
Verdachtsanzeige über eine Berufskrankheit Mitte März 1998 nahm die Beklagte unmittelbar Ermittlungen auf durch
Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte sowie nachfolgend Einholung einer gewerbeärztlichen
Stellungnahme. Letztere ging am 22. Juli 1998 bei der Beklagten ein. Erst dann stand für die Beklagte fest, dass eine
Berufskrankheit vorliegt, sodass überhaupt die Gewährung von Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung in
Betracht kam. Fünf Tage später erfolgte der Besuch des Berufshelfers, der wiederum drei Tage danach, am 30. Juli
1998, per Fax seinen Bericht übermittelte, woraufhin sechs Tage später die Bescheide zur Anerkennung der
Berufskrankheit, Gewährung der Verletztenrente sowie Bewilligung von Pflegegeld gefertigt und wiederum einen Tag
später zur Post gegeben wurden.
Schuldhaftes Zögern auf Seiten der Beklagten ist bei diesen Verwaltungsabläufen nicht erkennbar. Nach Aktenlage ist
auch nicht erkennbar, dass die Klägerin zu 1) oder ihre Angehörigen die Beklagte mehrfach zum Tätigwerden
angehalten hätten. Aktenkundig ist allein eine telefonische Sachstandsanfrage der Versicherten vom 13. Juli 1998, zu
einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal die gewerbeärztliche Stellungnahme vorlag.
Im übrigen hat die Klägerin zu 1) selbst nach Aktenlage erst ab 1. Juli 1998 gegenüber der Klägerin zu 2) eine
wesentliche Verschlechterung geltend gemacht und einen entsprechenden Neufeststellungsantrag gestellt. Zu einer
neuen Begutachtung ist es wegen des schon wenige Wochen später erfolgten Versterbens der Klägerin zu 1) nicht
mehr gekommen.
Aber selbst, wenn man eine Pflichtverletzung annehmen würde, könnten dadurch entstandene Nachteile nicht durch
eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, weil Ermessen gegenüber der verstorbenen Versicherten nicht mehr
ausgeübt werden kann und ein Anspruch, der zu bescheiden wäre, und über den ausgeurteilten hinaus geht, nicht von
Todes wegen und auch nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden kann. Denkbare Schadensersatzansprüche
wären jedoch vor einem Zivilgericht geltend zu machen.
6. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch des Sohnes der Versicherten als deren Rechtsnachfolger
durch die Abtretungserklärung vom 15. Juni 1999 auf die Klägerin zu 1) übergegangen.
Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen u.a. übertragen werden zur Erfüllung von
Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene
Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind.
Es kann offen bleiben, ob diese Vorschrift - wie die Klägerin zu 1) meint – teleologisch zu reduzieren ist und nur auf
Versicherte selbst anwendbar sein soll, nicht hingegen jedoch auf deren Rechtsnachfolger.
Nach Überzeugung der Kammer hat die Klägerin zu 1) als alleinige Pflegeperson der Versicherten Aufwendungen
getätigt im Vorgriff auf die fällig gewordene Sozialleistung Pflegegeld, die zu einer angemessenen Lebensführung,
nämlich zum Verbleiben im eigenen Haushalt trotz Pflegebedürftigkeit, gemacht worden sind.
Damit erfüllt das Pflegegeld der Beklagten durch die Übertragung des Rechtsnachfolgers auf die Klägerin zu 1) als
Pflegeperson seinen eigentlichen Zweck, nämlich die Versicherte in die Lage zu versetzen, durch selbst beschaffte
Hilfepersonen die Pflege sicher zu stellen und damit ein Verbleiben im eigenen Haushalt zu ermöglichen.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 1) auf § 193 SGG und entspricht dem Verhältnis
des Obsiegens und Verlierens.
II.
Die Klägerin zu 2) hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des gesamten von ihr gezahlten
Pflegegeldes in Höhe von 1.600,- DM, was nach dem amtlichen Umrechnungskurs EUR 818,07 entspricht.
Nach § 105 Abs. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit
dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat,
wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzung von § 102 Abs. 1
SGB X vorliegen.
Durch die rückwirkende Anerkennung der BK 4105 bei der Versicherten und das Beruhen der Pflegebedürftigkeit auf
dieser Erkrankung steht fest, dass die Beklagte zuständiger Leistungsträger für die Gewährung von Pflege ist bzw.
gewesen ist, sodass die Pflegegeldzahlungen durch die Klägerin zu 2) unzuständigerweise erfolgt sind.
Die Anmeldung des Erstattungsanspruchs der Klägerin zu 2) bei der Beklagten ist innerhalb der Frist des § 111 SGB
X erfolgt.
Dass die Beklagte zur Zahlung eines Pflegegeldes, das die von der Klägerin zu 2) getätigten Zahlungen übersteigt,
verpflichtet ist, ergibt sich aus dem unter I. Gesagten.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 2) beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002
geltenden Fassung, weil der Rechtsstreit vor dem Inkrafttreten des SGG in der Fassung des 6. SGG-
Änderungsgesetzes vom 17.08.2001 rechtshängig geworden ist, sodass § 197a SGG in der ab dem 2. Januar 2002
geltenden Fassung insoweit nicht anzuwenden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002, Az.: B 6 KA 12/01 R).
Die Berufung hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 2) bedurfte nach § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert
des Beschwerdegegenstandes EUR 5.000,- nicht übersteigt und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für
mehr als ein Jahr betroffen sind, war jedoch zuzulassen, weil die Rechtssache nach Überzeugung der Kammer
grundsätzliche Bedeutung hat.