Urteil des SozG Dresden vom 30.06.2004
SozG Dresden: gesellschaft mit beschränkter haftung, hauptsache, negative feststellungsklage, rechtsschutz, gesellschafter, amtshilfeersuchen, handelsregister, verwaltungsakt, anfechtungsklage, vwvg
Sozialgericht Dresden
Beschluss vom 30.06.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 18 KR 587/04.ER
I. Der Antragsgegnerin wird die Vollziehung der Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997,
07.08.1997 und 05.09.1997 sowie die Beitreibung der auf die darin ausgewiesenen Forderungen entfallenden
Säumniszuschläge und Kosten gegenüber den Antragsgegnern vorläufig untersagt. II. Die Kosten des Verfahrens
trägt die Antragsgegnerin. III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 817,99 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung von
Beitragsforderungen, Säumniszuschlägen und Kosten durch die Antragsgegnerin als Einzugsstelle des
Gesamtsozialversicherungsbeitrags.
Bei den Antragstellern handelt es sich um die Gründungsgesellschafter der am 28.04.1997 errichteten K. GmbH i.G.,
die ihre Tätigkeit am 10.03.1997 aufgenommen hatte, deren Eintragung ins Handelsregister jedoch durch Beschluss
des Amtsgerichts - Handelsregister - vom 30.10.1997 zurückgewiesen worden war. Im Zeitraum vom 01.04.1997 bis
zum 31.08.1997 beschäftigte die K. GmbH i.G. mehrere Arbeitnehmer, darunter die bei der Antragsgegnerin
versicherte Arbeitnehmerin, in versicherungspflichtigem Umfang. Mit Beitragsnachweisen vom 11.06.1997,
23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 (Bl. 2 bis 11 der Verwaltungsakte) meldete sie - firmierend als "K.
Ges. mbH" - für diesen Zeitraum, im Einzelnen aufgeschlüsselt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von
insgesamt 3.660,76 DM bei der Antragsgegnerin als Einzugsstelle für die dort versicherte Arbeitnehmerin.
Die Antragsgegnerin hatte bereits mit Mahnung vom 25.07.1997 auf den gemeldeten
Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 2.258,30 DM für die Monate April bis Juni 1997 Mahngebühren in Höhe von
11,80 DM und Säumniszuschläge in Höhe von 44,00 DM berechnet und die sich daraus ergebende Forderung in Höhe
von 2.314,10 DM "gemäß § 31 SGB X" gegenüber der "K. GmbH" förmlich festgesetzt (Bl. 14 der Verwaltungsakte).
Am 09.09.1997 wurde die Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der K. GmbH i.G.
beantragt und am 12.09.1997 ein Sequester bestellt. Mit Beschluss vom 21.10.1997 eröffnete das Amtsgericht
Dresden - Gesamtvollstreckung - über das "Vermögen der K. Z. und R. Z. GbR, handelnd unter K. GmbH i.G." zum
22.10.1997 die Gesamtvollstreckung. Die Antragsgegnerin meldete am 11.12.1997 mit Schreiben vom 09.12.1997
Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.766,67 DM als bevorrechtigte Forderungen an, welche in gleicher Höhe zur
Tabelle festgestellt wurden, und machte darüber hinaus 1.086,89 DM als Masseschulden geltend. Im Ergebnis des
Gesamtvollstreckungsverfahrens entfiel auf die vorab zu begleichenden Ansprüche nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 der
Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) eine Quote von 19,1323 %, woraufhin der Verwalter 106,32 EUR an die
Antragsgegnerin auszahlte. Durch Beschluss vom 20.08.2003 stellte das Amtsgericht - Insolvenzgericht - das
Gesamtvollstreckungsverfahren mangels kostendeckender Masse gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO ein.
Unter dem 03.11.2003 richtete die Antragsgegnerin als Vollstreckungsbehörde an das Hauptzollamt L. zwei
Amtshilfeersuchen zur Zwangsvollstreckung gegen die Antragsteller; als Vollstreckungstitel bezeichnete sie darin
einen Leistungsbescheid nach § 28f Abs. 3 Satz 5 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Viertes Buch (IV); die zu
vollstreckende Gesamtforderung bezifferte sie in beiden Ersuchen mit jeweils 3.271,96 EUR, welche sich
zusammensetzen aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von - zusammengerechnet und unter Anrechnung des
Gesamtvollstreckungserlöses - 1.765,40 EUR, Säumniszuschlägen bis zum 15.11.2003 von 1.366,05 EUR sowie
Kosten und Gebühren von 140,53 EUR (Bl. 86 bis 89 der Verwaltungsakte).
Auf Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamtes gegenüber den Antragsgegnern vom 04.12.2003 hin - in denen
als zu vollstreckender Verwaltungsakt ein Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.11.2003 benannt ist -, bemühte sich
der Bevollmächtigte der Antragsteller am 26.01.2004 telefonisch um eine vergleichsweise Einigung wie sie mit der
AOK Sachsen erzielt worden war. Ergänzend bezog er sich mit Schreiben vom 19.01.2004 hinsichtlich der
"Haftungsfrage" auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.12.1999, Az. B 12 KR 10/98 R; bis zur Klärung solle
die Vollstreckung ruhend gestellt werden. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Schreiben vom 16.06.2004 die
Richtigkeit ihres Vollstreckungsauftrags.
Daraufhin erhob der Bevollmächtigte der Antragsteller am 22.06.2004 mit Schreiben vom 21.06.2004 beim
Sozialgericht Dresden Anfechtungsklage gegen den "Haftungs- und Beitragsbescheid" der Antragsgegnerin vom
03.11.2003. Zugleich beantragte er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Vollstreckung auszusetzen. Die
Geltendmachung der Forderungen gegen die Gründungsgesellschafter würde der aktuellen Rechtsprechung
widersprechen.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unter Hinweis darauf entgegen
getreten, dass es sich bei dem angegriffenen "Bescheid" vom 03.11.2003 nicht um einen Haftungs- und
Beitragsbescheid sondern um ein Amtshilfeersuchen handele; die Vollstreckung stütze sich vielmehr auf die
Beitragsnachweise für die Monate April bis August 1997, die als Leistungsbescheide der Einzugsstelle gälten und in
Bestandskraft erwachsen seien. Die Haftung der Antragsteller ergebe aus der Stellung als Gesellschafter einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts ("Firma = GbR").
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs.
2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, insbesondere statthaft, und führt zur Verpflichtung der
Antragsgegnerin, die Vollziehung der Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und
05.09.1997 sowie die Beitreibung der auf die darin ausgewiesenen Forderungen entfallenden Säumniszuschläge und
Kosten gegenüber den Antragsgegnern vorläufig zu unterlassen.
Die Statthaftigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz richtet sich in erster Linie nach dem Begehren, mit
dem die Antragsteller eine Klärung der Rechtslage in der Hauptsache anstreben und die den durch die Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes zu überbrückenden Schwebezustand bestimmt. An die Fassung fehlerhafter Anträge ist
das Gericht dabei nicht gebunden (§ 123 SGG).
1. Wörtlich fechten die Antragsteller in der Hauptsache den "Bescheid vom 03.11.2003" an. Ein solcher Klageantrag
wäre, streng genommen, unzulässig. Ein Bescheid vom 03.11.2003 existiert nicht. Soweit die
Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes einen solchen Bescheid als zu vollstreckenden Titel ausweist,
handelt es sich um eine Falschbezeichnung. Von diesem Tag datiert allein das Amtshilfeersuchen der
Antragsgegnerin. Dieses stellt, da es keine Außenwirkung im Subordinationsverhältnis entfaltet, keinen im Wege der
Anfechtungsklage anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zehntes
Buch (X) dar. Mangels Außenwirkung im Verhältnis zu den Antragstellern begründet das Amtshilfeersuchen auch
sonst keine Beschwer, die jenen die Befugnis zur Erhebung einer Klage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) verleihen
würde.
Daraus folgt zugleich, dass den Antragstellern kein einstweiliger Rechtsschutz durch Anordnung der aufschiebenden
Wirkung einer Klage gegen das Amtshilfeersuchen nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit §
86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gewährt werden kann. Denn dies würde voraussetzen, dass in der Hauptsache ein
Verwaltungsakt angefochten ist, der im Verhältnis zum Antragsteller überhaupt vollziehbar ist.
2. Soweit sich die Antragsteller gegen die Durchführung der Vollstreckung als solche wenden, ist der Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Antragsgegnerin ebenfalls unzulässig. Richtiger Antragsgegner hierfür wäre
die Bundesrepublik Deutschland, die durch das Hauptzollamt vertreten wird. Dem Hauptzollamt obliegt die
Vollstreckung als Vollstreckungsbehörde gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Buchst. b und § 5 Abs. 1 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) in eigener Zuständigkeit. Insbesondere können die Antragsteller das
Fehlen eines gegen sie gerichteten Vollstreckungstitels (hier: eines Haftungsbescheids; die Beitragsnachweise lauten
auf die Gesellschaft) als Vollstreckungshindernis nur gegenüber der Vollstreckungsbehörde geltend machen. Dem
entsprechend kann auch eine auf die einstweilige Einstellung der Vollstreckung gerichtete Anordnung nach § 114 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) des hierfür zuständigen Finanzgerichts (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO) nur jener gegenüber
ergehen, falls nicht schon ein bei der Vollstreckungsbehörde anzubringender Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 der Abgabenordnung (AO) oder ein Antrag nach § 258 AO Abhilfe bringen.
Für eine Verweisung der Sache an das Finanzgericht gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes
(GVG) ist in diesem Zusammenhang kein Raum, weil sich schon der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
ausschließlich gegen die Einzugsstelle richtet und deshalb das der finanzgerichtlichen Kontrolle unterworfene Handeln
des Hauptzollamtes nicht vom Gegenstand des vorliegenden Verfahrens umfasst ist. § 123 SGG verpflichtet das
Sozialgericht zwar zu einer umfassenden Würdigung des Klagebegehrens, verleiht aber dem Gericht nicht die
Befugnis, einen anderen Beteiligten an die Stelle desjenigen, gegen den sich der Antrag ausdrücklich richtet, zu
setzen. Auch eine Verweisung nach Beiladung der Vollstreckungsbehörde ist entbehrlich, weil die Möglichkeit des §
75 Abs. 5 SGG, eine Entscheidung auch gegenüber Beigeladenen zu erlassen, im finanzgerichtlichen Verfahren fehlt
(vgl. § 60 FGO).
3. Ebenso wenig kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die der
Vollstreckungsforderung tatsächlich zu Grunde liegenden Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997,
09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 in Betracht. Denn das würde, wie sich aus § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in
Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 1 und § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, voraussetzen, dass der Rechtsbehelf in der
Hauptsache sich gegen einen durch Widerspruch und Anfechtungsklage anfechtbaren Verwaltungsakt richtet. Das ist
nicht der Fall. Bei den Beitragsnachweisen handelt es sich schon nicht um Verwaltungsakte. Sie stehen lediglich für
die Zwecke der Vollstreckung einem Leistungsbescheid der Einzugsstelle gleich (§ 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV).
Der mit der Mahnung vom 25.07.1997 verbundene und trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung inzwischen
bestandskräftige (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) Bescheid über die bescheidmäßige Festsetzung eines Teils der der
Beitragsforderung in Höhe von 2.314,10 DM ist nicht angefochten. Er ist zudem an die "K. GmbH" adressiert, so dass
er, weil er aus diesem Grunde keine taugliche Grundlage für eine Vollstreckung in das Privatvermögen der
Gesellschafter bietet, die Antragsteller nicht unmittelbar beschwert und Rechtsschutz - vorläufig oder in der
Hauptsache - nur gegen deren Inanspruchnahme auf Grund angenommener Haftung für die darin festgestellte
Forderung gewährt werden kann; zur Inanspruchnahme aus diesem Bescheid ist es jedoch nicht gekommen.
4. Eine Anordnung zur vorläufigen Sicherung oder Regelung des bestehenden Zustands ist auch nicht nach § 86b
Abs. 2 SGG im Hinblick auf eine in der Hauptsache schwebende Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 der
Zivilprozessordnung (ZPO) geboten. § 767 ZPO findet keine direkte Anwendung. Der Verweis auf die Vorschriften des
Achten Buchs der Zivilprozessordnung in § 198 Abs. 1 SGG bezieht sich nur auf die Vollstreckung im
sozialgerichtlichen Verfahren erwirkter Titel (§ 199 Abs. 1 SGG). Der Vollstreckungsschutz gegenüber
Vollstreckungstiteln der Verwaltung richtet sich in Fällen der vorliegenden Art dagegen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB
X, § 5 VwVG und den in § 5 Abs. 1 VwVG unter Bezug genommenen Vorschriften der Abgabenordnung, wobei § 258
AO hinsichtlich Einwendungen, die sich nicht gegen die Vollstreckung als solche richten, lediglich auf die außerhalb
des Vollstreckungsverfahrens hierfür zugelassenen Rechtsbehelfe verweist. Spezielle materielle Rechtsbehelfe für die
hier vorliegende Konstellation sind indessen nirgends geregelt.
5. Unter diesen Umständen ist den Antragstellern der nach Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)
garantierte Rechtsschutz in der Hauptsache durch eine negative Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2
SGG zu gewähren. Die sog. Subsidiarität der Feststellungsklage ist gewahrt (vgl. das vorstehend unter 1 bis 4
Gesagte). Ein berechtigtes Feststellungsinteresse steht den Antragstellern zur Seite. Die Beklagte kann nicht der
materiell-rechtlichen Überprüfung des der Vollstreckung zu Grunde gelegten Titels enthoben sein, indem sie die
gegenüber der K. GmbH i.G. titulierten Ansprüche kurzerhand gegen die Antragsgegner persönlich vollstrecken lässt,
ohne zuvor die materiellen Vollstreckungsvoraussetzungen durch Erlass eines Haftungsbescheids förmlich (§ 31 Satz
1 SGB X, § 2 Abs. 1 Buchst. b VwVG) festzustellen und damit dem Adressaten die Möglichkeit der Überprüfung im
Wege der Anfechtungsklage zu ermöglichen. Stellt das Fehlen eines gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten
Haftungstitels zunächst nur ein formelles Vollstreckungshindernis dar, so fehlt doch damit zugleich die bindende
Feststellung der materiellen Haftung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner. Dieser kann deshalb zusätzlich das
Fehlen der materiellen Voraussetzungen für seine Inanspruchnahme vor dem Prozessgericht geltend machen. Die
Möglichkeit der Feststellungsklage gleicht das anderenfalls bestehende Rechtsschutzdefizit aus.
Als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes ist, da kein Anfechtungsrechtsbehelf einschlägig ist, in dieser Situation
die einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG statthaft.
a) Die in § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG genannten Voraussetzungen für den Erlass einer Sicherungsanordnung sind erfüllt.
Das Gericht der Hauptsache kann danach eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen,
wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts
des Antragstellers (Anordnungsanspruch) vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Anordnungsgrund).
b) Ein Anordnungsgrund ist hier deshalb gegeben, weil den Antragstellern auf Grund des Vollstreckungsersuchens bei
einem ungehinderten Vollzug der Beitragsnachweise und Beitreibung der Säumniszuschläge und Kosten unmittelbar
wesentliche und unter Umständen nicht in Geld wieder auszugleichende Nachteile bis zur abschließenden Klärung in
der Hauptsache drohen. Auf die Möglichkeit, gegen die drohende Vollstreckung vorläufigen Rechtsschutz gegenüber
der Vollstreckungsbehörde nach Maßgabe der Abgaben- und der Finanzgerichtsordnung zu suchen, können die
Antragsgegner nicht verwiesen werden, weil das Ergebnis eines solchen Antrags wegen der Zuständigkeit der
Vollstreckungsbehörde und gegebenenfalls des Finanzgerichts nicht vom Sozialgericht inzident vorweggenommen
werden kann.
c) Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Beurteilung der Sachlage steht
den Antragsgegnern auch ein Anordnungsanspruch zur Seite, von der Vollziehung der Beitragsforderung verschont zu
werden. Abgesehen davon, dass ein gegen die Antragsgegner gerichteter Haftungsbescheid fehlt, sind nach der
verfügbaren Aktenlage schon die Voraussetzungen für eine persönliche Haftung der Antragsgegner für die
Forderungen nicht mit hinreichender Sicherheit gegeben.
Ob und, wenn ja, in welchem Umfang die Antragsgegner persönlich für die gegen die K. GmbH i.G. titulierten
Beitragsforderungen und die sich daraus ergebenden weiteren Forderungen haften, hängt in materiell-rechtlicher
Hinsicht von der Haftungsverfassung dieser Gesellschaft ab. Entscheidend ist, ob es sich bei der K. GmbH i.G.
tatsächlich nur um eine sog. "unechte" Vor-GmbH gehandelt hat, die rechtlich als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts
oder Offene Handelsgesellschaft zu qualifizieren ist, oder um eine Vorgesellschaft, bei der die
Gründungsgesellschafter sich trotz des evtl. späteren Scheiterns der Eintragungsabsicht unter bestimmten
Umständen auf die für GmbH-Gesellschafter geltenden Haftungsbeschränkungen berufen können. Soweit die
Gesellschaft im Rubrum des Gesamtvollstreckungsverfahrens als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, bestehend aus
den Antragsgegnern und lediglich handelnd unter der Firma einer Vorgesellschaft, bezeichnet worden ist, resultiert aus
dieser Bezeichnung allein noch keine bindende Wirkung für die Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft.
Nach den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen haften die Gesellschafter einer Vor-GmbH für die
Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft unbeschränkt. Es besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur
Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und einer an die Eintragung geknüpften
Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung. Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Verlustdeckungshaftung ebenso wie
bei der Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung um eine Innenhaftung (Bundesgerichtshof Urteil vom 27.01.1997, Az. II
ZR 123/94). Scheitert die Gründung einer GmbH, die im Einverständnis ihrer Gesellschafter schon vor der Eintragung
in das Handelsregister die Geschäfte aufgenommen hat, finden die Grundsätze der Verlustdeckungshaftung allein
dann Anwendung, wenn die Geschäftstätigkeit sofort beendet und die Vorgesellschaft abgewickelt wird. Werden dem
entgegen die Geschäfte nach diesem Zeitpunkt fortgeführt, haben die Gründer für sämtliche Verbindlichkeiten der
Vorgesellschaft, auch für die bis zum Scheitern entstandenen, nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen
einzustehen (Bundesgerichtshof Urteil vom 04.11.2002, Az. II ZR 204/00).
Die Voraussetzungen für eine Außenhaftung der Antragsgegner nach diesen Grundsätzen können an Hand der
vorliegenden Unterlagen der Antragsgegnerin nicht positiv festgestellt werden. Insbesondere finden sich keine
ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass von vorn herein eine Eintragung der Gesellschaft nicht beabsichtigt war
oder die Antragsteller die werbende Tätigkeit über den Zeitpunkt der endgültigen Zurückweisung des
Eintragungsersuchens hinaus fortgesetzt hätten. Aus den Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass die Antragsgegner
zunächst die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschlossen und die Eintragung ins
Handelsregister beantragt hatten. Der Zeitraum der gewerblichen Tätigkeit kann an Hand der Beitragsnachweise
lediglich bis zum 31.08.1997 festgestellt und von einem endgültigen Scheitern der Eintragungsabsicht erst mit der
Zurückweisung des Antrags durch den Beschluss des Amtsgerichts - Handelsregister - vom 30.10.1997 ausgegangen
werden. Bereits am 09.09.1997 wurde die Gesamtvollstreckung beantragt und am 21.10.1997 das
Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Es handelte sich dabei auch nicht etwa um ein masseloses Verfahren,
immerhin konnte ein Teil der bevorrechtigten Forderungen quotenmäßig befriedigt werden. Die spätere Einstellung des
Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse - nachdem diese ausgekehrt war - ist insoweit ohne Belang;
maßgeblich sind die Verhältnisse bei Einstellung der Geschäftstätigkeit. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor,
dass einer der sonstigen Umstände gegeben gewesen sein könnte, unter denen an eine Außenhaftung gedacht
werden könnte (nur ein Gesellschafter, nur ein Gläubiger, fehlender Geschäftsführer; vgl. Bundesgerichtshof Urteil
vom 27.01.1997, Az. II ZR 123/94, unter II.2.b der Entscheidungsgründe).
Bei dieser Sachlage ist unter Abwägung der widerstreitenden Interessen eine persönliche Belastung der
Antragsgegner mit den Beitragsverbindlichkeiten der Vorgesellschaft bis zur endgültigen Entscheidung des
Rechtsstreits in der Hauptsache nicht gerechtfertigt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der
Wert des Streitgegenstands war in entsprechender Anwendung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte
Abschnitt I Nr. 7 Satz 1 Alt. 2 in Höhe eines Viertels der zu vollstreckenden Forderung (3.271,96 EUR) festzusetzen.