Urteil des SozG Bremen vom 22.01.2009

SozG Bremen: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, stadt, unterkunftskosten, angemessenheit der kosten, hauptsache, aufschiebende wirkung, land bremen, wohnungsmarkt, konzept, wohnraum

Sozialgericht Bremen
Beschluss vom 22.01.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 21 AS 1/09 ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 7 AS 146/09 B ER
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechts-schutzes verpflichtet, dem Antragsteller in der Zeit
vom 2. Januar 2009 bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache, längstens bis zum 30. Juni 2009
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Zugrundelegung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 358,00
Euro (Bruttokalt-miete) zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. 2. Die Zahlungen erfolgen darlehensweise
und unter dem Vor-behalt der Rückforderung. 3. Die Antragsgegnerin hat 65 % der außergerichtlichen Kosten des
Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung höherer Kosten der Unterkunft.
Der Antragsteller bewohnt seit dem 01.05.2001 eine zum 31.12.1965 bezugsfertig gewordene 48 m² große Zwei-
Zimmer-Mietwohnung in A-Stadt. Die monatliche Bruttokaltmiete beträgt 378,24 Euro. Dieser Betrag setzt sich
zusammen aus einer monatlichen Nettokaltmiete in Hö-he von 322,11 Euro und monatlichen
Betriebsnebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 56,13 Euro.
Mit Bescheid vom 08.12.2008 bewilligte ihm die Antragsgegnerin für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 30.06.2009
monatliche Leistungen von 690,00 Euro. Hiervon entfallen auf die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung 343,00
Euro, davon 320 Euro für die Bruttokalt-miete und 23,00 Euro für Heizkosten. Gegen diesen Bescheid erhob der
Antragsteller am 22.12.2008 Widerspruch, über den bislang noch nicht entschieden wurde.
Am 02.01.2009 hat der Antragsteller das Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er trägt vor, dass sich die
Antragsgegnerin seit Inkrafttreten des SGB II bei der Angemessenheit der Unterkunftskosten an abstrakt
behaupteten, fixen Mietobergrenzen richte, die in der Ver-waltungsanweisung zu § 22 SGB II für 1 Personen-
Haushalte festgehalten würden. Seit dem 01.01.2008 werde ihm seitens der Antragsgegnerin rückwirkend ab
01.11.2007 laut aktueller Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II der Fixwert von lediglich 320,00 Euro anerkannt. Die
Differenz zwischen der seitens der Antragsgegnerin behaupteten anerkannten Mietobergren-ze und seiner
tatsächlichen Miethöhe von 378,24 Euro Bruttokalt) erbringe aus seiner Regel-leistung nach § 20 SGB II, was er als
unbillige Härte empfinde. Bei der Beurteilung, ob der Aufwand für die Unterkunft angemessen sei, sei von der
tatsächlich entrichteten Miete auszu-gehen und eine den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht werdende
Betrachtung anzustel-len. Die Antragsgegnerin befolge dagegen lediglich Verwaltungsanweisungen. Diese griffen in
das Recht auf die Übernahme der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe ein. Insoweit sei ihm einstweiliger
Rechtsschutz zu gewähren. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Er ha-be ab Januar 2009 Stromkostenabschläge
in Höhe von 53,00 Euro, statt wie bisher 31,00 Euro, an seinen Stromversorger zu entrichten. Er könne die künftigen
Abschläge und Nach-zahlungen nicht aus seiner geringen Regelleistung erbringen. Ihm drohten daher Mahngebüh-ren
und eine Sperrung der Stromversorgung als unzumutbare, unumkehrbare Nachteile. Der Antragsteller trägt weiter vor,
dass bei ihm Unsicherheit über die Zuständigkeit des Sozialge-richts im vorliegenden Verfahren bestehe, nachdem
sich das OVG in dem Verfahren S2 B 489/07 für unzuständig erklärt habe. Darum habe er vorliegend die Feststellung
der Zustän-digkeit beantragt.
Mit Schriftsatz vom 09.01.2009 hat der Antragsteller weitere Unterlagen bei Gericht einge-reicht, unter anderem die
Abrechnung seines Gasversorgers, der swb Vertrieb A-Stadt GmbH (swb) vom 15.12.2008. Diese Rechnung weist
einen verbleibenden Zahlbetrag für Heizgaslie-ferungen im Jahr 2008 von 138,14 Euro aus. Zugleich werden die
monatlichen Abschlagsbe-träge für Heizgaslieferungen ab dem 01.01.2009 mit 49,00 Euro festgesetzt. Der
Antragsteller trägt ergänzend vor, er habe am 30.12.2008 die Übernahme seiner aktuellen Heizkostenab-rechnung der
swb vom 15.12.2008 beantragt. Dieser Antrag sei bei der Antragsgegnerin noch in Bearbeitung. Zu der seinem
Schreiben ebenfalls beigefügten Betriebskostenabrechnung seines Vermieters vom 01.02.2008 in Höhe von 129,64
Euro führt der Antragsteller aus, er habe von dieser (noch) aktuellen Betriebskostenabrechnung 87,88 Euro
zivilrechtlich aner-kannt. Die Antragsgegnerin habe nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.04.2008,
Aktenzeichen S2 V 857/08 diese Betriebskostennachzahlung mit Abhilfebescheid anerkannt und damit den
Betriebskostenanteil von 56,13 Euro seiner Bruttokaltmiete als an-gemessen anerkannt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
1. die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 22.12.2008 wird im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes angeordnet, indem die Antragsgeg-nerin verpflichtet wird, die Unterkunftskosten des Antragstellers
gemäß § 22 SGB II in voller Höhe zu übernehmen.
2. Das Sozialgericht Bremen stellt die Zuständigkeit fest.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Sie macht geltend, gemäß der am 01.11.2007 in Kraft getretenen Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II könnten für
den vorliegenden 1-Personen-Haushalt des Antragstellers lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe
von 320,00 Euro zuzüglich Heizkosten aner-kannt werden. Im Übrigen verweist die Antragsgegnerin auf die
Ausführungen des Verwal-tungsgerichts A-Stadt in seinen Beschlüssen vom 03.03.3008 (Az.: S 2 V 379/08) und vom
18.09.2008 (Az.: 2 V 2291/08), in denen es jeweils bereits zuvor gestellte Eilanträge des An-tragstellers auf
Gewährung höherer Unterkunftskosten abgelehnt hatte.
Mit Schriftsatz vom 15.01.2009 teilt die Antragsgegnerin mit, dass dem Antragsteller nach Einreichung der
Abrechnung der swb vom 15.12.2008 nunmehr ab dem 01.01.2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von
369,00 gewährt würden. Hierbei entfielen auf die Bruttokaltmiete ein Anteil von 320,00 Euro und auf die Heizkosten
der angemessene künftige Abschlagsbetrag in Höhe von monatlich 49,00 Euro. Bis zum 31.12.2008 seien die nachge-
wiesenen Heizkosten in Höhe von 23,00 Euro gewährt worden. Dem Schreiben beigefügt ist der Änderungsbescheid
der Antragsgegnerin vom 12.01.2009 mit den von ihr benannten Leis-tungsänderungen.
Mit Schriftsatz vom 20.01.2009 trägt die Antragsgegnerin vor, dass mit Bescheid vom 12.01.2009 auch die
Nachzahlung der Heizkosten der swb in Höhe von 138,14 Euro über-nommen habe.
Bezug nehmend auf die Erwiderung der Antragsgegnerin ergänzt der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin, würde
sie ihre eigene Verwaltungsvorschrift "Ergänzende Hinweise zur Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II" befolgen, ihm
einen Wohnungssicherungszuschlag von 10 % gewähren und somit 352,00 Euro als angemessen anerkennen
müsste. Da seine Wohnung ständig renoviert worden sei, entspreche ihr Standard dem einer nach 1992 erbau-ten
Wohnung. Auch insoweit stehe ihm nach der Verwaltungsanweisung der Antragsgegnerin eine höhere Mietobergrenze
zu. Beigefügt ist ein Schreiben des Vermieters des Antragstellers vom 21.07.2005, wonach die Wohnung zuletzt im
Jahr 2000 komplett renoviert und das Bad im Jahr 2001 teilerneuert worden sei und seit dem Jahr 2004 eine
Vollausstattung mit Ther-mo-Fenstern bestehe.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
1. Das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, dass ihm ab dem 01.01.2009 höhere Leistungen für
Unterkunft gewährt werden.
a) Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Wider-spruches vom 22.12.2008
gegen den Bescheid vom 08.12.2008 gemäß § 86 b Abs. 1 SGB II und zugleich die Verpflichtung der Antragstellerin
auf Übernahme seiner Unterkunftskosten in voller Höhe beantragt hat, war sein Antrag sachgerecht auszulegen bzw.
umzudeuten in ei-nen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG. Eine Umdeu-tung
von Anträgen ist geboten, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes geboten ist (vgl. LSG Hessen, Beschl.
v. 18.04.2007 - L 7 SO 85-86 und L 7 B 281/06 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 27. 1. 2006 - L 15 B 1105/05
SO ER -; VGH Baden-Württemberg Beschl. vom 3. 9. 1990 - 5 S 1840/90 -; Keller, in: Meyer-Ladewig, Kommentar
zum SGG, 9. Auflage, 2008, § 86 b, Rdnr. 9 b, 26 a). Insbesondere im Verfahren des einstweiligen Rechts-schutzes
obliegt es dem Gericht, unklare oder rechtlich unzutreffende Anträge in eine sachge-rechte Form zu bringen (LSG
Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 30.07.2007 - L 8 AS 186/07 ER -). Der Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 SGG ist nur statthaft, wenn gerichtlicher Rechtsschutz im
Hauptsacheverfahren zulässiger-weise über die isolierte Anfechtungsklage (bzw. den Anfechtungswiderspruch)
erreicht werden kann. Bei dem Begehren des Antragstellers handelt es sich jedoch in der Hauptsache nicht um eine
Anfechtungssache, sondern um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, so dass es sich in der Sache
nicht um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, sondern um den Erlass einer einstweiligen Anordnung
handelt.
b) Der gemäß § 86 b Abs. 2 SGG statthafte Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der von dem Antragsteller
beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten zulässig. Der Antragsteller be-gehrt die Übernahme seiner
Aufwendungen für Unterkunft gemäß § 22 SGB II in tatsächlicher Höhe. Hierbei handelt es sich um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, deren Entscheidung gemäß § 51
Abs. 1 Nr. 4 lit. a SGG den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit obliegt. Die Öffnungsklausel des § 50 a Nr. 1 SGG,
auf deren Grundlage das Land Bremen die Zuständigkeit für diese Verfahren auf die Verwal-tungsgerichte übertragen
hat, galt nur bis zum 31.12.2008. Da der vorliegende Eilantrag am 02.01.2009 bei Gericht einging, ist hierfür das
Sozialgericht zuständig.
2. Der zulässige Eilantrag ist im Wesentlichen begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus (vgl. Keller, in: Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 27, 27a, 29). Ein materieller An-spruch ist im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nur einer summarischen Überprüfung zu unterziehen; hierbei muss der Antragsteller glaubhaft
machen, dass ihm aus dem Rechtsver-hältnis ein Recht zusteht, für das wesentliche Gefahren drohen (Keller, in:
Meyer-Ladewig, aaO, Rn. 29, 36). Der Anordnungsgrund setzt Eilbedürftigkeit voraus, dass heißt, es müssen
erhebliche belastende Auswirkungen des Verwaltungshandelns schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht werden.
Dabei muss die Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachtei-le nötig erscheinen, § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Dies
bedeutet zugleich, dass nicht alle Nachteile zur Geltendmachung vorläufigen Rechtsschutzes berechtigen. Bestimmte
Nachteile müssen hingenommen werden (Binder in Hk-SGG, 2003, § 86 b Rn. 33). Es kommt damit darauf an, ob ein
Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hingenommen wer-den kann. Ob dies der Fall ist, bemisst sich
an den Interessen der Antragssteller und der öf-fentlichen sowie gegebenenfalls weiterer beteiligter Dritter. Dabei
reichen auch wirtschaftliche Interessen aus (vgl. Binder, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anord-nungsgrund in dem aus
dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht.
a) Soweit der Antragsteller bereits ab dem 01.01.2009 höhere Leistungen nach dem SGB II begehrt, war der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen. Dem Antrag steht im vorliegenden Verfahren auf Gewährung
von vorläufigem Rechtsschutz entgegen, dass er erst am 02.01.2009 (Datum der Antragstellung bei Gericht) gestellt
wurde. Denn Hilfe zum Lebensunterhalt kann im Wege der einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer
gegenwärtigen Notlage und nicht rückwirkend bewilligt werden, sofern nicht ein Nachholbe-darf plausibel und glaubhaft
gemacht ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.04.2006 - L 7 AS 2875/05 - FEVS 57, 72). Die Antragsgegnerin
kann daher grundsätzlich nur ab dem Zeit-punkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung zur
Leistungsbewilligung verpflichtet werden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 28.04.2006 - S1 B 70/06 -; LSG
Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 28.04.2005 - L 8 AS 57/05 ER - FEVS 56, 503; Keller, in: Mayer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, § 86b Rdnr. 35a). Eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn durch
das unrechtmäßige Vorenthalten von Leistungen für die Vergangen-heit gegenwärtig schwerwiegende Nachteile drohen
(Hk-SGG/Binder, 2. Aufl., § 86b SGG Rdnr. 48). Solche schwerwiegenden Nachteile hat der Antragsteller nicht
glaubhaft gemacht. Dass dem Antragsteller wegen rückständiger Mietkosten Wohnungslosigkeit droht, ist nicht
ersichtlich.
b) Soweit der Antragsteller höhere Unterkunftskosten ab dem 02.01.2009 beantragt, liegen in dem im Tenor
bezeichneten Umfang sowohl Anordnungsgrund, als auch Anordnungsan-spruch vor.
aa) Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage Anspruch auf die Gewährung höherer
Unterkunftskosten. Dieser Anspruch folgt aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden die Leistungen für die
Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Der Antragsteller kann hiernach verlangen, dass seine Unterkunftskosten (Bruttokaltmiete) in Anlehnung an die Werte
der aktuellen Tabelle zu § 8 WoGG zumindest in Höhe von 358,00 Euro übernommen werden. Ein weiter gehender
Anspruch auf Übernahme seiner tatsächli-chen Unterkunftskosten in Höhe von 378,24 Euro steht dem Antragsteller
hingegen nicht zu, da diese Kosten nach Auffassung der Kammer nicht mehr angemessen im Sinne der Vor-schrift
des § 22 Abs. 1 SGB II sind.
Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialge-richts (BSG, Urt. v.
18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -; Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -) in mehreren Schritten zu prüfen. Zunächst
bedarf es der Feststellung, welche Wohnungskos-ten "abstrakt" angemessen sind. Zur Ermittlung dieser abstrakten
Angemessenheit ist in ei-nem ersten Schritt die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Nach Feststellung der
Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Ange-messen sind die
Aufwendungen für eine Wohnung nämlich nur dann, wenn diese nach Aus-stattung, Lage und Bausubstanz einfachen
und grundlegenden Bedürfnissen genügt und kei-nen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss daher
hinsichtlich der aufgeführ-ten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren
Nie-derschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnun-gen in dem
räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).
Nach der hier anzuwendenden Produkttheorie kommt es hierbei nicht darauf an, dass die ein-zelnen Faktoren wie
Ausstattung, Lage jeweils für sich genommen als angemessen anzuse-hen sind. Erheblich ist vielmehr, dass der
Grundsicherungsträger insgesamt nicht mit unan-gemessen hohen Kosten belastet wird. Deshalb ist letztlich darauf
abzustellen, dass das Pro-dukt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete nieder-
schlägt, innerhalb der abstrakten Angemessenheitsgrenzen liegt (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -). Durch
die Produkttheorie bleibt dem Hilfebedürftigen eine größere Flexibili-tät bei der Wohnungsauswahl erhalten. Denn es
steht ihm frei, bei einzelnen der Angemes-senheitsfaktoren Einschränkungen hinzunehmen, um an anderer Stelle eine
höhere Wohn-qualität zu erreichen. So kann er sich etwa eine Wohnung mit einer geringeren Wohnfläche, dafür aber
einer besseren Ausstattung oder Lage (und damit einem im Regelfall erhöhten Quadratmeterpreis) auswählen, solange
sich das Produkt - die Gesamtmiete - im Rahmen des Angemessenen bewegt.
Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wohnort des
Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit ei-ner Aufgabe des sozialen Umfeldes
verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche
Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen
landesrechtli-chen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es -
insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichs-gebiete zusammenzufassen,
während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die
kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann (BSG, Urt. V. 18.06.2008
- B 14/7b AS 44/06 R -; vgl. auch BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).
Die Prüfung der Angemessenheit ist aber nicht nur auf der Grundlage der – gemessen am räumlichen
Vergleichsmaßstab - marktüblichen Wohnungsmieten abstrakt vorzunehmen. Viel-mehr muss die Behörde in einem
letzten Schritt eine konkrete Angemessenheitsprüfung vornehmen, ob der Hilfebedürftige die konkrete Möglichkeit hat,
eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können. Besteht
eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich an-gemietete Wohnung
als angemessen anzusehen (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Fall Folgendes:
Die Wohnungsgröße der von dem Antragsteller angemieteten Wohnung ist angemessen. Bei der Ermittlung der
angemessenen Wohnraumgröße ist die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte
Wohnraumgröße zu Grunde zu legen. Gemäß § 10 WoFG i. V. m. mit den für A-Stadt geltenden
Wohnungsbauförderungsbestimmungen (WFB 1999) beträgt die angemessene Wohnfläche für einen 1-Personen-
Haushalt bis zu 48 m² ( VG Bremen, Urt. v. 23.05.2008, S 7 K 840/07). Die Antragsgegnerin erkennt darüber hinaus in
ihrer Verwal-tungsanweisung zu § 22 SGB II für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnfläche von bis zu 50 m² als
angemessen an. Diese Wohnflächengrenzen werden hier unstreitig eingehalten.
Problematisch erweist sich hingegen die Feststellung des sich in der Wohnungsmiete, genau-er im Quadratmeterpreis
niederschlagenden, abstrakt angemessenen Wohnungsstandards.
Gesetzliche Bestimmungen, die die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Hei-zung der Höhe nach
festlegen oder Vorgaben für ihre Pauschalierung enthalten, existieren nicht. Eine Rechtsverordnung zu § 27 Nr. 1
SGB II ist bislang noch nicht ergangen. Die Ver-waltungsanweisung der Stadt A-Stadt zu § 22 SGB II, auf die sich die
Antragsgegnerin beruft, enthält zwar konkrete Mietobergrenzen für einen Einpersonenhaushalt. Diese Verwaltungs-
vorschrift ist jedoch für das Gericht nicht verbindlich. Sie beruht auf einer internen Weisungs-struktur der Exekutive
und bindet allein Verwaltungsorgane (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 15.01.2008 - S2 B 524/07 -).
In Ermangelung gesetzlicher Vorgaben muss konkret untersucht werden, welche Mieten auf dem hier
gegenständlichen Wohnungsmarkt marktüblich sind. Denn nur so lassen sich die "im unteren Bereich des örtlichen
Mietzinsniveaus" anzusiedelnden Unterkunftskosten bestim-men, die nach § 22 Abs. 1 SGB II anerkennungsfähig
sind (vgl. hierzu Berlin, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, SGB II, § 22 Rdnr. 33; VG Bremen, Urt. v. 08.12.2008 - S8 K
2810/08 -).
In A-Stadt existiert bislang jedoch kein Mietspiegel über die in A-Stadt üblichen Mieten.
Zwar muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Feststellung der Beschaf-fenheit des örtlichen
Mietwohnungsmarktes nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfa-chen Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d
BGB abgestellt werden. Vielmehr muss die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage lediglich auf einem
schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen
Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenba-sis auf mindestens 10 %
des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes be-ruht. Ferner müssen die Faktoren, die das Produkt
"Mietpreis" bestimmen (Standard, ggf. auch ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung
plus Wohnungs-größe und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/7b AS
44/06 R - unter Verweis auf BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).
Solche Mietdatenbanken, deren Datenmaterial die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, liegen in A-Stadt bislang
aber ebenfalls nicht vor. Die Antragsgegnerin hat die Erstellung ent-sprechender Datensätze bislang nicht veranlasst.
Soweit Immobilienportale wie "Immowelt" oder "Miet-Check" Mietspiegel für A-Stadt auf ihre Internetseite eingestellt
haben (http://www.miet-check.de/mietspiegel A-Stadt.php;
http://www.immowelt.de/Immobilien/ImmoMarktMiete.aspx?GeoID=10804011&EType=1&ESR=2&npv=31), bieten
diese keine Gewähr dafür, dass sie auf einem schlüssigen Konzept beru-hen bzw. dass die Datengrundlage
tatsächlich repräsentativ für den Bremer Mietmarkt ist.
Gegen die Tragfähigkeit dieser "gewerblichen Mietspiegel" spricht weiterhin, dass diese bei der Ermittlung der
Durchschnittsmieten offenbar keine Unterteilung in unterschiedliche Stadt-teile bzw. -bezirke vorsehen, sondern eine
einheitliche Erhebung von Mietdaten für das ge-samte Stadtgebiet vorgenommen haben. Vor dem Hintergrund der
Rechtsprechung des Bun-dessozialgerichts erscheint es aber zweifelhaft, ob bei der Bestimmung des Wohnstandards
in A-Stadt tatsächlich das gesamte Stadtgebiet als räumlicher Vergleichsmaßstab herangezogen werden kann. Das
BSG hat hierzu entschieden, dass bei einer Stadt von ca. 75.000 Einwoh-nern das gesamte Stadtgebiet den
räumlichen Vergleichsmaßstab bilden könne (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -). Dasselbe gilt auch noch
für eine Stadt von 163.000 Einwoh-nern (BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -). Entscheidend ist insoweit,
ob klar von-einander abgegrenzte Teilwohnungsmärkte mit deutlich unterschiedlichem Mietniveau vorlie-gen (Berlit, in:
LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 35; LSG Hessen, Beschl. v. 13.10.2005 - L 9 AS 48/05 -). Die Einwohnerzahl
der Stadt A-Stadt beträgt beinahe 549.000. Die einzelnen Stadtteile zeichnen sich teilweise durch eine hohe soziale
und ethnische Homogenität aus, zugleich zeigt sich eine verstärkte Segregation in wohlhabende und sozial schwache
Stadtge-biete (Friedrichs/Triemer, Gespaltene Städte? Soziale und ethnische Segregation in deut-schen Großstädten,
VS-Verlag, Wiesbaden 2008). Es spricht vieles dafür, dass sich diese sozialräumliche Trennung auch auf dem
Wohnungsmarkt niederschlägt. Hiervon geht offenbar auch die Antragsgegnerin selbst aus, da sie in ihrer
Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II prozentuale Zuschläge für bestimmte Stadt- bzw. Ortsteile vorsieht. Sie
begründet diese stadt-teil- und ortsteilbezogenen Zuschläge damit, dass "der Anteil der Leistungsempfänger an der
dortigen Bevölkerung erkennbar unter dem Niveau anderer Stadt- bzw. Ortsteile und das Mietniveau höher als in
anderen Stadt- oder Ortsteilen liegt" (S. 12 der Ergänzenden Hinweise zur Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II).
Es bleibt festzustellen, dass das für A-Stadt örtlich marktübliche Mietzinsniveau nicht hinrei-chend sicher bestimmt
werden kann, da es an geeigneten Mietspiegeln bzw. Mietdatenban-ken fehlt. In einem solchen Fall ist es letztlich
zulässig, auf die Miethöchstgrenzen aus der – zum 01.01.2009 aktualisierten - Tabelle zu 8 Wohngeldgesetz (WoGG)
abzustellen (In Bezug auf die bis zum 31.12.2008 geltende Wohngeldtabelle jeweils vgl. BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B
7b AS 18/06 R -; OVG Bremen, Beschl. v. 09.07.07 - S1 B 183/07 und S1 S 184/07 -; Beschl. v. 18.04.2007 - S1 B
94/07 -; Beschl. v. 22.02.2008 - S2 B 423/07, S 2 B 424/07 und S2 B 66/08 -; (Rückgriff auf die Tabelle zu § 8 WoGG
jedenfalls im Eilverfahren zulässig: Beschl. v. 28.04.2008 - S2 B 145/08 und S2 S 146/08 - m.w.N.; VG Bremen,
Beschl. v. 18.06.2007 - S8 V 1072/07 -; Beschl. v. 31.03.2008 - S1 V 260/08 -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v.
11.07.2008 - L 11 AS 38/07 -; SG Hannover, Urt. v. 10.12.2008 - S 54 AS 743/08 -).
Zwar hat das BSG zuletzt in seinem Urteil vom 18.06.2008 nochmals betont, die Tabellenwer-te in § 8 WoGG stellten
grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dar, weil sie zum einen
die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen widerspiegelten und zum anderen nicht darauf abstellten, ob der
Wohnraum bedarfsange-messen ist. Das BSG lasse daher einen Rückgriff auf die Tabellenwerte nur dann zu, wenn
lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht weiterführten (BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - unter
Bezugnahme auf die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen aber im Fall von A-Stadt vor. Denn hier fehlt es an den "vom BSG angeführten
Erkenntnismöglichkeiten, die zuverlässigen Aufschluss über die angemes-sene Quadratmetermietpreise für
Wohnungen einfachen Standards im Gebiet der Stadtge-meinde A-Stadt vermitteln könnten" (OVG Bremen, Beschl.
v. 28.04.2008 - S2 B 145/08, S2 S 146/08 - (st. Rspr.)).
Insbesondere stellen auch die beiden von der Stadtgemeinde A-Stadt als kommunalem Trä-ger eingeholten Gutachten
des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Woh-nungsforschung GmbH "Preisgünstiger Wohnraum in A-
Stadt" (im Folgenden: Gewos-Gutachten) von September 2005 und von August 2007 keine zuverlässigen lokalen
Erkennt-nismöglichkeiten für die abstrakte Angemessenheitsprüfung dar (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 28.04.2008 -
28.04.2008 - S2 B 145/08 und S2 S 146/08 - m.w.N.; VG Bremen, Beschl. v. 31.03.2008 – S1 V 260/08: "Das
(frühere) GEWOS-Gutachten war ebenfalls nicht geeignet, verbindliche Richtwerte für die Ermittlung angemessener
Unterkunftskosten zu liefern."). Dies ergibt sich bereits aus dem diesen Gutachten zu Grunde liegenden
Untersuchungsziel. Die-ses ist nicht auf die Ermittelung der für A-Stadt marktüblichen und der im Vergleich (abstrakt)
angemessenen Wohnungsmieten gerichtet. Vielmehr übernimmt insbesondere das erste der beiden Gutachten die von
der Antragsgegnerin festgelegten Mietobergrenzen, die letztlich auf die Tabellenwerte der (alten) Tabelle zu § 8 WoGG
zurückgehen (Vgl. GEWOS-Gutachten 2007, S. 7 oben: "Die Basis der Berechnung sind die
Angemessenheitsgrenzen gemäß der Verwaltungsanweisung vom 04. Juli 2006 ( )."). Diese Mietobergrenzen werden
im Gutach-ten als Definition des angemessenen Mietraums vorausgesetzt. Auf dieser Grundlage widmet sich das
Gutachten dann der Frage, ob dem Bedarf an - gemäß den Mietobergrenzen – an-gemessenen Wohnraum ein
entsprechendes Angebot gegenübersteht (Vgl. S. 2 und 3 des GEWOS-Gutachtens 2005; S. 4/5 des GEWOS-
Gutachtens 2007). Die Gutachten nehmen damit im YG. eine konkrete Angemessenheitsprüfung vor.
Zwar enthalten die GEWOS-Gutachten auch Angaben zur Wohnungsangebotssituation in A-Stadt und zu den
Durchschnittsmieten (vgl. S. 11 ff. des GEWOS-Gutachtens 2005; S. 8 ff. des GEWOS-Gutachtens 2007). Sie
stützen sich hierbei auch auf eine hinreichend große Da-tengrundlage. Das GEWOS-Gutachten 2005 hat bei seiner
Datenerhebung zuletzt 38% des gesamten Mietwohnungsbestandes erfasst (S. 4). Die Durchschnittsmieten bilden
jedoch kei-ne geeignete Datengrundlage für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nach der
Produkttheorie. Denn nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts ist der Wohnungs-standard anhand des
Quadratmeterpreises zu berücksichtigen (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -; Urt. v. 19.03.2008 - B 11b AS
41/06 -). Die Gutachten haben aber in Bezug auf die verschiedenen Haushaltsgrößen jeweils keine
Quadratmeterpreise sondern Durch-schnittsmieten ermittelt (Vgl. S. 15 des GEWOS-Gutachtens 2005; S. 13 des
GEWOS-Gutachtens 2007). Diese können demnach nicht in der Berechnung nach der Produkttheorie berücksichtigt
werden. Dem Gericht war es auch nicht möglich, anhand der Durchschnitts-mietangaben den für die jeweilige
Haushaltsgröße geltenden durchschnittlichen Quadratme-terpreis selbst zu errechnen. Denn die Mietangaben sind
jeweils nicht auf eine konkrete Quadratmeterzahl, sondern auf ein bestimmten Wohnflächenbereich ("bis 50 m²", "50 –
60 m²") bezogen und bilden damit Mischwerte. Soweit die Gutachten neben den Durchschnittmie-ten jeweils auch den
Durchschnittsquadratmeterpreis - gestaffelt nach Baualtersklasse sowie insgesamt – angeben, bildet dies ebenfalls
keine taugliche Datengrundlage. Denn die Anga-ben zur durchschnittlichen Bruttokaltmiete je m² differenzieren nicht
nach Haushalts- bzw. Wohnungsgröße. Ihnen kommt damit nur ein sehr geringer Aussagewert zu. Denn gerade in
Bezug auf die Wohnungsgröße zeigen sich erhebliche Abweichungen im Quadratmetermiet-preis, der bei kleineren
Wohnungen im Verhältnis regelmäßig höher ist.
Neben diesen methodischen Schwächen ergeben sich aber noch weitere Vorbehalte, die ge-gen die Eignung der
GEWOS-Gutachten zur Bestimmung des abstrakt angemessenen Miet-niveaus sprechen. Zum einen sind die Daten
beider Gutachten nicht mehr aktuell. Das erste Gewos-Gutachten bezieht sich auf Daten aus dem Jahr 2005. Die
Bezugszeitpunkte des zweiten Gewos-Gutachtens sind November 2006 und Februar 2007. Zugleich ergibt sich aus
dem Gewos-Gutachten 2007, dass der Wohnungsmarkt in A-Stadt stark in Bewegung ist. Das Gutachten berichtet
insoweit von einem jährlichen Fluktuationsbestand von 4050 Wohnungen. Da eine hohe Fluktuation auf dem
Wohnungsmarkt häufig auch eine starke Bewegung bei den Mietpreisen bedingt (z.B. aufgrund von Modernisierungen
und entsprechender Mietpreis-anhebung bei Neuvermietung), bedarf es einer stetigen Aktualisierung des
Datenmaterials. Diese ist hier nicht erfolgt. Außerdem fehlt es an einer Differenzierung des Mietniveaus ver-
schiedener, von einander abgegrenzter Teilwohnungsmärkte. Dass eine solche räumliche Differenzierung notwendig
ist, belegen letztlich auch die Gewos-Gutachten. Denn diese wei-sen auf eine hohe Konzentration von
Leistungsempfänger/-innen in bestimmten Stadtteilen Bremens hin (vgl. Bl. 24 ff. des GEWOS-Gutachtens 2007).
Nach allem fehlt es in A-Stadt bislang an einer hinreichenden, auf einem schlüssigen Konzept beruhenden
Datengrundlage zur Ermittlung des angemessenen Mietniveaus. Das Gericht ist in einer solchen Situation – noch
dazu im Rahmen eines Eilverfahren - nicht gehalten, selbst ein solches Konzept voll auszuermitteln. Vielmehr ist es
die Aufgabe der Antragsgegnerin, ein solches Konzept zu entwickeln und entsprechende Mietdatenbanken zu
erstellen (Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2008, § 22 Rdnr. 45c).
Solange aber – wie hier – zuverlässige lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht bestehen, kann zur Ermittlung der
(abstrakt) angemessenen Miete somit auf die Tabelle zu § 8 WoGG abge-stellt werden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v.
28.04.2008 - 28.04.2008 - S2 B 145/08 und S2 S 146/08 - m.w.N.). Die aktuelle Tabelle zu § 8 WoGG sieht ab dem
01.01.2009 für Einperso-nenhaushalte im Bereich der Mietstufe IV einen einheitlichen Höchstbetrag für Miete und Be-
lastungen (ausschließlich Heizkosten) von 358,00 Euro vor. Die in der früheren Tabelle zu § 8 WoGG vorgesehene
Staffelung nach Baualter wurde aufgegeben; der aktuelle Höchstbetrag von 358,00 Euro entspricht dem Wert der
rechten Spalte der früheren Tabelle zu § 8 WoGG zuzüglich 10%. Auf diesen aktuellen Wert ist hier abzustellen.
Hiergegen spricht nicht, dass die rechte Spalte der früheren Wohngeldtabelle Neubauten ab 1992 und damit
Wohnraum erfasste, der häufig nicht mehr zum einfachen Wohnstandard zählt. Eine Nachfrage beim
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat insoweit ergeben, dass die Mieten älterer Wohnungen
im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen teilweise erheblich an-gestiegen seien und von den früheren Tabellenwerten
nicht mehr gedeckt gewesen seien. Letztlich habe sich das Mietniveau von Wohnungen älteren und jüngeren
Erstbezugsdatums einander stark angenähert, so dass eine Staffelung nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei. Als
Grund für die 10%ige Erhöhung der Tabellenwerte wurde angegeben, dass eine statistische Auswertung der Mieten
von Wohngeldempfängern – auf einer Datengrundlage bis Ende 2006 – gezeigt habe, dass diese Mieten in den letzten
Jahren angestiegen seien. Diesen Mietstei-gerungen habe man durch eine pauschale Erhöhung um 10 % Rechnung
tragen wollen. Die Begründung für die Anhebung und Vereinheitlichung der Tabellenwerte erscheint stichhaltig und
plausibel. Dem steht auch nicht entgegen, dass gemäß dem GEWOS-Gutachten die durchschnittliche Bruttokaltmiete
für ältere Neubauten auffallend niedriger lag (gegen eine Anwendung der rechten Tabellenspalte der früheren
Wohngeldtabelle deshalb OVG Bremen, Beschl. v. 26.04.2007 - S2 B 110/07 -; VG Bremen, Beschl. v. 18.06.2007 -
S8 V 1072/07 -). Auch das GEWOS-Gutachten konstatiert aber einen Mietpreisanstieg infolge anhaltender Mo-
dernisierungstätigkeit (GEWOS-Gutachten 2007, S. 14 f.). Im Übrigen beruhen die Gutachten ganz überwiegend auf
Daten des vorhandenen Wohnungsbestands; der Markt der tatsächlich freien Wohnungen ist hier nur zu einem sehr
geringen Teil eingeflossen. Somit erscheint es denkbar, dass das Mietsteigerungspotential bei Neuvermietung hier
nicht mit seinem vollen Gewicht berücksichtigt wurde. Jedenfalls bestehen begründete Zweifel, dass die alten Tabel-
lenwerte zu § 8 WoGG tatsächlich noch "in ihren Eckdaten das Mietpreisniveau in der Stadt-gemeinde" A-Stadt
wiedergeben (so aber OVG Bremen, Beschl. v. 09.07.07 - S1 B 183/07 und S1 S 184/07 - unter Verweis auf das
GEWOS-Gutachten 2005). Hiervon geht offenbar auch die Antragsgegnerin nicht (mehr) aus, die inzwischen auf der
Grundlage der Ergebnisse der GEWOS-Gutachten die Mietobergrenzen in ihrer Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II
erheblich angehoben hat. Die verschiedenen von der Antragsgegnerin gewährten Zuschläge (stadtteil- und
ortsteilbezogene Zuschläge – 10 % oder 20 %; Wohnungssicherungszuschlag – bis 10%; Wirtschaftlichkeitszuschlag
– bis 10 %, vgl. Ziffer 5.3, 5.4, 7.1 der Bremer Verwal-tungsanweisung zu § 22 SGB II) bewirken faktisch eine weitere
Annäherung an die aktuellen, ab dem 01.01.2009 geltenden Werten der Tabelle zu § 8 WoGG. Im Falle des
Antragstellers ergäbe sich beispielsweise unter Hinzurechnung eines Wohnungssicherungszuschlages von 10 % ein
Betrag von 352,00 Euro, der lediglich um 6,00 Euro unter dem Wert der aktuellen Wohngeldtabelle läge. Nach allem
ergeben sich für das Gericht keine stichhaltigen Gründe, die es rechtfertigen, weiterhin auf die alten Werte der - nicht
mehr gültigen – Tabelle zu § 8 WoGG abzustellen. Vielmehr sind hier die ab dem 01.01.2009 geltenden aktuellen
Werte an-zuwenden.
Der Antragsteller hat hiernach einen Anspruch auf Übernahme seiner Unterkunftskosten in Höhe von 358,00 Euro.
Zuzüglich seiner Heizkosten in Höhe von 49,00 Euro, deren Ange-messenheit zwischen den Parteien nicht in Streit
steht, ergibt sich somit insgesamt ein An-spruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in
Höhe von 407,00 Euro.
bb) Dagegen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Über-nahme seiner
Wohnungskosten in tatsächlicher Höhe zusteht. Auch der Umstand, dass die Wohnung nach dem Vorbringen des
Antragstellers nachweislich wiederholt renoviert wurde rechtfertigt vorliegend nicht die Übernahme der Mietkosten in
voller Höhe. Die Bruttokaltmiete des Antragstellers in Höhe von 378,24 Euro liegt erheblich über dem Tabellenwert der
aktuel-len Wohngeldtabelle. Nach dem oben Gesagten liegt diesem Betrag der frühere Wert der rechten Spalte der
Tabelle zu § 8 WoGG (Bezugsfertigkeit ab 1992) zu Grunde. Dieser Wert erfasst bereits Wohnraum, der nicht mehr zu
einfachen Standard gehört. Außerdem wurden die sich aus der Wohngeldstatistik ergebenden Mieterhöhungen der
letzten Jahre durch einen 10%-Aufschlag erfasst. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass der Betrag in
Höhe von 358,00 nicht hinreichend zur Anmietung einer Wohnung im unteren Bereich der in A-Stadt marktüblichen
Mieten sein soll.
Für das Gericht liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dem An-tragsteller eine
kostengünstigere, sich im Rahmen der hier herangezogenen Mietobergrenze haltende Wohnung konkret nicht zur
Verfügung gestanden hätte.
In diesem Zusammenhang gewinnt das GEWOS-Gutachten 2007 an Bedeutung. Zwar weist dieses Gutachten auf
eine Verknappung des Wohnungsmarktes für Alleinstehende hin. Wäh-rend nach dem ersten GEWOS-Gutachten im
Mai 2005 noch ein Leerstand von 310 Wohnun-gen bestand, die den Angemessenheitskriterien der damaligen
Verwaltungsanweisung ent-sprachen, konnte das zweite Gewos-Gutachten im Februar 2007 nur mehr einen Leerstand
160 Wohnungen für Alleinstehende feststellen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Mietobergrenze nach der
damaligen Verwaltungsanweisung noch bei 265,00 Euro – ggf. zu-züglich bestimmter Stadtteilzuschläge – lag. Die
hier vorgenommene Erhöhung auf 358,00 eröffnet dem Antragsteller den Zugang zu weiteren Teilen des
Wohnungsmarktes. Für das Gericht bestehen somit keine Zweifel, dass auf dem Bremer Wohnungsmarkt für den An-
tragsteller eine konkrete Wohnungsalternative besteht.
Eine Verpflichtung zur (zeitweisen) Übernahme der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe folgt für die
Antragsgegnerin auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Dem Antragsteller wurde bereits vor dem Bezug von
Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II auf Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes Unterkunftskosten nicht in
tatsächlicher Höhe, sondern nur in Hö-he der damals geltenden Angemessenheitsgrenzen gewährt. Die Folgen der
Anmietung einer Wohnung, deren Kosten die Grenzen der Angemessenheit übersteigt, war ihm demnach seit langem
bekannt. Er ist von der Antragsgegnerin auch mehrfach aufgefordert worden, sich eine preisgünstigere, angemessene
Unterkunft zu suchen. Im Übrigen hat der Antragsteller weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass ihm ein Umzug
in eine angemessene Unter-kunft nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen wäre. Vielmehr hat er bislang zu
etwaigen Umzugsbemühungen nichts vorgetragen. Damit kommt eine Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II
nicht in Betracht.
cc) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Zwar ergeben sich nach Aktenlage keine
Hinweise darauf, dass Mietrückstände bei seinem Vermieter aufgelau-fen wären oder dass der Antragsteller aufgrund
von Zahlungsrückständen eine Kündigung droht (vgl. hierzu VG Bremen, Beschl. v. 18.06.2007 - S 8 V 1072/07 -; SG
Lüneburg, Beschl. v. 12.02.2007 - S 25 AS 43/07 ER -). Allerdings wäre der Antragsteller ohne die vorläufige
Gewährung höherer Unterkunftskosten gezwungen, den Differenzbetrag von rund 38,00 Euro bis zu einer
Entscheidung in der Hauptsache aus seiner Regelleistung aufzubringen. Die Re-gelleistung dient der Sicherung des
notwendigen Lebensunterhalts des Hilfebedürftigen und orientiert sich hierbei am soziokulturellen Existenzminimum.
Es ist dem Antragsteller nicht zumutbar, dieses Existenzminimum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu
unter-schreiten, um seine Wohnungskosten zu decken und so einen Kostenrückstand und sich dar-aus ergebende
etwaige mietrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Dies begründet vorlie-gend die Notwendigkeit einer gerichtlichen
Eilentscheidung.
dd) Die zeitliche Begrenzung der Verpflichtung der Antragsgegnerin auf den laufenden Bewil-ligungszeitraum beruht
auf dem vorläufigen Charakter der einstweiligen Anordnung.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Sie entspricht der Billigkeit,
weil der Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolg-reich war.
4. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits statthaft. §
172 Abs. 3 Nr. 1 SGG steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vor-schrift ist die Beschwerde im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Diese
Vorschrift bewirkt jedoch keinen umfassenden Beschwerdeausschluss für Eilverfahren in denen – wie hier – der für
die Statthaftigkeit der Berufung maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes nicht erreicht wird. Die Kammer
folgt insoweit der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen, der hierzu in seinem Beschluss
vom 21.10.2008 – 6 AS 458/08 ER - ausgeführt hat:
Der Wortlaut "wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre" zielt nicht einengend auf den Wert des
Beschwerdegegenstandes von mehr als 750 EUR (so zutreffend auch der 8. Se-nats des Gerichts, Beschluss vom
29. September 2008 - L 8 SO 80/08 ER - S 3 f). Die Frage des Ausschlusses der Beschwerde ist - wie oben
begründet - durch die Prüfung zu beantwor-ten, ob die Berufung nicht zulässig, d. h. hier im engeren Sinne: nicht
statthaft (§ 143 SGG) wä-re, handelte es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein Hauptsacheverfahren. Aufgrund
des Wortlauts: "zulässig wäre" (nicht: "zulässig ist" - so unzutreffend der 13. Senat des Gerichts aaO S 4) sind auch
die Zulassungsgründe einer Berufung (§ 144 Abs 2 SGG) heranzuziehen. Denn statthaft ist eine Berufung nicht nur
kraft Gesetzes, sondern auch kraft Zulassung (§§ 143 f SGG)."
Demnach gilt auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dass die Beschwerde auch in Bagatellsachen
gegeben ist, wenn einer der Zulassungsgründe gemäß § 144 Abs. 2 SGG vorliegt.
Die Beschwerde ist hier nicht ausgeschlossen. Denn die Berufung wäre in der Hauptsache nicht unzulässig. Die
Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, so dass die Berufung hier kraft Zulassung statthaft wäre (§ 144 Abs 2 Nr.
1 SGG). Die Frage, welche Angemessenheits-grenzen für Wohnungskosten in A-Stadt gelten, hat grundsätzliche
Bedeutung.