Urteil des SozG Berlin vom 19.11.2008
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Gericht:
SG Berlin 164.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 164 SF 252/09 E
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 159 Abs 1 Nr 1 SGG, § 197 Abs
1 SGG, § 197 Abs 2 SGG
(Sozialgerichtliches Verfahren - Kostenfestsetzungsverfahren -
analoge Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG -
Zurückverweisung an Urkundsbeamten)
Leitsatz
Die Zurückverweisung im Erinnerungsverfahren in Kostenfestsetzungsangelegenheiten an
den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist statthaft, sofern dieser den
Kostenfestsetzungsbeschluss nicht hinreichend begründet hat.
Tenor
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 19.11.2008 (S 60 AL
1037/04 ER 06 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an den
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zurückverwiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Erinnerung ist im Sinne der ausnahmsweisen Zurückverweisung an den
Urkundsbeamten begründet, § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG analog. Die Zurückverweisung ist
hier erforderlich, da der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den
Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu
entscheiden. Mit einer gerichtlichen Entscheidung über die Erinnerung und zugleich über
den Kostenfestsetzungsantrag würde den Beteiligten eine Instanz genommen, da die
Entscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG endgültig ist.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss war aufzuheben, da der Urkundsbeamte den Antrag
nicht hätte zurückweisen dürfen. Nach § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte den
Betrag
als auch materiell-rechtlich anhand des Vergütungsverzeichnisses des RVG bzw. der
BRAGO zusammensetzt, ist Teil der Begründung des Kostenfestsetzungsantrages wie
auch des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Zwar ist es wünschenswert, dass anwaltlich
vertretene Beteiligte einen der Sach- und Rechtslage entsprechenden Antrag stellen
oder dies zumindest nach – wie hier – erfolgtem gerichtlichen Hinweis tun. Letztlich ist
jedoch ein Kostenfestsetzungsantrag gestellt worden, über den es in der Sache zu
entscheiden galt.
Nunmehr hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Kostenfestsetzungsantrag
klargestellt. Überdies sind die Beteiligten darüber einig, dass die Kostenfestsetzung für
das Hauptsacheverfahren S 60 AL 1037/04 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des
Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ruhen soll.
Nunmehr wird der Urkundsbeamte über den „klarstellenden“ Kostenfestsetzungsantrag
zu entscheiden haben. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch hier in der
Kostenfestsetzung für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seine
Bemühungen bei der Beklagten um die außergerichtliche Aussetzung der Vollstreckung
vergütet wissen will, sei mitgeteilt, dass das Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG keine
Antragstellung nach § 86a Abs. 3 SGG bei der Sozialleistungsbehörde voraussetzt,
weshalb das letztgenannte Verfahren auch kein „Vorverfahren“ für das sich
anschließende Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG sein kann. Im Übrigen wird auf die
Regelung des § 119 Abs. 3 BRAGO hingewiesen (der Antrag bei der Beklagten ist nach
dem Klägervortrag am 16.04.2004 gestellt worden), wonach das Verfahren auf
Aussetzung bei der Behörde sowie das Vorverfahren eine Angelegenheit darstellen. Die
Bemühungen des Prozessbevollmächtigten können demnach allenfalls im Rahmen der
Kostenerstattung für das Vorverfahren relevant werden, wobei die Vorverfahrenskosten
zu den notwendigen außergerichtlichen Kosten gehören, für deren Festsetzung sich die
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zu den notwendigen außergerichtlichen Kosten gehören, für deren Festsetzung sich die
Beteiligten auf das Ruhen bis zur Entscheidung über die Hauptsache geeinigt haben.
Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG. Da der
Prozessbevollmächtigte nicht auf die gerichtlichen Hinweisschreiben nebst Erinnerungen
durch das Gericht reagiert hat, entspricht es nicht der Billigkeit, den Erinnerungsgegner
mit Kosten zu belasten, zumal dieser bereits einen Teil der geltend gemachten Kosten
ohne Titel angewiesen hat.
Die Kammer hält eine gesonderte Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren für
erforderlich, da das Erinnerungsverfahren im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren eine
gesonderte Angelegenheit i.S.d § 18 Nr. 5 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
darstellt (ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. September 2005 - L
2 B 40/04, AnwBl 2006, 146; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. November 2006 - L
6 B 221/06 SB, jeweils für das Beschwerdeverfahren; vgl. zur Verfahrensgebühr für
sozialgerichtliche Verfahren über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in dem
Verfahren Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen: Nr. 3501 des
Vergütungsverzeichnisses zum RVG; überdies Rohwer-Kahlmann, SGG, 4. Auflage, 42.
Lieferung 2004, § 197 RdNr. 18; Schneider, KostRsp., Nr. 1 § 18 Nr. 5 RVG, Lieferung 264,
Februar 2007; Schneider/Wolf, RVG, 3. Auflage 2006, § 16 RdNr. 108 ff.).
Die Kammer folgt ausdrücklich nicht dem Beschluss des Verwaltungsgerichts
Regensburg (VG Regensburg, 11. Kammer, Beschluss vom 01.07.2005, Az.: RN 11 S
03.2905), wonach nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur Verfahren über
eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in
denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, eine
besondere Angelegenheit nach § 18 Nr. 5 RVG darstellen sollen. Das SGG kennt den
Rechtspfleger nicht. Aus dem Gebührentatbestand Nr. 3501 VV RVG ergibt sich
eindeutig, dass eine Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, in denen
Betragsrahmengebühren entstehen, umfasst ist. Dass der Gesetzgeber in § 18 Nr. 5
RVG vom „Rechtspfleger“ spricht, darf als glattes (redaktionelles) Versehen des
Gesetzgebers gewertet werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 18.06.2007 (Az.: 4 KSt 1002/07) und am
21.06.2007 (Az.: 4 KSt 1001/07) entschieden, dass § 18 Nr. 5 RVG auch Erinnerungen
gegen Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in der
Verwaltungsgerichtsbarkeit umfasst (entgegen VG Regensburg, a. a. O.).
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§
197 S. 2 SGG).
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