Urteil des SozG Augsburg vom 27.05.2008

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Sozialgericht Augsburg
Urteil vom 27.05.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 12 KR 252/07
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die volle Kostenübernahme für eine Hörgeräteversorgung.
Der am 1961 geborene Kläger trägt seit langem auf beiden Ohren Hörgeräte. Es besteht eine hochgradige
Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Er ist gelernter Schreiner und arbeitet in der Werkstatt der Firma R. in B ...
Der HNO-Arzt Dr. F. verordnete ihm am 14.02.2006 neue Hörgeräte beidseits. Der Kläger testete beim Akustiker
Hörgeräte L. mehrere Hörgeräte und entschied sich für die Hörgeräte Pixel Power ITC PL30-DP. Auf der Rückseite
des Formblattes zur Verordnung einer Hörhilfe erstellte der Akustiker am 28.06.2006 einen Kostenvoranschlag über
1250,00 EUR für die Festbetragsversorgung. Mit Formblattantrag vom 28.06.2006, eingegangen beim Zentrum Bayern
für Familie und Soziales Region Schwaben Integrationsamt am 03.07.2006, beantragte der Kläger einen Zuschuss für
seine neuen Hörhilfen. Zur Begründung gab er an, dass Im-Ohr-Geräte notwendig seien, weil er berufsbedingt
Gehörsschutzkapseln tragen müsse. Auch verfügten die Geräte über eine Störgeräuschunterdrückung, wodurch er
seine Umgebung besser verstehe. Die Geräte hätten die wenigsten Rückkopplungen und würden sich zum
Telefonieren eignen. Dem Antrag legte er den Bescheid über die Anerkennung einer Schwerbehinderung mit einem
Grad der Behinderung (GdB) von 70 und die Zuerkennung des Merkzeichens RF bei. Außerdem übersandte er eine
Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vom 27.04.2006, ein Schreiben des Akustikers vom 17.05.2006 sowie ein
Angebot vom 26.06.2006 zur Anpassung der Hörgeräte Pixel Power über einen Gesamtpreis von 4962,00 EUR bei
einem zu zahlenden Eigenanteil nach Abzug des Festbetrages von 3846,00 EUR. Die Arbeitgeberin führt aus, dass
für die Tätigkeit des Klägers eine störungsfreie Kommunikationsfähigkeit erforderlich sei. Er müsse Weisungen vom
Meister entgegennehmen, an Mitarbeiter weitergeben, seine Arbeit mit Kunden und Architekten besprechen sowie
beim Materialeinkauf mit Furnierhändlern in Kontakt treten. Der Akustiker gab an, dass der Kläger immer wieder
Kapselgehörschutz tragen müsse. Deshalb sei es notwendig, dass er Im-Ohr-Geräte trage, um Druckstellen hinter den
Ohren zu vermeiden. Aufgrund des ständigen Störlärms bei der Arbeit müssten die Hörsysteme mit einer
Störgeräuschunterdrückung arbeiten. Dadurch werde dem Kläger auch in lauter Umgebung Sprachverstehen
ermöglicht. Da das Gehör des Klägers etwas schwanke, seien Hörsysteme mit Lautstärkerädchen ausgewählt
worden. Damit könne er die Verstärkung immer ganz individuell seinem aktuellen Hörvermögen angleichen. Im
Vergleich mit sämtlichen anderen Hörhilfen sei das Hörgerät Pixel Power eindeutig die beste Lösung hinsichtlich
Klangakzeptanz, Sprachverstehen und Rückkopplungen gewesen. Das Integrationsamt leitete mit Schreiben vom
10.07.2006 den Antrag an die beklagte Rentenversicherung (Beklagte zu 2) zuständigkeitshalber weiter. Dort ging der
weitergeleitete Antrag am 12.07.2006 ein. Am 10.07.2006 unterschrieb der Kläger beim Akustiker eine "Erklärung zu
Mehrkosten". Diese lautet: "Ich bin über das qualitativ hochwertige Angebot einer eigenanteilsfreien Versorgung (ohne
Aufzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) informiert worden. Mit einer von mir zu leistenden höheren
Vergütung für das von mir ausgewählte Hörsystem bin ich einverstanden. Ich bin darüber informiert worden, dass die
aus der Mehrleistung resultierenden Reparaturmehrkosten damit zu meinen Lasten gehen und erkläre mich bereit,
diese zu übernehmen. Die Versicherteninformation habe ich erhalten." Am 14.07.2006 erstellte der Akustiker eine
Rechnung an den Kläger über einen zu zahlenden Eigenanteil in Höhe von 4071,09 EUR nach Abzug des von der
Krankenkasse zu tragenden Festbetrages. Am 19.07.2006 erstellte der Akustiker eine Rechnung an die beklagte
Krankenkasse (Beklagte zu 1) über einen Gesamtbetrag von 1183,00 EUR für die Hörgeräteanpassung. Die
Krankenkasse erstattete diesen Festbetrag direkt an den Akustiker. Die Beklagte zu 2 schaltete ihren Sozialärztlichen
Dienst ein, der eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejahte, jedoch die Frage verneinte, ob das Hörgerät
ausschließlich für die Arbeit benötigt werde. Die Rentenversicherung lehnte daher mit Bescheid vom 25.07.2006 eine
Kostenübernahme für die Hörgeräteversorgung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Zur Begründung führte
sie an, dass die Kosten für ein Hörgerät nur übernommen werden könnten, wenn dieses ausschließlich für den
beruflichen Bereich benötigt werde.
Gegen diesen Bescheid der Rentenversicherung legte der Kläger am 04.08.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung
führte er an, dass ohne diese Hörgeräte der Erhalt seines Arbeitsplatzes gefährdet sei. Die Hörgeräte seien auch im
Hinblick auf die Anforderung an seinem Arbeitsplatz ausgewählt worden. Dadurch seien deutlich aufwändigere und
damit teurere Hörgeräte notwendig, als nur für den privaten Bereich. Er sei bereit, die Nutzung im Privatbereich mit
einem Eigenanteil auszugleichen. Er sei nicht in der Lage, den vollen Zuzahlungsbetrag aufzubringen. Er legte eine
weitere Stellungnahme des Akustikers vom 01.08.2006 vor. Die Beklagte zu 2 schaltete nochmals ihren
Sozialärztlichen Dienst ein, für den Herr B. mit Stellungnahme vom 21.08.2006 weiterhin die Auffassung vertrat, dass
die Hörhilfen nicht ausschließlich für die berufliche Tätigkeit benötigt würden. Außerdem legte der Kläger ein
Schreiben der Krankenkasse vom 29.09.2004 vor, in dem diese darauf hinweist, dass inzwischen erhebliche
Reparaturkosten für die Hörgeräte übernommen worden seien und dass bei einer erneuten Reparatur deren
Wirtschaftlichkeit gegebenenfalls nicht mehr gegeben sei und die anfallenden Kosten nicht mehr übernommen werden
könnten. Bei Unbrauchbarkeit der Hörgeräte sei alternativ eine Neuversorgung durchzuführen. Die Beklagte zu 2 wies
den Widerspruch mit Bescheid vom 02.05.2007 zurück.
Gegen diese Entscheidung der Rentenversicherung hat der Kläger am 21.05.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg
(Az. S 13 R 288/07) erhoben. Da sich seine Schwerhörigkeit im Laufe der Jahre verschlechtert habe, reiche nun eine
Versorgung mit Festbetragsgeräten nicht mehr aus. Auch benötige er in seinem Berufsleben ein gutes Hörvermögen,
da er mit Kunden, Händlern und Architekten verhandeln müsse. Zur Beweiserhebung wurde ein Befundbericht des Dr.
F. eingeholt und die HNO-Ärztin H. mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Danach leidet der
Kläger unter einer mittel- bis hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts und einer hochgradigen bis an Taubheit
grenzenden Innenohrschwerhörigkeit liegen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Schreiner sei durch die Hörstörung
weder erheblich gefährdet noch bereits gemindert.
Bereits am 04.08.2006 hatte der Kläger auch bei der Beklagten zu 1 die volle Kostenübernahme für seine Hörgeräte
beantragt. Zur Begründung berief er sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2002 (1BvL
28/95) sowie auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 15.06.2005 (L 4 KR 147/03).
Die Krankenkasse lehnte mit Bescheid vom 08.08.2006 eine über den Festbetrag hinausgehende Kostenübernahme
ab.
Auch gegen diese Entscheidung der Krankenkasse legte der Kläger am 16.04.2007 Widerspruch ein. Die
Krankenkasse zog die Anpassungsberichte des Hörgeräteakustiker bei sowie einen Befundbericht des Dr. F. und
schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern ein, für den Dr. F. am 08.06.2007 eine
Stellungnahme abgab. Die Krankenkasse wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.08.2007 zurück.
Gegen die Krankenkasse hat der Kläger am 13.08.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhobenen (Az. S 12 KR
252/07) mit einer gleichlautenden Begründung wie gegen die Rentenversicherung.
Nach Anhörung wurden die Verfahren mit Beschluss vom 17.04.2008 verbunden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, Kosten für die Versorgung mit den Hörgeräten Pixel Power in Höhe von
4.071,09 EUR zu erstatten.
Der Bevollmächtigte der Beklagten zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten zu 2) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten der Beklagtenbezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des
Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobenen Klagen sind zulässig, jedoch nicht
begründet.
Der Kläger hat weder gegenüber der beklagten Krankenkasse noch gegenüber der beklagten Rentenversicherung
einen Anspruch auf volle Kostenerstattung für die Hörgeräte Pixel Power laut Rechnung des Akustikers vom
14.07.2006. Sowohl der Bescheid der Beklagten zu 1 (Krankenkasse) vom 08.08.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 02.08.2007 als auch der Bescheid der Beklagten zu 2 (Rentenversicherung) vom
25.07.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2007 ist rechtmäßig.
Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1 (Krankenkasse) Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden
grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -).
Eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen kommt, da eine Wahl der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2
SGB V nicht vorliegt, nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Dieser lautet: "Konnte die
Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht
abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der
Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für
selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet."
Zur 2. Alternative des § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V ("Leistung zu Unrecht abgelehnt") hat das Bundessozialgericht (BSG)
in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung nicht zu erstatten sind,
wenn sich ein Versicherter die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren
Entscheidung abzuwarten (vgl. z.B. BSG vom 19.06.2001, SozR 3-2500 § 28 Nr. 6; BSG vom 15.04.1997 - 1 BK
31/96; BSGE 79, 125; BSG vom 10.02.1993, SozR3-2500 § 182 Nr. 15; BSG vom 20.05.2003 in SozR 4-2500 § 13
Nr. 1; BSG vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R). Das BSG führt dazu aus, dass in diesem Fall der notwendige
Kausalzusammenhang für eine Entstehung der Kosten durch die Ablehnung der Krankenkasse fehlt. Vorliegend hat
sich der Kläger die Hörgeräte bereits zu einem Zeitpunkt beschafft, bevor die Krankenkasse über eine
Leistungsgewährung entschieden hatte. Der Kläger hatte sich bereits am 10.07.2006 definitiv für die Versorgung mit
den Hörgeräten Pixel Power entschlossen, was aus seiner Unterschrift unter die Erklärung zur Übernahme der
Mehrkosten ersichtlich ist. Auch datiert die Rechnung über die ihm ausgehändigten Hörgeräte bereits vom 14.07.2006.
Die Krankenkasse hat erst nach diesem Zeitpunkt über eine Kostenübernahme für die Hörgeräte entschieden. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob man auf den Bescheid vom 08.08.2006 abstellt oder auf den Bescheid zur Übernahme
der Kosten in Höhe des Festbetrages, den die Krankenkasse aufgrund der Rechnungsstellung des Akustiker vom
19.07.2006 erteilt hatte.
Die Hörgeräteversorgung stellt auch keine unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative des § 13 Abs. 3 S. 1
SGB V dar. Eine unaufschiebbare Leistung in diesem Sinne ist nicht nur bei einem echten Notfall gegeben, der hier
nicht vorliegt, da sich die Hörgeräteanpassung über mehrere Monate hingezogen hat. Unaufschiebbar im Sinne einer
Systemstörung kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn mit der Ausführung so lange
gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht
werden kann (BSGE 73, 271). Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch ebenfalls nicht vor. Selbst wenn eine schnelle
Versorgung erforderlich war, weil die alten Hörgeräte reparaturbedürftig waren und nicht mehr korrekt funktionierten,
hätte der Erfolg der Hörgeräteversorgung, nämlich eine Verbesserung des Hörvermögens, ebenso bei einer
Versorgung erreicht werden können, die mit denselben Hörgeräten zu einem etwas späteren Zeitpunkt stattgefunden
hätte.
Der Kläger hat also gegenüber der Beklagten zu 1 keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB
V. Ihr gegenüber hat er auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 S. 2 SGB V in Verbindung mit §
15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Denn die Krankenkasse ist nicht ihm gegenüber zuständige
Rehabilitationsträgerin. Wer zuständiger Rehabilitationsträger ist und damit auch für die Kostenerstattung an den
Versicherten verantwortlich, bestimmt sich zunächst danach, wo der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gestellt
wurde. Dies war hier das Integrationsamt. Stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger fest, dass er für die
Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich an den seiner Auffassung nach zuständigen
Rehabilitationsträger weiter (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Hier hat das Integrationsamt den Antrag an die Beklagte zu 2
weitergeleitet. Damit war auch ausschließlich die beklagte Rentenversicherung für die Entscheidung über den
Rehabilitationsantrag zuständig und ist damit auch alleine zuständig hinsichtlich einer Kostenerstattung nach § 15
Abs. 4 SGB IX.
Anspruch gegenüber der Beklagten zu 2 (Rentenversicherung) Auch gegenüber der Beklagten zu 2 hat der Kläger
keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs. 1 SGB IX. § 15 Abs. 1 SGB IX lautet: "Kann über den Antrag
auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 genannten Fristen entschieden werden, teilt der
Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung
nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine
angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst
beschaffen. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der
zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur
Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine
unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." § 14 Abs.
2 S. 1 - 4 SGB IX lautet: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf
unverzüglich fest. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der
Rehabilitationsträger innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1
und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die in Satz 2 genannte
Frist beginnt mit dem Eingang bei diesen Rehabilitationsträger. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein
Gutachten erforderlich, wird die Feststellung innerhalb von 2 Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen."
Eine Erstattung nach § 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB IX ist nicht einschlägig, da die Beklagte zu 2 über den
Rehabilitationsantrag innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden hat. Sie hat nämlich über
den bei ihr am 12.07.2006 eingegangenen Antrag bereits am 25.07.2006 entschieden, das heißt innerhalb der Frist
von zwei Wochen.
Es besteht auch kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs. 1 S. 4, 1. Alternative SGB IX. Eine
unaufschiebbare Leistung liegt nicht vor. Hier kann auf die obigen Ausführungen zum Anspruch gegenüber der
Beklagten zu 1 verwiesen werden.
Aber auch nach § 15 Abs. 1 S. 4, 2. Alternative SGB IX ("Leistung zu Unrecht abgelehnt hat") hat der Kläger keinen
Anspruch auf volle Kostenerstattung für die Hörgeräte. Dies bedeutet nämlich nicht, dass bei jeder
Leistungsablehnung, wenn an sich materiell rechtlich ein Anspruch auf die begehrte Rehabilitationsleistungen
bestanden hätte, anschließend eine Kostenerstattung begründet wäre. Vielmehr ist diese Alternative einschränkend
auszulegen, angelehnt an § 13 Abs. 3 S. 1, 2. Alternative SGB V und die ständige Rechtsprechung hierzu. Der für
eine Erstattung notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Entstehung der Kosten und der Ablehnung der
Krankenkasse ist nur dann gegeben, wenn sich der Versicherte die Leistung erst nach der Ablehnung durch den
Rehabilitationsträger beschafft hat. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX wurde nachträglich durch den Ausschuss für Arbeit
und Sozialordnung (BT-Drucks. 14/5800) eingefügt. In der Begründung hierzu (S. 26 zu Art. 1, § 15 a) heißt es, dass
die erweiterte Erstattungspflicht der in § 13 Abs. 3 SGB V getroffenen Regelung entspricht und finanzielle Verluste der
Betroffenen vermeidet. Auch aus dem Sachzusammenhang mit § 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB IX ist ersichtlich,
dass der Gesetzgeber nicht bei jeder Leistungsbeschaffung, egal ob vor oder nach einer Antragstellung, vor oder nach
der Bescheiderteilung, einen Anspruch auf Kostenerstattung geben wollte. Denn ansonsten würde die Regelung des §
15 Abs. 1 Sätze 1 - 3 SGB IX ausgehebelt, die gerade für einen Fall der Leistungsbeschaffung vor Bescheiderteilung
den Versicherten aufgibt, dem Rehabilitationsträger eine Frist zur Entscheidung zu setzen. Da sich der Kläger hier die
Leistung beschafft hat, noch bevor die Zweiwochenfrist abgelaufen war, die der Beklagten zu 2 für die Entscheidung
nach Eingang des Antrages eingeräumt war, besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung.
Da bereits aus formalen Gründen gegen die Beklagten zu 1 und 2 kein Anspruch auf Kostenerstattung besteht, war
nicht zu prüfen, ob der Kläger materiellrechtlich einen Anspruch auf volle Kostenerstattung für die
Hörgeräteversorgung gehabt hätte.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.