Urteil des SozG Aachen vom 17.01.2008
SozG Aachen: aufschiebende wirkung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, sanktion, erwerbstätigkeit, vollziehung, datum, ausschluss, bedürftigkeit, erstmaliger, obliegenheit
Sozialgericht Aachen, S 14 AS 251/07 ER
Datum:
17.01.2008
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 14 AS 251/07 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom
02.11.2007 gegen den Sanktionsbescheid vom 26.10.2007 und der
Klage vom 07.11.2007 gegen den Widerspruchsbescheid vom
16.10.2007 anzuordnen, wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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I. Streitig ist eine sanktionsweise Absenkung der Leistungen nach dem
Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -, um
100% für den Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008.
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Der am 00.00.1964 geborene Antragsteller steht im laufenden Bezug von SGB II-
Leistungen. Laut Stundenzetteln der Frau T. arbeitete der Antragsteller dort durchgängig
mindestens von Juni 2006 bis Oktober 2007 als Erntehelfer. In den ersten Monaten des
Jahres 2007 lag der monatliche Verdienst bei einem Stundenlohn von 5,00 EUR und
etwas mehr als 20 Arbeitsstunden im Monat bei ca. 120,00 EUR. In der zweiten
Jahreshälfte arbeitete der Antragsteller monatlich mehr als 30 Stunden und verdiente
um die 150,00 EUR. Soweit Stundenzettel vorliegen, arbeitete der Antragsteller an den
jeweiligen Arbeitstagen durchschnittlich ca. 2 Stunden um die Mittagszeit.
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Bereits 2006 verhängte die Antragsgegnerin mehrere Sanktionen gegen den
Antragsteller. Der Antragsteller konnte teilweise deren Aufhebung erwirken. Dabei war
immer wieder Streitpunkt, ob und inwiefern der Antragsteller aufgrund seiner
geringfügigen Erwerbstätigkeit Meldepflichten und weiteren Pflichten aus
Eingliederungsvereinbarungen nachkommen musste.
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Mit Bescheid vom 14.06.2007 gewährte die Antragsgegnerin zuletzt Leistungen für den
Zeitraum Juli bis Dezember 2007. Am 19.07.2007 unterzeichnete der Antragsteller eine
weitere Eingliederungsvereinbarung, die bis zum 31.03.2008 gültig sein sollte und eine
Teilnahme des Antragstellers an der Maßnahme "Integrierte Projekte Plus" (IPP) vorsah.
Trägerin der Maßnahme ist unter anderem die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Die Maßnahme
dauert bis zu zwölf Monaten. In den ersten Monaten erfolgt an vier Wochentagen eine
Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten und an einem Tag der Woche eine nicht-
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fachliche Qualifizierung (Bewerbungstraining, Stärken-Schwächen-Analyse etc.).
Anschließend soll eine vom Maßnahmeträger begleitete fachliche Qualifizierung im
Rahmen von Praktika in externen Betrieben stattfinden. Die wöchentliche Arbeitszeit
beträgt grundsätzlich 38,5 Stunden. Die Maßnahme begann am 19.07.2007.
Am 13.08.2007 teilte die Mitarbeiterin des Maßnahmeträgers Frau I. der
Antragsgegnerin mit, der Antragsteller fehle seit dem 07.08.2007 unentschuldigt. Hierzu
erklärte der Antragsteller anlässlich einer Vorsprache laut Vermerk der Antragsgegnerin,
dass die Rückkehr zur Maßnahmestätte ihm zu viel Fahrerei sei. Mit Bescheid vom
17.08.2007 senkte die Antragsgegnerin die Regelleistung des Antragstellers für den
Zeitraum September bis November 2007 um 30% ab. Der Antragsteller sei seinen
Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht nachgekommen. Die Maßnahme sie
für ihn so zusammengestellt worden, dass er daneben seiner Tätigkeit weiter habe
nachgehen können. Er sei auch an solchen Tagen nicht zur Maßnahme erschienen, als
er nicht gearbeitet habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Ihm sei
keine Kopie der Eingliederungsvereinbarung ausgehändigt worden, so dass er seine
Pflichten nicht gekannt habe. Die Äußerung zur "Fahrerei" habe sich nur auf den
10.08.2007 bezogen. Er habe stets gearbeitet und sich bei dem Maßnahmeträger
abgemeldet. Angesichts einer Regelarbeitszeit für die Maßnahme von 38,5
Wochenstunden sei nicht erkennbar, inwiefern daneben die Erwerbstätigkeit ermöglicht
worden sein soll. Er sei vom 21.-29.08.2007 und auch schon vorher arbeitsunfähig
gewesen. Nachdem Frau I. der Antragsgegnerin mitteilte, dass dem Antragsteller
angeboten worden sei, täglich nach der Erntehelfertätigkeit an der Maßnahme
teilzunehmen, wies die Antragsgegnerin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 15.10.2007 zurück. Der Antragsteller habe mit seiner Unterschrift den Erhalt der
Eingliederungsvereinbarung bestätigt. Hiergegen wiederum erhob der Antragsteller am
07.11.2007 eine noch anhängige Klage (Az. S 14 AS 241/07).
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Ein Sanktionsbescheid vom 28.08.2007 wurde nach Vorlage von
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum 21.-29.08.2007 aufgehoben.
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Nachdem Frau I. der Antragsgegnerin mitteilte, dass der Antragsteller am 31.08.2007
gegenüber dem Fachleiter der AWO erklärt habe, er werde an der Maßnahme nicht
mehr teilnehmen, da diese nichts bringe und er arbeiten müsse, senkte die
Antragsgegnerin am 13.09.2007 die Regelleistung des Antragstellers um 60% für den
Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 ab. Der Antragsteller verstoße fortgesetzt gegen
seine Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, da er weiter nicht zur Maßnahme
erscheine. Hiergegen legte der Antragsteller am 20.09.2007 Widerspruch ein. Vor dem
21.08.2007 habe er aufgrund seiner Arbeit nicht an der Maßnahme teilnehmen können.
Vom 21.-29.08.2007 sei er arbeitsunfähig gewesen. Auch am 30.08.2007 sei er beim
Arzt gewesen. Seit dem 24.09.2007 sei er beurlaubt. Er habe nie gesagt, dass er nicht
mehr teilnehmen wolle, weil die Maßnahme nichts bringe. Die Antragsgegnerin wies
diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 zurück, wogegen der
Antragsteller am 07.11.2007 eine weitere und ebenfalls noch anhängige Klage erhob
(Az. S 14 AS 242/07).
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Am 26.10.2007 senkte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II des Antragstellers
für November 2007 bis Januar 2008 um 100% ab. Er sei vom 10.-14.09. und vom 01.10.-
04.10.2007 erneut unentschuldigt der Maßnahme ferngeblieben. Hiergegen legte der
Antragsteller am 02.11.2007 Widerspruch ein.
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Am 16.11.2007 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag gestellt.
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Der Antragsteller trägt vor, es gehe ihm um Leistungen ab dem Monatsersten nach
Zustellung der Antragsschrift. Die Sanktionen seien nicht gerechtfertigt, da er sich immer
entschuldigt oder krank gemeldet habe.
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Er hat zur Glaubhaftmachung Stundenzettel für September und Oktober vorgelegt,
wonach er u.a. vom 10.-14.09.2007 täglich zwei Stunden um die Mittagszeit gearbeitet
hat. Außerdem hat er Bescheinigungen über Arztbesuche für den 30.08.2007 und
06.09.2007, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den 21.-29.08.2007 und den 09.-
12.10.2007 sowie Busfahrpläne vorgelegt.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02.11.2007 gegen den
Sanktionsbescheid vom 26.10.2007 und der Klage vom 07.11.2007 gegen den
Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Antragsgegnerin trägt vor, mit dem Maßnahmeträger sei verbindlich vereinbart
worden, dass der Antragsteller neben der Teilnahme an der Maßnahme weiter als
Erntehelfer tätig sein könne. Zu diesem Zweck sei es möglich, die wöchentliche
Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu reduzieren.
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Die AWO hat auf gerichtliche Anfrage eine Auflistung der Fehltage übersandt und
mitgeteilt, dass der ihr von der Antragsgegnerin zugewiesene Antragsteller bei einem
ersten Gespräch am 19.07.2007 auf seine geringfügige Beschäftigung hingewiesen
habe. Auf Rückfrage habe die Antragsgegnerin mitgeteilt, der Antragsteller solle
gleichwohl im Programm verbleiben. Da der Antragsteller laut eigenen Angaben täglich
nur zwei Stunden arbeite, habe er davor oder danach an der Maßnahme, die um 7.30
Uhr beginne und um 16:15 Uhr ende, teilnehmen können. Es bestehe nach Absprache
mit der Antragsgegnerin die Möglichkeit, in geringerem Stundenumfang an der
Maßnahme teilzunehmen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
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II. Der Antrag ist zulässig.
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Der gegen eine Sanktionsentscheidung gerichtete Antrag ist als solcher nach § 86b
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung auszulegen (vgl. hierzu Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 14.12.2006, L 9 B 153/06 AS ER).
21
Der Antrag war zudem dahin auszulegen, dass er auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung sowohl des Widerspruchs vom 02.11.2007 als auch der Klage vom 07.11.2007
betreffend den Sanktionsbescheid vom 13.09.2007 gerichtet ist. Denn auch der
letztgenannte Sanktionsbescheid betrifft den Monat Dezember, um den es dem
22
Antragsteller geht. Würde allein die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom
02.11.2007 angeordnet, so ergäbe sich im Dezember gleichwohl eine - wenn auch
geringere - Kürzung der Regelleistung aufgrund des Bescheides vom 13.09.2007. Der
Antragsteller begehrt für Dezember aber ungekürzte Leistungen. Der Sanktionsbescheid
vom 17.08.2007 war dagegen nicht mit einzubeziehen, da es dem Antragsteller eben
nur um seine Leistungen ab Dezember geht, der Bescheid vom 17.08.2007 aber eine
Sanktion "nur" bis November 2007 vorsieht.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer
Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an
der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen
bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die
Erfolgssaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache von Bedeutung. Dabei kann
nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der
aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen
Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse
des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 08.02.2007, L 7 B 11/07 AS ER).
24
Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus.
Eine abschließende Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Sanktionsentscheidung vom 26.10.2007 konnte im Eilverfahren wegen weiterhin
bestehender Unklarheiten in tatsächlicher Hinsicht nicht erfolgen. Da der
Sanktionsbescheid ansonsten bei summarischer Prüfung rechtmäßig erscheint, hat der
Antrag vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 39 SGB II keinen
Erfolg. Bleibt der Antrag gegen die letzte und umfassendere Sanktionsentscheidung
erfolglos, ist eine Entscheidung über die vorangegangene Sanktionsentscheidung
entbehrlich.
25
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten
Stufe um 30% der maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige
sich trotz Belehrung ohne wichtigen Grund weigert, in einer Eingliederungsvereinbarung
festgelegte Pflichten zu erfüllen. Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gilt die gleiche
Rechtsfolge, wenn der Hilfebedürftige eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung
abbricht. Bei einer ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II wird
das Arbeitslosengeld II um 60% der Regelleistung abgesenkt, bei jeder weiteren
wiederholten Pflichtverletzung wird das (gesamte) Arbeitslosengeld II um 100%
abgesenkt (§ 31 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II). Nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II liegt eine
wiederholte Pflichtverletzung nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen
Sanktionszeitraumes länger als ein Jahr zurückliegt.
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Hier ist eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB
II i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB II gegeben.
27
Der Antragsteller hat unstreitig nicht im geforderten Umfang an der in der
Eingliederungsvereinbarung vom 11.07.2007 bestimmten Maßnahme "IPP"
teilgenommen. Damit hat er den Tatbestand von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II
erfüllt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte
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Pflicht, konkret: die Pflicht zur Teilnahme an der Maßnahme "IPP", rechtmäßig ist.
Hiergegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Es spricht nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen mehr dafür als dagegen, dass
dem Antragsteller die Teilnahme an der Maßnahme "IPP" zumutbar war. Die
Maßnahme selber soll die Wiedereingliederung von Hilfebedürftigen in das
Erwerbsleben ermöglichen und führt diese über Arbeitsgelegenheiten, Qualifizierung im
Bereich von Querschnittskompetenzen und begleitete Praktika in Betrieben an den
Arbeitsmarkt heran. Erwerbsfähige Hilfebedürftige müssen alle Möglichkeiten zur
Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1
SGB II). Hauptziel ist die soeben beschriebene (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt (vgl.
§ 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB II). Dieses Ziel ist nicht schon erreicht, wenn der
Hilfebedürftige eine geringfügige Beschäftigung aufnimmt und weiter auf
Arbeitslosengeld II angewiesen ist. Damit entbindet die vom Antragsteller ausgeübte
Erwerbstätigkeit diesen nicht schon von der Pflicht, weitere Anstrengungen zur
Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit zu unternehmen. Die durch die Maßnahme "IPP"
angestrebte Qualifizierung erscheint ohne Weiteres geeignet, Hilfebedürftige auf
reguläre Vollzeitarbeitsverhältnisse vorzubereiten. Im Gegensatz dazu ist nicht
ersichtlich, inwiefern die vom Antragsteller ausgeübte Erwerbstätigkeit seine Chancen
auf ein reguläres Arbeitsverhältnis verbessern kann. Zwar mindert der Antragsteller
tatsächlich durch diese Erwerbstätigkeit seine Bedürftigkeit. Sie tut dies allerdings nur in
geringem Maße und eben ohne Aussicht auf weitere Verringerung der Bedürftigkeit.
Würde die Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung generell die Pflicht zu
weiteren Bemühungen ausschließen, so könnte der Hilfebedürftige sich gezielt der
gesetzlich gewollten Aktivierung ("Grundsatz des Forderns", vgl. Überschrift zu § 2 SGB
II) entziehen.
29
Dabei muss im Eilverfahren nicht entschieden werden, ob die Teilnahme an einer
Maßnahme einer geringfügig entlohnten Beschäftigung vorgeht. Denn jedenfalls im
vorliegenden Fall spricht viel dafür, dass die Erwerbstätigkeit und die zumindest
teilweise Teilnahme an der Maßnahme "IPP" möglich war. Sowohl der Maßnahmeträger
als auch die Antragsgegnerin haben diese Möglichkeit nach ihrem glaubhaften Vortrag
ausdrücklich bejaht und dem Antragsteller auch mitgeteilt. Umgekehrt ist nicht
ersichtlich, dass es für den Antragsteller unzumutbar war, neben der Erwerbstätigkeit in
vermindertem Umfang auch an der Maßnahme teilzunehmen. Der Antragsteller hat die
Frage nach dem konkreten Zeitaufwand für die An- und Abfahrt nicht beantwortet und
stattdessen lediglich Busfahrpläne übersandt. Damit allein kann der tatsächliche
Zeitaufwand aber nicht sicher beurteilt werden. Die Frage wird im Hauptsacheverfahren
zu klären sein. Im Rahmen der Beweisaufnahme wird dort auch zu klären sein, um
welche "Erntehelfertätigkeit" es sich genau handelt und wie die speziellen Arbeitszeiten
des Antragstellers (zwei Stunden zur Mittagszeit) begründet sind.
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Aus den gleichen Erwägungen kann nicht vom Vorliegen eines wichtigen Grundes für
den Abbruch im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgegangen werden. Für die für
die Sanktion vom 26.10.2007 relevanten Fehlzeiten (10.-14.09.2007 und 01.10.-
04.10.2007) liegen auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Der
Behauptung des Antragstellers, er sei ab dem 24.09.2007 beurlaubt gewesen, steht die
Bescheinigung unentschuldigter Fehltage auch nach diesem Datum durch die AWO
entgegen. Als Datum des Ausscheidens aus der Maßnahme wird dort vielmehr der
13.12.2007 genannt.
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Mit dem Fernbleiben ohne wichtigen Grund jedenfalls vom 01.10.-04.10.2007 liegt eine
weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II vor, die
eine Absenkung des gesamten Arbeitslosengeld II um 100% rechtfertigt.
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Der Antragsteller fehlte sowohl vom 07.08.-15.08.2007 als auch vom 30.08.-12.09.2007.
Aufgrund dessen erließ die Antragsgegnerin die Sanktionsbescheide vom 17.08.2007
und 13.09.2007, wobei mit dem ersten die Regelleistung gemäß § 31 Abs. 1 SGB II um
30% und mit dem zweiten die Regelleistung wegen einer "ersten" wiederholten
Pflichtverletzung gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II um 60% abgesenkt wurde. Allerdings
soll Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der hier streitigen Sanktion wegen "weiterer"
wiederholter Pflichtverletzung jedenfalls dann die Rechtmäßigkeit der
vorangegangenen Sanktionen sein, wenn diese angefochten wurden (vgl. Söhngen, in:
jurisPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 31 Rdnr. 199), was hier mit den Widersprüchen vom
23.08. und 20.09.2007 sowie den nun anhängigen Klagen erfolgt ist. Da es in der Sache
bei beiden Sanktionen aber um dieselbe Frage (Vereinbarkeit von geringfügiger
Beschäftigung und Teilnahme an der Maßnahme "IPP") geht, gelten die Ausführungen
zum Tatbestand der hier streitigen Sanktion entsprechend. Hinsichtlich der für die
zweite Sanktion relevanten Fehltage liegen zwar zwei Bescheinigungen über
Arztbesuche am 30.08. und 06.09.2007 vor. Es verbleiben aber auch hier Fehltage
allein wegen Ausübung der geringfügigen Beschäftigung.
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Der Beginn der entsprechenden Sanktionszeiträume liegt auch nicht länger als ein Jahr
zurück. Dahinstehen kann, ob die vorangegangenen Sanktionen bereits festgestellt sein
müssen (so Sozialgericht - SG - Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2007, S 44 AS
359/07 ER m.w.N.), denn dies war hier mit den genannten Bescheiden der Fall. Die
entsprechenden Sanktionsbescheide müssen nicht bestandskräftig geworden sein (vgl.
Söhngen, a.a.O., Rdnr. 198). Unstreitig erfolgten die einzelnen Pflichtverletzungen
zeitlich nacheinander und nicht gleichzeitig (vgl. hierzu Rixen, in: Eicher/Spellbrink,
SGB II, 2005, § 31 Rdnr. 49). Aus dem Erfordernis des Nachfolgens kann aber nicht
gefolgert werden, dass eine wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 SGB
II erst dann vorliegt, wenn diese nach Ablauf des vorangegangenen
Sanktionszeitraumes begangen wird (so aber offenbar SG Berlin, Beschluss vom
19.01.2007, S 102 AS 10864/06 ER). Eine derartige Einschränkung ist aus dem Gesetz
nicht ableitbar.
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Sowohl die Sanktion vom 13.09.2007 wegen erster als auch die Sanktion vom
26.10.2007 wegen weiterer wiederholter Pflichtverletzung wäre allerdings dann
rechtswidrig, wenn hier nicht von einer "wiederholten" Pflichtverletzung auszugehen
wäre. Hierzu wird einerseits vertreten, dass unter einer gebotenen engen Auslegung nur
Fälle erfasst sein sollen, "in denen zwischen erstmaliger und wiederholter
Pflichtverletzung nach Art und Gegenstand im Kern Identität besteht (beharrliche
Weigerung)" (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 31 Rdnr. 80). Genau eine
solche beharrliche Weigerung dürfte hier gegeben sein. Nach der gleichen Ansicht soll
aber keine Pflichtverletzung vorliegen bei "mehrfacher Verletzung ein und derselben,
identischen Obliegenheit durch bloße Bekräftigung einer bereits betätigten Haltung, die
in einem "Fortsetzungszusammenhang" steht" (vgl. Berlit, a.a.O., Rdnr. 81). Soweit in
der Pflicht zur Teilnahme an der Maßnahme "IPP" für den gesamten
Maßnahmezeitraum eine (einzige) Obliegenheit gesehen wird, könnte gleichzeitig auch
dieser Fall hier gegeben sein. Dies offenbart eine gewisse Widersprüchlichkeit der
dargestellten Definition. Im Fall einer länger dauernden Maßnahme wie hier würde
zudem die Verhängung einer Sanktion zu Beginn der Maßnahme vor dem Hintergrund
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der zeitlichen Begrenzung der Sanktionierung wegen wiederholter Pflichtverletzung in §
31 Abs. 3 Satz 4 SGB II eine solche praktisch ausschließen. Nach anderer Ansicht
unterfällt die wiederholte Weigerung der Teilnahme an einer Maßnahme jedenfalls bei
einer "rein formalen Betrachtungsweise" dem Tatbestand von § 31 Abs. 3 SGB II. Nach
dieser Ansicht soll die Sanktion aber nur dann in Betracht kommen, wenn die
Zumutbarkeit der Arbeit bzw. die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung
gerichtlich festgestellt ist (vgl. Söhngen, a.a.O., Rdnr. 195). Sofern damit die
Notwendigkeit einer vorherigen gerichtlichen Feststellung gemeint ist, lässt sich diese
aus dem Gesetz nicht ableiten. Ihr steht im Gegenteil § 39 SGB II entgegen. In
systematischer Hinsicht könnte gegen die Annahme einer "wiederholten"
Pflichtverletzung hier sprechen, dass nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II der Abbruch einer
Maßnahme "nur" eine 30%ige Sanktion bewirkt. Insofern wäre derjenige schlechter
gestellt, der ohne ausdrücklichen Abbruch - wie hier - schlicht wiederholt nicht erscheint.
Auf der anderen Seite könnte der Leistungsträger nach einem (erstmaligen) Abbruch die
betreffende Maßnahme erneut anbieten und dann eben bei neuerlicher Weigerung oder
Abbruch eine schärfere Sanktion verhängen. Auch wenn in einer
Eingliederungsvereinbarung die monatliche Vorlage einer bestimmten Zahl von
Bewerbungen gefordert wird, dürfte die Nichterfüllung dieser Pflicht im Hinblick auf
jeden einzelnen Monat eine einzelne (und ggf. wiederholte) Pflichtverletzung darstellen
und nicht im Hinblick auf den Gültigkeitszeitraum der Eingliederungsvereinbarung
insgesamt "lediglich" eine einzige Pflichtverletzung bedeuten. Gerade im Vergleich mit
diesem Beispiel liegt es nahe, die sich aus der Eingliederungsvereinbarung ergebende
Teilnahmepflicht als Dauerpflicht anzusehen, die sich jeden Monat erneuert und
entsprechend jeden Monat aufs Neue verletzt werden kann. So ergibt sich ein Mittelweg
zwischen "täglichem" Verstoß und einmaligem Verstoß bei dauerhafter Nichtteilnahme,
der sich auch in Übereinstimmung bringen lässt mit der monatlich erfolgenden Zahlung
des Arbeitslosengeldes II nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II und der immer mit dem
Monatsersten beginnenden Leistungsabsenkung nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Im
vorliegenden Fall erfolgte die erste Sanktion für Fehltage im August, die zweite ganz
überwiegend für Fehltage im September und die hier vor allem streitige dritte Sanktion
zumindest auch für Fehltage im Oktober (01.10.-04.10.2007), so dass letztere eine
"weitere wiederholte" Pflichtverletzung darstellt. Die hier gefundene Lösung erscheint
auch deshalb vertretbar, da sich die Hilfebedürftigen durch Einlegung von
Rechtsbehelfen in hinreichender Weise gegen die Sanktionierung wegen (erstmaliger
wie wiederholter) Verweigerung unzumutbarer Arbeiten bzw. Verstoß gegen
rechtswidrige Eingliederungsvereinbarungen zur Wehr setzen können.
Der Antragsteller ist über die mögliche stufenweise Sanktionierung in zutreffender
Weise belehrt worden. Die Belehrung muss "konkret, richtig, vollständig und
verständlich" sein (vgl. Rixen, a.a.O., Rdnr. 44). Bereits die Eingliederungsvereinbarung
vom 11.07.2007 enthält auf Seite 2 eine solche Belehrung. Der Hilfebedürftige wird
darin unmittelbar angesprochen. Die Belehrung beschränkt sich nicht auf die bloße
Wiedergabe des Gesetzestextes (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom
12.04.2006, L 7 AS 1196/06 ER - B). Mit seiner Unterschrift bestätigte der Antragsteller
den Erhalt der Eingliederungsvereinbarung. Weitere Belehrungen waren in den
Sanktionsbescheiden vom 17.08., 28.08. und 13.09.2007 enthalten. Dabei wurde
jeweils auf die nächste drohende Sanktionsstufe (vgl. § 31 Abs. 3 SGB II) hingewiesen.
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Die Antragsgegnerin hat entsprechend § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II die sanktionsweise
Absenkung ab dem Monat (November) vorgenommen, der auf den Monat des
Wirksamwerdens des Absenkungsbescheides (Oktober) folgte. Der Bescheid vom
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26.10.2007 ist gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X am
29.10.2007 wirksam geworden. Die Absenkung erfolgte schließlich entsprechend § 31
Abs. 6 Satz 2 SGB II für drei Monate.
Ein Verstoß der Sanktionsfolge des vollständigen Leistungswegfalls gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (so Berlit, a.a.O., Rdnr. 91) ist nicht gegeben. Die
maximale Sanktionsfolge tritt erst nach zwei vorangegangenen Sanktionen ein, die eine
hinreichende Warnfunktion haben. Zudem besteht die Möglichkeit, nach § 31 Abs. 3
Satz 5 SGB II die Sanktionshöhe unter bestimmten Bedingungen zu reduzieren und
nach § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II Sachleistungen zu gewähren. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass unabhängig vom Verhalten des Hilfebedürftigen ein völliger
Ausschluss von Grundsicherungsleistungen aufgrund höherrangigen Rechts unzulässig
wäre. Ein solcher Ausschluss von Leistungen kann gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II z.B.
auch bei einer Person eintreten, die dem Grunde nach nach dem BaföG förderungsfähig
ist, aufgrund bestimmter - und weit weniger vorwerfbarer - Umstände wie einer
Überschreitung der Regelstudiendauer aber auch keine Leistungen nach dem BaföG
erhält. Die Rechtsprechung zu den in § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorgesehenen
Härtefällen ist restriktiv (vgl. Brühl/Schoch, LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 7 Rdnr. 102). Mit
Blick auf § 31 SGB II stellt sich außerdem die Frage, ob die vollständige
Leistungsabsenkung insbesondere im Vergleich mit der 60%igen Absenkung der
Regelleistung, die auch unter Berücksichtigung des 16%igen Ansparanteils in der
Regelleistung eine Kürzung auf ein Niveau unterhalb des Existenzminimums bedeutet,
qualitativ anders als diese zu bewerten ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG analog.
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