Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 09.03.2009

OVG Koblenz: führung des haushalts, schutz der ehe, ausschluss, familie, bedürftigkeit, beamter, diskriminierung, verfassung, eugh, gesellschaft

OVG
Koblenz
09.03.2009
2 A 11403/08.OVG
Beamtenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
…,
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein,
Altes Forsthaus 12, 82327 Tutzing,
gegen
die Verbandsgemeinde Lambrecht, vertreten durch den Bürgermeister, Sommerbergstraße 3,
67466 Lambrecht,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Leonhard & Nowotny, Hauptstraße 55 a, 67466 Lambrecht,
wegen Familienzuschlages und Versorgung (Lebenspartnerschaft)
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 9. März 2009, an der teilgenommen haben
Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer
Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski
Richter am Oberverwaltungsgericht Steinkühler
ehrenamtlicher Richter Landwirtschaftsmeister Perscheid
ehrenamtlicher Richter Buchhändler Hoffstadt
für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom
15. August 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Der Kläger begehrt die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 sowie die Feststellung, dass die
Beklagte zur Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an seinen Lebenspartner verpflichtet ist.
Der Kläger ist Beamter im Dienst der beklagten Verbandsgemeinde und begründete am 6. September
2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Im Juli 2003 beantragte er erstmals, hinsichtlich des
Familienzuschlags und der Hinterbliebenenversorgung mit verheirateten Beamten gleichbehandelt zu
werden. Die nach erfolgloser Durchführung des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erhobene
Klage wurde mit Urteil des erkennenden Senats vom 30. Juni 2006 (Az.: 2 A 10554/06.OVG) rechtskräftig
abgelehnt.
Unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. April 2008
(Rs. C-267/06 – Maruko –, NJW 2008, 1649) machte er erneut Ansprüche auf die Gewährung des
Familienzuschlags und einer Witwerrente an seinen Lebenspartner im Falle seines – des Klägers –
Vorversterbens geltend. Seinen gegen den ablehnenden Bescheid vom 17. April 2008 erhobenen
Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2008 zurück.
Mit seiner am 11. Juni 2008 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, das Urteil des
Europäischen Gerichtshofs stelle eine Änderung der Rechtslage dar. Danach setze die Verpflichtung zur
Gleichbehandlung aufgrund der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 (ABl. L 303
vom 02.12.2000, S. 16) nicht voraus, dass sich die Institute der Ehe und der eingetragenen
Lebenspartnerschaft allgemein unterschieden. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob sie sich hinsichtlich der
in Frage stehenden Leistung in einer vergleichbaren Situation befänden. Dies sei beim Familienzuschlag
der Fall. Dieser diene der Deckung des unterhaltsbedingten Mehrbedarfs, der aufgrund der
Unterhaltspflicht gemäß § 5 Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG – in eingetragenen Lebens-
partnerschaften in gleichem Maße wie in einer Ehe bestehe. Die Vergleichbarkeit werde auch durch deren
überkommenes Bild, wonach ein Ehegatte auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der
Haushaltsführung verzichte, nicht in Frage gestellt, weil eine derartige Rollenverteilung auch in einer
Partnerschaft möglich sei. Das Argument, in der Ehe bestehe aufgrund von Kindererziehungszeiten ein
besonderer Unterhaltsbedarf, könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Zum einen erhielten
auch kinderlose Ehepaare den Familienzuschlag, zum anderen gebe es immer mehr
Lebenspartnerschaften mit Kindern. Dem kinderbedingten Mehrbedarf werde zudem durch den
Familienzuschlag der Stufe 2 Rechnung getragen. Schließlich verstoße die Versagung gegen Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz
– GG –, weil Angestellte im öffentlichen Dienst, die in einer Lebenspartnerschaft lebten, den Ortszuschlag
der Stufe 2 erhielten, der dem beamtenrechtlichen Familienzuschlag entspreche.
Nämliches gelte für die Hinterbliebenenversorgung, die einen Ersatz für den Wegfall von
Unterhaltsleistungen des Verstorbenen darstelle. Insoweit komme hinzu, dass nach der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG die Art und Weise der Unterscheidung im
Hinblick auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse und die auferlegten Rechtspflichten im Vergleich beider
Gruppen nicht unverhältnismäßig ausfallen dürften. Dies habe das Bundesverfassungsgericht bezüglich
des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 Bundesbesoldungsgesetz – BBesG – mit der Begründung
verneint, bei einer Bedürftigkeit des Lebenspartners ermögliche Nr. 4 der Vorschrift die Gewährung des
Zuschlags. Eine vergleichbare Regelung fehle für das Witwergeld, weshalb dessen vollständiger
Ausschluss für Lebenspartnerschaften auch unverhältnismäßig sei. Er verletze Art. 3 Abs. 1 GG zudem
deshalb, weil in der gesetzlichen Rentenversicherung Lebenspartner gemäß § 46 Abs. 4 Siebtes Buch
Sozialgesetzbuch – SGB VII – Ehegatten gleichgestellt seien.
Der Kläger hat beantragt,
1. unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 15. Dezember 2003 und des
Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 sowie des Bescheides vom 17. April 2008 und des
Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2008 die Beklagte zu verpflichten, ihm den Familienzuschlag der
Stufe 1 ab dem 3. Dezember 2003 zu zahlen, sowie
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seinem Lebenspartner im Falle seines – des Klägers –
Todes eine Hinterbliebenenpension in gleicher Weise wie einem Ehegatten zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des
Bundesverwaltungsgerichts verwiesen und hervorgehoben, der Gesetzgeber habe bewusst von einer
umfassenden Gleichstellung abgesehen. Für die Frage der Vergleichbarkeit sei das Dienstrecht und nicht
die zivilrechtliche Ausgestaltung des Unterhaltsrechts maßgeblich.
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die Klage mit Urteil vom 15. August 2008
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bedeute
keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG –
i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –. Auch aus § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m.
§§ 48, 49 VwVfG folge kein Änderungsanspruch im Ermessenswege. Die Hervorhebung der Ehe sei
durch den verfassungsrechtlichen Förderauftrag in Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Aus der fehlenden
Verpflichtung zur Benachteiligung der Lebenspartnerschaft folge nicht, dass eine Differenzierung zwi-
schen den Instituten untersagt wäre. Eheleute und Lebenspartner befänden sich zudem hinsichtlich des
Familienzuschlags in keiner vergleichbaren Situation. Hierfür komme es nicht auf die zivilrechtliche
Regelung der Unterhaltspflichten, sondern auf die Ausgestaltung des öffentlichen Rechts an. Dort aber sei
die Rechtsstellung von Lebenspartnern bislang nicht derjenigen von Eheleuten angeglichen. Der
Familienzuschlag gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG knüpfe an dem durch Zeiten der Kindererziehung
bedingten erhöhten Unterhaltsbedarf an. Der Gesetzgeber habe damit das Bild der Ehe als Vorstufe einer
Familie zugrunde gelegt, von dem er typisierend ausgehen dürfe. Soweit die Klage auf die Feststellung
gerichtet sei, die Beklagte müsse dem Lebenspartner des Klägers eine Hinterbliebenenversorgung
gewähren, sei sie mangels Feststellungsinteresse unzulässig.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger ergänzend zu seinen bisherigen
Ausführungen geltend, eine Typisierung setze unter anderem voraus, dass die damit verbundenen Härten
unvermeidbar und ihre Vorteile gegenüber der Ungleichbehandlung verhältnismäßig seien. Hieran fehle
es, weil es ohne Weiteres möglich sei, die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 vom Vor-
handensein von Kindern abhängig zu machen. Art. 6 Abs. 1 GG könne die Schlechterstellung von
Lebenspartnern ohne Hinzutreten eines sachlichen Grundes nicht rechtfertigen. Ein Anspruch ergebe sich
neben § 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 7, 24 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG –, Art. 3 Abs. 1 GG und der
Richtlinie 2000/78/EG aus dem Alimentationsprinzip gemäß Art. 33 Abs. 5 GG. Dieses erfasse auch
Lebenspartner, weil sie gemäß § 11 Abs. 2 LPartG als Familienangehörige gälten. Der auf die Gewährung
von Witwerrente gerichtete Feststellungsantrag sei zulässig. Insoweit würden Lebenspartner gegenüber
verheirateten Partnern, aber auch gegenüber Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung
benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
1.das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. August 2008 abzuändern und
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. Dezember 2003 und des
Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 sowie des Bescheides vom 17. April 2008 und des Wider-
spruchsbescheides vom 21. Mai 2008 zu verpflichten, ihm den Familienzuschlag der Stufe 1 ab dem
3. Dezember 2003 zu zahlen, sowie
2.unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. August
2008 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seinem Lebenspartner im Falle seines – des Klägers
– Todes eine Hinterbliebenenpension in gleicher Weise wie einem Ehegatten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt in Ergänzung ihres bisherigen Vortrags aus, die
Ehe sei ein Institut, welches zwar nicht automatisch, aber doch im Regelfall auf Kinder angelegt sei. Dies
habe der Gesetzgeber berücksichtigen dürfen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten
Schriftsätze sowie auf die vorgelegte Verwaltungs- und Widerspruchsakte verwiesen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung des Familienzuschlags zu Recht abgewiesen (I.). Der
auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Hinterbliebenenversorgung
gerichtete Antrag ist zwar entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig. Er ist jedoch unbegrün-
det, weshalb die Berufung auch insoweit zurückzuweisen ist (II.).
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob zwar nicht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wohl aber das
Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18. August 2006 eine Änderung der
Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG bedeutet und ob eine etwaige Einschränkung des Anspruchs
auf eine Ermessensentscheidung gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG nur
den Zeitraum bis zum Erlass des Urteils des Senats vom 30. Juni 2006 erfasst. Denn dem Anspruch steht
weiterhin entgegen, dass eine Besoldung gemäß Art. 125a Abs. 1 GG i.V.m. § 2 BBesG nur auf
gesetzlicher Grundlage gezahlt werden kann, der Kläger jedoch die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1
BBesG nicht erfüllt (1.). Dies verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG (2.) noch gegen Art. 33 Abs. 5 GG (3.).
Schließlich bedeutet die Vorenthaltung des Familienzuschlags keine unzulässige Diskriminierung im
Sinne der Richtlinie 2000/78/EG und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (4.).
1. Die gemäß Art. 125a Abs. 1 GG fortgeltende Vorschrift des § 40 Abs. 1 BBesG begründet keinen
Anspruch des Klägers auf die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1. Er ist weder verheiratet
noch verwitwet oder geschieden. Weil das eigene Einkommen seines Lebenspartners die Grenze des
§ 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG überschreitet, kann ihm auch insoweit der Zuschlag nicht gezahlt werden.
Einer analogen Anwendung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG steht neben der Gesetzesbindung der
Besoldung der Umstand entgegen, dass die ursprünglich vorgesehene uneingeschränkte
besoldungsrechtliche Gleichbehandlung von Lebenspartnern mit Eheleuten im Gesetzgebungsverfahren
nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und sie der Gesetzgeber mithin bewusst ausgeschlossen hat.
2. Der Ausschluss des Klägers vom Familienzuschlag widerspricht nicht dem allgemeinen
Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Die unterschiedliche Behandlung von verheirateten und in einer Lebenspartnerschaft lebenden
Beamten, die darin begründet liegt, dass der Familienzuschlag letzteren nur bei Nachweis der
Bedürftigkeit ihres Partners geleistet wird, verletzt nicht das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG
sowie des Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –.
aa) Vielmehr findet die Beschränkung des Anspruchs auf verheiratete Beamte ihre Rechtfertigung in Art. 6
Abs. 1 GG und Art. 23 Abs. 1 LV, denen zufolge die Ehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung steht. Zwar kann dieser Institutsgarantie kein Verbot entnommen werden, gleichgeschlechtlichen
Partnern die gleichen Rechte wie Eheleuten einzuräumen. Dem Gesetzgeber ist es jedoch andererseits
wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes, den nur die Ehe genießt, nicht verwehrt, diese gegenüber
anderen Lebensformen zu begünstigen, weshalb darin keine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher
Lebenssachverhalte liegt (vgl. BVerfGE 105, 313 [348]; BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, NJW
2008, 209 [210 f.]; OVG RP; AS 33, 268 [271]). Das verfassungsrechtlich garantierte Recht des
Gesetzgebers, die Ehe gegenüber allen anderen, verfassungsrechtlich nicht geschützten Gemeinschaften
zu privilegieren, liefe leer, wenn er unter Berufung hierauf zwar Regelungen zugunsten von Eheleuten
schaffen könnte, diese jedoch sodann über Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 17 LV unmittelbar auch auf andere
Lebensformen erstrecken müsste. Umgekehrt wird der Gleichbehandlungsgrundsatz hierdurch nur in
einem kleinen Teilbereich – nämlich der Rechtsstellung eingetragener Lebenspartnerschaften – betroffen,
weshalb die Bevorzugung der Ehe entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu seiner Entleerung führt.
bb) Rechtfertigt folglich bereits der in der Verfassung niedergelegte Schutz der Ehe die unterschiedliche
Behandlung von verheirateten Beamten und solchen, die in einer Partnerschaft leben, so findet sie
dessen ungeachtet ihren Grund in der fehlenden Vergleichbarkeit der beiden Rechtsformen auch und
gerade im Hinblick auf die begehrte Leistung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG.
Insoweit liegt bereits keine Ungleichbehandlung vor: Die an den Familienstand geknüpfte rechtliche
Bevorzugung von Verheirateten wertet die Gemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht
ab, sondern behandelt sie ihrer Eigenart entsprechend (vgl. zur Hinterbliebenenrente: BGH, NJW-RR
2007, 1441 [1443]).
Der strittige Familienzuschlag will nicht allein die Unterhaltspflicht verheirateter Beamter ausgleichen. Er
dient vielmehr der Förderung auf Dauer eingegangener heterosexueller Gemeinschaften im Hinblick auf
die Fortpflanzung und Erziehung des eigenen Nachwuchses und folglich einem für die Zukunft der
Gesellschaft wesentlichen Anliegen, zu dem gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht in gleicher Weise
beitragen können. Er trägt damit dem Umstand Rechnung, dass weiterhin in der Mehrzahl der Ehen
Kinder aufwachsen – rund 74 v.H. der in Deutschland lebenden Familien sind Ehepaare (vgl.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familien Report 2009, S. 30) – und das
Institut ungeachtet des Bestehens auch kinderloser Ehen somit seine Funktion als Keimzelle der
Gesellschaft wie auch des Staates bewahrt hat. Hinzu kommt, dass die Familie des Beamten aufgrund des
Einkommensausfalls des die Erziehung leistenden Ehegatten und der Einschränkung dessen beruflichen
Fortkommens auch nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit finanzielle Nachteile erleidet, die mit der
Zahlung des Familienzuschlags zwar nicht ausgeglichen, aber dennoch honoriert werden. Der Dienstherr
will mithin einen zusätzlichen Anreiz schaffen, eine Ehe einzugehen, weil hieraus unter Zugrundelegung
einer typisierenden Betrachtungsweise erfahrungsgemäß Kinder erwachsen. Die Annahme, der Zuschlag
wolle ausschließlich ehebedingte Unterhaltslasten ausgleichen, blendet diesen Zusammenhang, dem
zufolge ein solcher Ausgleich lediglich „Mittel zum Zweck“ ist, aus. Weil es dem Staat um die Ehe als
Vorbedingung für die Geburt von Kindern geht, könnte ein an das tatsächliche Vorhandensein von
Nachwuchs oder an einen tatsächlichen Unterhaltsbedarf des Ehegatten anknüpfender Familienzuschlag
diesen Anstoß ebenso wenig ersetzen wie der Familienzuschlag der Stufe 2.
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend
macht, dort sei der Zuschlag bislang lediglich als Ausgleich für Unterhaltslasten angesehen worden, das
Argument der Nachwuchsförderung mithin lediglich zur Abwehr seiner Ansprüche vorgeschoben,
verkennt er, dass sich diese Abgrenzungsfragen in Ermangelung einer anderen rechtlich geregelten
Lebensform als derjenigen der Ehe bislang nicht stellten. Sie konnten folglich in der Rechtsprechung nicht
berücksichtigt werden.
Der vorstehenden Annahme, der Familienzuschlag erfolge jedenfalls auch im Hinblick auf die
Fortpflanzung und Erziehung des eigenen Nachwuchses, steht des Weiteren dessen Gewährung an
verwitwete und geschiedene Beamte nicht entgegen. Mit der Berechtigung verwitweter Beamter nach § 40
Abs. 1 Nr. 2 BBesG soll deren Lebensstandard auch nach dem Tod des Ehegatten erhalten bleiben, so
dass sie etwa in der bisherigen Wohnung verbleiben können. Der Gesetzgeber trägt damit dem
Gesichtspunkt der gesteigerten Fürsorge gegenüber im Regelfall älteren Beamten Rechnung, die nicht
zusätzlich mit dem Verlust ihres gewohnten Umfeldes belastet werden sollen (vgl. GKÖD, § 40 BBesG
Rn. 12). Die Zahlung des Zuschlags an geschiedene Beamte setzt zwar gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG
voraus, dass sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind. Dem liegt jedoch gleichfalls die Erwägung
zugrunde, der Unterhaltsbedarf entstehe typischerweise aufgrund des beruflichen Verzichts des
Ehegatten, der sich der Kindererziehung widmet.
Der Einwand, auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften könne ein Partner aus dem Beruf
ausscheiden und sich der Führung des Haushalts widmen, ist vor diesem Hintergrund unbeachtlich.
Hierbei handelt es sich um den freien Entschluss der Lebenspartner, an dem jedoch kein
gesellschaftliches Interesse und bezüglich dessen folglich keine Pflicht zu seiner Förderung besteht.
Ebenso verhält es sich hinsichtlich der Behauptung, in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wüchsen
zunehmend Kinder auf. Auch insoweit ist der Dienstherr nicht gehalten, dies zu fördern. Hinzu kommt,
dass dies nach wie vor nicht der Regelfall ist, weshalb der Gesetzgeber bei seiner typisierenden
Betrachtung hierauf nicht Rücksicht nehmen musste.
b) Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liegt des Weiteren nicht deshalb vor, weil
Angestellte im öffentlichen Dienst dort gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den
Ortszuschlag der Stufe 2 auch dann erhalten, wenn sie in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben.
Dem steht bereits entgegen, dass sich sowohl der Status als auch die Vergütungssysteme von Beamten
und Angestellten im öffentlichen Dienst grundlegend unterscheiden und sie sich daher nicht in einer
gleichen Lage befinden (vgl. OVG RP, AS 33, 268 [270]). Das Bundesarbeitsgericht stützt sich zudem auf
eine – im Besoldungsrecht ausgeschlossene – Analogie tarifvertraglicher Regelungen und begründet den
Ausschluss bevölkerungspolitischer Zielsetzungen damit, ein solches Ziel sei durch Art. 9 Abs. 3 GG nicht
gedeckt. Das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG richte sich an den Staat, wohingegen sich die
Tarifautonomie lediglich auf die Schaffung von Regelungen zu Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
erstrecke. Diese Grenze gelte auch für einen öffentlichen Arbeitgeber, wenn er als Mitglied einer
tarifvertragsschließenden Partei und nicht als staatlicher Gesetzgeber arbeitsvertragliche Regelungen
schaffe (vgl. BAG, NZA 2005, 57 [60]). Er ist daher dort, wo er diesen Einschränkungen nicht unterfällt,
auch durch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 17 LV nicht gehindert, die Ehe im Hinblick auf ihre gesellschaftliche
Bedeutung zu bevorzugen.
3. Das verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Alimentationsprinzip begründet gleichfalls
keinen Anspruch verbeamteter Lebenspartner auf die Gewährung des Familienzuschlags. Dieser
hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums erstreckt sich schon deshalb nur auf den Ehegatten
sowie die Kinder des Beamten, nicht aber auf Partner anderer Lebensgemeinschaften, weil letztere in
dem für die Herausbildung der Grundsätze maßgeblichen Zeitraum nicht existierten. Hinzu kommt, dass
auch insoweit die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist. Ungeachtet der
Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft als neuem Familienstand erfasst der Begriff der
Familie im Sinne des Alimentationsprinzips daher nicht den Lebenspartner des Beamten (vgl. BVerfG, 1.
Kammer des Zweiten Senats, NJW 2008, 209 [211]; BVerwG, NJW 2008, 868 [869]).
4. Die Vorenthaltung des Familienzuschlags verstößt schließlich nicht gegen die Vorschriften der
Richtlinie 2000/78/EG sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Art. 1 i.V.m. Art. 2 RL 2000/78/EG verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Verwirklichung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes und untersagt u. a. im Hinblick auf das Arbeitsentgelt eine unmittelbare
und mittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Die Richtlinie steht daher einer
Regelung entgegen, die Ehegatten und Lebenspartner unterschiedlich behandelt, obwohl die Lebens-
partnerschaft nach nationalem Recht Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetzt, die in
Bezug auf die umstrittene Leistung mit der Situation von Ehegatten vergleichbar ist (vgl. EuGH, NJW 2008,
1649 [1653]). Wie bereits vorstehend unter I. 2. a) bb) dargelegt, befinden sich verheiratete und in einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Beamte hinsichtlich des Familienzuschlags in keiner derart
vergleichbaren Situation. Diese wird insbesondere nicht durch die Unterhaltspflicht in § 5 LPartG
begründet, weil § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG nicht hieran, sondern an die Erwartung anknüpft, dass aus einer
Ehe Kinder hervorgehen. Diese Erwartung vermag eine Lebenspartnerschaft unter Zugrundelegung einer
typisierenden Betrachtungsweise nicht zu erfüllen. Folglich liegt keine Benachteiligung – und somit keine
mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung – vor. Die Prüfung der Vergleichbarkeit obliegt dem
nationalen Gericht (vgl. EuGH, NJW 2008, 1649 [1653]), weshalb der Senat für eine Vorlage an den
Europäischen Gerichtshof keine Veranlassung sieht.
Die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes begründen gleichfalls keinen Anspruch auf
die Zahlung des Familienzuschlags. Dies folgt bereits daraus, dass dieses Gesetz insoweit lediglich die
vorstehend erörterte EU-Richtlinie in das deutsche Recht umsetzt, ohne hinsichtlich des Schutzes von
Lebenspartnern im Hinblick auf die hier streitbefangene Frage darüber hinauszugehen (vgl. OVG RP,
Urteil vom 17.12.2008 – 10 A 10595/08.OVG –, n.v.).
II. Der auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von
Hinterbliebenenversorgung gerichtete Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
1. Der Beamte kann im Wege der Feststellungsklage schon zu Lebzeiten gerichtlich klären lassen, ob
seine Hinterbliebenen versorgungsberechtigt sind. Insoweit handelt es sich bei dem Witwergeld um eine
Forderung, die zwar in der Person des Witwers selbständig entsteht, die jedoch bereits zu Lebzeiten des
Beamten Gegenstand eines ihm zustehenden bedingten Anspruchs ist. Das von § 43 Ver-
waltungsgerichtsordnung – VwGO – geforderte berechtigte Interesse kann schon aus diesem Grund nicht
in Abrede gestellt werden (vgl. BVerwGE 38, 346 [347 f.]; BVerwG, NJW 2000, 2038).
2. Die Beklagte ist jedoch nach derzeit geltendem Recht nicht verpflichtet, dem Lebenspartner des Klägers
Witwergeld gemäß § 28 i.V.m. § 19 Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG – zu zahlen. Witwer ist der
überlebende Ehemann einer verstorbenen Beamtin oder Ruhestandsbeamtin, der mit dieser in rechts-
gültiger Ehe gelebt hat. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind demnach nicht
anspruchsberechtigt.
a) Dies verstößt schon deshalb nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG
und Art. 17 Abs. 1 und 2 LV, weil auch insoweit das aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 23 Abs. 1 LV
verfassungsrechtlich verankerte Recht des Gesetzgebers zur Bevorzugung der Ehe die Differenzierung
rechtfertigt.
Hinzu kommt, dass sich auch hinsichtlich des Witwergeldes Eheleute und Lebenspartner nicht in einer
vergleichbaren Situation befinden. Ebenso wie der Familienzuschlag ist die materielle Besserstellung von
verheirateten Beamten ein Anreiz zur Eheschließung, weil hieran die – statistisch belegte und daher
berechtigte – Erwartung anknüpft, dass hieraus Kinder erwachsen. In diesem Fall müssen Ehegatten aus
ihrem – typischerweise verminderten – Einkommen nicht nur ihren erhöhten Lebensunterhalt und ihre
Unterhaltspflichten bestreiten. Namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch
bedingter Lücken in der Erwerbsbiografie entsteht zudem häufig ein höherer Versorgungsbedarf. Lebens-
partner hingegen sind typischerweise ohne weiteres in der Lage, jeweils eine eigene Versorgung
aufzubauen, sei es aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit oder aus dem – mit kinderbedingten
Mehrausgaben nicht belasteten – Einkommen ihres Partners (vgl. BVerwGE 129, 129 [134 ff.]; BGH, NJW-
RR 2007, 1441 [1442 f.]). Dem trägt die Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf Eheleute
gleichfalls Rechnung.
Soweit der Kläger rügt, der vollständige Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung sei in Ermangelung
einer § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG vergleichbaren Härtefallregelung unverhältnismäßig, ist bereits nicht
ersichtlich, dass vorliegend eine Bedürftigkeit seines Partners besteht oder im Falle des Versterbens des
Klägers zu befürchten ist. Vielmehr bezieht sein Lebenspartner eine eigene beamtenrechtliche
Versorgung aus der Besoldungsgruppe A 12. Auch insoweit gilt zudem, dass der Verzicht auf den Aufbau
einer eigenen Altersversorgung eine freie Entscheidung der Lebenspartner darstellt, für deren Förderung
keine gesellschaftlichen Interessen streiten. Eine über die sozialhilferechtliche Grundversorgung hinaus-
gehende Absicherung ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten.
b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen Art. 17 Abs. 1 und 2 LV liegt gleichfalls nicht darin
begründet, dass Lebenspartner hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 46 Abs. 4 SGB VII in
der gesetzlichen Rentenversicherung Eheleuten gleichgestellt sind. Dies gilt seit dem Übergang der
Gesetzgebungszuständigkeit für das Beamtenversorgungsrecht auf den Landesgesetzgeber bereits
deshalb, weil die gesetzliche Rentenversicherung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfällt
und der Gleichbehandlungsgrundsatz nur den jeweiligen Rechtsträger zur Gleichbehandlung innerhalb
seines Zuständigkeitsbereichs verpflichtet (vgl. BVerwGE 129, 129 [132]).
c) Aufgrund der vorstehend aufgezeigten fehlenden Vergleichbarkeit scheidet schließlich zugleich ein
Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG sowie gegen die Vorgaben des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes aus.
III. Die Berufung war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Der
Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2
VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127
Beamtenrechtsrahmengesetz genannten Art nicht vorliegen. Zwar weicht der Senat mit seiner
Entscheidung bezüglich der Gewährung des Familienzuschlags an Beamte, die in einer
Lebenspartnerschaft leben, vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. Juli 2008
(Az.: 3 LB 13/06) ab. Mit dem – gleichfalls ablehnenden – Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
26. Januar 2006 (NJW 2006, 1828) ist jedoch bereits eine Entscheidung zu dieser Rechtsfrage ergangen.
Sie findet in den Kammerbeschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 20. September 2007 (NJW
2008, 209) und vom 6. Mai 2008 (NJW 2008, 2325) ihre Bestätigung.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Bonikowski gez. Steinkühler
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 7.539,44 €
festgesetzt (§ 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziffer 10.4
des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004,1327). Er errechnet sich aus dem
24fachen Betrag des Familienzuschlags (105,81 € gemäß Anlage III des Landesbesoldungsgesetzes in
der ab 1. Juli 2007 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 5 i.V.m. Anlage 1 des Landesbesoldungs- und -
versorgungsanpassungsgesetzes vom 21. Dezember 2007, GVBl. S. 283) zuzüglich des Regelstreitwerts
von 5.000,- € für die Feststellungsklage).
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Bonikowski gez. Steinkühler