Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 02.02.2011

OVG Koblenz: einzelrichter, behandlung, gewissheit, anforderung, verdacht, erlass, quelle, anschluss, rüge, militärdienst

OVG
Koblenz
02.02.2011
10 A 11452/10.OVG
Flüchtlingsrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
………….
- Kläger und Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Groß, Remus & Marquardt, Adolfsallee 27/29,
65183 Wiesbaden,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Leiter des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge, - Außenstelle Trier -, Dasbachstraße 15b, 54292 Trier,
- Beklagte und Antragsgegnerin -
wegen Flüchtlingsrechts (Türkei)
hier: Zulassung der Berufung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom
2. Februar 2011, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig
Richter am Oberverwaltungsgericht Möller
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 22. November 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
G r ü n d e
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Es liegen weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch der behauptete
Verfahrensmangel vor (vgl. § 78 Abs. 3 Nrn. 1 und 3, letztere i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO).
Die vom Antrag als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, „ob die Behandlung kurdischer
Volkszugehöriger, die sich weigern, den Wehrdienst im türkischen Militär abzuleisten, eine unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK darstellt mit der rechtlichen Folge, dass
kurdischen Volkszugehörigen, die sich weigern, den türkischen Militärdienst anzutreten, ein
Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG, hilfsweise ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5
AufenthG zustehen würde“, rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Berufung, weil nach den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz dem Kläger mangels persönlicher Glaubwürdigkeit nicht
abgenommen werden kann, dass er im Falle einer Rückkehr in der Türkei den Wehrdienst aus
Gewissensgründen ablehnen wird (vgl. S. 6 unten UA). An diese Feststellung ist der Senat im
vorliegenden Zulassungsverfahren gebunden, weil sie der Kläger mit seinem Antrag nicht mit zulässigen
und durchgreifenden Verfahrensrügen angreift.
Soweit der Kläger geltend macht, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist
dieser Zulassungsgrund schon nicht hinreichend im Sinne von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt. Für
eine derartige Besetzungsrüge reicht es nicht aus, wenn lediglich der Verdacht der nicht
ordnungsgemäßen Besetzung geäußert oder diese nur bestritten wird. Vielmehr müssen für den
behaupteten Verfahrensfehler die Zulassung der Berufung tragende greifbare Anhaltspunkte vorgetragen
werden. Dies gilt auch, wenn es sich wie bei der kammerinternen Geschäftsverteilung um Vorgänge
handelt, die den Beteiligten nicht näher bekannt sein können, über die sie sich aber durch Anforderung
oder Einsicht der kammerinternen Geschäftsverteilung nebst deren Vertretungsregelung sowie Einholung
einer dienstlichen Äußerung über einen etwa gegebenen Vertretungsfall Gewissheit verschaffen können.
Derartiger Nachforschungen und anschließender Darlegungen hätte es vorliegend umso mehr bedurft, als
es nicht nur denkbar, sondern entsprechend der vorgegebenen Rechtslage naheliegend ist, dass die
Kammer sowohl bei der Übertragung auf die Einzelrichterin als auch bei Erlass des angegriffenen Urteils
vorschriftsmäßig besetzt war. Über die Übertragung auf den Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG (vgl.
§ 6 Abs. 1 VwGO) beschließt die Kammer in der für den Rechtsstreit nach der kammerinternen
Geschäftsverteilung vorgesehenen Besetzung. Von daher trifft das Antragsvorbringen zu, dass an dem
Übertragungsbeschluss in der Regel das später für die Entscheidung durch den Einzelrichter zuständige
Kammermitglied mitwirken wird. Aber auch ein Übertragungsbeschluss in Abwesenheit der Richterin oder
des Richters, der zum Einzelrichter bestellt werden soll, ist rechtlich zulässig, wenn zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung die Voraussetzungen für den Fall einer Vertretung gegeben sind. Überdies muss die
Person der Einzelrichterin oder des Einzelrichters in dem Übertragungsbeschluss nicht namentlich
bestimmt werden (vgl. neben den vom Antrag zitierten Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 6 Anm. 17
insoweit genauer: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 6 Anm. 41; Zöller, ZPO, 28. Aufl.,§ 348
Anm. 4 sowie Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 348 a Anm. 10). So dürfte aber
die Einzelrichterbestellung auch im erstinstanzlichen Verfahren erfolgt sein. Wie sich nämlich aus dem
Formular mit dem entsprechenden Beschluss vom 7. Juli 2010 ergibt, ist auf diesem im unmittelbaren
Anschluss an die Beschlussfassung noch am gleichen Tage die Wiedervorlage der Akten an „Frau Koll.
Heinen am 15.08.“ verfügt worden.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
gez. Steppling
gez. Hennig
gez. Möller