Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 17.02.2011
OVG Koblenz: vergütung, programm, praktikum, begriff, form, freibetrag, beihilfe, studienordnung, fachhochschule, abstimmung
OVG
Koblenz
17.02.2011
7 A 11082/10.OVG
Ausbildungs- und Studienförderungsrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
…,
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Caspers Mock, Rudolf-Virchow-Straße 11, 56073 Koblenz,
gegen
die Johannes Gutenberg-Universität, vertreten durch den Präsidenten, Saarstraße 21, 55099 Mainz,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
wegen Ausbildungsförderung
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 17. Februar 2011, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker
ehrenamtliche Richterin Hotelier Kauth
ehrenamtlicher Richter Kaufmann Schäfer
für Recht erkannt:
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 31. August 2010 werden die
Bescheide der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Aufsichts-
und Dienstleistungsdirektion vom 24. Februar 2010 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die
Vollstreckung von Seiten der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten
abzuwenden, sofern nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Bescheide der Beklagten, mit denen eine zunächst bewilligte Förderung
nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ‑ BAföG ‑ reduziert worden und entsprechende
Leistungen zurückgefordert worden sind.
Die am ... Februar 1986 geborene Klägerin machte nach Ablegung ihrer Hochschulreife bei dem
Landesuntersuchungsamt eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte. Im Anschluss daran arbeitete
sie von August 2007 bis September 2008 bei dem Landesuntersuchungsamt. Seit dem Wintersemester
2008/09 studiert sie Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule K. und beantragte hierfür am 29.
September 2008 die Gewährung von Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die
Förderung wurde zunächst für den Zeitraum von Oktober 2008 bis August 2009 bewilligt, und zwar mit
Leistungen in Höhe von 449,00 € monatlich. Auf den Folgeantrag vom 12. Juni 2009 hin gewährte die
Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 31. August 2009 eine Förderung für den Zeitraum September
2009 bis August 2010 in Höhe von 478,00 € monatlich. Am 11. September 2009 legte die Klägerin
Einkommensnachweise für den vergangenen Zeitraum und einen Vertrag über ein Studienbegleitendes
Trainee-Programm mit dem Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) vor. Nach § 1 dieses
Vertrages ist Vertragsgegenstand die Durchführung eines das Studium begleitenden Trainee-Programms
innerhalb des LBM. Nach § 3 dieses Vertrages sollte das Programm am 1. Oktober 2008 beginnen und mit
bestandener Abschlussprüfung laut Studienordnung im Sommersemester 2011, spätestens jedoch im
darauffolgenden Wintersemester 2011 enden. Es soll danach dem Studierenden neben dem Studium
eine vertiefende praxisorientierte Ausbildung beim LBM ermöglicht werden. Für die Klägerin war
vorgesehen, dass sie während der Vorlesungszeit 30 Stunden pro Monat und während der vor-
lesungsfreien Zeit zwischen Sommer- und Wintersemester mindestens sechs Wochen sowie zwischen
Winter- und Sommersemester mindestens vier Wochen beim LBM Vollzeit absolviert sowie ferner im
fünften Semester das betriebliche Praktikum über einen Zeitraum von zwölf Wochen - wie es in der
Studienordnung vorgesehen ist - ableistet. Im sechsten Semester sollten sich daran die Projektphase und
die Bachelorarbeit anschließen. Im Einzelnen ist in dem Vertrag eine Abstimmung zwischen dem
betrieblichen Praktikum und den Studienleistungen der Klägerin vorgesehen. In Absprache mit der
Fachhochschule soll der LBM ihr auch eine geeignete Abschlussarbeit ermöglichen. Die Klägerin erhält
nach diesem Vertrag eine monatliche finanzielle Unterstützung von 400,00 € (§ 6). Nach erfolgreichem
Abschluss des Studiums und einer Endnote von mindestens "befriedigend" wird der Klägerin eine
Anstellung im vergleichbaren gehobenen Dienst zugesagt. Laut § 9 des Vertrages soll mit dem Vertrag
kein Beschäftigungsverhältnis begründet werden.
Mit den strittigen Bescheiden vom 30. Oktober 2009 berechnete die Beklagte die Förderungsleistung neu
und bewilligte unter voller Anrechnung der Vergütung aus dem Trainee-Programm für den ersten
Förderungszeitraum lediglich noch einen Betrag von 195,00 € pro Monat und für den zweiten
Förderungszeitraum lediglich noch 224,00 € pro Monat. Entsprechend forderte sie, zum Teil unter
Anrechnung, die überzahlten Beträge von der Klägerin zurück.
Dagegen legte die Klägerin unter dem 3. November 2009 Widerspruch ein, der im Wesentlichen damit
begründet war, die monatliche Vergütung, die sie vom LBM erhalte, stelle keine Ausbildungsvergütung
dar und unterliege daher nicht der vollen Anrechnung.
Der Widerspruch hatte keinen Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid der Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion vom 24. Februar 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen
angeführt, bei der vom LBM gewährten finanziellen Unterstützung handele es sich um eine
Ausbildungshilfe bzw. gleichartige Leistung aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG,
für die ein Freibetrag nicht in Anspruch genommen werden könne.
Dagegen hat die Klägerin mit einem am 12. März 2010 eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben, mit der
sie im Wesentlichen geltend gemacht hat: Bereits die Einordnung der finanziellen Unterstützung als
Einkommen sei zweifelhaft. Denn Einnahmen zählten nicht zum Einkommen, wenn ihre
Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegenstehe. Dies sei vorliegend der Fall. Die
vom LBM gezahlte Vergütung diene ausschließlich der Bindung des Trainees an die Behörde und solle
eine Einarbeitung in das künftige Tätigkeitsfeld sicherstellen. Es handele sich um eine "Beihilfe" einer
öffentlichen Behörde zur Sicherstellung des Personalbedarfs. Die von der Beklagten vorgenommene
Qualifizierung als Vergütung mit Einkommenscharakter behindere massiv die Bemühungen des Landes
zur Gewinnung von qualifizierten Nachwuchskräften. Aber selbst wenn es sich um Einkommen im Sinne
des § 21 Abs. 1 BAföG handele, sei zwingend ein monatlicher Freibetrag von 255,00 € zu berücksichtigen
(§ 23 Abs. 1 BAföG), weil es sich bei der Vergütung nicht um eine Ausbildungsbeihilfe handele.
Grundsätzlich erhalte nur derjenige Ausbildungsförderung, der bedürftig sei. Wenn es dem Aus-
zubildenden gelinge, zusätzlich noch Vergütungen zu erhalten, müssten diese vollständig für die
Bedarfsdeckung eingesetzt werden. Handele es sich hingegen um zusätzliche Anstrengungen
erwerbswirtschaftlicher Art, solle dieses Einkommen zu einem gewissen Teil beim BAföG-Empfänger
verbleiben. Damit werde in typisierender Weise die zusätzliche Anstrengung des Leistungsempfängers
belohnt. Gegen die Einordnung als Ausbildungsbeihilfe spreche insbesondere, dass es sich bei der
Maßnahme nicht um ein Pflichtpraktikum im Sinne der Studienordnung handele. Es gehe auch nicht um
eine Ausbildung im Sinne eines dualen Studiums. Zwar werde in dem Vertrag der Begriff "Ausbildung"
verwandt, dies sei jedoch umgangssprachlich gemeint und werde nicht im Sinne einer klassischen
Ausbildung etwa mit Stationsarbeiten und der Bewertung oder gar Benotung von Stationen verbunden. Es
existiere insoweit auch keine Ausbildungsordnung, die im einzelnen Inhalte und Ausbildungstationen
festlege. Zudem würden nur solche Personen aufgenommen, die eine Verwaltungsfachausbildung
aufwiesen. Damit stelle sich das Trainee-Programm als unterstützende Maßnahme zur
Personalgewinnung dar und die Ausbildungsfunktion trete in den Hintergrund. Die angegriffenen
Bescheide seien deshalb aufzuheben.
Dagegen hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die einzelnen Vertragsbestimmungen geltend gemacht,
die Klägerin erhalte die Vergütung nicht ausschließlich für Dienst- oder Arbeitsleistungen, sondern gerade
auch zur Deckung des Bedarfs der betriebenen Ausbildung. Damit unterscheide sich ihre Ausgangs-
situation wesentlich von der anderer Studierender; sie sei mithin aufgrund einer von der persönlichen
Arbeitsleistung unabhängigen Finanzierung privilegiert. Es sei von einer der Beihilfe gleichartigen
Leistung auszugehen, die voll auf den Bedarf anzurechnen sei. Die Bestimmung des § 23 Abs. 2 Nr. 4
BAföG diene letztlich der Sicherung des Nachrangs staatlicher Ausbildungsförderung.
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 31. August 2010 abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die vom LBM erhaltene Vergütung sei als eine einer
Ausbildungshilfe gleichartige Leistung im Sinne des § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG voll anzurechnen, ohne dass
die Klägerin einen Freibetrag nach § 23 Abs. 1 BAföG in Anspruch nehmen könne. Das Trainee-
Programm stelle sich als ausbildungsähnlich dar. Die dafür geleistete Vergütung unterstütze - wie in § 6
des Vertrages zum Ausdruck komme - das Studienziel, nämlich den Bachelorabschluss. Dies ergebe sich
auch aus der vorgesehenen Abstimmung hinsichtlich des Studienschwerpunkts und der Unterstützung im
Rahmen der Bachelorarbeit sowie des Praktikums. Es gehe um eine Ergänzung des theoretischen
Studiums durch die fachliche Praxis. Im Schwerpunkt werde mit der Vergütung damit nicht eine
Arbeitsleistung entlohnt, sondern das Studium gefördert. Dies ergebe sich auch aus § 9 des Vertrages, wo
ausdrücklich vorgesehen sei, dass kein Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen werde. Dass es dem
LBM letztlich um das Ziel der Nachwuchsförderung gehe, sei für diese Einordnung unerheblich.
Dagegen hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie an
ihrer Auffassung festhält. Es fehle für eine Ausbildungshilfe im Sinne des § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG daran,
dass die Vergütung darauf gerichtet sei, zu den Kosten der förderungsfähigen Ausbildung, nämlich hier
des Fachhochschulstudiums, beizutragen. Vielmehr werde mit dieser Vergütung die Arbeitsleistung im
Rahmen des betrieblichen Praktikums beim LBM abgegolten, das nicht nach der Ausbildungsordnung als
Praktikum im Rahmen der Fachhochschulausbildung vorgeschrieben sei. Es handele sich nicht um eine
Ausbildung im klassischen Sinne, sondern um eine vorweggenommene Einarbeitung im Blick auf die
später vorgesehen Übernahme bei dem LBM.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 31. August 2010 die Bescheide der
Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion vom 24. Februar 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und macht sich die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zu Eigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von Beteiligten gewechselten
Schriftsätze sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten Bezug genommen, die
sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hätte die angefochtenen Bescheide aufheben müssen, denn sie erweisen sich
als rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Klägerin
steht entgegen der Auffassung der Beklagten - was hier einzig streitig ist - Ausbildungsförderung ohne
volle Anrechnung der ihr aus dem Trainee-Programm zufließenden Vergütung zu, das heißt unter
Berücksichtigung des Freibetrags nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der Fassung des ab dem 1. August
2008 in Kraft getretenen Änderungsgesetzes vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254).
Danach bleiben vom Einkommen des Auszubildenden selbst 255,00 € monatlich anrechnungsfrei. Die
Vergütung von 400,00 € monatlich aus dem Vertrag über ein Studienbegleitendes Trainee-Programm mit
dem Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) unterliegt weder nach § 23 Abs. 3 BAföG als
"Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis" (1.) noch nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG als
"Ausbildungshilfe oder gleichartige Leistung aus öffentlichen Mitteln" (2.) davon abweichend der vollen
Anrechnung, weil vorliegend die Vergütung für ein selbständiges innerbetriebliches Praktikum geleistet
wird.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der entsprechenden Vergütung um Einkommen aus
unselbständiger Beschäftigung, das heißt einem Arbeitsverhältnis, handelt, oder ob das Einkommen für
eine Tätigkeit nach § 26 Berufsbildungsgesetz - BBiG - gezahlt wird. Letzteres wäre bei einer Einstellung
der Fall, wenn es darum geht, berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche
Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des
Berufsbildungsgesetzes handelt (§ 26 BBiG).
1. Eine Anrechnung nach § 23 Abs. 3 BAföG scheidet hier aus. Der Wortlaut dieser Bestimmung muss
insoweit nach Sinn und Zweck der Regelung einschränkend ausgelegt werden. Nach dem
Grundgedanken für die Vollanrechnung soll der allgemeine Freibetrag nicht zugebilligt werden, soweit die
Vergütung dem Betreffenden gerade für eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
förderungsfähige Ausbildung zufließt (Schlagwort: "Durch die Ausbildung für die Ausbildung"; vgl.
Rothe/Blanke, BAföG, § 23 Rn. 33, Loseblatt, 5. Auflage, April 2002; BVerwG, FamRZ, 1995, 703). Dem
Auszubildenden fließt in diesem Fall die Ausbildungsvergütung praktisch zwangsläufig durch die
Ausbildung zu, ist also nicht das Ergebnis zusätzlicher Anstrengungen, die Anerkennung durch einen
Freibetrag verdienen könnten. Vergütung für ein Ausbildungsverhältnis in diesem Sinne kann immer nur
das Einkommen sein, das ein Auszubildender im Zusammenhang mit der durch das
Bundesbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Ausbildung selbst erhält. Nur in diesem Fall trifft es
zu, dass wegen der Zweckidentität der Förderung ein im Rahmen des Bundesausbildungsförderungs-
gesetzes zu berücksichtigender Bedarf in Höhe der Ausbildungsförderung nicht entsteht.
Eine solche Identität, wie sie etwa im Rahmen der dualen Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz
besteht, liegt hier nicht vor. Es geht vorliegend um das Studium an der Fachhochschule im Fach
Betriebswirtschaft, auf das sich die gesetzliche Ausbildungsförderung bezieht. Demgegenüber wird der
Klägerin die Vergütung nicht für das Fachhochschulstudium geleistet, sondern nur für die neben diesem
Studium betriebene, nicht zu einem einheitlichen Ausbildungsprogramm und Ausbildungsabschluss
verklammerte gesonderte betriebliche Ausbildung im Rahmen des Trainee-Programms. In Bezug auf die
Anrechnung nach § 23 Abs. 3 BAföG hat insoweit auch die Beklagte ihre ursprüngliche zur Begründung
der Bescheide vom 30. März 2010 vertretene Rechtsauffassung nicht aufrechterhalten.
2. Die Vollanrechnung ohne Gewährung eines Freibetrags nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG kommt indessen
auch nicht - wie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion im Widerspruchsbescheid und das
Verwaltungsgericht in seinem Urteil vertreten haben - nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG in Betracht. Danach
werden abweichend von Absatz 1 voll angerechnet "Ausbildungshilfen und gleichartige Leistungen aus
öffentlichen Mitteln". Der Begriff der Ausbildungshilfen entspricht dem Begriff der Ausbildungsbeihilfen
nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 BAföG im Rahmen der Einkommensdefinition (vgl. Rothe/Blanke, a.a.O., § 23 Rn.
40; BVerwGE 82, 323, Rn. 13, juris). Der Begriff der Ausbildungshilfe kennzeichnet danach individuelle
Ausbildungsförderung durch den Staat, während gleichartige Leistungen in diesem Sinne auch dem
Zweck und der Art nach entsprechend aus privaten Mitteln geleistete Stipendien umfassen. Die
Anrechnung ohne Gewährung eines Freibetrags nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG ist allerdings nur
vorgesehen, wenn es um Leistungen aus öffentlichen Mitteln geht. Zu den öffentlichen Mitteln zählt die
Vergütung durch den Landesbetrieb hier ohne Zweifel, weil es sich um eine landesunmittelbare
Einrichtung nach § 26 Landeshaushaltsordnung handelt; ungeachtet des Handelns teils in
privatrechtlichen Formen wird diese ausschließlich von der öffentlichen Hand getragen und ist großenteils
mit Hoheitsaufgaben beauftragt (§ 1 des Landesgesetzes über die Errichtung des Landesbetriebs Straße
und Verkehr, GVBl. 2001, 303; vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 29. August 2007, 9 C 2.07, juris). Als
öffentliche Mittel im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes sind auch Mittel öffentlicher
Körperschaften anzusehen, selbst wenn diese Mittel in privatrechtlicher Form zur Verfügung gestellt
werden und selbst wenn eine Organisationsprivatisierung einer von der öffentlichen Körperschaft
getragenen Einrichtung vorliegt (vgl. für in private Stiftungen eingebrachte öffentliche Mittel, Rothe/Blanke,
a.a.O., § 23 Rn. 41).
Es fehlt im Hinblick auf die aus dem Trainee-Programm bezogene Vergütung aber für die Anwendung des
§ 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG daran, dass die Mittel auf denselben Zweck gerichtet wären wie die Förderung
durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (vgl. BVerwGE 82, 323, a.a.O.; siehe auch Rothe/Blanke,
a.a.O., § 21 Rn. 23.2.). Durch die Anrechnung nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG soll vermieden werden, dass
einem Auszubildenden zu demselben Zweck zweifach Mittel der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt
werden, und somit der Nachrang der Förderung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz gesichert
werden. Demgegenüber soll die Freibetragsbestimmung des § 23 Abs. 1 BAföG bewirken, dass es dem
Auszubildenden in gewissem Umfang ermöglicht wird, durch "Hinzuverdienst" seine finanzielle Situation
zu verbessern. Es geht um gesonderte Anstrengungen, die zu einem Zufluss von Mitteln unabhängig von
der durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz als förderungsfähig angesehenen Ausbildung führen.
Bei der Praktikumsvergütung im Rahmen des Trainee-Programms des LBM handelt es sich nicht um eine
stipendienartige Zuwendung, sondern um einen solchen "Zuverdienst". Die hier von der Klägerin erlangte
"Ausbildungshilfe" ist nicht auf die angestrebte, nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
förderungsfähige Fachhochschulausbildung gerichtet. Im Rahmen dieses Ausbildungsgangs ist ein
Praktikum in dem von dem Trainee-Programm umfassten Umfang nicht vorgesehen. Lediglich soweit
diese Ausbildung auch das in der Ausbildungsordnung vorgeschriebene zwölfwöchige Praktikum vorsieht
(§ 2 des Vertrages), liegt eine Verklammerung mit der Fachhochschulausbildung vor. Aus-
bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird nach § 2 Abs. 4 BAföG insoweit
nur für die Teilnahme an einem Praktikum geleistet, das im Zusammenhang mit einem der in Absatz 1 und
Absatz 2 bezeichneten oder nach Absatz 3 bestimmten Ausbildungsstätten gefordert wird und dessen
Inhalt in Ausbildungsbestimmungen geregelt ist (vgl. dazu auch OVG RP, AS 16, 247). Soweit es um die
hier in Rede stehende Ausbildung in den ersten vier Semestern des Fachhochschulstudiums geht, ist
unbestritten ein solches Praktikum nicht Gegenstand der Ausbildungsordnung; vielmehr ist ein
zwölfwöchiges Praktikum insoweit erst im fünften Semester vorgesehen. Dementsprechend kommt es für
die Abgrenzung letztlich auf die Formulierung in dem Trainee-Vertrag nicht einmal an. Aber auch dieser
Vertrag erweist, dass es um eine selbständig neben dem Fachhochschulstudium stehende rein
innerbetriebliche Trainee-Ausbildung geht, und dass die geleistete "Vergütung" eine Praktikumsvergütung
ist, mit der die praktische Tätigkeit in dem in § 2 des Vertrags vereinbarten nicht unerheblichen Umfang
abgegolten wird.
Gegenstand dieses Vertrags ist danach die Durchführung eines das Studium der Studierenden
begleitenden Trainee-Programms. Dieses soll der Studierenden "neben" dem Studium an der
Fachhochschule eine vertiefende praxisorientierte Ausbildung beim LBM ermöglichen (§ 1 - Gegenstand
des Vertrages -). Allein der in diesem Zusammenhang der vertraglichen Bestimmung verwandte Begriff
der "Ausbildung" kann die im genannten Sinne erforderliche Zweckidentität nicht herstellen. Der Begriff
der Ausbildung ist nämlich auch dann sinnvoll, wenn er sich lediglich auf die selbständig neben der
Fachhochschulausbildung stehende Absicht bezieht, für die Übernahme beim LBM geeignete
Studierende einer gesonderten innerbetrieblichen Ausbildung im Rahmen eines Trainee-Programms zu
unterziehen. Darauf weisen auch die in das Verfahren eingeführten und von der Beklagten nicht
bestrittenen Ausführungen der Personalverantwortlichen beim LBM, Frau J., hin, wie sie im Schriftsatz der
Klägerin vom 6. Mai 2010 wiedergegeben sind. Danach ist es Ziel des Trainee-Programms, bei dem es
sich nicht um eine Ausbildung im klassischen Sinne handeln soll, neben dem Studium vertiefende
praxisorientierte Kenntnisse zu vermitteln. Es handele sich gerade nicht um eine Ausbildung im Sinne
eines dualen Studiums. Leistungen würden ‑ anders als sonst bei dualen Studiengängen üblich - weder
bewertet noch benotet. Die Betreffenden sollten Abläufe und Schwerpunkte insbesondere in den
Bereichen Rechnungswesen und Controlling beim LBM kennenlernen, darüber hinaus sollten auch
Einblicke in die Organisationsstruktur des LBM, was Straßenmeistereien, regionale Dienststellen und
andere Fachbereiche angehe, vermittelt werden, um somit den möglichen Einstieg nach Abschluss des
BWL-Studiums beim LBM zu vereinfachen.
Diese Ausrichtung ist von einer Studienförderung zu unterscheiden und dient dem Ziel einer
vorweggenommenen Einarbeitung bei dem später vorgesehenen Arbeitgeber. Das Studium selbst ist
völlig unabhängig von der Tätigkeit beim LBM und kann erfolgreich auch ohne sie absolviert werden. Der
Studierende erwirbt beim LBM neben dem Studium eine Zusatzqualifikation, die seine mögliche spätere
Verwendungsfähigkeit beim LBM fördert. Die Selbständigkeit dieser Zielsetzung erschließt sich auch
daraus, dass nach den nicht in Frage gestellten Angaben in das Programm ohnehin nicht jegliche
Studierende mit dem Ziel der Studienförderung aufgenommen werden, sondern nur solche Personen wie
die Klägerin, die bereits eine Verwaltungsfachausbildung aufweisen. Weder die Bezeichnung der für die
geleistete Tätigkeit vorgesehenen Vergütung (§ 4 - "Finanzielle Unterstützung" -) noch die Formulierung in
§ 9 des Vertrages, dass mit diesem Trainee-Vertrag kein Beschäftigungsverhältnis begründet werde,
stehen der Einordnung entgegen, dass die Beihilfe gerade nicht für das Studium, sondern für eine davon
zu scheidende - parallel zum Studium laufende - rein betriebsbezogene Ausbildung vorgesehen ist. Dafür
spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin mit dem Vertrag keinerlei Bindung für die Zeit nach Ablauf des
Trainee-Programms eingegangen ist, sie sich etwa nicht im Anschluss für eine bestimmte Zeit für ein
Beschäftigungsverhältnis verpflichtet hat, sondern im Blick auf die Zeit nach Abschluss des Studiums
lediglich eine einseitige Verpflichtung des LBM in Form einer Einstellungszusage vorliegt. Aufgrund dieser
Gesamtumstände stellt die Vergütung nach dem Vertrag keine Ausbildungshilfe oder gleichartige Leistung
nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG dar, die der Vollanrechnung des Einkommens unterliegen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten
aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht
vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen
Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder eine
sonstige nach Maßgabe des § 67 VwGO vertretungsbefugte Person oder Organisation erfolgen.
gez. Wünsch
gez. Dr. Holl
gez. Dr. Stahnecker
Beschluss
Der Gegenstandswert wird auf 5.842,00 € festgesetzt (§ 33 Abs. 1 RVG).
gez. Wünsch
gez. Dr. Holl
gez. Dr. Stahnecker