Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 12.05.2005

OVG Koblenz: aufwand, zahl, anhörung, verfügung, anschluss, leiter, fusion, liegenschaft, vertretung, zusammenwirken

OVG
Koblenz
12.05.2005
4 A 10139/05.OVG
Personalvertretungsrecht
Verkündet am: 12.05.2005
Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss
In der Personalvertretungssache
...
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte: ...
beteiligt:
...
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigter: ...
wegen Freistellung von Personalratsmitgliedern
hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz ‑ Fachsenat für
Personalvertretungssachen (Bund) - durch
Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held
ehrenamtlicher Richter Verwaltungsamtmann Disson
ehrenamtlicher Richter Fachhandwerker/Arbeiter Bepperling
ehrenamtlicher Richter Kraftfahrer Bärdges
ehrenamtlicher Richter Regierungsamtmann Kaspers
auf die Anhörung der Beteiligten am 12. Mai 2005 beschlossen:
Unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 20. Dezember 2004
wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, den Vorsitzenden des örtlichen Personalrats der
verselbständigten Dienststelle T... des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr zu 60 % der
regelmäßigen Arbeitszeit freizustellen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der antragstellende Personalrat begehrt die Freistellung seines Vorsitzenden von dessen dienstlicher
Tätigkeit in vollem Umfang.
Der Antragsteller ist der örtliche Personalrat des personalvertretungsrechtlich verselbständigten
Dienststellenteils T... des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr. Dieses Amt ist im
Wesentlichen aus der Fusion zweier bisher eigenständiger Dienste hervorgegangen, nämlich des Amtes
für Militärisches Geowesen in E... und des Amtes für Wehrgeophysik in T... . Die Fusion dieser beiden
Ämter wurde zum 1. Oktober 2003 vollzogen. Das neue Amt verfügt über ein Personal von etwa 1.000
Soldaten und zivilen Mitarbeitern. Amtsführung und stärkster Dienststellenteil mit etwa 550 Beschäftigten
befinden sich in E... . Die größte Außenstelle des neuen Amtes ist mit ca. 260 Beschäftigten in T...
angesiedelt. Sie verfügt nicht über einen selbständigen Dienststellenleiter. Für die Angelegenheiten, die
die Liegenschaft des Standortes betreffen, ist der Kasernenkommandant zuständig und insofern auch zum
Ansprechpartner des örtlichen Personalrats bestimmt worden.
Im Anschluss an den Verselbständigungsbeschluss wählte der Antragsteller Herrn K... zum Vorsitzenden.
Herr K... war seit Juni 1992 bis Ende September 2003 Vorsitzender des örtlichen Personalrats des damals
noch selbständigen Amtes für Wehrgeophysik in T... . In dieser Funktion war er vollständig vom Dienst
freigestellt. Nach Bildung des Gesamtpersonalrats mit Sitz in E... wurde Herr K... nach Rücktritt des
zunächst gewählten Vorsitzenden im Dezember 2003 auch zum Vorsitzenden dieser Personalvertretung
gewählt. Dieses Amt legte er Ende November 2004 nieder; er ist jedoch weiterhin Gruppensprecher der
Beamten und damit Vorstandsmitglied im Gesamtpersonalrat.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2003 wandte sich der Antragsteller an den Beteiligten mit dem Begehren,
seinen Vorsitzenden in vollem Umfang von seiner dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wobei auch die
Mitgliedschaft Herrn K... im Gesamtpersonalrat berücksichtigt werden solle. Diesen Antrag lehnte der
Beteiligte durch Bescheid vom 16. Januar 2004 mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für die
begehrte Freistellung nicht vorlägen. Gegenüber früher habe sich eine deutliche Aufgabenverlagerung
hin zum Gesamtpersonalrat ergeben. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit, im Einzelfall Dienstbefreiung zu
erteilen. Der Beteiligte regte an, einen Antrag auf Freistellung des Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats
zu erwägen. Letzterem ist der Gesamtpersonalrat nicht gefolgt.
Zur Begründung des daraufhin eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens hat der
Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen: Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine vollständige
Freistellung seines Vorsitzenden lägen vor. Die Zahl der Beschäftigten in T... liege geringfügig unter der
300‑Beschäftigen-Grenze der Freistellungsstaffel (§ 46 Abs. 4 Satz 1 BPersVG). Sein Vorsitzender werde
in großem Umfang für Tätigkeiten des örtlichen Personalrats in Anspruch genommen, im Einzelnen
handele es sich um: Arbeiten im Zusammenhang mit Anhörungen zu mitbestimmungspflichtigen
Angelegenheiten durch den Gesamtpersonalrat, Beteiligungen durch den „Dienststellenleiter“ in T...,
Befassung mit Fragen des Betriebsschutzes, Ansprechpartner für Beschäftigte (Entgegennahme von
Beschwerden und Anregungen, Auskünfte an Beschäftigte zu Themen der Altersteilzeit etc.), Vorbe-
reitung, Durchführung und Nachbereitung der Sitzungen des örtlichen Personalrats, Vorbereitung,
Durchführung und Nachbereitung der Monatsgespräche mit dem „Dienststellenleiter“ sowie Studium von
Fachliteratur. In zeitlicher Hinsicht habe der Vorsitzende pro Tag etwa folgendes zu erledigen: etwa
15 Telefonate mit einer Dauer zwischen 2 und 10 Minuten, 20 persönliche Gespräche mit einer Dauer
zwischen 2 und 30 Minuten, Bearbeitung von 15 ankommenden E‑Mails und Schreiben mit einer
Bearbeitungszeit von jeweils etwa 5 Minuten und 10 abgehende E‑Mails/Schreiben mit einer
Bearbeitungsdauer von etwa 15 Minuten sowie das erwähnte Literaturstudium im Umfang von täglich
etwa 30 Minuten. Der Arbeitsaufwand von Herrn K... komme zu etwa 80 % dem örtlichen Personalrat und
zu 20 % dem Gesamtpersonalrat zugute. Hierzu könne auf die Praxis der Einzelfall-Freistellungen in der
Vergangenheit verwiesen werden. Im Zeitraum vom Oktober 2003 bis September 2004 sei Herr K... von
180 Arbeitstagen an 143 Tagen für den örtlichen Personalrat freigestellt worden, was einem Anteil von
79,45 % entspreche.
Der Beteiligte ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass für den
überwiegenden Teil der nach dem Personalvertretungsgesetz wahrzunehmenden Mitwirkungsaufgaben,
insbesondere in Personalangelegenheiten, ausschließlich der Gesamtpersonalrat zuständig sei. Deshalb
sei die begehrte Freistellung nicht gerechtfertigt. Allenfalls könne eine Freistellung im Umfang von zwei
Tagen pro Woche vorgeschlagen werden.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem aufgrund der Anhörung vom 20. Dezember 2004 ergangenen
Beschluss festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, den Vorsitzenden des örtlichen Personalrats in
der personalvertretungsrechtlich verselbständigten Dienststelle T... des Amtes für Geoinformationswesen
der Bundeswehr zu 40 % der regelmäßigen Arbeitszeit freizustellen. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit eine Freistellung erforderlich sei im
Sinne von § 46 Abs. 3 Satz 1 BPersVG, sei zunächst zu berücksichtigen, dass für den überwiegenden Teil
der wahrzunehmenden Mitwirkungsaufgaben der Gesamtpersonalrat ausschließlich zuständig sei. Die
Beteiligung des örtlichen Personalrats beschränke sich auf ein Äußerungsrecht nach § 82 Abs. 2
BPersVG. Diese Aufgabenverschiebung müsse der Antragsteller zur Kenntnis nehmen. Im Übrigen müsse
die Doppelmitgliedschaft gerade auch des Vorsitzenden des Antragstellers im örtlichen Personalrat sowie
im Gesamtpersonalrat berücksichtigt werden. Die Angaben des Antragstellers zum Umfang des
Arbeitsaufwandes seines Vorsitzenden würden den Erfahrungen der ehrenamtlichen Richter der Kammer
nicht entsprechen. Insofern dürften Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit für das gesamte
Verwaltungshandeln nicht außer Acht gelassen werden. Es wäre Aufgabe des Vorsitzenden des
Antragstellers gewesen, im Wege einer Selbstaufzeichnung den Arbeitsaufwand nachvollziehbar zu
belegen. Einstweilen sei die Kammer der Auffassung, dass eine Freistellung in Höhe von 40 % der
regelmäßigen Arbeitszeit ausreichend sei.
Zur Begründung der dagegen eingelegten Beschwerde trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor: Die
vom Verwaltungsgericht festgestellte Freistellung im Umfang von 40 % der regelmäßigen Arbeitszeit sei
nicht ausreichend zur Wahrnehmung der Aufgaben des örtlichen Personalrats. Dies belege der im
Anschluss an den Beschluss des Verwaltungsgerichts niedergelegte Tätigkeitsnachweis. Zu Unrecht habe
das Verwaltungsgericht auf die Doppelmitgliedschaft im örtlichen Personalrat und im Gesamtpersonalrat
abgestellt. Diese Doppelmitgliedschaft ändere nichts an dem Arbeitsumfang im örtlichen Personalrat. So
sei denn auch ein Mitglied des örtlichen Personalrats bei der Hauptdienststelle in E... in vollem Umfang
freigestellt worden, obwohl auch er Mitglied im Gesamtpersonalrat sei. Ferner verkenne das Verwaltungs-
gericht den Umfang der Inanspruchnahme durch die Anhörungen seitens des Gesamtpersonalrats. Eine
wesentliche Auseinandersetzung mit der Maßnahme erfolge beim örtlichen Personalrat. Ferner gehe das
Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer Unterbeteiligung des örtlichen Personalrats und nicht von einem
gleichberechtigten Nebeneinander von Gesamtpersonalrat und örtlichem Personalrat aus. Hinsichtlich der
direkten Beteiligung des örtlichen Personalrats müssten schließlich die umfangreichen Aufgaben des
Arbeitsschutzes am Standort T... berücksichtigt werden. Im Übrigen sei unverständlich, warum in T... nur
eine Freistellung in Höhe von 40 % der allgemeinen Arbeitszeit geboten sei, während beim örtlichen
Personalrat in E... bei 550 Beschäftigten Freistellungen im Umfang von 2,5 Arbeitsplätzen ausgesprochen
worden seien.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 20. Dezember 2004
festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, den Vorsitzenden des Antragstellers zu 100 % der
regelmäßigen Arbeitszeit freizustellen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung reiche die vom Verwaltungsgericht festgestellte Freistellung in vollem Umfang
aus. Hieran ändere auch der vorgelegte Tätigkeitsnachweis nichts. Die dort aufgeführten Tätigkeiten seien
nicht in vollem Umfang dem örtlichen Personalrat zuzuordnen. Für die mit der Anhörung durch den
Gesamtpersonalrat verbundenen Aufgaben sowie für die direkten personalvertretungsrechtlichen Mit-
wirkungsbefugnisse des Antragstellers gegenüber dem Kasernenkommandanten bzw. dem
Abteilungsleiter III sei die Teilfreistellung im Umfang von 2 Tagen pro Woche eine ausgewogene
Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
einschließlich der beigefügten Unterlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist lediglich zum Teil begründet.
Nach dem Sachstand aufgrund der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hätte das Verwaltungsgericht
dem Freistellungsbegehren des Antragstellers in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattgeben
müssen.
Rechtsgrundlage für den Anspruch ist § 46 Abs. 3 Satz 1 Bundespersonalvertretungsgesetz ‑ BPersVG ‑.
Danach sind Mitglieder des Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es
nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
Diese Vorschrift ist auch auf verselbständigte Dienststellen anwendbar (vgl. §§ 6 Abs. 3 Satz 1, 12 Abs. 1
BPersVG). Eine Sonderregelung, nämlich die Nichtanwendbarkeit der Freistellungsstaffel gemäß § 46
Abs. 4 BPersVG, besteht nur hinsichtlich des Gesamtpersonalrats (§ 56 i.V.m. § 54 Abs. 1 BPersVG).
Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Umfangs der Tätigkeiten des Personalrates und des damit
verbundenen Zeitaufwands ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist, ob der Arbeitsaufwand
bei vernünftiger Würdigung aller Umstände im Hinblick auf die Aufgaben des Personalrats für notwendig
gehalten werden darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 1987, PersV 1988, 133 und Juris). Dabei hat
sich der Umfang der Freistellung auch an dem Grundsatz sparsamer Haushaltsführung auszurichten (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 2. September 1996, ZfPR 1997, 6 und Juris, Rdnr. 12). Anhand der Verhältnisse
der einzelnen Dienststelle muss geprüft werden, in welchem Umfang regelmäßig per-
sonalvertretungsrechtliche Aufgaben anfallen, die eine vollständige oder teilweise Freistellung erfordern.
Dazu bedarf es einer genauen Darlegung des Personalrates, welche Aufgaben zu erledigen sind und in
welchem Umfang diese regelmäßig anfallen. Ein nur gelegentlicher Arbeitsanfall kann hingegen eine
auch bloß teilweise ‑ Freistellung nicht rechtfertigen. Hierzu zählt etwa die Teilnahme an den nicht exakt
vorhersehbaren Sitzungen. Bei der Bestimmung des objektiv erforderlichen Zeitaufwandes entscheidet
das Gericht in Anwendung des Rechtsgedankens des § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung der ihm
bekannten Umstände nach freier Überzeugung im Wege einer Schätzung (vgl. zum Vorstehenden ins-
gesamt: BVerwG, 22. April 1987, a.a.O.). Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und der sparsamen
Haushaltsführung gebieten allerdings eine flexible Handhabung und eine entsprechende Anpassung des
Freistellungsumfangs im Falle der Veränderung der zugrunde liegenden Verhältnisse (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 2. September 1996, a.a.O., Rdnr. 14).
Nach Würdigung des Vorbringens der Beteiligten, einschließlich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten
Tätigkeitsnachweise des Vorsitzenden des Antragstellers, und der eingehenden Erörterung in der
mündlichen Verhandlung ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller ‑ zumindest derzeit ‑ einen
Anspruch auf Freistellung seines Vorsitzenden von dessen dienstlicher Tätigkeit im Umfang von 60 % der
regelmäßigen Arbeitszeit hat.
Das Verwaltungsgericht hat zunächst zu Recht herausgestellt, dass das Begehren auf Freistellung in
vollem Umfang nicht begründet ist. Hierfür spricht bereits, dass die Zahl der Beschäftigten am Standort T...
merklich unterhalb der Zahl von 300 Beschäftigten liegt, die nach der sog. Freistellungsstaffel in § 46 Abs.
4 Satz 1 BPersVG die Freistellung von einem Personalratsmitglied erlaubt. Hinzu kommt, worauf das
Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat, dass es sich bei dem Standort in T... um eine
verselbständigte Dienststelle handelt und dem örtlichen Personalrat in Ermangelung eines
eigenständigen Dienststellenleiters an diesem Standort nur in sehr eingeschränktem Umfang ein mit
eigenen Regelungsbefugnissen ausgestatteter Partner zur Verfügung steht. Soweit die Entschei-
dungsbefugnis beim Leiter der Gesamtdienststelle liegt, werden die Interessen der Beschäftigten der
Außenstelle T... durch den Gesamtpersonalrat vertreten (§ 82 Abs. 1 und 3 BPersVG; vgl. zum
Partnerschaftsprinzip: BVerwG, Urteil vom 20. August 2003, ZfPR 2003, 292 und Juris, Rdnr. 10 f.; zuletzt:
OVG Rh-Pf, Urteil vom 8. April 2005 ‑ 5 A 10100/05.OVG ‑, ESOVG RP). Dies hat zur Folge, dass in diesen
Angelegenheiten dem örtlichen Personalrat eigenständige Mitwirkungsbefugnisse nicht zustehen. Herr
des Mitbestimmungsverfahrens ist vielmehr der Gesamtpersonalrat. Dem örtlichen Personalrat der
verselbständigten Außenstelle kommt lediglich eine unterstützende Rolle, vor allem im Rahmen des
Äußerungsrechts nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG, zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2000,
ZfPR 2001, 37 und Juris, Rdnr. 26 ff.). Insbesondere diese veränderte Aufgabenstellung des örtlichen
Personalrats der Außenstelle in im Vergleich zu den Aufgaben der Personalvertretung für das früher
selbständige Amt für Wehrgeophysik erlauben es neben dem Unterschreiten der
„300 Beschäftigten‑Grenze“ in der Freistellungsstaffel gemäß § 46 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht, bei dem
Vorsitzenden des Antragstellers einen Bedarf für die Freistellung in vollem Umfang anzunehmen.
Andererseits rechtfertigt die Verlagerung personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmungsbefugnisse auf
den Gesamtpersonalrat nicht, beim örtlichen Personalrat der verselbständigten Außenstelle einen
personalvertretungsrechtlichen Arbeitsaufwand gänzlich zu verneinen oder nur in äußerst geringem
Umfang anzunehmen. Denn der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG bewusst eine Multiplizie-
rung von Personalvertretungseinrichtungen auch für den Fall vorgesehen, dass dem örtlichen Personalrat
der verselbständigten Dienststelle ein Partner mit eigenen Entscheidungsbefugnissen nicht oder nur für
wenige Aufgabenfelder zur Verfügung steht. Mit der personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung
wird der Zweck verfolgt, für eine dem Beschäftigten nahe Vertretungseinrichtung zu sorgen. Hierdurch soll
für die von der Hauptstelle weit entfernten Nebenstellen der Kontakt der Beschäftigten zu ihrer Vertretung
und das Zusammenwirken von Personalvertretung, Dienststelle (Leitung) und Beschäftigten intensiviert
und damit den Beschäftigten eine verbesserte personalvertretungsrechtliche Betreuung gewährleistet
werden (vgl. BVerwG, PersR 1991, 335; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖG, Bd. V, K § 6, Rdnr. 13
m.w.N.). Dem örtlichen Personalrat kommt also auch dann, wenn er nicht als Partner personalver-
tretungsrechtlicher Mitbestimmungsbefugnis berufen ist, eine wichtige Mittlerfunktion für die
Geltendmachung der Interessen der Beschäftigten in der Außenstelle zu. Auch diese, den Gesamt-
personalrat unterstützende Funktion erfordert einen gewissen regelmäßigen Zeitaufwand, der eine
zumindest teilweise Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit rechtfertigt.
Im Einzelnen sind zwecks ordnungsgemäßer Durchführung seiner Aufgaben folgende Tätigkeiten des
Vorsitzenden des Antragstellers zu berücksichtigen: Zunächst sind die Angelegenheiten zu nennen, die
der Antragsteller als personalvertretungsrechtlicher Partner unmittelbar mit dem Kasernenkommandanten
verhandelt. Wenn auch der Umzug aus der Untertageanlage personalvertretungsrechtlich weitgehend
abgearbeitet sein dürfte, so hat der Vorsitzende des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung doch
plausibel machen können, dass im Hinblick auf die Liegenschaft regelmäßig Arbeitsaufwand entsteht. Vor
allem hat er aber einen erhöhten Arbeitsanfall im Zusammenhang mit den Aufgaben des Arbeitsschutzes
nachvollziehbar und gerade auch für die ehrenamtlichen Richter aus ihrer eigenen Erfahrung heraus
überzeugend dargelegt. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um eine
unmittelbare Mitwirkungsbefugnis des örtlichen Personalrats gegenüber dem Abteilungsleiter III des
Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr handelt, wie in der Beschwerdeerwiderung vom 8. April
2005 ausgeführt (vgl. S. 2, Abs. 3). Der zu den Akten gereichte Befehl zur Bildung des
Arbeitsschutzausschusses im Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom 30. Juli 2004 lässt die
Interpretation zu, dass der Abteilungsleiter III zwar mit der Wahrnehmung der Aufgaben des
Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung am Standort T... beauftragt worden ist (Nr. 3 Buchst. a des
Befehls), die Gesamtverantwortung für den Arbeitsschutz jedoch beim Leiter der Gesamtdienststelle
verblieben ist (Nr. 1 Abs. 3 des Befehls) mit der Folge, dass als personalvertretungsrechtlicher Partner der
Gesamtpersonalrat berufen ist. Dies kann hier deshalb dahingestellt bleiben, weil die Bewältigung der
personalvertretungsrechtlichen Beteiligung im Rahmen des Arbeitsschutzes zunächst einmal Kenntnisse
über die Situation am Standort T... verlangt. Selbst bei einer Mitwirkungsbefugnis des Gesamtpersonalrats
käme dem örtlichen Personalrat insofern eine wichtige Unterstützungsfunktion zu, die einen nicht
unerheblichen regelmäßigen Arbeitsaufwand erfordert.
Gleiches gilt hinsichtlich der Wahrnehmung der Äußerungsberechtigung nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG
in den anderen Angelegenheiten, die in Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats fallen. Wenn auch der
Gesamtpersonalrat Herr des Verfahrens ist, so fällt doch beim örtlichen Personalrat ein nicht
unerheblicher Arbeitsaufwand durch die Beschaffung von Informationen sowie durch das Abfassen und
Weiterleiten der Stellungnahme an. Ferner ist der Aufwand für die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen
des Antragstellers ebenso zu berücksichtigen wie der bei 260 Beschäftigten regelmäßig anfallende
Aufwand für die Entgegennahme von Beschwerden und Anregungen. Der örtliche Personalrat der
verselbständigten Nebenstelle hat insofern die ‑ vom Gesetzgeber gewollte ‑ Funktion einer ersten
Anlaufstelle für die Interessen der Beschäftigten am Standort T.... Dabei sei klargestellt, dass der Aufwand
für Gespräche mit Beschäftigten nur insofern einen Freistellungsanspruch rechtfertigt, als sie
beteiligungspflichtige Angelegenheiten betreffen. Individuelle Beratungen einzelner Beschäftigter
gehören nicht hierzu. Schließlich durfte der Antragsteller den Aufwand seines Vorsitzenden für
Literaturstudium in angemessenem Umfang als zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben
erforderlich betrachten.
Vor diesem Hintergrund erscheint der von dem Vorsitzenden des Antragstellers geltend gemachte
Arbeitsaufwand für seine Tätigkeit bei dem örtlichen Personalrat zwar als übersetzt. Andererseits hält der
Senat die von dem Beteiligten zugestandene Freistellung im Umfang von 40 % der regelmäßigen
Arbeitszeit aufgrund der besonderen Umstände der Außenstelle T... für zu knapp bemessen. Hierbei hat
sich der Senat neben der Freistellungspraxis für den örtlichen Personalrat der Hauptdienststelle auch von
dem Umstand leiten lassen, dass dem Vorsitzenden des Antragstellers derzeit wegen seiner Tätigkeit im
örtlichen Personalrat Dienstbefreiungen im Einzelfall in einem Umfang von knapp 80 % seiner
regelmäßigen Arbeitszeit erteilt werden. Angesichts dessen ist es gerade auch unter Berücksichtigung des
Grundsatzes sparsamer Haushaltsführung angemessen, den Freistellungsbedarf des Vorsitzenden des
Antragstellers auf 60 % seiner regelmäßigen Arbeitszeit zu veranschlagen.
Nach alledem war der Beschwerde in dem tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen
gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Held gez. Disson gez. Bepperling
gez. Bärdges gez. Kaspers