Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 10.09.2007

OVG Koblenz: firma, versteigerung, dienstfahrzeug, untreue, reisekosten, wagen, werkstatt, erwerb, unrechtsbewusstsein, leiter

OVG
Koblenz
10.09.2007
3 A 10390/07.OVG
Disziplinarrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In der Disziplinarsache
des Landes Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten des Polizeipräsidiums Rheinpfalz,
Wittelsbachstraße 3, 67061 Ludwigshafen,
- Kläger und Berufungskläger -
gegen
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Lütz-Binder & Kollegen, Westring 8, 76829 Landau,
wegen Disziplinarklage
hat der 3. Senat - Senat für Landesdisziplinarsachen - des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in
Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2007, an der teilgenommen haben
Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer
Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski
Richter am Verwaltungsgericht Steinkühler
ehrenamtlicher Richter Polizeioberkommissar Winkelmann
ehrenamtliche Richterin Regierungshauptsekretärin Krämer
für Recht erkannt:
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 28. Februar 2007 wird der Beklagte aus
dem Dienst entfernt.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der Kosten des behördlichen Verfahrens hat
der Beklagte zu tragen.
T a t b e s t a n d
Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.
Der 1961 geborene Beklagte, Polizeibeamter im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz, ist verheiratet und
hat drei Kinder. Nach dem Erwerb des Abiturs trat er 1980 in den mittleren Polizeidienst des Landes ein
und wurde zuletzt im Jahr 2002 in das Amt eines Polizeihauptkommissars der Besoldungsgruppe A 12
befördert. 1996 wurde er mit der Gesamtnote „B“, 1999 mit „C“ und im Jahr 2000 je einmal mit „C“ und
einmal mit „B“ dienstlich beurteilt.
Dem Beklagten wurde im Januar 2001 die Leitung des Sachbereichs … des Polizeipräsidiums Rheinpfalz
übertragen. Der Bereich, dem auch die Kfz-Werkstatt in N. untersteht, ist u. a. für die Beschaffung von
Dienstfahrzeugen und die Verwaltung des diesbezüglichen Budgets zuständig. Hierzu melden die
Dienststellen des Präsidiums dem Beklagten und seinen Mitarbeitern ihren Bedarf an. Diese entscheiden
über die Anzahl sowie die Notwendigkeit der Beschaffungsmaßnahme einschließlich der
haushaltsrechtlichen Voraussetzungen und leiten den Auftrag sodann an die Zentralstelle für Polizei-
technik (ZPT) weiter. Die ZPT, eine Behörde des Ministeriums des Innern und für Sport, ist landesweit
zuständig für die Bestellung von Polizeidienstfahrzeugen. Sie handelt zu diesem Zweck Rahmenverträge
mit den Herstellern aus und erstellt auf deren Grundlage einen so genannten „elektronischen Warenkorb“,
den die für die Beschaffung verantwortlichen Sachbereiche ihren Aufträgen zugrunde legen. Aufgrund
dieser Rahmenverträge gewähren die Hersteller dem Land erhebliche Rabatte. Der ZPT obliegt die
Abwicklung des Bestellvorgangs mit den Automobilfirmen. Die das Polizeipräsidium Rheinpfalz
betreffenden Rechnungen übersendet die ZPT an den Sachbereich …, wo sie auf ihre sachliche und
rechnerische Richtigkeit überprüft und zur Überweisung an das hierfür zuständige Dezernat weitergeleitet
werden.
Am 9. April 2003 beauftragte der Beklagte, dem zuvor die dienstliche Nutzung seines Pkw der Marke Fiat
Punto genehmigt worden war, die ZPT, einen Opel Corsa als Zivilfahrzeug zu leasen. Die Bestellung
enthielt den wahrheitswidrigen Hinweis, der Corsa sei als Ersatz für ein Dienstfahrzeug vorgesehen.
Nachfolgend schaltete der Beklagte eine Anzeige in einer Tageszeitung, in der er einen Pkw der Marke
BMW als Halbjahreswagen für 30 v.H. unter Listenpreis anbot. Hierauf meldete sich ein Interessent, mit
dem der Beklagte einen Vorvertrag schloss und der ihm seine Ausstattungswünsche mitteilte. Diese
berücksichtigend, bestellte der Beklagte am 5. Juni 2003 bei der ZPT einen BMW 520i. Der Corsa wurde
am 23. Juli 2003 ausgeliefert und vom Beklagten übernommen. In dem Übernahmeprotokoll bestätigte er,
das Fahrzeug sei für den operativen Bereich bestimmt, und ließ es am darauf folgenden Tag auf seinen
Namen zu. Der Pkw wurde sodann von dem Beklagten und seiner Ehefrau genutzt. Die monatlichen
Leasingraten in Höhe von 142,01 € zahlte die ZPT. Der BMW wurde dem Beklagten am 7. Oktober 2003
übergeben. In dem Übernahmeprotokoll bescheinigte er wiederum, der Wagen sei für den operativen
Bereich vorgesehen. Am 9. Oktober ließ er ihn auf sich zu und meldete ihn seinem Dienstherrn als Ersatz
für seinen als privateigen anerkannten Pkw. Die ihm über die ZPT zugeleitete Rechnung vom
23. September 2003 in Höhe von 21.556,99 € (Listenpreis: 41.659,98 €) übersandte er – als „sachlich und
rechnerisch richtig“ gezeichnet – am 12. Januar 2004 an das Dezernat … und überwies am selben Tag
21.793,‑‑ € an die Regierungskasse.
Bereits am 24. November 2003 war gegen ihn – zunächst ohne Bekanntgabe – wegen der Bestellung des
BMW ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Am 16. Januar 2004 ließ die Staatsanwaltschaft seine
Wohn- und Diensträume durchsuchen und verbot der Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Rheinpfalz
dem Beklagten die Amtsführung. Dieser überwies unter dem 17. Januar 2004 einen weiteren Betrag von
1.000,-‑ € an die Regierungskasse. Am 25. Februar 2004 enthob ihn der Kläger vorläufig des Dienstes
und kürzte seine Dienstbezüge um 32 v.H. Das Disziplinarverfahren wurde nachfolgend mehrfach
erweitert.
Am 4. April 2005 verurteilte das Landgericht Frankenthal den Beklagten wegen Untreue zu einer
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50,-- €. Der Opel Corsa, den er unter falschen Angaben bestellt
habe, sei von vornherein zur privaten Nutzung durch ihn und seine Ehefrau bestimmt gewesen. Dies habe
er planmäßig verdeckt und beabsichtigt, die aufgelaufenen Leasingraten erst gegen Ende des Leasing-
er planmäßig verdeckt und beabsichtigt, die aufgelaufenen Leasingraten erst gegen Ende des Leasing-
jahres zu bezahlen. Hierdurch sei dem Land ein monatlicher Schaden in Höhe von 142,01 € – bis zur
Aufdeckung insgesamt 852,06 € – entstanden. Einen Betrug zu Lasten der Firma Opel AG habe der
Beklagte jedoch nicht begangen, da ihr kein Schaden entstanden sei. Vom Vorwurf des Betrugs durch die
Bestellung des BMW sprach ihn das Gericht gleichfalls frei. Es habe ihm am Vorsatz der unrechtmäßigen
Bereicherung gefehlt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er ein Telefongespräch mit dem
Sachbearbeiter EPHK M. vom Innenministerium im Januar 2003 dergestalt ausgelegt habe, sein Vor-
gehen sei vom Dienstherrn gebilligt. Auch habe der Beklagte sich insoweit nicht der Untreue strafbar
gemacht, weil der Wagen nicht aus Landesmitteln, sondern durch ihn selbst bezahlt worden sei.
Nach Zustimmung des Personalrats hat der Kläger am 13. September 2006 Disziplinarklage erhoben.
Darin macht er geltend, der Beklagte habe
– unerlaubt Vermögensgegenstände des Klägers privat genutzt, nämlich den Opel Corsa, ein
Dienstfahrzeug der Marke Mercedes Benz Roadster sowie mehrere dienstliche Kennzeichen, eine
dienstliche Digitalkamera und den dienstlichen Mobilfunk- und Festnetzanschluss,
– versucht, seinen Privat-Pkw im Rahmen einer Auktion von Dienstfahrzeugen versteigern zu lassen,
– Dritte zur Erlangung geldwerter Vorteile in Form von Behördenrabatten über den Erwerb von
Vermögensgegenständen für das Polizeipräsidium getäuscht durch die Beschaffung des BMW, die
Bestellung von Motorradkleidung bei der Firma HARRO, die Mitnahme eines Laptop bei der Firma Media
Markt, den Kauf von sechs Autoreifen bei der Firma Continental sowie den Erwerb von drei ISDN-Anlagen
bei der Firma Conrad-Elektronik; die Waren habe der Beklagte jeweils auf Rechnung des
Polizeipräsidiums bestellt, die von ihm selbst beglichen worden seien,
– unerlaubt eine Nebentätigkeit ausgeübt, indem er die Telefonanlagen gegen Entgelt bei Bekannten
eingebaut habe,
– wahrheitswidrige Angaben bei Reisekostenanträgen gemacht, sowie
– den Steuererklärungen der Jahre 1998 bis 2002 – teilweise unter Verwendung dienstlicher Stempel
und der Fälschung der Unterschrift eines ihm unterstellten Polizeibeamten – unrichtige Aufstellungen von
Werbungskosten beigefügt und hierdurch Steuern in Höhe von 2.283,-- € erschlichen.
Damit habe er sich schwerwiegender Dienstvergehen schuldig gemacht und das Vertrauen des
Dienstherrn sowie der Allgemeinheit endgültig verloren.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, er sei von der Rechtmäßigkeit der Pkw-Bestellungen ausgegangen. Den
Mercedes Roadster habe er nur dienstlich genutzt. Die privaten Fotos mit der Digitalkamera seien zu
Übungszwecken gefertigt worden. Er habe die Kamera häufiger an Kollegen ausgeliehen, die damit
ebenfalls fotografiert hätten. Die ihm vorgehaltenen Telefonate seien allein dienstlich veranlasst gewesen.
Hinsichtlich der Versteigerung habe er lediglich den Transporter mitbenutzt, wodurch sich die Gebühren
für die Dienstfahrzeuge sogar verringert hätten. Der Kauf der Motorradkleidung sei mit der
Bekleidungskammer abgestimmt gewesen. Beim Erwerb des Laptops habe er auch dienstlichen
Nutzungswillen gehabt. Bestellungen für private Zwecke – insbesondere auch von Autoreifen – über
Polizeidienststellen seien üblich. Das Geld für den Einbau der ISDN-Anlagen sei nicht für ihn, sondern für
seine Kinder bestimmt gewesen. Hinsichtlich der Fahrtkostenerstattung sei er gutgläubig gewesen. Soweit
man ihm vorhalte, auch Fahrten mit dem Corsa abgerechnet zu haben, widerspreche die Annahme, es
habe sich dabei um ein Dienstfahrzeug gehandelt, den landgerichtlichen Feststellungen. Er habe nicht die
Unterschrift eines Mitarbeiters gefälscht, sondern in seiner eigenen Schrift mit „E. M.“ unterschrieben.
Das bezüglich der Steuererklärungen der Jahre 1998 bis 2002 gegen den Beklagten eingeleitete
strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung wurde am
20. April 2006 gemäß § 153a StPO gegen Zahlung von 3.600,‑‑ € eingestellt. Ein weiteres
Ermittlungsverfahren wegen Betruges aufgrund der Nutzung dienstlicher Telefonanschlüsse für Privat-
gespräche stellte die Staatsanwaltschaft im Dezember 2006 nach § 154a StPO ein.
Das Verwaltungsgericht Trier hat den Beklagten mit Urteil vom 28. Februar 2007 in das Amt eines
Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10) zurückgestuft. Es hat in nahezu allen Anklagepunkten
ein Dienstvergehen bejaht. Hinsichtlich des Mercedes Benz Roadster und der dienstlichen Kennzeichen
habe die Beweisaufnahme jedoch keine Anhaltspunkte für eine unrechtmäßige Nutzung ergeben.
Bezüglich des Versuchs der Versteigerung des privaten Pkw habe der Beklagte zwar dienstliche
Möglichkeiten zur Verfolgung privater Interessen genutzt. Sein Verhalten sei aber nicht so
schwerwiegend, dass es disziplinarische Konsequenzen erfordere. Er habe zu Recht Reisekosten für
Fahrten mit dem Corsa geltend gemacht, weil es sich hierbei um einen Privatwagen gehandelt habe.
Hinsichtlich des Vorhalts, er habe Fahrten von seiner Dienst- zur Außenstelle des Sachbereichs
abgerechnet, obwohl er von dort nicht an seinen Dienstort zurückgekehrt sei, liege keine Täuschung vor.
Der Beklagte habe lediglich Fahrten angegeben, die nicht zu erstatten gewesen seien, ohne dass
Anhaltspunkte dafür bestünden, er habe dies gewusst oder wissen müssen. Ein Pflichtverstoß bestehe
daher nur insofern, als er die Entfernung mit 34 statt 26 Kilometern angegeben habe. Nach Abwägung
aller Umstände habe sich der Beklagte zwar eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht. Das
Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn sei jedoch noch nicht endgültig verloren. Zu
seinen Gunsten spreche, dass sein Unrechtsbewusstsein aufgrund eines als Bestätigung verstandenen
Telefonats mit EPHK M. vom Innenministerium sowie im Hinblick auf die Aussage des als Zeugen
vernommenen Leiters der Kfz-Werkstatt, die Bestellung von Autoreifen zu privaten Zwecken über den
Dienstherrn sei üblich, vermindert gewesen sei.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst weiter. Allein diese
Disziplinarmaßnahme sei schuld- und persönlichkeitsangemessen. Fälschlicherweise habe das
Verwaltungsgericht ein vermindertes Unrechtsbewusstsein des Beklagten aus einem Telefonat mit EPHK
M. vom Innenministerium hergeleitet. Angesichts des Protokolls einer Dienstbesprechung vom 30. No-
vember 2000, an der auch der Beklagte teilgenommen und bei der ein Vertreter des Innenministeriums
erklärt habe, die Inanspruchnahme von Behördenrabatten auf Privatfahrzeuge sei grundsätzlich nicht
möglich, müsse erheblich angezweifelt werden, ob das vom Beklagten behauptete Telefongespräch
stattgefunden habe. Entgegen den Ausführungen des Gerichts habe der Leiter der Kfz-Werkstatt nicht
ausgesagt, private Bestellungen seien üblich gewesen. Unberücksichtigt geblieben sei zudem die
dienstliche Stellung des Beklagten, zu dessen Aufgaben es gerade gehört habe, private Beschaffungen
zu verhindern. Die finanziellen Nachteile mit Ausnahme der Telefonkosten habe er darüber hinaus erst
nach der Tataufdeckung und der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen beglichen. Entgegen der Ansicht
des Verwaltungsgerichts seien auch die Vorkommnisse im Rahmen der Versteigerung disziplinarrechtlich
relevant. Der Beklagte habe vorgetäuscht, sein Pkw sei ein Dienstfahrzeug, und EPHK M. gegenüber
wahrheitswidrig behauptet, sein Vorgehen sei mit der Verwaltung abgesprochen. Die Rechnung der mit
der Versteigerung beauftragten Firma habe der Kläger beglichen; erst nachträglich seien die Kosten durch
den Beklagten anteilig erstattet worden. Leasingnehmer des Corsa sei nicht der Beklagte, sondern das
Land Rheinland-Pfalz gewesen. Es habe sich folglich um ein Dienstfahrzeug gehandelt, für das der
Beklagte keine Reisekosten habe geltend machen können. Zwar sei dem Dienstherrn nur ein
verhältnismäßig geringer Schaden entstanden; dem stünden jedoch erhebliche Schäden Dritter in Folge
grundlos gewährter Rabatte gegenüber.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 28. Februar 2007 aus
dem Dienst zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und bestreitet den Vorwurf, er habe für die Versteigerung sein Auto als
Dienstfahrzeug gekennzeichnet. Er habe die Kosten für den Corsa getragen, sei als Halter eingetragen
gewesen und habe deshalb Reisekosten geltend machen können. Bezüglich der Telefonkosten sei ihm
nicht die Möglichkeit einer Überprüfung und Stellungnahme eingeräumt worden. An der Besprechung
im November 2003 habe auch EPHK M. teilgenommen. Er – der Beklagte – sei damals erst sechs Wochen
zum Leiter des Sachbereichs … bestimmt und mit den Details der Fahrzeugbeschaffung nicht vertraut
gewesen. Bei seinem Telefonat mit EPHK M. im Jahr 2003 habe er sich hieran ebenso wenig wie dieser
erinnert. Im Übrigen habe sich seine Anfrage auf den Fall bezogen, dass eine Bescheinigung über die
dienstliche Nutzung des Privatfahrzeugs vorliege. Die dem Kläger entstandenen Kosten habe er
ausnahmslos erstattet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie
die Disziplinarakten (sieben Ordner), die Akten der Staatsanwaltschaften Frankenthal (Az.: 5226 Js
1791/04 – zwei Hefte –, 5226 Js 7159/04 und 5226 Js 13858/06 – jeweils ein Heft –) und Kaiserslautern
(Az.: 6052 Js 11254/05Wi – ein Heft –) sowie die Personalakten (drei Hefte) Bezug genommen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Beklagte ist wegen schwerwiegender Dienstvergehen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1
Landesdisziplinargesetz – LDG – aus dem Dienst zu entfernen. Er hat über mehrere Jahre hinweg unter
Ausnutzung der ihm durch seinen Dienstposten eingeräumten Befugnisse ein Verhalten gezeigt, welches
sich unter Hintanstellung der Belange des Dienstherrn allein an seinem persönlichen Vorteil orientierte
und sowohl für die Polizei als auch für Dritte zu erheblichen – nicht nur materiellen – Schäden führte (1.).
Die Schwere der darin liegenden Dienstvergehen und das Persönlichkeitsbild des Beklagten (2.) führen
auch nach Abwägung der für und gegen ihn sprechenden Umstände (3.) zu einem endgültigen Verlust
des Vertrauens des Dienstherrn wie auch der Allgemeinheit (4.).
1. Der Beklagte hat in einer Vielzahl von Fällen schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt und sich
damit gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz – LBG – mehrerer Dienstvergehen schuldig
gemacht. Besonders schwer wiegen dabei die Bestellung des Opel Corsa (a) und des BMW (b), die
Fälschung der Unterschrift eines unterstellten Beamten im Rahmen der Steuererklärung (c) sowie die
mehrfache unrechtmäßige Verpflichtung des Landes zur Erlangung persönlicher Vorteile (d). Auch die
Fälle, in denen der Beklagte Vermögensgegenstände des Klägers privat nutzte, sowie die fehlerhafte
Abrechnung von Reisekosten belegen seine mangelhafte Diensteinstellung (e).
a) Ausweislich der vom Landgericht getroffenen und den Senat gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 LDG bindenden
Feststellungen bestellte der Beklagte den Pkw der Marke Opel Corsa über die ZPT, um ihn für sich und
seine Ehefrau privat zu nutzen. Dies verdeckte er planmäßig und beabsichtigte, dem Land erst gegen
Ende des Leasingjahres die Leasingraten zu erstatten. Hierbei machte er sich zunutze, dass der Wagen –
weil von ihm als Fahrzeug für den so genannten operativen Bereich bestellt – nicht im Datenbestand der
ZPT für Leasingfahrzeuge aufgeführt wurde. Dem Land entstand hierdurch ein monatlicher Schaden in
Höhe von 142,01 €.
Der Beklagte hat durch sein Verhalten, das den Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 Alt. 1
Strafgesetzbuch – StGB – erfüllte, in ganz erheblichem Maße gegen seine Pflichten zur uneigennützigen
Amtsführung, § 64 Abs. 1 Satz 2 LBG, und zu rechtmäßigem Handeln, § 66 Abs. 1 LBG, verstoßen.
Zugleich hat er das in § 64 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 214 Satz 2 LBG normierte Gebot des achtungs- und
vertrauensgerechten Verhaltens missachtet. Die Inanspruchnahme von Behördenrabatten für private
Zwecke wie auch der nach außen vermittelte Eindruck, dies werde vom Dienstherrn geduldet, sind
geeignet, das Ansehen der Polizei und das Vertrauen in den Beamten nachhaltig zu erschüttern.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte unter Ausnutzung seiner dienstlichen Aufgaben und
Möglichkeiten handelte. Der Sachbereich … des Polizeipräsidiums, dessen Leiter er war, hat gerade die
Funktion, Unkorrektheiten bei Beschaffungsvorgängen zu verhindern, indem dort die Notwendigkeit des
von der jeweiligen Dienststelle angemeldeten Bedarfs sowie die eingehenden Rechnungen überprüft
werden. Daraus folgt zugleich, dass Manipulationen allein aus dem vom Beklagten geleiteten Dezernat
heraus möglich sind. Durch sein Verhalten hat er daher im Kernbereich der ihm übertragenen Aufgaben
versagt und das ihm entgegen gebrachte besondere Vertrauen in schwerwiegender Weise verletzt.
Sein Einwand, er habe durch eine E-Mail an den Leiter der Kfz-Werkstatt klar zum Ausdruck gebracht,
dass es sich nicht um ein Dienstfahrzeug handele, und den Corsa auch für dienstliche Fahrten eingesetzt,
widerspricht den Feststellungen des Strafurteils. Anhaltspunkte, die geeignet wären, eine Abweichung
hiervon nach § 16 Abs. 1 Satz 2 LDG zu rechtfertigen, sind nicht erkennbar. Soweit der Beklagte des
Weiteren geltend macht, er sei aufgrund eines Telefonats mit EPHK M. von der Rechtmäßigkeit seines
Handelns ausgegangen, widerspricht dies weder der Annahme eines Dienstvergehens noch ist es
geeignet, eine Minderung des Unrechtsbewusstseins zu begründen. Seinen eigenen Angaben zufolge
hat er das vorbezeichnete Gespräch so verstanden, dass für anerkannt privateigene Pkw eine Bestellung
über die ZPT möglich sei. Eine Anerkennung der Haltung des Corsa im überwiegenden dienstlichen
Interesse hat er jedoch weder beantragt noch erhalten, sondern das Auto nach den landgerichtlichen
Feststellungen rein privat genutzt. Auch unter Zugrundelegung seines Verständnisses musste er daher
von der Pflichtwidrigkeit des Vorgangs ausgehen, zumal er sich hinsichtlich der Zahlung der Leasingraten
durch die ZPT ohnehin nicht auf das Telefonat berufen konnte. Demgemäß hat das Landgericht nur in
Bezug auf den Kauf des BMW, nicht aber hinsichtlich des Corsa festgestellt, der Beklagte habe geglaubt,
rechtmäßig zu handeln.
b) Aber auch mit der Bestellung des BMW hat der Beklagte die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung
und zur Wahrung des Ansehens der Polizei gemäß § 64 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 214 Satz 2 LBG verletzt.
Die landgerichtlichen Feststellungen hinsichtlich des Telefongesprächs mit dem Zeugen EPHK M. stehen
der Annahme eines schuldhaften Dienstvergehens nicht entgegen. Der Glaube an eine allgemeine
Genehmigung des „Privatkaufs“ durch den Dienstherrn mag im Strafrecht den Vorsatz bezüglich der
Unrechtmäßigkeit der Bereicherung entfallen lassen. Ein „erlaubtes eigennütziges Verhalten“ gibt es
jedoch im Beamtenrecht nicht. Die Verpflichtung zu uneigennützigem Handeln besteht gegenüber der All-
gemeinheit und ist dem Beamtenverhältnis immanent. Von ihr können deshalb der Dienstherr oder ein
Dienstvorgesetzter nicht befreien. Glaubte der Beklagte somit an das Vorliegen eines nicht existierenden
Rechtfertigungsgrundes, so befand er sich in einem Verbotsirrtum, der – hätte er sich ordnungsgemäß auf
dem Dienstweg und nicht nur am Rande eines mit einem Sachbearbeiter im Innenministerium geführten
Telefonats nach der Möglichkeit einer Bestellung über die ZPT erkundigt – vermeidbar war. Zu
berücksichtigen ist hierbei auch, dass er es nicht bei dem Erwerb des Pkw belassen, sondern durch einen
Weiterverkauf zusätzlich Gewinn erzielen wollte und zu diesem Zeck bereits Kontakt mit zwei
Interessenten aufgenommen hatte. Er wollte somit zusätzlich zu der von ihm als genehmigt erachteten
Vorteilsgewährung weiteren Gewinn erzielen, und zwar auch, wie der Schriftwechsel mit einem zweiten
Interessenten belegt, durch weitere Bestellungen und Verkäufe von Fahrzeugen über die ZPT.
Allerdings ist hinsichtlich der Bestellung des BMW von einem verminderten Unrechtsbewusstsein
auszugehen. Soweit der Kläger dem unter Verweis auf eine Besprechung vom November 2000
entgegentritt und die Existenz des Telefongesprächs mit EPHK M. bezweifelt, widerspricht dies den
Feststellungen des Landgerichts. Von ihnen war vorliegend nicht gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 LDG
abzuweichen, weil sie auch in Anbetracht des vom Kläger vorgelegten Protokolls weder offenbar unrichtig
sind noch auf erhebliche Zweifel stoßen. Das Landgericht hat die Annahme der Gutgläubigkeit nicht allein
auf das Telefonat, sondern insbesondere auch auf den Umstand gestützt, dass der Beklagte die
Möglichkeit der Bestellung von Fahrzeugen über die ZPT publik gemacht hat. Es hat hieraus den Schluss
gezogen, ein solches Verhalten könne nur dadurch erklärt werden, dass der Beklagte von der
Rechtmäßigkeit seines Handelns ausgegangen sei. Diese Erwägungen werden durch den Verweis auf
die Besprechung Ende 2000 nicht in Frage gestellt.
c) In Bezug auf die Steuererklärungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte seinen
Mitarbeiter eine Auflistung von Werbungskosten für das Jahr 2001 abzeichnen ließ und auf zwei für das
Jahr 2002 gefertigten Aufstellungen über Dienstreisen und Telefonkosten selbst mit dessen Namen
unterschrieb, wobei er letztere zudem mit den Stempelaufdrucken „sachlich richtig, N.“ und
„Polizeipräsidium Rheinpfalz“ versah. Hierdurch hat er seine Vorgesetztenstellung missbraucht und sich
zudem – bezüglich der Steuererklärung für das Jahr 2002 – einer Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1
StGB strafbar gemacht. Denn er hat, indem er über die Person des Ausstellers der Überprüfung seiner
Werbungskosten täuschte, eine unechte Urkunde hergestellt, um das Finanzamt zu einer weniger
intensiven Prüfung seiner Angaben zu verleiten. Dass er dabei die persönliche Unterschrift seines
Mitarbeiters nicht nachgeahmt, sondern in seiner eigenen Schrift mit dessen Namenszug unterzeichnet
hat, ist ebenso unbeachtlich wie sein Einwand, die Versendung sei nur versehentlich erfolgt. Wäre
letzteres tatsächlich der Fall, so wäre zu erwarten gewesen, dass der Beklagte, nachdem er Kenntnis von
der Absendung erlangte, die Rückgabe der Unterlagen veranlasst hätte. Dies ist jedoch nicht erfolgt.
d) Der Beklagte hat des Weiteren seine Pflicht zur Uneigennützigkeit der Amtsführung, zum achtungs- und
vertrauensgerechten Verhalten sowie zur Wahrung des Ansehens der Polizei wie auch seine
Vorgesetztenfunktion schuldhaft verletzt, indem er unter missbräuchlicher Ausnutzung seiner dienstlichen
Aufgaben und Möglichkeiten mehrfach Waren für den eigenen Bedarf auf Rechnung des Klägers
erworben hat. Diesbezüglich steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte Motorradkleidung,
einen Laptop mit Zubehör, sechs Autoreifen sowie drei ISDN-Anlagen unter bewusster Überschreitung
seiner Kompetenzen im Namen des Polizeipräsidiums gekauft und zudem versucht hat, in pflichtwidriger
Weise seinen privaten Pkw zusammen mit Dienstfahrzeugen versteigern zu lassen.
Hierbei erlangte der Beklagte bei der Bestellung der Motorradausrüstung im Jahr 1999 einen
Behördenrabatt von 571,50 DM, den die Firma HARRO in dem Glauben einräumte, der Kauf erfolge für
das Polizeipräsidium. Soweit er geltend macht, die Bestellung sei mit Zustimmung der Kleiderkammer
erfolgt, hat die Beweisaufnahme des Verwaltungsgerichts, die der Senat seiner Entscheidung gemäß § 83
Abs. 4 LDG zugrunde legt, ergeben, dass diese Behauptung nicht zutrifft. Bezüglich des Laptops gewährte
die Firma Media Markt dem Beklagten zwar keinen Preisnachlass, es war ihm aber durch die
Vorspiegelung des Erwerbs für den Dienstherrn möglich, das Gerät mitzunehmen und erst später zu
bezahlen. Die Behauptung, er habe auch eine dienstliche Nutzung des Rechners beabsichtigt, ist ohne
Bedeutung. Beim Bezug der ISDN-Anlagen erzielte der Beklagte schließlich einen Preisvorteil in Höhe
von 10 v.H. des Kaufpreises sowie Prämiengutschriften. Indem er die Telefonanlagen gegen ein Entgelt
von rund 250,-‑ DM einbaute, verstieß er zugleich gegen seine Pflicht, Nebentätigkeiten nur nach vor-
heriger Genehmigung auszuüben. Dass er das Geld an seine Kinder weitergegeben haben will, ist in
Bezug auf die Pflichtwidrigkeit seines Handelns unbeachtlich.
Hinsichtlich des Kaufs der Autoreifen, bei der der Beklagte wiederum in den Genuss von Sondervorteilen
für Behörden kam, war sein Unrechtsbewusstsein nicht vermindert. Die vom Verwaltungsgericht zur
Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogene Feststellung, die Beschaffung von Autoreifen
für private Zwecke über das Polizeipräsidium sei üblich gewesen, findet in der Aussage des Leiters der
Kfz-Werkstatt keine hinreichende Grundlage. Der Zeuge hat lediglich angegeben, es habe private
Bestellungen gegeben. Dass es „üblich“, mithin allgemein verbreitet und gebilligt gewesen wäre, lässt
sich daraus jedoch nicht herleiten. Ungeachtet der Tatsache, dass auch insoweit eine stillschweigende
Ermächtigung zu eigennützigem Verhalten nicht anzuerkennen ist, gehörte es im Übrigen gerade zu den
Aufgaben des Beklagten, dem die Kfz‑Werkstatt unterstellt war, gegen ein derartiges Fehlverhalten
vorzugehen. Dieses pflichtwidrige Versäumnis ist deshalb nicht geeignet, sein Handeln in einem milderen
Licht erscheinen zu lassen.
Schließlich ist auch das Verhalten des Beklagten bezüglich der Versteigerung am 27. November 2003
disziplinarrechtlich relevant. Indem er seinen privaten Pkw im Rahmen eines für Dienstfahrzeuge vor-
gesehenen Transports zur Auktion nach A. verbringen, dort anbieten und sodann nach N. zurückbefördern
ließ nutzte er – wie auch in den anderen Fällen – zur Erlangung privater Vorteile die ihm eingeräumte
Befugnis, über das Vermögen des Landes zu verfügen und dieses zu verpflichten. Ungeachtet der Frage
einer etwaigen Kostenersparnis bestand für ihn der Vorteil darin, seinen Wagen auf der Versteigerung
anbieten zu können, ohne sich privat um die Organisation des Verkaufs kümmern zu müssen. Hinzu
kommt, dass dem Land der Großteil der Transport- und Versteigerungskosten bereits unter dem 1. und
4. Dezember 2003 (Firmen BCA und Autokontor Bayern) in Rechnung gestellt wurde, der Beklagte dem
Kläger die anteiligen Kosten jedoch erst am 12. Januar 2004 überwies und sich so zusätzlich einen Kredit
auf Kosten des Landes einräumte.
Diese Verletzung des ihm entgegengebrachten Vertrauens bildet in allen vorgenannten Fällen den
Schwerpunkt des Dienstvergehens. Die Frage, ob der Dienstherr materiell geschädigt wurde, ist hierauf
ohne Einfluss. Auch ohne finanzielle Nachteile des Klägers liegt die Pflichtverletzung darin begründet,
dass der Beklagte das Land für seine privaten Ausgaben in Vorlage treten und sein Insolvenz- und
Haftungsrisiko tragen ließ. Hätte er beispielsweise den Laptop nicht bezahlen können oder wäre durch
seinen Pkw ein Schaden entstanden, so wäre nicht er, sondern der Kläger in Anspruch genommen
worden.
e) Die weiteren Dienstvergehen – die unerlaubte Nutzung einer dienstlichen Digitalkamera und der
dienstlichen Telefonanschlüsse sowie die unrechtmäßige Geltendmachung von Reisekosten –, von deren
Vorliegen der Senat überzeugt ist, sind zwar für sich genommen nicht so schwerwiegend, um die schärfste
Disziplinarmaßnahme zu rechtfertigen. Auch sie belegen jedoch die vom Beklagten durch die oben
dargestellten Vorgänge offenbarte mangelhafte Diensteinstellung. Soweit er darauf verweist, er habe die
Kamera auch an andere Kollegen verliehen, entschuldigt dies sein Vorgehen nicht, sondern belegt
lediglich weiteres Fehlverhalten. Sein Einwand, die Fotos seien zu Übungszwecken gemacht worden, ist
ebenso eine bloße Schutzbehauptung wie sein Vortrag hinsichtlich der mit seinem privaten Anschluss
geführten Telefonate. Hierzu wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts gemäß
§ 21 LDG i.V.m. § 130b Satz 2 VwGO analog verwiesen. Schließlich hat der Beklagte Reisekosten nicht
nur hinsichtlich der wahrheitswidrigen Kilometerangaben, sondern auch insoweit pflichtwidrig geltend
gemacht, als er in drei Fällen für Dienstfahrten den Corsa benutzte. Bei diesem Pkw handelte es sich –
entgegen der Auffassung des Beklagten – um kein Privat-, sondern um ein Dienstfahrzeug. Diesbezüglich
hat das Landgericht lediglich festgestellt, der Wagen sei zur privaten Nutzung des Beklagten bestimmt
gewesen. Dies ändert aber nichts daran, dass rechtlich gesehen das Land Leasingnehmer war. Es war
damit alleiniger Nutzungsberechtigter und hätte den Wagen jederzeit herausverlangen können. Die
Tragung der Unterhaltskosten durch den Beklagten steht dem nicht entgegen; sie folgt allein daraus, dass
er dem Kläger das Fahrzeug durch seine private Nutzung und die Verschleierung der Umstände
pflichtwidrig vorenthalten hat.
2. Die Vielzahl und Schwere der Dienstvergehen prägen zugleich das Persönlichkeitsbild des Beklagten.
Er hat nicht nur einmalig oder gelegentlich, sondern beständig und in vielfältigster Weise gegen die Pflicht
zu uneigennütziger Amtsführung verstoßen. Er ist so sehr auf seinen Vorteil bedacht, dass er die Grenzen
zwischen rechtmäßigem und pflichtwidrigem Handeln nicht mehr erkennt. Dies zeigt sich beispielhaft am
Fall der Bestellung des BMW. Einem pflichtbewussten Beamten hätten zumindest erhebliche Zweifel
hinsichtlich des vermeintlichen Einverständnisses des Dienstherrn mit dem Erwerb eines Pkw zur Hälfte
des Listenpreises und unter Vorspiegelung eines dienstlichen Bedürfnisses gegenüber dem Hersteller –
dem gegenüber sich das Land hierdurch grob vertragswidrig verhielte – kommen müssen. In Anbetracht
dieser offenkundigen Bedenken hätte es wenigstens einer schriftlichen Nachfrage bedurft. Selbst wenn
der Beklagte trotz der vorstehenden Ausführungen davon hätte ausgehen können, sein Dienstherr wolle
ihm den Rabatt vermitteln, ist seine Vorstellung, dies gelte auch im Fall des Weiterverkaufs mit
erheblichem Gewinn, nicht nachvollziehbar. Derartige Bedenken hatte er jedoch offensichtlich nicht. Der
hiernach bestehende Eindruck, er sei darauf bedacht, so viele Vorteile wie möglich auszunutzen, wird
bestärkt durch die falsche Angabe der Entfernung zwischen seinem Dienstort in S. und der Außenstelle in
N. Hieraus erlangte der Beklagte, der immerhin nach A 12 besoldet wurde, 2,40 € je Fahrt. Gleiches gilt für
den Umstand, dass er es nicht nur bei der pflichtwidrigen Bestellung der Telefonanlagen beließ, sondern
auch noch die Prämiengutschriften für sich forderte. Schließlich belegen auch die Einlassungen im
Disziplinarverfahren hinsichtlich der privaten Nutzung der Kamera und des Telefonanschlusses, dass der
Beklagte nicht in der Lage ist, zwischen dienstlichen und privaten Belangen zu unterscheiden.
Diesem Ergebnis stehen die ihm erteilten dienstlichen Beurteilungen nicht entgegen, die zwischen „C“
(„entspricht den Anforderungen“) und „B“ („übertrifft die Anforderungen“) lagen. Sie entsprachen damit
denjenigen eines durchschnittlichen Beamten und sind nicht geeignet, das in dem pflichtwidrigen
Verhalten zum Ausdruck kommende Persönlichkeitsbild zu relativieren. Zieht man vielmehr auch die
Beurteilung aus dem Jahr 1995 heran, anlässlich derer der Erstbeurteiler ausführte, ihm seien
Verhaltensweisen aufgefallen, die nicht geeignet seien, den Mitarbeitern Vorbildfunktion vorzuleben,
insbesondere habe der Beklagte bei der Dienstsportgestaltung persönliche Vorteile in Anspruch
genommen, so verfestigt sich der Eindruck der Pflichtvergessenheit.
3. Eine Abwägung der mildernden und der erschwerenden Gesichtspunkte fällt gleichfalls zu Ungunsten
des Beklagten aus.
Für ihn spricht, dass er nach den Feststellungen des Landgerichts bezüglich des Erwerbs des BMW mit
vermindertem Unrechtsbewusstsein handelte. Zudem hat er die finanziellen Nachteile des Dienstherrn
zum Großteil vor der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens ausgeglichen; die durch die pflichtwidrige
Bestellung des Corsa angefallenen Kosten erstattete er allerdings erst danach.
Erschwerend sind dem gegenüber die Vielzahl der Pflichtverletzungen sowie das planmäßige Vorgehen
des Beklagten zu berücksichtigen. So nutzte er bei der Bestellung des Corsa gezielt aus, dass
Leasingfahrzeuge, die für den operativen Bereich bestimmt waren, nicht in die Liste der Dienstfahrzeuge
eingetragen und erst am Ende des Jahres gegenüber den Dienststellen von der ZPT abgerechnet
wurden. Deshalb fiel zunächst nicht auf, dass sich der Corsa im Bestand des Polizeipräsidiums befand.
Der Beklagte, zu dessen dienstlichen Aufgaben gerade die Verhinderung missbräuchlicher
Beschaffungsvorgänge zählt, hat somit im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten versagt. Er hat zudem
seine Vorgesetztenstellung missbraucht. Hinzu kommt, dass sowohl der Dienstherr als auch die All-
gemeinheit zu Recht von einem Polizeibeamten erwarten, dass er die Rechtsordnung in besonderem
Maße wahrt. Wenn ein Amtsträger, zu dessen zentralen Dienstpflichten es gehört, Straftaten zu
verhindern, aufzuklären und zu verfolgen, innerhalb des Dienstes oder mit engem Bezug hierzu Straftaten
begeht – wie vorliegend der Beklagte durch die Untreue (§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB) bezüglich des Corsa,
die Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) sowie den Betrug durch die private Nutzung des
Telefonanschlüsse (§ 263 Abs. 1 StGB) –, so verletzt er in äußerst schwerwiegender Weise seine Pflicht
zu achtungs- und vertrauensbewusstem Verhalten. Darüber hinaus wurden aufgrund des Vorgehens des
Beklagten und seiner zum Teil wahrheitswidrigen Angaben gegen mehrere Beamte Strafverfahren wegen
des Verdachts der Beihilfe zu Betrug, Untreue und Steuerhinterziehung eingeleitet. Auch wenn diese zu
dem Ergebnis führten, dass sich die Betroffenen nicht strafbar gemacht haben, setzte sie der Beklagte
durch sein Verhalten einem schwerwiegenden Verdacht aus.
Zu seinen Lasten wirkt sich zudem aus, dass er durch seine Bestellungen auf Rechnung des
Polizeipräsidiums diesem nicht nur das Haftungs- und Insolvenzrisiko aufgebürdet, sondern dessen
Ansehen zusätzlich dadurch geschädigt hat, indem er die Rechnung für den BMW, die bereits am
23. Oktober 2003 fällig gewesen war, erst am 12. Januar 2004 – nachdem der Betrag bereits mehrmals
angemahnt worden war – weiterleitete. Grund hierfür war, dass er dem Land den Kaufpreis zwar erstatten
wollte, das hierfür erforderliche Geld jedoch erst im Dezember 2003 zur Verfügung hatte.
Kein zugunsten des Beklagten sprechender Milderungsgrund ist, dass dem Land nur ein vergleichsweise
geringer Schaden entstanden ist. Zum einen ist Dritten durch die rechtsgrundlose Einräumung von
Rabatten ein nicht unerheblicher Schaden entstanden, zum anderen wurde das Ansehen der Polizei
Vertragspartnern wie auch der Öffentlichkeit gegenüber beschädigt. Darüber hinaus ist bei einem
Missbrauch der dienstlichen Stellung für das Disziplinarmaß nicht entscheidend, ob ein Schaden
tatsächlich entstanden, sondern allein die Frage, ob das erforderliche Vertrauen noch vorhanden ist (vgl.
BVerwGE 76, 228 [231]; 93, 305 [311 f.]).
4. Nach alledem kann der Kläger bei objektiver Gewichtung der Dienstvergehen auf der Basis der
festgestellten belastenden und entlastenden Umstände nicht mehr darauf vertrauen, der Beklagte werde
in Zukunft seinen Dienstpflichten beanstandungsfrei nachkommen. Zwar hat eine Untreue zu Lasten des
Dienstherrn nicht regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme zur Folge. Im Hinblick auf die denkbare
Variationsbreite derartiger Verfehlungen ist die Disziplinarmaßnahme je nach den besonderen
Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Allerdings erkennt die Rechtsprechung grundsätzlich immer
dann auf eine Entfernung aus dem Dienst, wenn der Beamte – wie vorliegend der Beklagte – unter miss-
bräuchlicher Ausnutzung seiner dienstlichen Aufgaben und Möglichkeiten gehandelt hat und keine
durchgreifenden Milderungsgründe gegeben sind (vgl. BVerwGE 93, 305 [309, 311]; BVerwG, Urteil vom
25.11.1998 – 1 D 42.97 –, juris, Rn. 16). Derartige Milderungsgründe greifen vorliegend nicht ein.
Vielmehr zeigen die Häufigkeit der Dienstvergehen, das Persönlichkeitsbild des Beklagten sowie die
weiteren erschwerenden Umstände, welche die für ihn sprechenden Gesichtspunkte überwiegen, einen
tief in seiner Persönlichkeit verwurzelten mangelhaften und irreversiblen Charakter, der von
eigennützigem Vorteilsstreben unter nachhaltiger innerlicher Lösung von seinen besonderen Pflichten als
Polizeibeamter zeugt. Innerhalb der öffentlichen Verwaltung ist der für Beschaffungsvorgänge zuständige
Bereich in besonderem Maße der Gefahr missbräuchlicher Handlungen ausgesetzt. Umso mehr sind der
Dienstherr sowie die Allgemeinheit auf die Zuverlässigkeit des dort eingesetzten Beamten angewiesen
und umso schwerer wiegt eine Verletzung des ihm eingeräumten Vertrauens. Ein Beamter, der – wie der
Beklagte – solcherart den Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten verletzt, ist deshalb aus dem Dienst zu
entfernen.
In Anbetracht dessen wie auch der Vielzahl der Vergehen und dem in ihnen zum Ausdruck kommenden
Mangel der persönlichen und charakterlichen Eignung des Beklagten begegnet die Entfernung schließlich
auch keinen Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die darin liegende Härte
ist für den Betroffenen nicht unzumutbar, weil sie auf zurechenbarem Verhalten beruht und einem
anerkannten Ziel des Disziplinarrechts, nämlich der Aufrechterhaltung der Integrität und Funktionsfähigkeit
des Berufsbeamtentums im Interesse der Allgemeinheit, dient. Soweit der Beklagte die Länge des
Disziplinarverfahrens rügt, rechtfertigt dies keine hiervon abweichende Entscheidung. Einerseits ist die
Dauer von dreieinhalb Jahren durch die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Durchführung des
Strafverfahrens, gerechtfertigt, andererseits ist ein Beamter, der die disziplinarrechtliche Höchststrafe
verwirkt hat, unabhängig von der Verfahrensdauer aus dem Dienst zu entfernen (vgl. BVerfG, DVBl. 2006,
1372 [1373]).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 99 Abs. 1 LDG.
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Bonikowski gez. Steinkühler