Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.07.1998
OVG NRW (schule, kläger, schüler, androhung, entlassung, antrag, kommentar, zulassung, beschwerde, verwaltungsgericht)
Oberverwaltungsgericht NRW, 19 E 391/98
Datum:
21.07.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 E 391/98
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 10 K 5003/97
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als
Gesamtschuldner.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen für
eine Zulassung nach § 146 Abs. 4 iVm § 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO - nicht vorliegen.
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Der Antrag genügt nicht der Vorschrift des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO, wonach die
Gründe, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist, innerhalb der Antragsfrist dargelegt
werden müssen. "Dargelegt" im Sinne dieser Vorschrift ist ein Zulassungsgrund nur,
wenn er zweifelsfrei vom Antragsteller benannt wird und konkret ausgeführt ist, warum
dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz
der Prozeßbevollmächtigten der Kläger vom 22. April 1998 nicht, mit dem ohne
Bezugnahme auf Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 VwGO lediglich ausgeführt
wird, daß und weshalb die Kläger "anderer Auffassung" als das Verwaltungsgericht
sind.
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Selbst wenn das Vorbringen der Kläger sinngemäß dem Zulassungsgrund des § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen sein sollte, könnten damit ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht begründet werden.
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Es ist bei der im Verfahren zur Bewilligung von Prozeßkostenhilfe - wie hier -
vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht zu beanstanden, daß das
Verwaltungsgericht die Verhängung der Ordnungsmaßnahme einer Androhung der
Entlassung von der Schule gemäß § 26 a Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 4 des
Schulverwaltungsgesetzes - SchVG - i.V.m. §§ 14, 19 der Allgemeinen Schulordnung -
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ASchO - gegen den Sohn A. der Kläger wegen dessen Fehlverhalten am 26. August
1997 als gerechtfertigt angesehen hat, obgleich dieses Fehlverhalten sich nicht in der
Schule, sondern an der Bushaltestelle vor der Schule ereignet hat.
Ordnungsmaßnahmen, die gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 1 SchVG und § 14 Abs. 1 Satz 1
ASchO der Gewährleistung einer geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit der
Schule sowie dem Schutz von beteiligten Personen dienen, können auch bei
pflichtverletzendem Fehlverhalten eines Schülers außerhalb des Schulgeländes
verhängt werden, wenn ein direkter Zusammenhang zum Schulverhältnis besteht,
insbesondere wenn das Fehlverhalten unmittelbar in den schulischen Bereich
hineinwirkt.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 25. April
1996 - 19 B 246/96 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 10. Juni 1992 - 9 S
1303/92 -; OVG Koblenz, Beschluß vom 4. März 1993 - 2 B 10416/93 -, NVwZ-RR 1993,
480; VGH München, Beschluß vom 10. Juni 1997 - 7 ZS 97.1403 -, NVwZ-RR 1998,
239; Pöttgen-Jehkul-Zaun, ASchO-Kommentar, 16. Aufl., § 14 Rdn. 1; Margies-Knapp-
Gampe-Rieger, ASchO-Kommentar, 3. Aufl., § 14 Rdn. 11; Margies-Roeser, SchVG-
Kommentar, 2. Aufl., § 26 a Rdn. 19.
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Das ist der Fall, wenn das Zusammenleben der am Schulleben Beteiligten durch das
Fehlverhalten gestört oder gefährdet worden ist,
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vgl. OVG Koblenz aaO.,
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und wenn die Ordnungsmaßnahme daher geeignet und erforderlich ist, u. a. auf einen
gewaltfreien Umgang der Schüler miteinander hinzuwirken, dem Schutz der am
Schulleben beteiligten Schüler zu dienen und damit eine geordnete Unterrichts- und
Erziehungsarbeit der Schule zu gewährleisten.
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Fehlverhalten des Sohnes A. der Kläger,
der den eine Parallelklasse besuchenden Mitschüler M. K. an der Bushaltestelle vor der
Schule geschlagen, getreten, seiner Plastiktasche beraubt und bedroht hat und -
nachdem dieser sich bereits entfernt hatte - ihm nachgefolgt ist und M. gezwungen hat,
vor ihm niederzuknien, was M. schließlich bewogen hat, 10 km zu Fuß nach Hause zu
gehen, um nicht im selben Bus mit A. fahren zu müssen, rührte aus der gemeinsamen
Beteiligung am Schulleben her. Dieses Verhalten verstieß gegen den Grundsatz des
gewaltfreien Umgangs der Schüler miteinander im Bereich der schulischen Sphäre, zu
der auch der Schulweg, d. h. der Heimweg von der Schule bzw. der vor der Schule
gelegenen Bushaltestelle nach Hause gehört, und zwar unabhängig davon, ob der Täter
oder das Opfer zwischen dem Unterrichtsende und dem Antritt der Heimfahrt noch
schulfremde Betätigungen ausgeübt haben. Daher ist es unerheblich, ob der
geschädigte Schüler M. oder der Schädiger A. vor oder nach dem Vorfall an der
Bushaltestelle in die S. Innenstadt gegangen sind.
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Das Verhalten des geschädigten Schülers M. , der nicht wagte, den Bus zu besteigen, in
dem er den Schädiger A. vermutete, zeigt, daß durch das Fehlverhalten A. auch die
geordnete Unterrichts- und Erziehungstätigkeit der Schule beeinträchtigt wurde. Dazu
gehört nämlich nicht nur das Lernen in einer angst- und gewaltfreien Atmosphäre,
sondern auch die Gewährleistung einer möglichst angst- und gewaltfreien Bewältigung
des Schulwegs.
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Angesichts der Schwere des Angriffs des Sohnes A. der Kläger auf den Mitschüler M. ,
der A. den Verwaltungsakten zufolge weder provoziert noch sich gegen den Angriff zur
Wehr gesetzt hat, rechtfertigt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die
Androhung der Entlassung von der Schule auch unter dem Gesichtspunkt, daß dem
Schüler A. gegenüber bisher keine anderen - milderen - Ordnungsmaßnahmen
angewandt worden sind. Es handelte sich nicht etwa um eine von beiden Beteiligten
aktiv betriebene Rauferei unter Schülern, sondern um einen gewaltsamen,
terrorisierenden Übergriff mit Unterstützung dreier Mitschüler auf einen sich nicht
wehrenden Schüler, der obendrein durch den Zwang zum Niederknien extrem
gedemütigt wurde. Darin ist ein schweres, die Rechte anderer ernstlich verletzendes
Fehlverhalten im Sinne von § 26 a Abs. 6 SchVG, § 19 Abs. 4 ASchO zu sehen, das
durch eine Androhung der Entlassung von der Schule geahndet werden darf und sollte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
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Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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