Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.07.2010
OVG NRW (eugh, prüfung, bundesrepublik deutschland, verhältnis zu, glücksspiel, bad, werbung, stgb, richtlinie, begrenzung)
Oberverwaltungsgericht NRW, 4 B 581/10
Datum:
02.07.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 B 581/10
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird - mit Ausnahme der
Streitwertfestsetzung - geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 7.500 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
2
Das Verwaltungsgericht hat dem einstweiligen Rechtsschutzantrag zu Unrecht
entsprochen, wie die Antragsgegnerin hinreichend dargetan hat.
3
Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung spricht
alles dafür, dass sich die streitige Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin - soweit sie
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig
erweist (a). Eine dies zu Grunde legende Abwägung des Suspensivinteresses des
Antragstellers und der für die Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung
streitenden öffentlichen Interessen geht zu Lasten des Antragstellers aus (b).
4
a) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es bei
Untersagungsanordnungen der vorliegenden Art maßgeblich auf die Sach- und
Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also auf den Zeitpunkt
der Entscheidung des Senats, ankommt.
5
Vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2007
6
- 4 B 1246/06 -, Juris, Rn. 55 f., m.w.N.; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom
22. November 2007 - 1 BvR 2218/ 06 -, Juris, Rn. 38.
7
Ermächtigungsgrundlage der streitigen Verfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV.
Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die
Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die
Werbung hierfür untersagen.
8
Gemäß § 18 Abs. 3 GlüStV AG NRW ist die örtliche Ordnungsbehörde - hier die
Antragsgegnerin - für die Untersagung illegaler Sportwettenvermittlung zuständig. Dies
gilt auch dann, wenn die Übermittlung der Wettdaten zwischen Sportwettenvermittler
und Wettveranstalter über Telekommunikationsanlagen erfolgt. Eine Verlagerung der
Zuständigkeit in Fällen dieser Art auf die Bezirksregierung E. , wie das
Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 21. Februar 2008 - 1 L 1849/07 -
angenommen hat, hat der Gesetzgeber mit §§ 18 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c) GlüStV AG
NRW, 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz nicht beabsichtigt.
9
Vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2008
10
- 4 B 298/08 -, Juris.
11
Es spricht ferner alles dafür, dass das durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV eingeräumte
Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 StGB) regelmäßig in
derselben Weise zu Lasten des Sportwettenvermittlers auf Null reduziert ist, wie dies der
Senat zu §§ 14 Abs. 1 OBG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO angenommen hat.
12
Vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. August 2006 - 4 B 1444/06 - unter
Hinweis auf Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris.
13
Diese Ermessensreduzierung hat zur Folge, dass es auf eventuelle Verstöße gegen die
Begründungspflicht nach § 39 VwVfG NRW schon wegen § 46 VwVfG NRW nicht
ankommt.
14
Die Frage, ob Sportwetten Glücksspiele i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB sind, ist durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung im bejahenden Sinne geklärt.
15
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149;
BGH, Urteile vom 14. März 2002 - I ZR 279/99 -, NJW 2002, 2175, vom
28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332, sowie vom
1. April 2004 - I ZR 317/01 -, BGHZ 158, 343.
16
Von dieser Rechtsprechung abzurücken, geben auch die Ausführungen von Dannecker
(Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, ob Oddset-Wetten Glücksspiele im Sinne
des § 284 StGB sind, 20. November 2007) keinen hinreichenden Anlass. Wegen der
weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB verweist der Senat auf
seinen Beschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris (ständige
Rechtsprechung).
17
Die für die Untersagungsverfügung maßgeblichen Rechtsvorschriften des GlüStV und
des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes begegnen keinen durchgreifenden
verfassungsrechtlichen Bedenken.
18
Soweit vertreten wird, den Ländern fehle hinsichtlich des Internetverbots für Sportwetten
die erforderliche Gesetzgebungskompetenz, ist diese Frage hier nicht
entscheidungserheblich. Denn vorliegend geht es allein um die Untersagung der
Sportwettenvermittlung in ortsfesten Annahmestellen. Auch die konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gewerberecht steht den
landesrechtlichen Regelungen über die gewerbliche Spielvermittlung nicht entgegen.
Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit
nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG keinen abschließenden Gebrauch gemacht (Art. 72 Abs.1
GG). Gemäß § 33 h GewO finden die §§ 33 c ff GewO u.a. dann keine Anwendung,
wenn es sich - wie im Fall der Sportwetten - um Glücksspiele i.S.v. § 284 StGB handelt
(§ 33 h Nr. 3 GewO).
19
Der Einwand, die durch den Landesgesetzgeber Nordrhein-Westfalen getroffenen
Regelungen seien mangels ausreichender Prüfung und Abwägung der Alternativen zu
einem Staatsmonopol verfassungswidrig, greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob
und inwieweit sich eine solche Abwägungspflicht - etwa aus Art. 12 Abs. 1 GG -
herleiten lässt.
20
Vgl. dazu erneut BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS
08.1909 -, a.a.O., Rn. 13.
21
Denn der Landesgesetzgeber hat sich bei der Verabschiedung des
Glücksspielstaatsvertrages und dem Erlass des Ausführungsgesetzes zum
Glücksspielstaatsvertrag ausweislich der Gesetzesbegründung,
22
vgl. Landtagsdrucksache 14/4849, S. 3 f.,
23
sehr wohl mit Regelungsalternativen auseinandergesetzt und sich aus Gründen der
Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes für ein staatliches Wettmonopol
entschieden.
24
Die hier anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, die als berufsregelnde Normen nicht
dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unterfallen,
25
vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1983
26
- 1 BvL 46/80, 47/80 -, BVerfGE 64, 72,
27
begegnen unter dem Blickwinkel von Art. 12 Abs. 1 GG auch im Übrigen keinen
durchgreifenden Bedenken. Der Senat geht nach summarischer Prüfung davon aus,
dass die Vorschriften insbesondere den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil
vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261, dargelegten Anforderungen
entsprechen, und verweist insoweit auf die umfangreichen Ausführungen des 13.
Senats des beschließenden Gerichts in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2008 - 13
B 1215/07 -, Juris.
28
Im Ergebnis für Eilverfahren der vorliegenden Art auch BVerfG, Beschluss
vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, NVwZ 2009, 1221 ff.
29
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände greifen nicht durch. Dies gilt
30
zunächst hinsichtlich der Vorschriften über den Vertrieb von Sportwetten. Die vom
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -,
a.a.O., für besonders bedenklich gehaltene Spielteilnahme über das Internet oder über
SMS ist bei Sportwetten nach § 4 Abs. 4 und § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV verboten. In
§ 10 Abs. 3 GlüStV ist zudem eine Begrenzung der Annahmestellen vorgesehen, die in
§ 5 Abs. 5 GlüStV AG NRW eine weitere Konkretisierung erfahren hat. Der Gesetzgeber
hat ferner u.a. den Zugang zu Sportwetten durch die Vorschriften über ein
übergreifendes Sperrsystem beschränkt (§ 8 GlüStV). Dass die gesetzlichen
Regelungen damit hinter den Anforderungen zurückbleiben, die das
Bundesverfassungsgericht formuliert hat, ist bei summarischer Prüfung nicht zu
erkennen.
Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a.
O.; BayVGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2008 - 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008,
197, sowie vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, Juris, Rn. 39, und
Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, Juris, Rn. 68; VGH Bad.-
Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, Juris.
31
Der Einwand, in Nordrhein-Westfalen sei bislang keine zahlenmäßige Begrenzung der
Annahmestellen durch Rechtsverordnung vorgenommen worden, wie es § 20 Abs. 1
Nr. 2 GlüStV AG NRW vorsehe, trifft nicht mehr zu. Eine entsprechende
Rechtsverordnung ist am 24. Juni 2009 erlassen worden und inzwischen auch in Kraft
getreten (GV.NRW. S. 395). Soweit kritisiert wird, diese Verordnung sehe in § 15 Abs. 1
Satz 5 lediglich einen Mindestabstand von 200 Metern zwischen zwei Annahmestellen
vor, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung darüber hinaus in § 14 die Gesamtzahl
der Annahmestellen in Nordrhein-Westfalen begrenzt und außerdem bestimmt, dass im
Regelfall die Zahl von 3500 Einwohnern pro Annahmestelle bezogen auf eine
Gemeinde nicht unterschritten werden darf (§ 15 Abs. 1 Satz 2). Eine räumliche
"Massierung" von Annahmestellen dürfte danach allenfalls ausnahmsweise eintreten.
Auch die Begrenzung der Gesamtzahl der Annahmestellen auf 3900 wird nicht zu
beanstanden sein. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Kanalisierung des natürlichen
Spieltriebs (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV) setzt voraus, dass ein ausreichendes
Glücksspielangebot besteht (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Dies schließt ein
hinreichend dichtes Netz von Annahmestellen ein, um zu verhindern, dass Spieler auf
illegale Glücksspielangebote etwa im Internet ausweichen, die vielfach stärkere
Spielanreize bieten und insoweit ein entsprechend höheres Spielsuchtpotential
aufweisen. Andererseits darf die Präsenz von Annahmestellen im Alltag nicht so stark
sein, dass das Glücksspiel als allerorts verfügbares Gut des "normalen" Lebens
erscheint.
32
Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006
33
- 1 BvR 1054/01 -, a.a.O., 1261.
34
Bei der Beurteilung, welche Zahl von Annahmestellen erforderlich bzw. zulässig ist, um
den genannten gegenläufigen Anliegen Rechnung zu tragen, steht dem Gesetzgeber
ein Einschätzungsspielraum zu. Dass die Grenzen dieses Spielraums durch die
vorliegend streitige Regelung überschritten sind, ist bei summarischer Prüfung nicht zu
erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass das vom Bundesverfassungsgericht in
seiner soeben zitierten Entscheidung beanstandete Vertriebsnetz in Bayern bezogen
auf die Einwohnerzahl eine um etwa 50 Prozent höhere Dichte aufwies, als sie sich
35
nunmehr unter Zugrundelegung einer Höchstzahl von 3900 Annahmestellen für
Nordrhein-Westfalen ergibt.
Vgl. dazu LT-Drs: 14/4849, Seite 38.
36
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht selbst eine noch
gänzlich fehlende Neuausrichtung der Kapazität des Annahmestellennetzes nicht als
relevantes grundlegendes Umsetzungsdefizit, das zur Verfassungswidrigkeit der
Regelung selbst führen könnte, ansieht.
37
BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/
38
08 -, a. a. O.
39
Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, die hergebrachte Vertriebsform für das
staatlich verantwortete Sportwettenangebot – über Lottoannahmestellen – aufzugeben
und staatliche Wettbüros einzurichten. Werden die Annahmestellen sorgfältig
ausgewählt, rechtlich verbindlich auf die verfassungsgerichtlich geforderten
Vertriebsmodalitäten verpflichtet, hinreichend geschult und gewissenhaft kontrolliert
(vgl. insoweit auch § 6 GlüStV und §§ 4,5 GlüStV AG NRW), können die
staatsvertraglich vereinbarten Ziele umgesetzt werden, ohne dass auch der Vertrieb in
staatlicher Hand liegen müsste.
40
Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998/09 -, Juris,
Rn. 18; Saarl. OVG, Beschluss vom 26. April 2010 - 3 B 20/10 - Juris, Rn.
36; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07, Juris,
Rn. 33.
41
Die Einschätzung, das Sportwettenmonopol sei unverhältnismäßig, weil dieses
Schutzniveau auch von Wettbüros gewährleistet werden könne, die Sportwetten an
private Wettveranstalter vermitteln, teilt der Senat nicht. Zum einen darf der Gesetzgeber
angesichts seines weiten Beurteilungsspielraums davon ausgehen, das Suchtgefahren
mit Hilfe eines auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten
ausgerichteten Wettmonopols mit staatlich verantwortetem Wettangebot effektiver
beherrscht werden können als im Wege einer Kontrolle privater Wettunternehmer.
42
Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O.
43
Zum anderen würde eine mit der Zulassung privater Wettanbieter einhergehende
Vermehrung der Spiel- und Wettmöglichkeiten dem Ziel der Eindämmung der
Wettleidenschaft zuwiderlaufen.
44
Vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998/08 -,
a.a.O., Rn. 29.
45
Soweit geltend gemacht wird, der Gesetzgeber habe bisher keine ausreichenden
inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt von Sportwetten geschaffen, trifft dies
nicht zu. Wetten können nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV lediglich als Kombinations-
oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen erlaubt werden. Wetten
während eines laufenden Sportereignisses sind durch § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV
ausdrücklich verboten. Die Annahme, die Regelung im GlüStV lasse der Sache nach
46
alle überhaupt denkbaren Formen der Sportwetten zu, ist demnach unrichtig. Überdies
sieht § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV vor, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten darüber
hinaus in der Erlaubnis nach § 4 GlüStV zu regeln sind.
Zur Bedeutung dieser Beschränkungen vgl. BVerfG, Beschluss vom
20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, 2009, a. a. O.
47
Auch die Regelungen über die Werbung für öffentliches Glücksspiel dürften nicht zu
beanstanden sein. Nach § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV muss sich die Werbung u.a. auf eine
Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel beschränken und darf
nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Mit
diesen Vorschriften dürfte der Gesetzgeber den Anforderungen des
Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 entsprochen
haben. Soweit er in § 5 Abs. 3 GlüStV ein allgemeines Verbot der Werbung im Internet,
im Fernsehen oder über Telekommunikationsanlagen ausgesprochen hat, ist er über die
Forderungen des Bundesverfassungsgerichts sogar hinausgegangen.
48
Vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -,
a.a.O., Rn. 41 und Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, a.a.O.,
Rn. 79.
49
Der Gesetzgeber ist dabei in nicht z+ u beanstandender Ausübung seines
Einschätzungsspielraums davon ausgegangen, dass Werbemaßnahmen in diesen
Medien eine besondere Wirkung zukommt und sie deshalb ein erhöhtes
Gefahrenpotential besitzen.
50
Vgl. dazu Landtagsdrucksache 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum
Glücksspielwesen in Deutschland, S. 38.
51
Die Möglichkeit der Befreiung vom Verbot der Fernsehwerbung für Veranstaltungen, die
traditionell in Verbindung mit dem Fernsehen präsentiert werden und vorrangig
gemeinnützigen Zwecken dienen (§ 12 Abs. 2 GlüStV), begegnet gleichfalls keinen
Bedenken, weil der Gesetzgeber zugrunde legen durfte, dass derartige Soziallotterien
unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht typischerweise weniger gefährlich sind.
52
Vgl. dazu Senatsbeschluss vom 19. September 2008
53
- 4 B 138/08 -, BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS
08.1909 -, a.a.O., Rn. 41.
54
Soweit im Bereich des Vollzuges der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und
des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes zu diesem Vertrag noch Defizite
bestehen - insbesondere im Bereich der Werbung für Glücksspiel und des
Jugendschutzes -, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht den Schluss, die Regelungen
genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
55
Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2008
56
- 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.
Dezember 2009 - 6 S 1110/
57
07 -, a.a.O., Rn. 38 f.; im Ergebnis auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 -
1 BvR 2410/08 -, a. a. O.
58
Der Senat kann auch nicht erkennen, dass im Hinblick auf die gewerberechtlichen
Regelungen für Spielautomaten oder die gesetzlichen Bestimmungen für Pferdewetten
der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt ist. Ungeachtet des Umstandes, dass
insoweit der Bund und damit ein anderer Hoheitsträger zuständig ist,
59
vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619,
1628/83 -,
60
BVerfGE 79, 127, 158,
61
sind jene Regelungen im Verhältnis zu den Bestimmungen des
Glücksspielstaatsvertrages nicht "inkohärent"; die unterschiedlichen Regelungen sind
vielmehr mit Blick auf die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielbereiche
hinreichend gerechtfertigt, wie im folgenden näher auszuführen sein wird.
62
Der Senat hat auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten keine durchgreifenden
Bedenken gegen die vorliegend anzuwendenden Rechtsvorschriften.
63
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Richtlinie Nr. 98/34/EG des Europäischen
Parlamentes und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem
Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für Dienste der
Informationsgesellschaft (Abl. 1998 Nr. L 204/37), zuletzt geändert durch die Richtlinie
2006/96/EG vom 20. November 2006 (Abl. 2006 Nr. L 363/81). Selbst wenn sich - trotz
der bereits erfolgten Notifizierung des GlüStV - aus der Richtlinie eine
Notifizierungspflicht hinsichtlich des GlüStV AG NRW ergeben sollte, vermag der Senat
nicht zu ersehen, dass die vorliegend einschlägigen Vorschriften dieses Gesetzes (§§ 3
Abs. 1, 14 Abs. 1) der genannten Richtlinie unterfallen. Sollten andere Vorschriften des
GlüStV AG NRW nach dieser Richtlinie notifizierungspflichtig sein, dürfte dies die
Anwendung der genannten Normen nicht hindern.
64
Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. September 1997, C-279/94, Juris; so wohl
auch Streinz u.a., Notifizierungspflicht von Glücksspielstaatsvertrag und
Ausführungsgesetzen der Länder gemäß der Richtlinie Nr. 98/34/EG
(Informationsrichtlinie), Seite 9 Fußnote 22.
65
Auch die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, vormals Art. 43 und 49 EG) werden
nicht verletzt. Nationale Regelungen wie die hier in Rede stehende schränken zwar die
Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr ein, wobei hier nach Lage
der Dinge lediglich eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit in
Betracht kommt.
66
Vgl. allgemein dazu EuGH, Urteile vom 6. März 2007, C-338/04, C-359/04
und C-360/04 - Placanica u.a. , Rn. 43 f., und vom 6. November 2003, C-
243/01 - Gambelli u.a. -, Rn. 45 ff, jeweils Juris.
67
Solche Einschränkungen können aber durch zwingende Gründe des
Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, insbesondere durch den Verbraucherschutz, die
68
Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien sowie die Vermeidung von Anreizen für
die Bürger zu überhöhten Ausgaben für Glücksspiele.
Vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2007, C-260/04 -, Kommission gegen
Italienische Republik, Rn. 27, Juris.
69
Die vorgesehenen Beschränkungen müssen allerdings verhältnismäßig sein, d. h. sie
müssen geeignet sein, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten, und
dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist.
70
Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 49.
71
Wegen der Besonderheiten des Glücksspiels billigt der EuGH den Mitgliedsstaaten
dabei ein weites (Einschätzungs- und Gestaltungs-) Ermessen zu. So heißt es bereits in
dem Urteil des EuGH vom 24. März 1994, C-275/92, Schindler, Rn. 61,
72
Juris:
73
"Diese Besonderheiten rechtfertigen es, dass die staatlichen Stellen über
ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche
Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von
Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten
Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der
soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaates aus dem Schutz der
Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung
der Frage zu, ob eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen
erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese
Beschränkungen nicht diskriminierend sind."
74
Diese Rechtsprechung hat der EuGH wiederholt bestätigt.
75
Vgl. Urteile vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 48 sowie Urteil
vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 63; zuletzt Urteile vom 8.
September 2009 - C-42/07 -, Liga Portuguesa -, Rn. 57 ff.; sowie vom 3. Juni
2010 - C-203/08 -, (Betfair), Rn. 30 ff.
76
In den letztgenannten Entscheidungen hat der EuGH dabei Monopole im Hinblick auf
die Besonderheiten des Sportwettenbereichs ausdrücklich als im Rahmen des
einzelstaatlichen gesetzgeberischen Ermessensspielraums für zulässig erachtet. Die
vom Verwaltungsgericht hiergegen erhobenen grundsätzlichen Bedenken bestehen
deshalb aus der insoweit maßgeblichen Sicht des EuGH auch unter europarechtlichen
Aspekten nicht.
77
Der danach gegebene Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum eines jeden
Mitgliedstaates dürfte eine transnationale Geltung von Glücksspielerlaubnissen
zumindest dort von vornherein ausschließen, wo nationale Vorschriften – wie es in
Deutschland für Sportwetten der Fall ist – die Erteilung solcher Erlaubnisse durch den
jeweiligen Mitgliedstaat vorsehen, um eine Beschränkung der Glücksspielaktivitäten
sicherzustellen. Hiervon geht der Senat in ständiger Rechtsprechung in Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes aus.
78
Vgl. auch – zu Online-Glückspielen – EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010, C-
258/08 (Ladbrokes) und C-203/08 (Betfair), jeweils www.curia.europa.eu.,
Rn. 54 bzw. Rn.33.
79
Wenn die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die
Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit allerdings in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die
Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich
kohärent und systematisch zu begrenzen.
80
Vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 53.
81
Ob die nationale Regelung tatsächlich den genannten Anforderungen - an denen sich
durch die Urteile des EuGH vom 8. September 2009, C-42/07 - Liga Portuguesa, und
vom 6. Oktober 2009, C-153/08, jeweils Juris, nichts geändert hat - entspricht, ist von
dem nationalen Gericht zu prüfen.
82
Vgl. erneut EuGH, Urteil vom 6. März 2007,
83
Placanica u.a., a.a.O., Rn. 58.
84
Vorliegend spricht alles dafür, dass die in den Blick zu nehmenden Regelungen des
deutschen Rechts den dargestellten Maßstäben genügen. Dabei kann der Senat offen
lassen, ob der EuGH die Forderung nach einer kohärenten und systematischen
Begrenzung der Wetttätigkeit auf den gesamten Bereich des Glücksspiels, den
monopolisierten Bereich oder nur auf den jeweils betroffenen einzelnen
Glücksspielsektor - hier die Sportwetten - bezieht.
85
Vgl. dazu nur Beschluss des 13. Senats vom 22. Februar 2008 - 13 B
1215/07 - mit zahlreichen Nachweisen zu den unterschiedlichen
Auffassungen.
86
Für eine sektorielle, wenn nicht sogar isoliert auf die einzelnen Maßnahmen
bezogene Prüfung nun die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi
vom 04. März 2010 in den verb. Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-
360/07 und C-410/07 -, Markus Stoss u.a. – Rn. 42 ff.
87
Denn selbst wenn sämtliche Glücksspielsektoren in den Blick zu nehmen sind, ist nach
summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Vorschriften des GlüStV und des
dazu erlassenen nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes dem Anliegen gerecht
werden, das Glücksspiel systematisch und kohärent zu begrenzen. Aus dem Erfordernis
einer kohärenten und systematischen Regelung folgt zur Überzeugung des Senats
nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, für alle Bereiche des Glücksspiels eine
einheitliche, im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung zu schaffen. Insbesondere ist der
Gesetzgeber unter Kohärenzgesichtspunkten nicht verpflichtet, für alle
Glücksspielbereiche einen "Staatsvorbehalt" zu statuieren.
88
Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi, a.a.O., Rn. 72 ff.
89
Er kann den Glückspielmarkt vielmehr differenziert ausgestalteten Normen unterwerfen,
die den Besonderheiten der verschiedenen Glücksspielarten Rechnung tragen. Dabei
90
ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich auch gestattet, neu hinzukommende
Glücksspielangebote, die zu einer wesentlichen Erweiterung der
Glücksspielmöglichkeiten und erheblichen zusätzlichen Gefahren führen, stärkeren
Begrenzungen zu unterwerfen als das bereits vorhandene Glücksspielangebot, um auf
diese Art und Weise eine hinreichende Kanalisierung des Glücksspielbetriebs sicher zu
stellen.
Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom
91
16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 54.
92
Insbesondere der EuGH stellt in ständiger Rechtsprechung – namentlich in allen hier
einschlägigen Entscheidungen – die Bedeutung nationaler Traditionen und
Wertevorstellungen gerade im Bereich des Glückspiels heraus. Dementsprechend ist
das britische Verbot von Lotterien unbeanstandet geblieben, obwohl in Großbritannien
im Hinblick auf Sportwetten ausgesprochen liberale Regelungen existieren.
93
Urteil des EuGH vom 24. März 1994, C-275/92, Schindler; vgl. dazu auch
Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi, a.a.O., Rn. 70.
94
Die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums sind erst dann überschritten, wenn die
gesetzliche Regelung einzelner Glücksspielbereiche für sich genommen nicht
erforderlich und geeignet ist oder die differenzierte Regelung verschiedener
Glücksspielsektoren nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze nicht hinreichend
sachlich gerechtfertigt ist. Die Merkmale "kohärent" und "systematisch" erweisen sich
damit in der Sache (zugleich) als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes.
95
Vgl. zu dessen Geltung im Europarecht etwa Oppermann, Europarecht, 2.
Aufl., Rn. 490 und 492; Streinz, EUV/EGV, 2003, GR-Charta Art. 20, Rn. 6 ff.
96
Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die hier in den Blick zu
nehmenden gesetzlichen Regelungen die aufgezeigten Grenzen des
gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht überschreiten. Soweit der Sektor der
Pferdewetten angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch das Rennwett- und
Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I Seite 335, 393), zuletzt geändert durch
Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I Seite 2407, 2149), Regelungen zur
Beschränkung des Spielbetriebs enthält. Es sieht etwa im Rahmen der Erteilung der
erforderlichen Erlaubnis Beschränkungen und Auflagen zu den Örtlichkeiten der
Wettannahme und zu den Personen vor, die Wetten annehmen und vermitteln dürfen
(§ 2 Abs. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz). Auch ist in Rechnung zu stellen, dass die
Pferdewetten ein Marktsegment bilden, das auf Grund seiner geringen Popularität in
Deutschland und des hieraus folgenden geringen Umsatzniveaus (0,5 % des
Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter) nicht mit dem erheblichen Suchtpotential
sonstiger Sportwetten zu vergleichen sein dürfte.
97
Vgl. dazu auch Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
an die Kommission der europäischen Gemeinschaften vom 20. Mai 2008,
Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, Seite 173 (184),
unter 97; ferner: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/
98
07 -, a.a.O., Rn. 65.
99
Zwar mögen die Umsätze bei Pferdesportwetten gegenwärtig etwa genauso hoch sein
wie der - deutlich rückläufige - Gesamtumsatz des staatlichen Sportwettenmonopols.
Hieraus lässt sich aber nicht folgern, dass eine Liberalisierung der anderen,
monopolisierten Sportwettenbereiche keine erhebliche Ausweitung der
Glückspielmöglichkeiten und der damit verbundenen Gefahren mit sich brächte. Besteht
indes diese Gefahr, hat der Gesetzgeber – wie bereits ausgeführt – grundsätzlich die
Möglichkeit, hinzukommende Glücksspielangebote stärker zu reglementieren als bereits
vorhandene. Das Kohärenzgebot verlangt nicht, dass alle bereits bestehenden privaten
Sportwettenangebote ungeachtet jeglicher Bestandsschutzerwägungen in das
staatliche Sportwettenmonopol überführt werden.
100
Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, a.a.O.,
Rn. 60.
101
Auch die gewerberechtlichen Regelungen des Glücksspiels an Spielautomaten dürften
dem Erfordernis einer systematischen und kohärenten Begrenzung der
Glücksspielaktivitäten genügen. Die Vorschriften für diesen Glücksspielbereich sind
ebenfalls maßgeblich durch das gesetzgeberische Anliegen bestimmt, die
Gelegenheiten zum Spiel zu begrenzen. Der Gesetzgeber differenziert zwischen
Spielautomaten, die lediglich in einer Spielbank (§ 33 h Nr. 1 GewO) betrieben werden
dürfen, und solchen, die namentlich in Spielhallen und Gaststätten aufgestellt sind. Die
Spielgeräte außerhalb von Spielbanken unterliegen für ihre technische Zulassung
bestimmten Einschränkungen, die u.a. die Gefahr unangemessen hoher Verluste in
kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO). Die Zulassung darf nur
erteilt werden, wenn die Spielgeräte bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese betreffen
unter anderem den Höchsteinsatz und den Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl
der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele, und das Verhältnis des
Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen (§ 33 f Abs. 1 Nr. 3
GewO). Nach der § 33 f Abs. 1 GewO konkretisierenden Spielverordnung in der
Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006, BGBl. I Seite 280, ist der Verlust
pro Stunde auf 80 Euro begrenzt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung), wobei dieser bei
langfristiger Betrachtung auf höchstens 33 Euro fallen muss (§ 12 Abs. 2 Satz 1
Buchst. a) Spielverordnung). Der Gewinn pro Stunde darf 500 Euro nicht übersteigen
(§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Spielverordnung). Darüber hinaus sind noch weitere Beschränkungen
für diese Spielautomaten angeordnet, wie etwa der fünfminütige Stillstand der Geräte
nach einer Stunde Laufzeit (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Spielverordnung). Daneben enthält die
Spielverordnung weitere Maßnahmen zur Gewährleistung des Spielerschutzes wie z.B.
das Verbot von Jackpotsystemen (§ 9 Abs. 2 Spielverordnung) und die Verpflichtung der
Betreiber, Warnhinweise anzubringen und Spieler auf Beratungsmöglichkeiten
hinzuweisen (§ 6 Abs. 4 Spielverordnung). Die auf die Begrenzung von
Spielmöglichkeiten ausgerichtete Regelungskonzeption ist durch die Änderung der
Spielverordnung zum 1. Januar 2006 hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl von
Spielgeräten in einer Spielhalle, der Mindestquadratmeterzahl, der Mindestspieldauer
sowie der Verlustgrenze und die damit verbundenen Lockerungen nicht aufgegeben
worden. Dies wird auch dadurch belegt, dass gleichzeitig wichtige Neuregelungen zum
Spielerschutz geschaffen wurden, so etwa die bereits erwähnten Vorschriften über das
Verbot von Jackpotsystemen, die Anbringung von Warnhinweisen und Hinweisen auf
Beratungsmöglichkeiten sowie über das Verbot der unter Spielerschutzaspekten
besonders problematischen Fun-Games. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass auch
in dem Bereich der von der Spielverordnung erfassten Spiele Internetangebote nicht
102
erlaubt, sondern nur stationär an bestimmten Orten aufgestellte Spielgeräte (vgl. §§ 1 f.
Spielverordnung) zulässig sind. Unabhängig davon wäre es dem Gesetzgeber
angesichts der vorhandenen Angebotsstruktur kaum möglich, insoweit noch ein
Monopol durchzusetzen.
Die gesetzliche Regelung für TV-Gewinnspiele rechtfertigt gleichfalls keine andere
Beurteilung. Soweit es sich nicht um Geschicklichkeitsspiele handelt, sind diese
Gewinnspiele entweder wegen des geringfügigen Spieleinsatzes keine Glücksspiele
(vgl. § 8 a Abs. 1 Satz 5 Rundfunkstaatsvertrag) oder aber es greift das Verbot des § 284
StGB.
103
Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Betrieb von Spielbanken, deren Zahl in
Nordrhein-Westfalen auf vier beschränkt ist und die nur von Personen des öffentlichen
Rechts oder durch solche juristische Personen des privaten Rechts betrieben werden
dürfen, deren Anteile überwiegend dem Land Nordrhein-Westfalen gehören (vgl. §§ 2
Abs. 2, 3 Abs. 1 Spielbankgesetz NRW).
104
Ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot ergibt sich unter dem Gesichtspunkt eines
Wertungswiderspruchs auch nicht daraus, dass § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Werbung für
staatlich veranstaltetes Glückspiel – in engen Grenzen – erlauben. In der
Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass "eine Politik der kontrollierten Expansion
im Glückspielsektor durchaus mit dem Ziel in Einklang stehen (kann), Spieler, die als
solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu
veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung
dieses Zieles ist es erforderlich, dass die zugelassenen Veranstalter eine verlässliche
und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen, was als
solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang
und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen kann."
105
EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 – C-258/08 – Ladbrokes -, Rn. 25 m.w.N. auf
die Rechtsprechung des EuGH.
106
Der Einwand, das durch den GlüStV und das nordrhein-westfälische Ausführungsgesetz
vorgesehene Staatsmonopol sei in Wirklichkeit nicht realisiert, trifft schon in
tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Eine Veranstaltung von Sportwetten auf Grund von DDR-
Erlaubnissen ist in Nordrhein-Westfalen nach wie vor nicht zulässig.
107
Vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -,
Juris, - sowie Beschluss vom 9. Januar 2007 - 4 B 1498/06 -; vgl. ferner
BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, Juris.
108
Abgesehen davon handelt es sich bei den im Jahr 1990 nach dem Gewerberecht der
DDR erteilten Erlaubnissen um Sonderfälle, die aufgrund einer Übergangsrechtslage
entstanden sind und die – weil es sich nur noch um drei Erlaubnisse handelt – auch
faktisch nicht dazu geeignet sind, das dem Glückspielstaatsvertrag und den
Glückspielgesetzen der Länder zugrunde liegende Ordnungskonzept durchgreifend in
Frage zu stellen.
109
Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 - a.a.O.,
Rn. 60; OVG Bremen, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 B 314/09 -, Juris,
Rn. 49; auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 04. März
110
2010 in der Rechtssache C-46/08 – Carmen Media Group Ltd – Rn. 67 ff.
Den Anforderungen der Lindman-Entscheidung an die Untersuchung der
Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen,
111
EuGH, Urteil vom 13. November 2003, C-42/02, Lindman, Juris,
112
ist nach Auffassung des Senats in Nordrhein-Westfalen schon im Hinblick auf die
Untersuchung von Meyer/Hayer (Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und
Sportwetten, Eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai
2005) genügt, die u.a. für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Landes NRW durchgeführt worden ist.
113
Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1799/06 -.
114
Auch der EuGH geht in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass Monopole
insoweit grundsätzlich diesen Anforderungen gerecht werden.
115
EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - C-203/08 -, (Betfair), Rn. 30 ff.
116
Bei summarischer Prüfung ist auch nicht festzustellen, dass das Sportwettenmonopol
gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Eine solche Vermutung findet in der
einschlägigen Rechtsprechung des EuGH ohnehin keine Stütze. Jedenfalls im Hinblick
auf Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG) dürften die dieses Monopol
begründenden Vorschriften nicht zu beanstanden sein.
117
Vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -,
sowie BayVGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.774 -, jeweils
a.a.O.; vgl. ferner Fremuth, Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher
Glücksspielmonopole mit dem EG-Wettbewerbsrecht
118
illustriert am Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrages vom 13.12.2006,
EuZW 2007, 565; EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - Rs 203/08 -, (Betfair),
Rn. 30 ff.
119
.
120
Die hierzu vertretene Ansicht, die Schaffung eines Sportwettenmonopols sei
unverhältnismäßig, teilt der Senat nicht. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie zu
Art. 49 und 56 AEUV (vormals Art. 43 und 49 EG).
121
Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV (vormals 234
EG) ist jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens kein Raum.
122
Vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR
2428/06, NJW 2007, 1521, Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdn 164,
Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., EVR Rdn 127, jeweils m.w.N.
123
b) Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das
Suspensivinteresse des Antragstellers hinter die öffentlichen Interessen zurücktritt, die
für die Vollziehung der aller Voraussicht nach rechtmäßigen Ordnungsverfügung
124
streiten. Mit Blick auf die mangelnde Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs im
Hauptsacheverfahren hält der Senat bereits die abstrakte Gefährlichkeit der Tätigkeit
des Antragstellers,
vgl. zu den von der Sportwettenvermittlung ausgehenden Gefahren näher
Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, Juris,
125
für ausreichend, um einen Vorrang des Vollzugsinteresses zu bejahen.
126
Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2006 - 1 BvR 138/05 -
(entgegen dem Beschluss vom 27. April 2005 - 1 BvR 223/05 -); Beschluss
vom 20. März 2009 – 1 BvR 2410/08 – NVwZ 2009, 1221 ff.
127
Unabhängig davon geht von der Sportwettenvermittlung durch den Antragsteller auch
eine konkrete Gefahr aus. Eine solche konkrete Gefahr begründet bereits der Umstand,
dass der Antragsteller mit seiner Geschäftstätigkeit gegen das nach § 4 Abs. 1 Satz 2
GlüStV, § 14 Abs. 1 Satz 2 GlüStV AG NRW bestehende verwaltungsrechtliche Verbot
der Vermittlung unerlaubter Sportwetten verstößt.
128
BVerfG, Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.
129
Im Übrigen liegt auch unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht und ihrer Folgen eine
konkrete Gefahr vor.
130
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf
den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
131
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
132