Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.12.2008

OVG NRW: staatsangehörigkeit, republik, russland, erwerb, kasachstan, russische föderation, belarus, anspruch auf einbürgerung, im bewusstsein, innerstaatliches recht

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 4705/05
Datum:
19.12.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 A 4705/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 10 K 3621/03
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Es wird festgestellt, dass die Kläger deutsche Staatsangehörige sind.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentschei-dung vorläufig
vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Der am 1964 in der ehemaligen UdSSR / Kasachische SSR / Gebiet A. / Dorf T.
geborene Kläger zu 1., der am 1988 in der ehemaligen UdSSR / Kasachische SSR /
Gebiet A. / Dorf Q. geborene Sohn des Klägers zu 1., der Kläger zu 2., und der am 13.
November 1994 in der Republik Kasachstan geborene weitere Sohn des Klägers zu 1.,
der Kläger zu 3., begehren die Feststellung, deutsche Staatsangehörige zu sein.
2
Unter dem 29. Mai 1991 beantragten der Kläger zu 1., seine am 1962 in der ehemaligen
UdSSR/Weißrussische SSR/Gebiet N. /Kreis L. /Dorf N1. geborene Ehefrau und der
Kläger zu 2. ihre Aufnahme als Aussiedler. Mit Bescheid vom 27. Juli 1993 lehnte die
Beklagte den Aufnahmeantrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 20.
Oktober 1993 hiergegen erhobene Klage (der zwischenzeitlich geborene Kläger zu 3.
wurde in das Verfahren nicht einbezogen) wies das Verwaltungsgericht Köln - 17 K
3
7204/93 - mit Urteil vom 11. November 1997 ab mit der Begründung, der Kläger zu 1. sei
kein deutscher Volkszugehöriger i. S. d. § 4 Abs. 1 BVFG, weil es an dem
Bestätigungsmerkmal der deutschen Sprache fehle. Der hiergegen mit Schriftsatz vom
19. Januar 1998 eingelegte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss
des erkennenden Gerichts vom 19. Oktober 1999 - 2 A 515/98 - abgelehnt.
Bereits vorher hatten die Kläger mit einem an die Stadt X. gerichteten Schriftsatz vom
12. Januar 1998 die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen beantragt. Mit
einem weiteren, ebenfalls an die Stadt X. gerichteten Schriftsatz vom 21. Januar 1998
hatten sie hilfsweise die Ausstellung einer Bescheinigung gem. Art. 116 Abs. 1 GG
beantragt. Von beiden Anträgen setzten sie den Landrat des M. -E. -Kreises mit
Schriftsatz vom 12. März 1998 bzw. vom 8. Oktober 1998 in Kenntnis. Mit Bescheid vom
1. September 1999 lehnte der Landrat des M. -E. - Kreises den Antrag auf Ausstellung
eines Staatsangehörigkeitsausweises ab. Mit weiterem Bescheid vom 25. November
1999 lehnte er auch den Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung gem. Art. 116 GG
ab. Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren unter dem
5. Januar 2000 Klage vor dem Verwaltungsgericht Gießen - 10 E 20/00 -. Nachdem der
Landrat des M. -E. -Kreises seine Bescheide zurückgenommen und die Hauptsache für
erledigt erklärt hatte, wies das Verwaltungsgericht die Klage durch Urteil vom 27. August
2001 ab, da sie unzulässig geworden sei. Den hiergegen eingelegten Antrag auf
Zulassung der Berufung lehnte der Hess. VGH mit Beschluss vom 25. Oktober 2001 - 12
UZ 2695/01 - ab.
4
Bereits vorher, im Januar 2001, hatten sich die Kläger an die Beklagte gewandt und um
Bearbeitung ihrer Anträge gebeten. Ebenfalls noch während des anhängigen
staatsangehörigkeitsrechtlichen Gerichtsverfahrens zog der Kläger zu 1. im August 2001
zusammen mit seiner Ehefrau und den Klägern zu 2. und 3. in die Republik
Weißrussland, Gebiet N. , dem Herkunftsgebiet der Familie der Ehefrau des Klägers zu
1., um. Am 17. Januar 2002 wurden dem Kläger zu 1., seiner Ehefrau und den Klägern
zu 2. und 3. weißrussische Pässe ausgestellt.
5
Am 13. Juni 2003 haben die Kläger Klage erhoben und sich darauf berufen, dass der
am 1940 geborene Vater des Klägers zu 1. gemeinsam mit dessen Eltern, X1. Q1. , geb.
am 1915, sowie T1. Q1. , geb. T2. , geb. am 1915, im März 1944 aus dem Gebiet P. in
den damaligen Reichsgau Wartheland umgesiedelt und nach Schleusung durch die
Einwandererzentralstelle 1944 bzw. Anfang 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit
durch Einbürgerung erhalten hätten. Darüber hinaus sind sie der Auffassung der
Beklagten entgegengetreten, sie hätten die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 25
StAG durch den Erwerb der Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland auf Antrag
verloren.
6
Die Kläger haben beantragt,
7
festzustellen, dass sie deutsche Staatsangehörige sind.
8
Die Beklagte hat beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung hat sie ihren Vortrag zum Staatsangehörigkeitsverlust nach § 25 StAG
wiederholt und vertieft.
11
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und
zur Begründung ausgeführt, dass die Kläger ihre jeweils nach § 4 Abs. 1 RuStAG/StAG
erworbene deutsche Staatsangehörigkeit durch den auf ihren Antrag hin erfolgten
Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland am 14. Dezember 2001
verloren hätten. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12
Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wenden sich die
Kläger gegen das Vorliegen eines Antragserwerbs und gegen die Wirksamkeit des
Erwerbs der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland. Des weiteren tragen die
Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April
2008 - 5 C 28.07 -, NJW 2008, 2729, vor, dem Kläger zu 1. sei im Zeitraum 2001/2002
eine deutsche Staatsangehörigkeit nicht bekannt gewesen. Sie hätte ihm auch nicht
bekannt sein müssen. Einen Nachweis für die Einbürgerung seines - aus dem nicht zum
Reichskommissariat Ukraine gehörenden Gebiet P. stammenden - Vaters und dessen
Familie im Warthegau habe es nicht gegeben. Erst aufgrund der vom
Verwaltungsgericht Köln am 1. März 2005 in der Wohnung der Zeugin T3. durchgeführte
Zeugenvernehmung sei das Verwaltungsgericht zu der rechtlichen Überzeugung
gelangt, es bestünden gewichtige Anhaltspunkte für eine Einbürgerung des Vaters des
Klägers zu 1. Da es für den Kläger zu 1. nur um einen ausländischen Pass gegangen
sei, sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, dadurch seine deutsche
Staatsangehörigkeit zu verlieren.
13
Die Kläger beantragen,
14
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu
erkennen,
15
hilfsweise,
16
die Beklagte zu verpflichten, den Klägern einen Ausweis zur deutschen
Staatsangehörigkeit auszustellen.
17
Die Beklagte beantragt,
18
die Berufung zurückzuweisen.
19
Sie ist der Auffassung, das dem Kläger zu 1. der Besitz der deutschen
Staatsangehörigkeit zumindest hätte bekannt sein müssen.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsakten der Beklagten, des Regierungspräsidiums H. , des M. -E. - Kreises,
des Landratsamts U. , sowie der Gerichtsakte des VG H. - 10 E 20/00 - und der
Gerichtsakte des VG Köln - 17 K 2704/93 - Bezug genommen.
21
Entscheidungsgründe:
22
Die zulässige Berufung ist begründet, weil die zulässige Feststellungsklage begründet
ist. Über den Hilfsantrag braucht daher nicht entschieden zu werden.
23
Die Kläger sind deutsche Staatsangehörige.
24
Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 1. gemäß § 4
Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStAG) in der im Zeitpunkt
seiner Geburt am 1. Januar 1964 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des
Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 19. Dezember 1963, BGBl. I S. 982, die
deutsche Staatsangehörigkeit durch eheliche Geburt von seinem Vater erworben hat.
Auf die diesbezüglichen zutreffenden - und im Übrigen nicht in Frage gestellten -
Ausführungen des Verwaltungsgerichts nimmt der Senat zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug. Die Kläger zu 2. und 3. haben gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG in der
im Zeitpunkt ihrer Geburt am 23. März 1988 (Kläger zu 2.) bzw. am 13. November 1994
(Kläger zu 3.) geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Reichs- und
Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStAÄndG 1974) vom 20. Dezember 1974, BGBl. I S.
3714, die deutsche Staatsangehörigkeit durch eheliche Geburt von ihrem Vater, dem
Kläger zu 1., erworben.
25
Der Kläger zu 1. hat seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht am 14. Dezember 2001
gemäß § 25 Abs. 1 StAG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 7
des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 15. Juli 1999, BGBl. I
S. 1618, verloren. Nach § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine
Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn
dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt.
26
Der Kläger zu 1. hat in dem o.g. Zeitpunkt allerdings die Staatsangehörigkeit der
Republik Weißrussland auf seinen Antrag hin erworben.
27
Ein Erwerb der Staatsangehörigkeit im Registrierungsverfahren nach Art. 44 des am 12.
November 1991 in Kraft getretenen Gesetzes "Über die Staatsbürgerschaft der Republik
Weißrussland" vom 18. Oktober 1991 i.d.F. der Änderungen und Ergänzungen vom 15.
Juni 1993, 8. September 1995, 3. März 1997, 22. Juni 1998, 9. November 1999, 30.
Dezember 1999 und vom 18. Juni 2001 (im Folgenden: Staatsbürgerschaftsgesetz),
28
vgl. v.Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht,
Weißrussland, Stand: 1. März 2002, S. 12 ff.,
29
i.V.m. Art. 1 des am 17. Januar 1996 ausgefertigten "Abkommens zwischen der
Republik Belarus und der Republik Kasachstan über ein vereinfachtes Verfahren für
den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Staatsangehörige der Republik Belarus, die
zur ständigen Wohnsitznahme in die Republik Kasachstan einreisen, sowie durch
Staatsangehörige der Republik Kasachstan, die zur ständigen Wohnsitznahme in die
Republik Belarus einreisen" (im Folgenden: Staatsangehörigkeitsabkommen) ist als
Antragserwerb i.S.d. § 25 Abs. 1 RuStAG anzusehen, weil für den
Staatsangehörigkeitserwerb in diesem Verfahren ein hierauf gerichteter Antrag
erforderlich war.
30
Nach der Präambel des Staatsangehörigkeitsabkommens haben die Republik
Weißrussland und die Republik Kasachstan das Abkommen mit dem Wunsch
abgeschlossen, "günstige Bedingungen sicherzustellen, damit ihre Staatsangehörigen
auf der Grundlage einer freien Willensbekundung das Recht auf Wahl und Annahme der
Staatsangehörigkeit der anderen Seite ausüben können" (Hervorhebungen durch den
31
Senat).
Nach Art. 1 Absatz 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens gewährt jede Seite der
Vertragsschließenden "Staatsangehörigen der anderen Seite, die zur ständigen
Wohnsitznahme in ihr Hoheitsgebiet einreisen und nachgewiesen haben, dass sie
Staatsangehörige der ehemaligen UdSSR waren, das Recht auf ein vereinfachtes
(Registrierungs-)Verfahren für den Erwerb der Staatsangehörigkeit, wenn eine der
folgenden Bedingungen vorliegt:
32
Wenn der Antragsteller (Hervorhebung durch den Senat) auf dem Hoheitsgebiet der
Seite, deren Staatsangehörigkeit er annehmen möchte, geboren wurde oder einen
ständigen Wohnsitz hatte;
33
Wenn der Antragsteller (Hervorhebung durch den Senat) auf dem Hoheitsgebiet der
Seite, deren Staatsangehörigkeit er annehmen möchte, wenigstens einen der folgenden
nahen Angehörigen hat, der dort seinen ständigen Wohnsitz und die
Staatsangehörigkeit besitzt: Ehegatte (Ehegattin), einen Elternteil (Adoptivelternteil),
Kind (auch Adoptivkind), Schwester, Bruder, Großvater oder Großmutter."
34
Nach Art. 1 Abs. 2 des Staatsangehörigkeitsabkommens erstreckt sich das in Absatz 1
genannte Verfahren auch auf Staatsangehörige, die bereits auf dem Hoheitsgebiet der
anderen Seite ihren Wohnsitz haben, unabhängig davon, seit wann sie auf dem
Hoheitsgebiet der Seite wohnen, deren Staatsangehörigkeit sie annehmen möchten.
35
Gemäß Art. 2 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens legt ein Staatsangehöriger
zum Erwerb der Staatsangehörigkeit der anderen Seite bei den zuständigen Behörden
der anderen Seite neben einer notariell beglaubigten Kopie der Geburtsurkunde und
einem Nachweis für das Vorliegen einer der in Abs. 1 des Art. 1 des Abkommens
vorgesehenen Voraussetzungen "einen Antrag (Hervorhebung durch den Senat) in der
von den zuständigen Behörden der anderen Seite vereinbarten Form" vor.
36
Nach Art. 2 Satz 2 des Staatsangehörigkeitsabkommens registrieren die Behörden für
innere Angelegenheiten den Erwerb der Staatsangehörigkeit der anderen Seite in
einem vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von höchstens drei Monaten unter
Einhaltung der Forderungen, die durch die Inlandsgesetzgebung der betreffenden Seite
vorgesehen sind.
37
Danach bestand für Staatsangehörige der ehemaligen UdSSR, die Staatsangehörige
der Republik Weißrussland oder der Republik Kasachstan waren und zur ständigen
Wohnsitznahme in die jeweils andere Republik einreisen wollten oder dort schon ihren
ständigen Wohnsitz hatten, unter den in Art. 1 Abs. 1 Buchstaben a) und b) des
Staatsangehörigkeitsabkommens genannten (und den sich aus der
Inlandsgesetzgebung ggf. ergebenden zusätzlichen) Bedingungen ein Anspruch auf
Einbürgerung in einem vereinfachten Registrierungsverfahren. Dieser Anspruch
verwirklichte sich jedoch nicht kraft Gesetzes, sondern der Erwerb der
Staatsbürgerschaft erforderte einen auf diesen Erwerb gerichteten Antrag, über dessen
Stellung der Einbürgerungsbewerber i.S.d. § 25 Abs. 1 StAG frei entscheiden konnte.
38
Das Staatsangehörigkeitsabkommen vermittelt auch den erforderlichen gesetzlichen
Erwerbstatbestand, der im Hinblick auf die Effektivität, die Sicherheit und die
Dauerhaftigkeit des erworbenen Status die Vergleichbarkeit mit der deutschen
39
Staatsangehörigkeit gewährleistet.
Vgl. zu dieser Anforderung: BVerwG, Urteil vom 28. September 1993 - 1 C 25.92 -,
BVerwGE 94, 185 ff.
40
Um einen nach § 25 Abs. 1 RuStAG/StAG wirksamen Erwerb einer mit der deutschen
Staatsangehörigkeit vergleichbaren ausländischen Staatsangehörigkeit anzunehmen,
bedarf es der Erfüllung der materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des nach
der Rechtsordnung des ausländischen Staates für den Erwerb seiner
Staatsangehörigkeit normierten Erwerbstatbestandes. Ohne einen in der Rechtsordnung
des ausländischen Staates verankerten, materiell- rechtlich wirksamen und damit auch
den ausländischen Staat bindenden Erwerb der Staatsangehörigkeit kann nicht von
einem effektiven, gesicherten und dauerhaften Status ausgegangen werden, der mit der
gesetzlich verankerten deutschen Staatsangehörigkeit insoweit vergleichbar ist.
41
Extralegale "Einbürgerungen" vermitteln demgegenüber nicht ohne weiteres einen
rechtlich geschützten und damit i.S.d. § 25 Abs. 1 RuStAG/StAG gesicherten Status. So
sind nach Art. 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes Staatsbürger der Republik
Weißrussland - neben den Personen, die am Tage des Inkrafttretens des vorliegenden
Gesetzes auf dem Territorium der Republik Weißrussland ihren ständigen Wohnsitz
haben (Nr. 1) - lediglich diejenigen Personen, die die Staatsbürgerschaft der Republik
Weißrussland in Übereinstimmung mit diesem Gesetz (Hervorhebung durch den Senat)
erworben haben (Nr. 2). Nur diese Staatsbürger genießen etwa den Schutz vor Entzug
der Staatsbürgerschaft (Art. 4 des Staatsbürgerschaftsgesetzes) und den allgemeinen
Schutz durch die Republik Weißrussland im In- und Ausland (Art. 5 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes). Soweit durch völkerrechtliche Verträge abweichende
Regelungen bestimmt und etwa gesonderte Erwerbstatbestände festgelegt werden,
finden nach Art. 44 des Staatsbürgerschaftsgesetzes die Regelungen der
völkerrechtlichen Verträge Anwendung. Insoweit kommt es entscheidend auf die
Wirksamkeit des völkerrechtlichen Vertrages und darauf an, dass die jeweilige
Einbürgerung einem bestimmten vertraglich geregelten - antrags- oder
erklärungsabhängigen - Erwerbstatbestand entspricht.
42
Beides ist hier der Fall. Wie oben bereits dargelegt, ist der Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland nach Art. 1 des
Staatsangehörigkeitsabkommens von einem freiwilligen Antrag abhängig. Nunmehr
bestehen auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass der dem Senat in der
Übersetzung des Bundessprachenamtes (Referat SMD 7, Auftragsnummer 2007U-
12477) vorliegende Text des Abkommens dem amtlichen Text entspricht, und dass das
Abkommen am 31. Juli 1998 als innerstaatliches Recht in Kraft getreten ist.
43
Die Übereinstimmung des von der Beklagten im Internet recherchierten und mit der o.g.
Übersetzung des Bundessprachenamtes mit Schriftsatz vom 21. November 2007 zur
Gerichtsakte gereichten Abkommenstextes mit dem amtlichen, im elektronischen
Gesetzesregister der Republik Weißrussland am 22. Juni 2004 unter der
Registernummer 3/1432 aufgenommenen Text wird durch die Auskunft der Deutschen
Botschaft in Minsk vom 4. Januar 2008 bestätigt.
44
Ebenso bestätigt wird durch den Auszug aus dem elektronischen Gesetzesregister die
(völkerrechtliche) Ratifizierung des Abkommens am 4. September 1996 und der
Zeitpunkt des innerstaatlichen Inkrafttretens am 31. Juli 1998. Konkrete Anhaltspunkte
45
dafür, dass es entgegen dem Inkrafttretensvermerk im offiziellen Gesetzesregister der
Republik Weißrussland seinerzeit an einem Ratifizierungsgesetz gefehlt hat und/oder
das Ratifizierungsgesetz einschließlich des Abkommens nicht in dem hierfür
vorgesehenen Veröffentlichungsorgan veröffentlicht worden ist, sind weder vorgetragen
noch ersichtlich. Nach der Auskunft der Deutschen Botschaft in Minsk vom 4. Januar
2008 sind "in der Republik Belarus alle Gesetze und ratifizierten völkerrechtlichen
Vereinbarungen in Broschürenform veröffentlicht" worden. Das Datum 22. Juni 2004
kennzeichnet lediglich den Zeitpunkt, in dem das Abkommen unter der Registernummer
3/1432 in das elektronische Gesetzesregister der Republik Weißrussland aufgenommen
worden ist, bietet jedoch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass das Abkommen
erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist. Abgesehen davon steht einer derartigen
Annahme schon der im offiziellen Gesetzesregister veröffentlichte Inkrafttretensvermerk
(31. Juli 1998) entgegen.
Ausweislich der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 in Übersetzung
des Bundessprachenamtes (Referat SMD 7, Auftragsnummer 2008U- 00267)
eingereichten Kopie des Ratifizierungsgesetzes N 191-1 der Republik Kasachstan und
der Verbalnote Nr. 12-1-2/110 des Außenministeriums der Republik Kasachstan vom
14. Januar 2008 ist die Ratifizierung des Abkommens durch die Republik Kasachstan
am 2. Dezember 1997 erfolgt.
46
Angesichts dessen und mit Blick darauf, dass in allen vorliegenden Dokumenten der
Zeitpunkt des innerstaatlichen Inkrafttretens des Abkommens übereinstimmend mit dem
31. Juli 1998 angegeben ist, und dieser Zeitpunkt darüber hinaus durch die Verbalnote
Nr. 19-19/149-k des weißrussischen Außenministeriums vom 9. Januar 2008
ausdrücklich bestätigt worden ist, bestehen keine Zweifel, dass auch der nach Art. 6 des
Staatsangehörigkeitsabkommens erforderliche Austausch der Ratifikationsurkunden 30
Tage vor dem völkerrechtlichen Inkrafttreten erfolgt ist.
47
Soweit die Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens des Max- Planck-
Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld
535, 69130 Heidelberg, beantragen zum Beweis dafür, "dass für den Erwerb der
weißrussischen Staatsangehörigkeit nach dem Abkommen vom 17.01.1996 zwischen
der Republik Belarus und der Republik Kasachstan ein Ratifizierungsgesetz der
Republik Weißrussland notwendig war und zur Wirksamkeit dieses Gesetzes die
Veröffentlichung im weißrussischen Gesetzregister bzw. Gesetzblatt im sog.
"Wedomost" notwendig war und erst ab diesem Zeitpunkt auf der Grundlage des
Abkommens eine weißrussische Staatsangehörigkeit erworben werden kann"
(Beweisantrag Nr. 2 des Schriftsatzes vom 18. März 2008), wird dieser Antrag
abgelehnt. Die für das Inkrafttreten des Abkommens angeführten rechtlichen
Anforderungen werden als gegeben unterstellt. Unabhängig davon zielt dieser
Beweisantrag nicht auf die Feststellung von Tatsachen, sondern in unzulässiger Weise
auf das Ergebnis rechtlicher Wertungen, die allein dem Gericht obliegen.
48
Der Beweisantrag der Kläger auf Einholung einer "Auskunft der deutschen Botschaft
beim weißrussischen Außenministerium" zum Beweis, "dass es zum Abkommen vom
17. Januar 1996 kein Ratifizierungsgesetz der Republik Belarus gibt" (Beweisantrag Nr.
3 des Schriftsatzes vom 18. März 2008), wird als unzulässiger
Ausforschungsbeweisantrag abgelehnt. Angesichts des Auszugs aus dem offiziellen
elektronischen Gesetzesregister der Republik Weißrussland, dem darin enthaltenen
Inkrafttretensvermerk, der Auskunft der deutschen Botschaft in Minsk vom 4. Januar
49
2008 und der Verbalnote des weißrussischen Außenministeriums vom 9. Januar 2008 -
19-19/149-k - fehlt es an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, dass entgegen
diesen Verlautbarungen das Abkommen in Ermangelung eines Ratifizierungsgesetzes
und der Veröffentlichung dieses Gesetzes und des Abkommens in dem seinerzeit
vorgesehenen Veröffentlichungsorgan (Broschüre) keine Wirksamkeit entfaltet.
Gemäß Art. 7 des Staatsangehörigkeitsabkommens gilt das Abkommen für die Dauer
von fünf Jahren, gerechnet vom Tag des Inkrafttretens, und wird automatisch um weitere
fünf Jahre verlängert, wenn nicht eine der Seiten sechs Monate vor Ablauf der
genannten Geltungsdauer schriftlich das Gegenteil äußert. Ob eine derartige schriftliche
Gegenäußerung erfolgt ist, kann dahinstehen, da hier ein Staatsangehörigkeitserwerb
des Klägers zu 1. zum Ende des Jahres 2001 und damit noch innerhalb der ersten, nach
den vorstehenden Darlegungen rechtsgültigen fünfjährigen Mindestvertragslaufzeit in
Frage steht.
50
Aus dem Übereinkommen vom 26. Februar 1999 zwischen den Republiken
Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und der Russischen Föderation über die
Vereinfachung von Staatsbürgerschaftsfragen (im Folgenden: Übereinkommen),
51
vgl. v.Albertini, in: Bergman/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht,
Weißrussland, Stand: 22. Dezember 2003, S. 12, sowie v.Albertini, a.a.O., Russische
Föderation, Stand: 30. November 2005, S. 15,
52
ergibt sich nichts Abweichendes. So kann schon nicht festgestellt werden, dass das
Übereinkommen in Kraft getreten ist. Nach Art. 8 Satz 1 des Übereinkommens tritt es
erst ab dem 30. Tag seit dem Einreichen der letzten Ratifikationsurkunde beim
Depositar in Kraft. Nach Bergmann/Ferid/Henrich ist eine Ratifizierung lediglich durch
die Russische Föderation mit Gesetz Nr. 18 vom 2. Januar 2000 und durch die Republik
Weißrussland mit Gesetz Nr. 300-3 vom 9. November 1999 erfolgt,
53
vgl. v.Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O., Weißrussland, Stand: 22. Dezember
2003, S. 12, sowie v.Albertini, a.a.O., Russische Föderation, Stand: 30. November 2005,
S. 15; in den Sammlungen zu Kasachstan und Kirgisistan ist dieses Abkommen gar
nicht verzeichnet, vgl. v.Albertini, a.a.O., Kirgisistan, Stand: 1. Juni 2001, S. 7,
Weishaupt, a.a.O., Kasachstan, Stand: 1. Januar 2003,
54
so dass alles dafür spricht, dass auch nur diese Staaten die Ratifikationsurkunden beim
Depositar hinterlegt haben.
55
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2007 - 12 A 5053/05 -.
56
Die Regelung in Art. 8 Satz 3 des Übereinkommens, wonach das Übereinkommen für
jeden Staat, der diesem Abkommen beigetreten ist, ab dem 30. Tag seit dem Einreichen
der Ratifikationsurkunde des Landes beim Depositar zur Aufbewahrung in Kraft tritt,
betrifft den Beitritt von anderen GUS-Staaten zu diesem Übereinkommen (Art. 7 Satz 2
des Übereinkommens), nicht jedoch das Inkrafttreten des Übereinkommens zwischen
den Vertragsschließenden.
57
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2007 - 12 A 5053/05 -.
58
Die Angabe des Zeitpunktes des Inkrafttretens dieses Abkommens mit dem 4.
59
November 2000 in der Verbalnote Nr. 19-19/149-k des weißrussischen
Außenministeriums vom 9. Januar 2008 kann daher nicht ohne weiteres nachvollzogen
werden, zumal nach Art. 8 Satz 2 des Übereinkommens das Übereinkommen für die
Russische Föderation ab dem 4. November 2000 in Kraft tritt, ohne insoweit diesen
Zeitpunkt des Inkrafttretens auf alle Vertragsschließenden zu erweitern.
Selbst wenn das in Rede stehende Übereinkommen zu dem o.g. Zeitpunkt in Kraft
getreten wäre, führte dies nicht zu einer Änderung der rechtlichen Bewertung.
Ausweislich der Präambel und den Regelungen in Art. 1 und 2 des Übereinkommens,
die den Bestimmungen des Staatsangehörigkeitsabkommens im wesentlichen
entsprechen, wäre ebenfalls ein auf einem freiwilligen Antrag beruhender (Anspruchs-)
Erwerb der Staatsangehörigkeit der jeweils anderen Seite in einem einfachen
Registrierungsverfahren vorgesehen. Auch die materiell- rechtlichen
Anspruchsvoraussetzungen wären im wesentlichen deckungsgleich, so dass hieraus
keine nachträglichen inhaltlichen Beschränkungen des
Staatsangehörigkeitsabkommens abzuleiten wären. Da konkrete Anhaltspunkte für eine
Aufhebung des Staatsangehörigkeitsabkommens im Zuge des - unterstellten -
Inkrafttretens des Übereinkommens nicht ersichtlich sind, würden somit im Verhältnis
der Republik Weißrussland und der Republik Kasachstan zwei inhaltlich im
wesentlichen deckungsgleiche völkerrechtliche Vereinbarungen nebeneinander
Geltung beanspruchen; von einer Geltung beider Vereinbarungen geht im Übrigen auch
das weißrussische Außenministeriums in seiner Verbalnote Nr. 19-19/149-k vom 9.
Januar 2008 aus.
60
Das Europäische Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit
führt ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Registrierungserwerbs.
61
Das Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1997 über die
Staatsangehörigkeit vom 13. Mai 2004, BGBl. II S. 578, ist gemäß Art. 2 Abs. 1 des
Gesetzes erst am 19. Mai 2004 in Kraft getreten, so dass schon deshalb vor seinem
Inkrafttreten verwirklichte Erwerbs- bzw. Verlusttatbestände - wie hier - nicht erfasst
werden. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass die Republik Weißrussland das
Übereinkommen ratifiziert hat und dieses in der Republik Weißrussland in Kraft getreten
ist. Darüber hinaus richten sich die - im Übrigen nur Grundsatzregelungen
beinhaltenden - Bestimmungen des Art. 20 Abs. 1 Buchstabe a) (Aufenthaltsrecht im
Nachfolgestaat bei Staatennachfolge) und des Art 18 Abs. 2 (Entscheidung über die
Verleihung oder Beibehaltung der Staatsangehörigkeit im Fall der Staatennachfolge)
des Übereinkommens an die Nachfolgestaaten bzw. betreffen deren Entscheidungen im
Fall der Staatennachfolge. Die Klärung der Frage, ob aufgrund des Erwerbs einer
ausländischen Staatsangehörigkeit gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG der Verlust der
deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten ist, beschränkt sich demgegenüber auf die
Klärung der mit dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit verknüpften
gesetzlichen Folge durch die zuständigen Behörden und Gerichte der Bundesrepublik
Deutschland und beinhaltet darüber hinaus auch keine Entscheidung über die
Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit; die Entscheidung über die
Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit trotz des Erwerbs einer ausländischen
Staatsangehörigkeit ist dem Verfahren nach § 25 Abs. 2 RuStAG bzw. StAG über die
Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung vorbehalten. Eine
Beibehaltungsgenehmigung ist hier jedoch nicht beantragt worden.
62
Angesichts der völkerrechtlichen Staatsqualität sowohl der Republik Weißrussland als
63
auch der Republik Kasachstan, des völkerrechtlichen Charakters des bilateralen
Staatsangehörigkeitsabkommens und des hierdurch nach Transformation des
Abkommens in innerstaatliches Recht begründeten individual- rechtlichen
Einbürgerungsanspruchs besteht auch kein Zweifel daran, dass eine auf der Grundlage
des Staatsangehörigkeitsabkommens i.V.m. Art. 44 des Staatsbürgerschaftsgesetzes in
Anknüpfung an die Verlagerung des ständigen Wohnsitzes verliehene
Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland nicht als Bestandteil einer lediglich
internen Regelung der Staatennachfolge nach dem Untergang der Sowjetunion,
sondern als eine im staatsrechtlichen Außenverhältnis wirksame und damit i.S.d. § 25
Abs. 1 StAG beachtliche Staatsbürgerschaft anzusehen ist. Ebenso kann dem
Registrierungsverfahren als einem der regulären gesetzlichen Verfahren zum Erwerb
der Staatsangehörigkeit (vgl. das vor der Ausfertigung des
Staatsangehörigkeitsabkommens schon gesetzlich verankerte Registrierungsverfahren
nach Art. 17 des Staatsbürgerschaftsgesetzes) nicht die Eignung abgesprochen werden,
einen staatsrechtlich wirksamen und damit nach § 25 Abs. 1 StAG beachtlichen
Staatsangehörigkeitserwerb zu bewirken.
Nach der Überzeugung des Senats hat der Kläger zu 1. am 14. Dezember 2001 die
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland auf seinen Antrag hin im
Registrierungsverfahren nach Art. 44 des Staatsbürgerschaftsgesetzes i.V.m. Art. 1 und
2 des Staatsangehörigkeitsabkommens erworben. Dies ergibt sich hinreichend
eindeutig aus
64
dem vom weißrussischen Innenministerium am 17. Januar 2002 ausgestellten Pass der
Republik Weißrussland mit der Nummer " ",
65
der mit dem offiziellen Stempel versehenen Bescheinigung Nr. 352 der Verwaltung des
Inneren der Gebietsverwaltung N2. vom 14. Dezember 2001, wonach der Kläger zu 1.
durch Beschluss der Verwaltung des Inneren vom 14. Dezember 2001 "in die
Staatsbürgerschaft der Republik Belarus gemäß dem Abkommen zwischen Republik
Belarus und Republik Kasachstan über die vereinfachte Einbürgerung der
belorussischen Staatsangehörigen mit dem festen Wohnsitz in Kasachstan und der
kasachischen Staatsangehörigen mit den festen Wohnsitz in Belarus eingebürgert
worden" ist,
66
der Verbalnote Nr. 19-19/7194-k des weißrussischen Außenministeriums vom 12. Juli
2005, wonach in der Verbalnote aufgeführte Personen auf ihren Antrag auf Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Republik Belarus "die Staatsangehörigkeit der Republik
Belarus nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Republik Belarus und der
Republik Kasachstan vom 17.01.1996 über die Vereinfachung des Verfahrens des
Staatsangehörigkeitserwerbs durch Staatsangehörige der Republik Belarus, die zum
ständigen Aufenthalt in die Republik Kasachstan kommen, und für Staatsangehörige der
Republik Kasachstan, die zum ständigen Aufenthalt in die Republik Belarus kommen,
erworben" haben,
67
der Verbalnote Nr. 19-19/1149-k des weißrussischen Außenministeriums vom 11.
Februar 2008, wonach der Kläger zu 1. "am 5. Dezember 2001 einen Antrag auf Erwerb
der Staatsangehörigkeit der Republik Belarus eingereicht hat" und ihm "die
Staatsangehörigkeit der Republik Belarus am 14. Dezember 2001 aufgrund einer
Entscheidung der Innenverwaltung der Gebietsexekutive N3. entsprechend der
Vereinbarung der Republik Belarus und der Republik Kasachstan über das erleichterte
68
Verfahren des gegenseitigen Erwerbs der jeweiligen Staatangehörigkeit durch
belarussische Staatsangehörige, die zum ständigen Wohnsitz nach Kasachstan und
durch kasachische Staatsangehörige, die zum ständigen Wohnsitz nach Belarus
kommen (unterzeichnet am 17. Januar 1996 in Minsk; in Kraft getreten am 31. Juli
1998)" verliehen worden ist.
Dass der Kläger zu 1. die Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland überhaupt
besitzt, wird schon durch den ihm vom weißrussischen Innenministerium unter dem 17.
Januar 2001 erteilten Pass der Republik Weißrussland eindeutig dokumentiert. Gemäß
Art. 7 Satz 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist das die Staatsbürgerschaft der
Republik Weißrussland nachweisende Dokument der Pass des Staatsbürgers der
Republik Weißrussland. Auch wird eine Einbürgerung des Klägers zu 1. - ebenso wie
eine Einbürgerung der Kläger zu 2. und 3. - nicht bestritten (Schriftsatz vom 29. Juli
2005, Seite 1: "Es ist also nicht zu bestreiten, dass es zu einer "Einbürgerung" kam"),
wenngleich die Kläger diese Einbürgerungen nicht als Einbürgerungen i.S.d. § 25 Abs.
1 StAG werten.
69
Ein Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland kraft Gesetzes kann
nicht festgestellt werden. Insbesondere scheidet ein Erwerb nach Art. 2 Abs. 1 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes aus, der als gesetzlicher Erwerbstatbestand zu werten ist.
Danach sind Personen, die am Tage des Inkrafttretens des Staatsbürgerschaftsgesetzes
auf dem Territorium der Republik Weißrussland ihren ständigen Wohnsitz haben, kraft
Gesetzes Staatsbürger der Republik Weißrussland. Von der Regelung des Art. 2 Abs. 1
des Staatsbürgerschaftsgesetzes wurde der Kläger zu 1. jedoch nicht erfasst, da er im
Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsbürgerschaftsgesetzes am 12. November 1991
seinen ständigen Wohnsitz nicht, wie dies Art. 2 Abs. 1 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes erfordert, auf dem Territorium der Republik Weißrussland
hatte, sondern auf dem Gebiet der - aus der Kasachischen SSR hervorgegangenen, seit
1991 unabhängigen - Republik Kasachstan. Sonstige im Fall des Klägers eingreifenden
gesetzlichen Erwerbstatbestände sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
70
Auf welcher Rechtsgrundlage der Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland konkret erfolgt ist, ergibt sich aus der Bescheinigung Nr. 352 der
Verwaltung des Inneren der Gebietsverwaltung N2. vom 14. Dezember 2001 und der
Verbalnote Nr. 19-19/1149-k des weißrussischen Außenministeriums vom 11. Februar
2008. Hiernach ist der Staatsangehörigkeitserwerb auf der Grundlage des
Staatsangehörigkeitsabkommens erfolgt, das in Art. 1 und 2 einen ausschließlich
antragsabhängigen Staatsangehörigkeitserwerb vorsieht; den hierfür erforderlichen
Antrag hat der Kläger zu 1. nach der Verbalnote Nr. 19-19/1149-k des weißrussischen
Außenministeriums vom 11. Februar 2008 am 5. Dezember 2001 gestellt.
71
Damit ist ein Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland im Wege des
vereinfachten, jedoch i.S.d. § 25 Abs. 1 StAG antragsabhängigen
Registrierungsverfahrens hinreichend deutlich dokumentiert.
72
Dafür, dass die Verwaltungspraxis der weißrussischen Behörden von den gesetzlichen
und völkerrechtlichen Vorgaben in dem hier maßgeblichen Zeitraum abgewichen ist,
und diese Behörden Staatsangehörigen der Republik Kasachstan, die zur ständigen
Wohnsitznahme in die Republik Weißrussland einreisen wollten oder dort schon ihren
ständigen Wohnsitz hatten, die Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland
regelmäßig auch ohne einen diesbezüglichen Antrag verliehen haben, sind konkrete
73
Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil, aus der
Verbalnote Nr. 19-19/7194-k des weißrussischen Außenministeriums vom 12. Juli 2005
ergibt sich, dass auf der Grundlage des Staatsangehörigkeitsabkommens in konkret
benannten Fällen die Verleihung der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland
antragsabhängig erfolgt ist. Dafür, dass es sich hierbei um Ausnahmefälle gehandelt
hat, sind konkrete Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit die Prozessbevollmächtigen der Kläger auf das Urteil des VGH Baden-
Württemberg vom 5. Juni 2003 - 13 S 1181/01 - und den in diesem Verfahren
ergangenen Beweisbeschluss vom 21. März 2002 hingewiesen haben, führt dies nicht
weiter. Der vom VGH Baden-Württemberg zu entscheidende Fall und die
Beweisthemen betrafen Fragen des Erwerbs bzw. Wiedererwerbs der
Staatsbürgerschaft der UdSSR im Jahr 1985/1986 auf der Grundlage der Art. 15 und 19
des Gesetzes über die Bürgerschaft der UdSSR vom 1. Dezember 1978,
74
abgedruckt bei Geilke, in: Bergmann/Ferid, a.a.O., UdSSR, Stand: 31. Dezember 1989,
S. 14 ff.,
75
und die diesbezügliche Verwaltungspraxis. Hieraus lassen sich indes konkrete
Erkenntnisse in Bezug auf eine im Jahr 2001 übliche und von den gesetzlichen bzw.
völkerrechtlichen Regelungen abweichende verwaltungspraktische Handhabung des
Antragserfordernisses im Rahmen des Registrierungsverfahrens nach Art. 1 und 2 des
Staatsangehörigkeitsabkommens durch die weißrussischen Behörden nicht gewinnen.
Entsprechendes gilt für den allgemeinen Hinweis auf Demokratie- und
Rechtsstaatsdefizite in der Republik Weißrussland.
76
Der Kläger zu 1. erfüllte im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsangehörigkeit der
Republik Weißrussland durch Beschluss der Verwaltung des Inneren der
Gebietsverwaltung N2. am 14. Dezember 2001 auch die materiell-rechtlichen
Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach Art. 1 Abs. 1
Buchstabe b) des Staatsangehörigkeitsabkommens. In dem genannten Zeitpunkt war er
Staatsangehöriger der Republik Kasachstan. Gemäß Art. 3 Abs. 1 des am 1. März 1992
in Kraft getretenen Gesetzes über die Staatsangehörigkeit der Republik Kasachstan
vom 20. Dezember 1991,
77
vgl. Weishaupt, in: Bergmann/Ferid, a.a.O., Kasachstan, Stand: 28. Februar 1995, S. 5 u.
8,
78
sind Staatsangehörige der Republik Kasachstan u.a. die Personen, die am Tag des
Inkrafttretens des Gesetzes ständig in der Republik Kasachstan wohnhaft sind. Hiernach
hat der Kläger zu 1. die Staatsangehörigkeit der Republik Kasachstan kraft Gesetzes
erworben, da der am 1. Januar 1964 in der Kasachischen SSR geborene Kläger zu 1.
im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. März 1992 im Gebiet der aus der
Kasachischen SSR hervorgegangenen, seit 1991 unabhängigen Republik Kasachstan -
unstreitig - ständig wohnhaft war.
79
Im Dezember 2001 hatte der Kläger zu 1. auch i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b) des
Staatsangehörigkeitsabkommens auf dem Hoheitsgebiet der Republik Weißrussland
einen nahen Angehörigen, der dort seinen ständigen Wohnsitz und die
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland besaß. Dieser nahe Angehörige war
die Ehefrau des Klägers zu 1., die seit dem Umzug der Familie im August 2001 in die
80
Republik Weißrussland dort unstreitig ihren ständigen - und durch eine
Aufenthaltsgenehmigung rechtlich abgesicherten - Wohnsitz hatte.
Sie besaß i.S.d. oben genannten Regelung auch die Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland. Entgegen der Auffassung der Kläger setzt das
Staatsangehörigkeitsabkommen nicht voraus, dass der nahe Angehörige als
Bezugsperson bereits zeitlich vor der eigenen Einbürgerung des jeweiligen
Antragstellers die Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland besessen haben
muss. Wie schon der Wortlaut ergibt, muss lediglich die Bedingung des Besitzes der
Staatsangehörigkeit durch die jeweilige Bezugsperson erfüllt sein, um als Antragsteller
selbst die Staatsangehörigkeit erwerben zu können. Eine zeitliche Abfolge ist danach
dem Gesetz allenfalls insoweit zu entnehmen, als im Zeitpunkt der Einbürgerung des
Antragstellers auch die jeweilige Bezugsperson die Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland "besitzt".
81
Eine zwingende zeitliche Staffelung des Staatsangehörigkeitserwerbs würde auch dem
erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung in Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b) des
Staatsangehörigkeitsabkommens widersprechen, Familien mit
staatsangehörigkeitsrechtlichem Bezug auch nur eines nahen Familienangehörigen zur
Republik Weißrussland die Erlangung der Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland im Familienverbund in einem vereinfachten Registrierungsverfahren zu
erleichtern. Eine Beschränkung der Regelung lediglich auf die Erleichterung des
Familiennachzugs zu einer auf dem Territorium der Republik Weißrussland lebenden
und bereits im Besitz der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland befindlichen
Bezugsperson ist dem Staatsangehörigkeitsabkommen nicht zu entnehmen. Dieses
lässt vielmehr auch den Zuzug der Bezugsperson selbst und deren
Staatsangehörigkeitserwerb nach Buchstabe a) oder b) des Art. 1 Abs. 1 des
Staatsangehörigkeitsabkommens ohne weiteres zu. Wäre eine zeitliche Staffelung
vorgegeben, wären die Familien gezwungen, die Bezugsperson zunächst das
Registrierungsverfahren betreiben zu lassen, um dann nach erfolgter Einbürgerung der
Bezugsperson das Registrierungsverfahren für die entweder schon auf dem
Hoheitsgebiet der Republik Weißrussland mit ständigem Wohnsitz lebenden (Art. 1 Abs.
2 des Staatsangehörigkeitsabkommens) oder dann erst einreisenden Familienmitglieder
(Art. 1 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens) anschließen zu können; ein
nachvollziehbarer sachgerechter Grund für eine derartige - der Verfahrenserleichterung,
die mit dem Gesetz gerade bezweckt wird, völlig widersprechende - Handhabung ist
weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die Ehefrau des Klägers zu 1. die
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland besitzt, ist durch den ihr ebenfalls vom
weißrussischen Innenministerium am 17. Januar 2002 ausgestellten Pass der Republik
Weißrussland mit der - der Passnummer des Klägers zu 1. unmittelbar folgenden -
Nummer " " nach Art. 7 Satz 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes nachgewiesen. Die
Ausstellung ihres Passes gleichzeitig mit der Ausstellung des Passes für ihren
Ehemann, den Kläger zu 1., spricht indiziell deutlich dafür, dass auch das im
Sachzusammenhang mit der Passerteilung stehende Einbürgerungsverfahren des
Klägers zu 1. sowie ein etwaiges Einbürgerungsverfahren seiner am 24. März 1962 in
der Weißrussischen SSR geborenen Ehefrau nach Art. 1 Abs. 1 Buchstabe a) 1. Alt. des
Staatsangehörigkeitsabkommens in zeitlicher Hinsicht einheitlich abgewickelt worden
sind.
82
Für den Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland war ein Verzicht
auf die Staatsangehörigkeit der Republik Kasachstan nicht erforderlich. Dabei kann
83
dahinstehen, ob und inwieweit die Rechtsordnungen der Republik Weißrussland und
der Republik Kasachstan einen derartigen Verzicht für einen wirksamen
Staatsangehörigkeitswechsel ansonsten voraussetzen. Gemäß Art. 44 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes finden die Regelungen völkerrechtlicher Verträge
Anwendung, wenn durch einen völkerrechtlichen Vertrag der Republik Weißrussland
von dem Staatsbürgerschaftsgesetz abgewichen wird. Eine solche Abweichung liegt
hier vor, da nach Art. 2 Satz 3 des Staatsangehörigkeitsabkommens das Datum, an dem
der Erwerb der Staatsangehörigkeit registriert wird - hier also der 14. Dezember 2001 -
zugleich das Datum ist, an dem die Staatsangehörigkeit der anderen Seite erlischt; über
das Erlöschen erfolgt lediglich eine entsprechende Information der jeweiligen Seite.
Den verwaltungspraktischen Anforderungen eines vereinfachten
Registrierungsverfahrens zum Erwerb der Staatsangehörigkeit des jeweils anderen
Staates Rechnung tragend, in dem auch nach Art. 2 Satz 1 des
Staatsangehörigkeitsabkommens die Vorlage einer Verzichtserklärung nicht erforderlich
ist, ist der Wegfall der bisherigen Staatsangehörigkeit aufgrund einer gesonderten
Verzichtserklärung nicht Voraussetzung für die Einbürgerung nach dem
Staatsangehörigkeitsabkommen; nach der von den beiden Vertragsschließenden
vereinbarten Konzeption des Staatsangehörigkeitsabkommens erlischt die bisherige
Staatsangehörigkeit vielmehr automatisch als unmittelbare Folge der Einbürgerung im
Zeitpunkt der Registrierung. Diese gegenseitige Regelung des Erlöschens beansprucht
auch im Verhältnis zur Republik Kasachstan staatsangehörigkeitsrechtliche
Wirksamkeit, selbst wenn ansonsten ein Verzicht auf die Staatsangehörigkeit der
Republik Kasachstan erforderlich wäre. Nach der - der Bestimmung des Art. 44 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes entsprechenden - Regelung in Art. 42 des Gesetzes über
die Staatsangehörigkeit der Republik Kasachstan vom 20. Dezember 1991,
vgl. Weishaupt, in: Bergmann/Ferid, a.a.O., Kasachstan, Stand: 28. Februar 1995, S.15,
84
finden die Vorschriften des zwischenstaatlichen Vertrags Anwendung, wenn durch
einen zwischenstaatlichen Vertrag der Republik Kasachstan andere Vorschriften
vorgesehen sind als die in dem Gesetz über die Staatsangehörigkeit enthaltenen
Vorschriften. Die Rückgabe der kasachischen Pässe in der Botschaft der Republik
Kasachstan in Minsk kennzeichnet danach lediglich die Folge des mit der Registrierung
als Staatsangehörige der Republik Weißrussland bereits eingetretenen Erlöschens der
kasachischen Staatsangehörigkeit; eines gesonderten Verzichtes auf die kasachische
Staatsangehörigkeit bedurfte es nicht mehr.
85
Soweit der Kläger zu 1. geltend macht, er habe zusammen mit seiner Ehefrau lediglich
die Ausstellung weißrussischer Pässe beantragt, einen Antrag nach Art. 2 Satz 1 des
Staatsangehörigkeitsabkommens habe er nicht abgegeben, ist dies schon nicht
glaubhaft, weil er selbst vorträgt, die Familie habe die weißrussische
Staatsangehörigkeit annehmen müssen, um dort arbeiten und wohnen zu können.
Selbst wenn der Kläger - wie er behauptet - nur seinen Wunsch, einen Pass der
Republik Weißrussland zu erlangen, artikuliert haben sollte, stellt dies die Stellung
eines Antrags nach Art. 2 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens auf Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland im Wege des vereinfachten
Registrierungsverfahrens nach Art. 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens nicht in
Frage. Im Außenverhältnis gegenüber den Organen der Innenverwaltung war der Antrag
Art. 2 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens von der Passerwerbserklärung
mitumfasst, denn der Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland war -
unstreitig - Voraussetzung für die Erlangung des Passes dieses Staates. Soweit
86
vertreten wird, nur eine Willenserklärung, mit der der Erwerb der fremden
Staatsangehörigkeit unmittelbar bezweckt werde, genüge den Anforderungen des § 25
Abs. 1 StAG, nicht aber eine Willenserklärung, die eine Handlung zum Gegenstand hat,
mit der der Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit automatisch verbunden sei,
vgl. Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Loseblattausgabe,
Stand: Dezember 2006, Bd. 1, § 25 Rn. 32,
87
folgt der Senat dem jedenfalls für Fallgestaltungen nicht, in denen der unmittelbare
Zusammenhang zwischen der begehrten Handlung - hier der Ausstellung eines Passes
durch einen Staat, der nicht der Staat der bisherigen Staatsangehörigkeit des
Antragsstellers ist - und dem hierfür erforderlichen Erwerb der fremden
Staatsangehörigkeit evident ist. Denn in diesem Fall muss sich dem Antragsteller
aufdrängen, dass er sein Primärziel - hier die Ausstellung eines Passes der Republik
Weißrussland - nur über den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit erreichen kann.
Bleibt er gleichwohl bei seinem primären Begehren, ohne im Hinblick auf den hierfür
erforderlichen Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit eine abweichende Absicht
deutlich zu machen, muss im Außenverhältnis davon ausgegangen werden, dass er zur
Erreichung seines Primärziels auch den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit in
seinen Willen und in seine Willenserklärung mit einbezieht. In diesem Fall besteht kein
Grund, ihn anders zu behandeln als einen Antragsteller, der im Außenverhältnis
ausdrücklich eine auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Erklärung
abgibt.
88
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2007 - 12 A 5053/05 -, Beschluss vom
20. Juli 2007 - 12 A 4704/05 -.
89
Im vorliegenden Fall ist der Zusammenhang zwischen der begehrten Ausstellung des
Passes der Republik Weißrussland und dem Erwerb der Staatsangehörigkeit der
Republik Weißrussland - auch aus Laiensicht - evident. Sollte der Kläger zu 1. bei der
Abgabe seiner Erklärung tatsächlich gemeint haben, diese beziehe sich nur auf die
Ausstellung des Passes (etwa weil seiner Ehefrau wegen ihrer Geburt in der
Weißrussischen SSR ein solcher Pass ohne weiteres zugestanden habe und dies auch
für ihn als Ehemann gegolten habe), änderte dies nichts an dem objektiven, auf den
Erwerb der Staatsangehörigkeit gerichteten Erklärungsgehalt. Es läge lediglich ein
Irrtum über den Inhalt der abgegebenen Erklärung vor; dass ein derartiger
Willensmangel über eine möglicherweise bestehende - im Rahmen des § 25 Abs. 1
StAG jedoch unbeachtliche - Anfechtbarkeit hinaus zur Nichtigkeit der Verleihung der
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland führt, ist weder den Regelungen des
Staatsbürgerschaftsgesetzes oder des Staatsangehörigkeitsabkommens zu entnehmen
noch ist dies im Übrigen substantiiert geltend gemacht. Dementsprechend wäre es
unschädlich, wenn der Kläger zu 1. tatsächlich nur einen Pass beantragt hätte.
90
Der Umstand, dass das Dokument des schriftlichen Antrags des Klägers zu 1. nach Art.
2 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsabkommens dem Gericht nicht vorliegt, ist nicht
geeignet, den durch den Pass nachgewiesenen Erwerb der Staatsangehörigkeit der
Republik Weißrussland und die für einen Erwerb durch einen Antrag gemäß Art. 2 Satz
1 des Staatsangehörigkeitsabkommens sprechenden Indizien sowie die Verbalnote Nr.
19-19/1194-k des weißrussischen Außenministeriums vom 11. Februar 2008, wonach
der Kläger zu 1. "am 5. Dezember 2001 einen Antrag auf Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Republik Belarus eingereicht hat", zu entkräften. Es liegt in der
91
Natur des Indizienbeweises, dass der direkte Nachweis eines tatsächlichen Umstandes
- hier das schriftliche Dokument des Antrags des Klägers zu 1. - offen bleiben kann.
Konkrete Indizien, die gegenüber dem indiziell belegten Antragserwerb für einen
Staatsangehörigkeitserwerb sprechen, der ohne einen diesbezüglichen - ggf. auch mit
der Beantragung der Ausstellung des Passes verbundenen - Antrag erfolgt ist, haben
die Kläger nicht dargelegt. Im Übrigen kommt es im Rahmen des § 25 Abs. 1 StAG
lediglich auf die - hier anzunehmende - materiell-rechtliche Antragstellung i. S. einer
freiwilligen Willensbetätigung an, die in positiver Weise auf den Erwerb einer
ausländischen Staatsangehörigkeit gerichtet sowie geeignet und ursächlich für den
Erwerb ist, nicht aber auf die Einhaltung etwaiger Formvorschriften. Schon deshalb ist
eine Beweiserhebung über die mit dem Beweisantrag Nr. 1 im Schriftsatz vom 18. März
2008 bezeichnete Beweistatsache der schriftlichen Antragstellung nicht geboten.
Der Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland ist auch nicht von der
Aushändigung eines entsprechenden Dokuments an den Einbürgerungserwerber
abhängig. Für das Registrierungsverfahren nach dem Staatsangehörigkeitsabkommen
ist ein über die Registrierung als solche hinausgehender statusbegründender Rechtsakt
nicht vorgesehen; vielmehr ist es die Registrierung, die den Erwerb der neuen
Staatsangehörigkeit und zugleich das Erlöschen der Staatsangehörigkeit der "anderen
Seite" bewirkt (vgl. Art. 2 Satz 3 des Staatsangehörigkeitsabkommens). Soweit nach Art.
2 Satz 2 des Staatsangehörigkeitsabkommens diejenigen Forderungen einzuhalten
sind, die durch die Inlandsgesetzgebung der betreffenden Seite vorgesehen sind, ergibt
sich hieraus keine abweichende Bewertung. Die in die Zuständigkeit des Präsidenten
fallenden Entscheidungen über die Aufnahme in die Staatsbürgerschaft und die
Entlassung aus der Staatsbürgerschaft (vgl. Art. 29 des Staatsbürgerschaftsgesetzes)
ergehen nach Art. 36 des Staatsbürgerschaftsgesetzes im Wege des Erlasses;
"Änderungen der Staatsbürgerschaft werden ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Erlasses des Präsidenten der Republik Weißrussland wirksam" (Art. 36 Satz 3 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes), ohne dass es weiterer Rechtsakte, wie der
Aushändigung einer Urkunde oder des jeweiligen Erlasses, bedarf. Für das nicht in die
Zuständigkeit des Präsidenten, sondern in die Zuständigkeit der "Behörden für innere
Angelegenheiten" bzw. des "Ministeriums für innere Angelegenheiten der Republik
Weißrussland, seiner Ämter und seiner Abteilungen" fallenden Entscheidungen in
Fragen des Erwerbs der Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland im
Registrierungsverfahren (vgl. Art. 2 Satz 2 des Staatsangehörigkeitsabkommens, Art. 31
lit. 3 der Strichaufzählung des Staatsbürgerschaftsgesetzes) ist außer dieser
Entscheidung und der hierauf beruhenden Registrierung selbst kein weiterer Rechtsakt
für den Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland vorgesehen.
Konkrete Anhaltspunkte, die gegenüber der dargelegten eindeutigen Rechtslage die
Annahme rechtfertigen, dass für den Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland eine Urkunde auszustellen und auszuhändigen ist und dieser Erwerb
darüber hinaus etwa in amtlichen Bekanntmachungsorganen zu veröffentlichen ist, sind
nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.
92
Unabhängig davon ist nichts dafür ersichtlich, dass etwaige Form-, Verfahrens- oder
Zuständigkeitsfehler im vorliegenden Fall beachtlich sein könnten. Die Einhaltung von
Form- und Verfahrensvorschriften des ausländischen Staatsangehörigkeitsrechts ist
nach § 25 RuStAG/StAG nur insoweit von Bedeutung, als sie Auswirkung auf die
Wirksamkeit des Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit hat.
93
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2007 - 12 A 5053/05 -, Beschluss vom
94
20. Juli 2007 - 12 A 4704/05 -; GK-StAR, Loseblattausgabe Stand: April 2007, § 25 Rn.
29: "Unerheblich ist, in welcher Form die ausländische Staatsangehörigkeit erworben
wird. Allein entscheidend ist, dass dem Staatsangehörigkeitserwerb ein
selbstverantwortlicher und freier Willensentschluss zugrunde liegt."
Dafür, dass etwaige Verstöße hier nach den Bestimmungen des
Staatsangehörigkeitsabkommens und/oder des ggf. ergänzend heranzuziehenden
Staatsbürgerschaftsgesetzes zwingend zur Unwirksamkeit des
Staatsangehörigkeitserwerbs geführt haben, ist weder ein substantiierter Vortrag erfolgt
noch ist insoweit etwas ersichtlich. Abgesehen davon hat die Verwaltung des Inneren
der Gebietsverwaltung N2. in ihrer mit dem offiziellen Stempel versehenen
Bescheinigung Nr. 352 vom 14. Dezember 2001 ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger
zu 1. durch Beschluss der Verwaltung des Inneren vom 14. Dezember 2001 "in die
Staatsbürgerschaft der Republik Belarus gemäß dem Abkommen zwischen Republik
Belarus und Republik Kasachstan über die vereinfachte Einbürgerung der
belorussischen Staatsangehörigen mit dem festen Wohnsitz in Kasachstan und der
kasachischen Staatsangehörigen mit dem festen Wohnsitz in Belarus eingebürgert
worden" ist. Ebenso hat das weißrussische Außenministerium in seiner Verbalnote Nr.
19-19/1194-k vom 11. Februar 2008 ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger zu 1. "am 5.
Dezember 2001 einen Antrag auf Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Belarus
eingereicht hat" und ihm "die Staatsangehörigkeit der Republik Belarus am 14.
Dezember 2001 aufgrund einer Entscheidung der Innenverwaltung der
Gebietsexekutive N3. entsprechend der Vereinbarung der Republik Belarus und der
Republik Kasachstan über das erleichterte Verfahren des gegenseitigen Erwerbs der
jeweiligen Staatangehörigkeit durch belarussischen Staatsangehörige, die zum
ständigen Wohnsitz nach Kasachstan und durch kasachische Staatsangehörige, die
zum ständigen Wohnsitz nach Belarus kommen (unterzeichnet am 17. Januar 1996 in
Minsk; in Kraft getreten am 31. Juli 1998)" verliehen worden ist. Wenn aber der Staat der
neuen Staatsangehörigkeit deren Erwerb selbst als wirksam erachtet, kann etwaigen
Form-, Verfahrens- und Zuständigkeitsmängeln - unterstellt sie wären entgegen der
Auffassung des Senats gegeben - kein beachtliches Gewicht beigemessen werden.
Auch aus diesem Grund ist eine Beweiserhebung über die mit dem Beweisantrag Nr. 1
im Schriftsatz vom 18. März 2008 bezeichnete Beweistatsache der schriftlichen
Antragstellung nicht geboten.
95
Es ist darüber hinaus nichts dafür ersichtlich, dass die im Wege des vereinfachten
Registrierungsverfahrens auf der Grundlage eines gesetzlichen Erwerbstatbestandes
erworbene Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland im Hinblick auf die
Effektivität, die Sicherheit und die Dauerhaftigkeit des erworbenen Status nicht mit der
deutschen Staatsangehörigkeit vergleichbar ist.
96
Vgl. zu diesen Kriterien: BVerwG, Urteil vom 28. September 1993 - 1 C 25.92 -, a.a.O.
97
Eine Differenzierung der statusrechtlichen Gewährleistungen nach der Art des Erwerbs
sieht das Staatsbürgerschaftsgesetz der Republik Weißrussland nicht vor. Gemäß Art. 3
des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist die Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland
für alle Staatsbürger der Republik Weißrussland unabhängig von den Grundlagen ihres
Erwerbes einheitlich.
98
Schließlich steht § 26 StAG der Anwendung des § 25 StAG nicht entgegen. Die nach §
26 StAG einem Deutschen eröffnete isolierte, d.h. nicht mit einem
99
Staatsangehörigkeitserwerb verbundene, Verzichtsmöglichkeit bei mehreren
Staatsangehörigkeiten lässt den selbständigen, erwerbsgebundenen Verlusttatbestand
des § 25 Abs. 1 StAG unberührt.
Der seinem Erklärungsgehalt nach unmittelbar auf den Erwerb der - ausländischen -
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland gerichtete Antrag des Klägers ist auch
insoweit als Antrag i.S.d. § 25 Abs. 1 StAG zu werten, als hierfür ein freier
Willensentschluss gefordert wird; für eine die Freiheit der Willensentschließung
ausnahmsweise ausschließende Fallgestaltung ist nichts ersichtlich. Dass es für den
Kläger zu 1. - über möglicherweise auch beträchtliche Schwierigkeiten hinaus - keine
andere Möglichkeit gegeben hat, als die Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland anzunehmen, ist nicht dargelegt. Der insoweit thematisierte
Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland
für die Wohnsitznahme und die Arbeitsaufnahme kennzeichnet lediglich das Bemühen
um eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, lässt jedoch eine Zwangslage im
o.g. Sinn nicht erkennen.
100
So ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass ein Verbleib des
Klägers zu 1. mit seiner Familie in der Republik Kasachstan aus zwingenden Gründen
nicht in Betracht gekommen ist. Dass der Kläger zu 1., der seit 1984 in der
Kasachischen SSR als Traktorfahrer tätig gewesen ist und in dem seinerzeit vor dem
Verwaltungsgericht H. geführten Klageverfahren noch unter dem 18. Februar 2000 eine
Bescheinigung über den von ihm als Traktorfahrer in den Jahren 1998 und 1999
erzielten Verdienst zu den Akten gereicht hat, in der (gesamten) Republik Kasachstan
keine Arbeit als Traktorfahrer oder keine sonstige Arbeit mehr gefunden hat, so dass er
in der Republik Weißrussland Arbeit suchen musste, ist nicht einmal ansatzweise
substantiiert worden.
101
Soweit als Grund für den Umzug angeführt worden ist, dass Kasachstan ein
muslimisches Land sei und nach dem Zerfall der Sowjetunion immer mehr die
kasachische Kultur und Sprache gefördert, die kasachische Bevölkerung überall
bevorzugt und die Russen und die Volksdeutschen benachteiligt worden sei, ist diese
allgemein gehaltene Darstellung nicht geeignet, eine konkrete Zwangslage im o.g. Sinn
aufzuzeigen. Entsprechendes gilt für den geltend gemachten Gesichtspunkt der
Abwanderung von russischen und volksdeutschen Minderheiten und für die -
behauptete - Motivation, die beiden Kinder, die Kläger zu 2. und 3., vor dem Militärdienst
in Kasachstan und einem in diesem Rahmen - möglicherweise - drohenden Einsatz in
Tschetschenien und/oder Afghanistan in Sicherheit zu bringen.
102
Konkrete Anhaltspunkte geschweige denn Referenzfälle dafür, dass Bürger mit einer
beruflichen Qualifikation wie der des Klägers zu 1., die nicht die Staatsangehörigkeit der
Republik Weißrussland besessen haben, aber deren in Weißrussland geborene
Ehefrau bereits mit einer Aufenthaltsgenehmigung ihren ständigen Wohnsitz in der
Republik Weißrussland und darüber hinaus einen Anspruch auf Einbürgerung nach Art.
1 Abs. 1 Buchstabe a) des Staatsangehörigkeitsabkommens hatte, in den Jahren ab
August 2001 ihren Lebensunterhalt in der Republik Weißrussland nicht - oder zumindest
bis zu einer etwaigen Rückkehr in die Republik Kasachstan - hätten bestreiten können,
sind weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich.
103
Der am 1988 geborene Kläger zu 2. und der am 1994 geborene Kläger zu 3. haben
ebenfalls die Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland erworben. Der Erwerb der
104
Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland wird durch die den Klägern zu 2. und 3.
ausgestellten Pässe belegt.
Die Kläger zu 2. und 3. erfüllten namentlich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b) des
Staatsangehörigkeitsabkommens. Beide Kläger besaßen die Staatsangehörigkeit der
Republik Kasachstan. Der Kläger zu 2. erlangte die Staatsangehörigkeit der Republik
Kasachstan - ebenso wie sein Vater und seine Mutter - nach Art. 3 Abs. 1 des am 1.
März 1992 in Kraft getretenen Gesetzes über die Staatsangehörigkeit der Republik
Kasachstan vom 20. Dezember 1991,
105
vgl. Weishaupt, in: Bergmann/Ferid, a.a.O., Kasachstan, Stand: 28. Februar 1995, S. 5 u.
8,
106
aufgrund seines ständigen Wohnsitzes in der neu entstandenen Republik Kasachstan
im Zeitpunkt des Inkrafttretens des o.g. Gesetzes. Der nach dem Inkrafttreten des o.g.
Gesetzes geborene Kläger zu 3. erwarb die Staatsangehörigkeit der Republik
Kasachstan gemäß Art. 11 Satz 1 des o.g. Gesetzes als Kind kasachischer
Staatsangehöriger durch Geburt. Auch die weiteren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1
Buchstabe b) des Staatsbürgerschaftsgesetzes lagen vor. Auf die entsprechenden
Ausführungen zum Staatsangehörigkeitserwerb des Klägers zu 1. wird Bezug
genommen.
107
Entgegen der Auffassung der Kläger waren die Voraussetzungen für den Verlust der
deutschen Staatsangehörigkeit bei den Klägern zu 2. und 3. auch im Hinblick auf § 25
Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 2 StAG gegeben, da für einen Antrag, sie aus der deutschen
Staatsangehörigkeit zu entlassen, eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach
§ 19 Abs. 2 StAG nicht erforderlich gewesen wäre. Angesichts der geltend gemachten
Gründe für die Annahme der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland ist davon
auszugehen, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit der Republik Weißrussland
durch die Kläger zu 2. und 3. darauf beruht, dass der Kläger zu 1. ebenso wie seine
Ehefrau - das Sorgerecht der Eheleute ist nicht in Frage gestellt - nicht nur einen Antrag
für sich gestellt, sondern auch i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 RuStAG zusammen den Willen
erkennbar dahin betätigt haben, die Einbürgerung der gemeinsamen Kinder
herbeizuführen.
108
Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985
109
- 1 C 12.84 -, Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5.
110
Abgesehen davon ist es für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des mit
seinen sorgeberechtigten Eltern antragsgemäß von einem fremden Staat
eingebürgerten Kindes nach § 25 Abs. 1 StAG i.V.m. § 19 Abs. 2 StAG nicht erheblich,
ob das Recht der Republik Weißrussland für die Einbürgerung des Kindes einen Antrag
voraussetzt und ob der Kläger zu 1. eine etwaige deutsche Staatsangehörigkeit seiner
Kinder aufgeben wollte.
111
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985
112
- 1 C 12.84 -, a.a.O.
113
Gleichwohl kann ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei den Klägern nach §
25 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht festgestellt werden. Die Bestimmung des
114
§ 25 Abs. 1 StAG erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der
der Senat aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung folgt, nicht den Fall, dass
der Betroffene im Zeitpunkt des Antragserwerbs der ausländischen Staatsangehörigkeit
keine Kenntnis vom Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit gehabt hat und hiervon
nach den gesamten Umständen des Falles auch keine Kenntnis hätte haben müssen.
115
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008
116
- 5 C 28.07 -, NJW 2008, 2729.
117
Danach tritt ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei einem auf eigenem
Antrag beruhenden Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit ein, wenn der
Antragserwerber spätestens im Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen
Staatsangehörigkeit positive Kenntnis vom Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit
hat.
118
Hat er keine positive Kenntnis, wirkt sich seine Unkenntnis nur dann zu seinen Lasten
aus, wenn er nach den gesamten Umständen des Falles die Kenntnis vom Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit nicht nur hätte haben können, sondern hätte haben
müssen, sich also für den Antragserwerber der Besitz der deutschen
Staatsangehörigkeit geradezu aufdrängen musste. Diese gesteigerte, über eine
lediglich i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB fahrlässige Unkenntnis hinausgehende Anforderung
kennzeichnet regelmäßig die grobe Fahrlässigkeit, bei der die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt in ungewöhnlich schwerem Maße verletzt wird und dabei einfachste, ganz
naheliegende Überlegungen unterlassen werden.
119
Vgl. zur groben Fahrlässigkeit etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 - 2 A 8.07 -,
m.w.N., Juris; Ziekow, VwVfG, 2006, § 48 Rn. 33 m.w.N.
120
Danach wird eine Tatsachengrundlage gefordert, aus der nicht nur die Möglichkeit des
Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit folgt, sondern aus der sich dieser Besitz
dem Antragserwerber ohne weiteres unmittelbar aufdrängt.
121
Diese Anforderung wird auch dadurch belegt, dass der Senat in seinem durch das Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2008 - 5 C 28.07 -, a.a.O., aufgehobenen
Beschluss vom 8. Juni 2007 - 12 A 2053/05 -, Juris, in Bezug auf die damalige Klägerin
zu 1. wegen ihrer Kenntnis des Schicksals ihrer Großeltern väterlicherseits während des
Zweiten Weltkriegs (1943 Einreise aus Weißrussland nach Deutschland/Litzmannstadt,
Einbürgerung [Deutsche Papiere/Dokumente], Weiterreise nach Österreich, Geburt des
Vaters am 1944 in Österreich, Repatriierung in die Sowjetunion) hinreichende
tatsächliche Anhaltspunkte für die Möglichkeit des Besitzes der deutschen
Staatsangehörigkeit bejaht hat.
122
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2007
123
- 12 A 2053/05 -, a.a.O., S. 21 des Beschlussabdrucks: "Weder die Klägerin zu 1. noch
ihr Vater haben in Abrede gestellt, dass ihr das Schicksal ihrer Großeltern
väterlicherseits während des Zweiten Weltkriegs (1943 Einreise aus Weißrussland nach
124
Deutschland/Litzmannstadt, Einbürgerung [Deutsche Papiere / Dokumente], Weiterreise
nach Österreich, Geburt des Vaters am
1944 in Österreich, Repatriierung in die Sowjetunion) unbekannt geblieben ist; eine
derartige Behauptung wäre angesichts der familiären Verbundenheit auch nicht ohne
weiteres nachzuvollziehen. Der Vater der Klägerin zu 1. hat in seiner Stellungnahme
vom 16. Januar 2006 denn auch lediglich behauptet, dass der Klägerin zu 1. nicht
bewusst gewesen sei, dass mit der Einbürgerung der Großeltern zugleich der Erwerb
der deutschen Staatsangehörigkeit verbunden gewesen sei. Die danach bekannten und
im Aufnahmeantrag der Klägerin zu 1. vom 10. August 1996 auch aufgeführten
Umstände lieferten genügend konkrete Anhaltspunkte für eine bestehende deutsche
Staatsangehörigkeit. Wenn gleichwohl eine weitergehende Aufklärung unterblieben ist,
deren Ergebnis in den Kreis der Überlegungen bei der Erklärung zum Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation im April 1995 hätte einbezogen werden
können, ist dies keine zwingend über eine erweiternde Auslegung des § 25 Abs. 1
RuStAG aufzufangende Konfliktsituation."
125
Demgegenüber hat jedoch das Bundesverwaltungsgericht in seinem o.g. Urteil für die
Alternative des "hätte bekannt sein müssens" hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte
für die Möglichkeit des Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit gerade nicht
ausreichen lassen.
126
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 - 5 C 28.07 -, a.a.O., S. 11, 2. Absatz des
Urteilsab-drucks:
127
"... Mit diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wäre es nicht vereinbar, § 25 Abs.
1 Satz 1 StAG (§ 25 Abs. 1 RuStAG) auch auf einen Fall wie den der Klägerin zu 1
anzuwenden, der - nach den bisher getroffenen und für das vorliegende Verfahren
bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - der (unterstellte) Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit nicht bekannt und bewusst gewesen ist und der ihnen
nach den gesamten Umständen des vorliegenden Falles auch nicht bekannt sein
musste. ...
128
.... Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 1 ihre - bis heute ungeklärte - deutsche
Staatsangehörigkeit nach ihrem Vater damals gekannt hat oder nach den gesamten
Umständen hätte kennen müssen, sind weder festgestellt noch erkennbar. ...", (S. 12, 1.
Absatz des Urteilsabdrucks).
129
Für die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Wertung der Unbeachtlichkeit von
tatsächlichen Anhaltspunkten, die (lediglich) die Möglichkeit des Besitzes der deutschen
Staatsangehörigkeit begründen, war offenbar auch eine an derartige Anhaltspunkte ggf.
anknüpfende - vom Senat ausdrücklich angesprochene -,
130
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2007
131
- 12 A 2053/05 -, a.a.O., S. 18 des Beschlussabdrucks,
132
Nachforschungsobliegenheit,
133
vgl. demgegenüber zur Beachtlichkeit der Nachforschungsobliegenheit im Falle
konkreter Anhaltspunkte, die die Möglichkeit der deutschen Staatsangehörigkeit
134
begründen, im Rahmen des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Art. 3 Abs. 7
RuStAÄndG: BVerwG, Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2006 - 5 C 18.06 -,
NVwZ-RR 2007, 2003, - 5 C 14.06 - und - 5 C 16.06 -, beide in Juris,
nicht gefordert; sie bleibt damit ebenso ohne jede rechtliche Relevanz wie eine vom
Senat ebenfalls angesprochene hypothetische Willensbetätigung,
135
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2007
136
- 12 A 2053/05 -, a.a.O., S. 18 des Beschlussabdrucks:
137
"- vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. Mai 1985
138
- 12 RK 20/84 -, VersR 1985, 1065 f.: wenn nicht anzunehmen ist, dass auch bei
Kenntnis der deutschen Staatsangehörigkeit die fremde erworben worden wäre;
139
- denkbar wäre, von einem derartigen Willen auch bereits dann auszugehen, wenn er
nicht auszuschließen ist, oder für einen derartigen Willen ein - festzulegender - Grad von
Wahrscheinlichkeit spricht",
140
die nach - selbständig tragender - Auffassung des Senats in seinem o.g. Beschluss die
Annahme eines Staatsangehörigkeitsverlustes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 RuStAG/StAG
ebenfalls gerechtfertigt hatte.
141
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2007
142
- 12 A 2053/05 -, a.a.O., S.20/21: "Selbst wenn man davon ausginge, dass im Rahmen
des § 25 Abs. 1 RuStAG positive Kenntnis vom Bestehen der deutschen
Staatsangehörigkeit erforderlich ist, wäre im vorliegenden Fall mit dem Erwerb der
Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation seitens der Klägerin zu 1. der Verlust
ihrer deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten.
143
Es kann nämlich nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zu
1. im April 1995, hätte sie gewusst, dass sie deutsche Staatsangehörige ist, auf den
Erwerb der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation verzichtet und die nach
ihrem Vorbringen damit verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis
zur - ungewissen, u.U. Jahre dauernden - Erlangung eines gesicherten Nachweises
gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und einer - ggf. getrennt von ihrem Mann -
erfolgenden Einreise hingenommen hätte."
144
Den Einwand des Bundesverwaltungsgerichts, die Annahme liege "eher" fern, die
145
- damalige - Klägerin zu 1. könne im Zeitpunkt der Beantragung der russischen
Staatsangehörigkeit im Bewusstsein des etwaigen Besitzes der deutschen
Staatsangehörigkeit gehandelt haben, weil ihr dann "nämlich zur Verbesserung ihrer
Lebenssituation schon damals die Wohnsitznahme in Deutschland offen gestanden"
hätte,
146
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008
147
- 5 C 28.07 -, a.a.O., S. 12 des Urteilsabdrucks,
148
vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Dass jemandem, der - wie die damalige
Klägerin zu 1. - in der Kasachischen Volksrepublik geboren worden ist, in der
Sowjetrepublik Tadschikistan gelebt hat und dann die Staatsangehörigkeit der
Russischen Föderation erwerben wollte, die Wohnsitznahme in Deutschland
offengestanden haben soll, weil er "im Bewusstsein des etwaigen Besitzes der
deutschen Staatsangehörigkeit" gehandelt hat, lässt sich der Rechtsordnung der
Bundesrepublik Deutschland nicht entnehmen.
149
Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht damit lediglich hat ausdrücken wollen, dass
die deutsche Staatsangehörigkeit als solche einen Anspruch auf Wohnsitznahme
verschafft hätte, bleibt damit die vom erkennenden Senat seinerzeit angesprochene
Motivationslage für den Erwerb der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation -
nämlich der mit einem entsprechenden Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit
verbundene und vor dem Hintergrund der geltend gemachten wirtschaftlichen
Schwierigkeiten nicht zu tragende Zeitaufwand - unberücksichtigt.
150
Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Bezugspunktes der
positiven Kenntnis oder des "Kennen müssens" nicht differenziert zwischen der
Kenntnis von Tatsachen und der Rechtskenntnis, obwohl der Senat in seinem
Beschluss vom 8. Juni 2007 - 12 A 2053/05 -, a.a.O., auf Seite 18 des
Beschlussabdrucks auf einen diesbezüglichen Klärungsbedarf ausdrücklich
hingewiesen hat.
151
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2007
152
- 12 A 2053/05 -, a.a.O., S. 18 des Beschlussabdrucks.
153
Maßgebend soll nach dem Bundesverwaltungsgericht die "Kenntnis vom Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit" sein, oder es soll ausreichen, dass dieser Besitz dem
Betroffenen "hätte bekannt sein müssen". Sofern sich im Besitz des Betroffenen nicht
gerade eine Staatsangehörigkeitsurkunde der Bundesrepublik Deutschland befindet, in
der dem Betroffenen in einer ihm verständlichen Sprache die deutsche
Staatsangehörigkeit bescheinigt wird, und damit eine Kenntnis vom Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Inhalt der
Urkunde angenommen werden kann, setzt das Wissen um die eigene deutsche
Staatsangehörigkeit jedoch eine gewisse Rechtskenntnis voraus. Denn der Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit ist lediglich eine bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen kraft deutschen Rechts eingetretene Rechtsfolge. Um zu der
Erkenntnis zu gelangen, deutscher Staatsangehöriger (geworden) zu sein, bedarf es
daher also auch der Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen des
Staatsangehörigkeitserwerbs, der sich etwa aus der Sicht eines russischen oder
ukrainischen Staatsbürgers nach ausländischem (deutschen) Recht vollzieht, und das
Bewusstsein, dass bei Vorliegen der gesetzlich normierten tatsächlichen und
rechtlichen Voraussetzungen die Rechtsfolge des Staatsangehörigkeitserwerbs eintritt.
Hierbei wird man sicherlich nicht eine exakte Rechtskenntnis verlangen können, jedoch
dürfte das für den Bereich der Fahrlässigkeit geltende Niveau der "Parallelwertung in
der Laiensphäre",
154
vgl. Ziekow, a.a.O., § 48 Rn. 32 f.,
155
nicht unterschritten werden. Da das Bundesverwaltungsgericht keinerlei
Nachforschungsobliegenheit angenommen hat, wirkt sich insoweit
156
- anders als im Rahmen des Erklärungserwerbs nach dem zwischenzeitlich außer Kraft
getretenen Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG: BVerwG, Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November
2006 - 5 C 18.06 -, a.a.O., - 5 C 14.06 - und - 5 C 16.06 -, a.a.O. -
157
jede Unkenntnis der (deutschen) Rechtslage zugunsten des Betroffenen aus.
158
Bei der Bestimmung der Anforderungen an die Bewusstseinslage des Antragserwerbers
ist zudem die besondere Situation zu berücksichtigen, in der sich Antragserwerber
befinden, bei denen die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland auf der
Einbürgerung eines Familienmitglieds in das Deutsche Reich im Zuge einer
Evakuierung - wie hier aus dem Gebiet P. - während des zweiten Weltkriegs beruht. Die
Unsicherheiten, die sich insoweit aus der Nichtanerkennung derartiger Einbürgerungen
durch die Sowjetunion, der nicht einschränkungslosen Fortgeltung derartiger
Einbürgerungen (vgl. § 1 Abs. 1 Buchstabe f) StAngRegG), den typischerweise
bestehenden Nachweisproblemen und der Maßgeblichkeit einer aus der Sicht des
Antragserwerbers ausländischen Rechtsordnung (vgl. etwa § 1 Abs. 2 StAngRegG)
resultieren, lassen die Annahme, dem Antragserwerber hätte sich das (Fort-)Bestehen
und die Innehabung der deutschen Staatsangehörigkeit unmittelbar aufdrängen
müssen, nach Auffassung des Senats - gerade auch unter Berücksichtigung der vom
Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts hervorgehobenen Bedeutung der Vorhersehbarkeit eines
Verlusts und der erforderlichen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit - grundsätzlich nur
dann gerechtfertigt erscheinen, wenn diese Unsicherheiten im Zeitpunkt des
Antragserwerbs ausgeräumt waren und der Antragserwerber erwarten durfte, dass die
Bundesrepublik Deutschland das (Fort- )Bestehen und die Innehabung der deutschen
Staatsangehörigkeit ihm gegenüber anerkennt. Hierfür ist die Beklagte darlegungs- und
beweispflichtig.
159
Von dem Vorliegen dieser Voraussetzungen kann im vorliegenden Fall bezogen auf
den 14. Dezember 2001 nicht ausgegangen werden. Denn zu diesem Zeitpunkt
bestanden für den Kläger zu 1., bei dem positive Kenntnis von seiner deutschen
Staatsangehörigkeit nicht angenommen werden kann, angesichts
160
der - unstreitigen - deutschen Volkszugehörigkeit seiner am 7. Juni 1994 eingebürgerten
Eltern,
161
der schon zuvor in seinem Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides vom 29. Mai
1991 aufgeführten Evakuierung seines Vaters und dessen Eltern im Jahr 1943 aus dem
Gebiet P. (Ort: H1. -M1. , weitere Bezeichnungen: C. B. /T4. ) in den Warthegau und
deren Verbleib im Gebiet des Deutschen Reichs (Dorf X2. /Kreis S. ) bis zur
Verschleppung in die UdSSR im Juli 1945,
162
der in dem am 20. Oktober 1993 anhängig gemachten Klageverfahren auf Erteilung des
begehrten Aufnahmebescheides vor dem Verwaltungsge-richt Köln - 17 K 7204/93 - mit
der Klageschrift vom 18. Oktober 1993 ausdrücklich geltend gemachten Einbürgerung
der ganzen Familie nach ihrer Evakuierung über Polen nach Deutschland im Jahr 1944,
163
der nach der Abweisung der Klage im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der
164
Berufung - OVG NRW 2 A 515/98 - mit Zulassungsantrag vom 19. Januar 1998 (unter
Hinweis auf die Angaben des Klägers zu 1. in seinem Aufnahmeantrag und die
Angaben des Vaters des Klägers zu 1. in dessen D1-Verfahren zu seiner Flucht nach
Deutschland vor Kriegsende und zu seiner Einbürgerung) wiederholt vorgetragenen
Einbürgerung der Familie des Großvaters väterlicherseits einschließlich des Vaters des
Klägers zu 1. im Warthegau nach der Vertreibung der Familie durch die heranrückenden
sowjetischen Truppen im Jahr 1943 aus dem Gebiet P. ,
der in dem gleichzeitig anhängigen Verwaltungsverfahren auf Ausstellung eines
Staatsangehörigkeitsausweises mit Schriftsätzen der Prozessbe-vollmächtigten der
Kläger vom 12. Januar und 12. März 1998 (unter Berufung auf die Karteiunterlagen der
Heimatortskartei [Mitteilung vom 25. November 1997]) sowie vom 11. August 1999
ebenfalls ausdrücklich wiederholt geltend gemachten Einbürgerungen des Vaters des
Klägers zu 1. und seiner Eltern im Reichsgau Wartheland und
165
des in diesem Verfahren mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. Oktober 1999
eingereichten Schreibens der M2. F. vom 19. September 1999, in dem unter
substantiierter Sachverhaltsschilderung Zeugen (Herr B1. T5. und Frau N4. T3. ) für die
Durchschleusung u.a. der Familie Q1. im Warthegau und deren Einbürgerung in
Litzmannstadt benannt worden sind,
166
lediglich hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche eigene deutsche
Staatsangehörigkeit. Eine Tatsachengrundlage, aufgrund derer der Kläger zu 1.
erwarten durfte, dass die Beklagte seine eigene deutsche Staatsangehörigkeit
anerkennen würde, bestand am 14. Dezember 2001 angesichts fehlender Urkunden
(vgl. etwa die ergebnislosen Anfragen an die Heimatortkartei und das Bundesarchiv im
Rahmen des Aussiedleraufnahmeverfahrens 1998) und des auf diesen Umstand
gestützten ablehnenden Bescheides des Landrates des M. -E. -Kreises vom 1.
September 1999, des diesen Bescheid bestätigenden Widerspruchsbescheides vom 25.
November 1999 und des offenen, im Januar 2001 anhängig gemachten
Verwaltungsverfahrens auch - oder gerade - bei Anlegung des Maßstabs eines lediglich
laienhaften Verständnisses dieser Umstände nicht.
167
Hat der Kläger zu 1. danach am 14. Dezember 2001 seine deutsche
Staatsangehörigkeit mit dem Antragserwerb der Staatsangehörigkeit der Republik
Weißrussland nicht verloren, scheidet ein solcher Verlust auch hinsichtlich der Kläger
zu 2. und 3. aus.
168
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
169
Die Revision wird zugelassen, weil sie die einzelfallunabhängige Fortentwicklung der
mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 10. April 2008 - 5 C 28.07 -, NJW 2008,
2729, begonnenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den im Rahmen des § 25
Abs. 1 RuStAG/StAG maßgebenden subjektiven Tatbestands-merkmalen (Besitz der
deutschen Staatsangehörigkeit bekannt oder hätte bekannt sein müssen) ermöglicht.
170
171