Urteil des HessVGH vom 29.03.2000
VGH Kassel: haushalt, wohnung, halter, hundesteuer, allgemeine lebenserfahrung, eigentümer, hessen, steuerpflicht, eigentum, auskunft
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 2111/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 3 HuStG HE
(Steuerschuldner bei Hundesteuer)
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die teilweise Aufhebung ihres
Hundesteuerbescheides gegenüber dem Kläger durch das erstinstanzliche Urteil.
Der Kläger zog nach seinen Auskünften vor dem Verwaltungsgericht am 1. März
1995 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Frau D W in die Wohnung ... im
Stadtgebiet der Beklagten ein, wobei es sich bei der Wohnung um seinen ersten
Wohnsitz handelte. Beide Personen waren Mieter der Wohnung. Die Wohnung
bestand aus einer Sanitärzelle und einem großen Raum, der zum Wohnen, Kochen
und Schlafen diente. Der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt arbeitslos und
bezog Arbeitslosengeld. Seinem Vortrag nach führten er und seine
Lebensgefährtin getrennte Kassen. Zum Zeitpunkt des Einzugs besaß der Kläger
nach eigenem Bekunden eine einjährige Pitbull-Terrierin. Zusätzlich wurde in der
Wohnung ein weiterer Pitbull-Terrier gehalten, der nach Auskunft des Klägers im
Eigentum seiner Lebensgefährtin stand.
Mit Bescheid vom 1. August 1995 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die
von ihm zu zahlende Hundesteuer ab dem 1. April 1995 auf einen Jahresbetrag
von 72,- DM für einen voll zu versteuernden Ersthund, sowie auf 108,- DM für einen
voll zu versteuernden Zweithund, insgesamt demnach auf 180,- DM fest.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. August 1995
Widerspruch ein und gab an, er sei nur der Halter eines Hundes, und dies auch
erst ab dem 1. Juli 1995. Der andere Hund sei für seine Lebensgefährtin versichert.
Nachdem der Anhörungsausschuss beim Landrat des W-kreises nach der
Anhörung der Beteiligten zu der Empfehlung gekommen war, dem Widerspruch
abzuhelfen, da die Beklagte die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2
Hundesteuergesetz - HStG - nicht zweifelsfrei dargelegt habe, wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996 den Widerspruch des Klägers zurück.
Zur Begründung führte sie u. a. aus, nach den örtlichen Gegebenheiten der
Wohnung könne nicht angenommen werden, dass der Kläger und seine
Lebensgefährtin in der Wohnung getrennte Haushalte führten. Die Wohnung
bestehe letztlich nur aus einem Wohn-, Schlaf- und Essbereich. Selbst wenn seine
Lebensgefährtin Eigentümerin des zweiten Hundes sein sollte, habe der Kläger den
Hund in seinen Haushalt aufgenommen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem
Bevollmächtigten des Klägers am 28. Juni 1996 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 23. Juli 1996 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Gießen
am 25. Juli 1996 - hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, er sei nur der Halter eines Hundes, Halterin des zweiten
Hundes sei seine Lebensgefährtin, mit der er keinen gemeinsamen Haushalt
führe. Für jeden Hund bestehe eine separate Haftpflichtversicherung mit
separaten Versicherungsnehmern.
Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 1. August 1995 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 1996 aufzuheben, soweit der Kläger durch
den Bescheid zur Hundesteuer für einen voll zu versteuernden Zweithund
herangezogen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren bezogen.
Mit Urteil vom 4. März 1997 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben
und den Hundesteuerbescheid der Beklagten insoweit aufgehoben, als der Kläger
zur Zahlung für einen voll zu versteuernden Zweithund in Höhe von 108,- DM
jährlich herangezogen worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
angefochtene Bescheid finde keine Grundlage in § 3 HStG in Verbindung mit der
Satzung der Beklagten über das Erheben von Hundesteuer. Der Kläger sei in dem
entsprechenden Zeitraum nur Halter einer Hündin der Rasse American-Pitbull-
Terrier gewesen und damit nicht Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 3
HStG für einen weiteren Hund. Der Umstand, dass er gemeinsam mit seiner
Freundin in einer Wohnung gelebt habe, begründe nicht zwingend die
Haltereigenschaft für die beiden in der Wohnung gehaltenen Hunde. Dabei komme
es nicht entscheidungsrelevant darauf an, ob die beiden Personen einen
gemeinsamen Haushalt geführt hätten oder ob es sich um getrennte Haushalte
gehandelt habe. Es ergebe sich aus der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 1 HStG, die
für die Begründung einer gesamtschuldnerischen Haftung voraussetze, dass
mehrere Personen Halter eines Hundes sein könnten, dass jede der in einem
Haushalt lebenden Personen als Halter eines Hundes in Betracht komme. Der
Wortlaut des Gesetzes lasse zwar die Auslegung zu, dass nur derjenige einen
Hund "in seinen Haushalt" aufgenommen habe, der allein, eigenverantwortlich und
ohne Beteiligung anderer vollständig über diesen Haushalt und den in ihn
aufgenommenen Hund verfügen könne. Der Wortlaut schließe jedoch nicht aus,
dass jede von mehreren in einem Haushalt lebenden Personen diesen Haushalt
als ihren eigenen erlebe und führe. Da im hessischen Landesrecht eine dem § 3
Abs. 3 Baden-Württembergisches Hundesteuergesetz korrespondierende
Regelung, wonach alle in einem Haushalt gehaltenen Hunde als von den Haltern
gemeinsam gehalten gelten, nicht bestehe, sei es unter Geltung des hessischen
Landesrechts möglich, dass einzelne Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft
jeweils Halter eines Hundes seien, ohne dass dieser Hund ohne weiteres dem
Haushalt der anderen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft zugerechnet werden.
Nach seinen unwidersprochen gebliebenen Angaben habe der Kläger den zweiten
Hund im Jahr 1994 erworben und ihn seiner Lebensgefährtin zu Weihnachten 1994
geschenkt. Diese habe für den Hund als Versicherungsnehmerin den Abschluss
einer Tierhalterhaftpflichtversicherung beantragt, für den ersten Hund habe der
Kläger als Versicherungsnehmer einen entsprechenden Antrag gestellt. Nach
Ansicht des Gerichts könne bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden, dass der
Kläger zwei Hunde in seinen Haushalt aufgenommen habe. Vielmehr müsse davon
ausgegangen werden, dass der Kläger Halter eines und seine Lebensgefährtin
Halterin eines weiteren Hundes gewesen seien. Die Argumentation der Beklagten,
der Kläger sei als Halter anzusehen, da der Hund dem ihm zuzurechnenden
Haushalt dienstbar gemacht worden sei, finde im hessischen Landesrecht keine
ausreichende Rechtsgrundlage. Gegen dieses Verständnis der gesetzlichen
Regelung spreche, dass anderenfalls die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 2 HStG
keinen Sinn mehr ergebe. Diese Regelung, nach der neben dem Halter auch der
Eigentümer hafte, sei in Hessen durch das Änderungsgesetz vom 17. Dezember
1973 eingeführt worden, um eine Umgehung der Steuerpflicht zu verhindern, die in
größeren Haushaltungen dadurch erreicht werden konnte, dass dasjenige Mitglied
als Hundehalter bezeichnet wurde, das wegen geringen oder fehlenden
Einkommens nicht in der Lage war, Hundesteuer zu entrichten, der Hund aber von
einem in günstigeren finanziellen Verhältnissen lebenden Haushaltsangehörigen
erworben wurde. Eine Einführung dieser Regelung wäre überflüssig gewesen, wenn
schon nach § 3 Abs. 2 HStG alle in einem Haushalt lebenden Personen
gesamtschuldnerisch haftende Halter wären.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10. Juni 1997 (5 UZ
1575/97) deren Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zugelassen.
Mit Schriftsatz vom 16. Juli 1997 - eingegangen beim Hessischen
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Mit Schriftsatz vom 16. Juli 1997 - eingegangen beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof am 17. Juli 1997 - hat die Beklagte "zur weiteren
Begründung der eingelegten Berufung" vorgetragen. Bereits in ihrem Antrag auf
Zulassung der Berufung war angekündigt worden, dass mit der Berufung der
Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt werden solle. Zur Begründung trägt die
Beklagte vor, das Bundesverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung deutlich
gemacht, dass es nicht entscheidend auf die Frage ankomme, wer in einem
gemeinsamen Haushalt einen Hund angeschafft habe, wer also der Eigentümer
des Hundes sei. Ähnlich habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
entschieden, dass unter dem Begriff des "Haushalts" grundsätzlich die Wohn- und
Wirtschaftsgemeinschaft mehrerer Personen zu verstehen sei. Weltfremd und
ausschließlich als zur Einsparung von Steuern bzw. zur Sicherung des Erhalts von
Sozialleistungen geeignet sei dagegen eine Auffassung, die darauf abstellen wolle,
wie das einzelne Mitglied des Haushalts diesen empfinde, ob es ihn als eigenen
Haushalt erlebe und führe. Damit werde bewirkt, dass es nicht mehr auf die
objektiven Umstände des Einzelfalles ankomme, sondern die Verwaltungen
ausschließlich nach dem vorgetragenen subjektiven Empfinden der Betroffenen
ihre Entscheidungen ausrichten müssten. Dies könne nicht richtig sein. Unter
Betrachtung der näheren Umstände des Sachverhalts spreche außer der
Behauptung des Klägers nichts für getrennte Haushalte. Der Kläger und seine
Freundin seien zusammen am 1. März 1995 aus einer anderen gemeinsamen
Wohnung in die Wohnung in der Tstraße eingezogen. Sie hätten gemeinsam den
Mietvertrag unterschrieben. Zu Weihnachten 1994 habe der Kläger seiner Freundin
einen Hund von erheblichen Wert geschenkt. Die Wohnung ... bestehe aus einem
großen Raum zum Kochen, Wohnen und Schlafen, lediglich eine Sanitär-Nasszelle
sei abgetrennt gewesen. Rückzugsmöglichkeiten in eine eigene Privatsphäre habe
es in der Wohnung nicht gegeben. Die zum heutigen Ausstattungsstandard eines
Haushalts gehörenden Großgeräte wie Kühlschrank, Herd, Waschmaschine,
Fernseher und Stereoanlage seien alle nur einmal vorhanden gewesen und
gemeinsam genutzt worden. Angesichts dieser Sachlage stelle sich die Frage, was
außer einer entsprechenden Aussage des Klägers noch für die Feststellung einer
gemeinsamen Haushaltsführung fehlen solle. Eine Aufteilung des Eigentums an
den Hunden auf den Kläger und seine Freundin könne ebenso wenig steuerlich
anerkannt werden wie bei Ehegatten. Dort sei es nämlich unstreitig, dass
unterschiedliches zivilrechtliches Eigentum nichts daran ändere, dass für zweite
und weitere Hunde die entsprechend höheren Steuersätze gelten würden. Zu
berücksichtigen sei weiterhin, dass das Hundesteuergesetz seinerzeit erstmals
vom preußischen Gesetzgeber mit der klaren Maßgabe erlassen worden sei, durch
diese Steuer die Hundehaltung einzudämmen. Mit dieser gesetzlichen Absicht sei
es nicht zu vereinbaren, wenn mit allen Auslegungsmethoden versucht werden
solle, einen möglichst geringen Steuersatz für die Haltung von mehreren Hunden
zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 4. März 1997
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten könne es nicht darauf ankommen, ob
und inwieweit er sich mit seiner Lebensgefährtin eine Wohnung teile. Entscheidend
sei vielmehr, dass eine gemeinsame Haushaltsführung nicht vorliege, sondern
vielmehr getrennte Kassen vorhanden wie auch getrennte
Hundehaftpflichtversicherungsverträge abgeschlossen seien. Es sei ein schier
unerträglicher Zustand, dass die Einzelheiten seiner Lebensgewohnheit durch die
Stadt ... einschließlich "Wohnen und Schlafen" und Teilung der Sanitär-Nasszelle
sowie die eigene Privatsphäre angesprochen würden. Es sei nichts Verwerfliches
daran zu erkennen, dass er, der Kläger, seinen legalen Steuervorteil nutze. Zweifel
bei der Auslegung eines Gesetzes sollten keinesfalls zu Lasten des
Steuerpflichtigen gehen. Der Gesetzgeber sei gefordert, eine eindeutige Regelung
für derartige Fälle auch der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und der Haltung
eines Hundes sowie der Haltereigenschaft zu treffen.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs
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Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten - über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) - ist vom Senat mit Beschluss vom 10. Juni
1997 (5 UZ 1575/97) zugelassen worden und auch im Übrigen zulässig. Bedenken
bestehen auch nicht hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen an die innerhalb
eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung
einzureichende Berufungsbegründung.
Gemäß § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss die Berufung einen bestimmten Antrag
sowie die im Einzelnen aufzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe)
enthalten. Für die Erfüllung dieser Erfordernisse genügt es nicht, wenn sich die
Begründung und der Antrag dem Vorbringen im Zulassungsverfahren entnehmen
lassen. Allerdings ist es zulässig, wenn sich der Berufungsführer in seinem
Begründungsschriftsatz auf eine bereits im Zulassungsantrag enthaltene
Begründung oder einen dort enthaltenen Antrag bezieht (vgl. BVerwG, Urteil vom
30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117 ff.). Hier versteht der Senat die
Formulierung in der Berufungsbegründung der Beklagten vom 16. Juli 1997 "zur
weiteren Begründung der eingelegten Berufung" als Verweis auf die bereits im
Zulassungsantragsschriftsatz enthaltenen Anfechtungsgründe sowie den dort
bereits angekündigten Berufungsantrag mit dem Ziel der Klagabweisung. Damit
sind die Erfordernisse des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO erfüllt.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat
der Anfechtungsklage des Klägers auf Aufhebung seiner Veranlagung zur
Hundesteuer für einen Zweithund zu Unrecht stattgegeben. Der
Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 1. August 1995 in der Fassung ihres
Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 1996 ist auch insoweit nicht zu
beanstanden.
Grundlage für die Heranziehung zur Hundesteuer ist hier das (mit Gesetz vom
03.11.1998, GVBl. I S. 405, aufgehobene) Hessische Hundesteuergesetz vom 9.
März 1957 (GVBl. S. 28, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.1976, GVBl. I S.
532) - HStG -. Nach dessen § 1 waren die Gemeinden verpflichtet, eine
Hundesteuer als Gemeindesteuer nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu
erheben. Diesen gesetzlichen Auftrag hat die Beklagte mit ihrer Satzung über das
Erheben von Hundesteuer vom 21. April 1978, hier anzuwenden in der Fassung der
2. Änderungssatzung vom 19. Mai 1994, ausgefüllt. Nach deren § 1 Abs. 1 betrug
der Steuersatz für den ersten Hund 72,- DM, für den zweiten Hund 108,- DM und
für den dritten und jeden weiteren Hund 120,- DM.
Zu Recht hat die Beklagte den Kläger als Steuerschuldner in Anspruch
genommen. Gemäß § 3 Abs. 1 HStG war Steuerschuldner der Halter eines
Hundes, wobei nach Abs. 2 dieser Bestimmung Halter eines Hundes war, wer
einen Hund in seinen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb aufgenommen hatte, um
ihn seinen Zwecken oder denen seines Haushalts oder seines Betriebes dienstbar
zu machen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 HStG hafteten mehrere Personen als
Gesamtschuldner, wenn sie gemeinschaftlich einen Hund hielten. Fielen Halter und
Eigentümer auseinander, so hafteten gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 HStG beide als
Gesamtschuldner.
Der Gesetzeswortlaut des Hessischen Hundesteuergesetzes vom 9. März 1957
geht auf die vor dieser Neuregelung in Hessen geltenden Rechtsvorschriften
zurück. In den ehemals preußischen Gebietsteilen wurde die Hundesteuer
aufgrund des § 16 des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893
(Preuß. Gesetzessammlung S. 152) in Verbindung mit der
Hundesteuermusterordnung vom 10. März 1939 (RMBliV S. 546) und in den
ehemals hessischen Gebietsteilen aufgrund des Hundesteuergesetzes vom 15.
Oktober 1921 (Hess.Reg.Bl. S. 274) in Verbindung mit der Hundesteuerverordnung
vom 4. November 1921 (Hess.Reg.Bl. S. 328) und dem Gesetz über die
Hundesteuer vom 1. November 1938 (Hess.Reg.Bl. S. 105) erhoben. Bei der
Vereinheitlichung durch das Hundesteuergesetz vom 9. März 1957 wurden Teile
dieser Regelungen - soweit sie sich bewährt hatten - in die Neuregelung
übernommen (vgl. LT-Drs. III. WP Abt. I Nr. 643, S. 1723, 1725). Die Regelung über
die Haltereigenschaft basierte auf der oben genannten
Hundesteuermusterordnung vom 10. März 1939 (RdErl d R Mdl zugl. i. N. d. PrFM v.
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Hundesteuermusterordnung vom 10. März 1939 (RdErl d R Mdl zugl. i. N. d. PrFM v.
10.03.1939 - V St 45/39-5680 und IV 7461-I/19.1.39), die an die Rechtsprechung
des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 04.05.1911 - VII C 523/10,
PrOVGE 59, 107) anknüpfte (vgl. auch: LT-Drs. III. WP, Abt. I Nr. 643, S. 1724 zu §
4). Bereits danach war als Hundehalter definiert, "welcher ihn (den Hund) in seinen
Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb (im weitesten Sinne) eingestellt hat, um ihn auf
diese Weise seinen Zwecken oder denen seiner Haushaltsangehörigen oder
Wirtschaftsgehilfen während eines Zeitraums von einer gewissen Dauer dienstbar
zu machen".
Nach dieser in § 3 Abs. 2 HStG festgelegten Definition war auch der Kläger Halter
beider Hunde, da beide in seinen - gemeinsamen - Haushalt aufgenommen waren,
um sie dessen Zwecken dienstbar zu machen. Dabei geht der Senat aufgrund der
vorgetragenen, unstreitigen Tatsachen davon aus, dass der Kläger und seine
Lebensgefährtin in der Wohnung ... einen gemeinsamen Haushalt führten. Dies
ergibt sich zum einen daraus, dass der Zuschnitt der Wohnung - ein Raum zum
Wohnen, Schlafen und Kochen mit abgetrennter Nasszelle - bereits die Vorstellung
zweier getrennter Haushalte nicht zulässt. Dafür spricht daneben aber auch die
allgemeine Lebenserfahrung, wenn eine männliche Person mit "seiner Freundin" -
so der Kläger vor dem Verwaltungsgericht - in einer derart zugeschnittenen
Wohnung zusammenlebt, bei der beide den Mietvertrag unterschrieben haben.
Nicht gegen die Annahme eines einheitlichen Haushalts spricht etwa - wie der
Kläger meint -, wenn beide Personen getrennte Haushaltskassen führen. Dies ist
allein eine Frage des finanziellen Innenverhältnisses der Haushaltsangehörigen.
Nach Auskunft des Klägers haben auch beide Personen finanziell zum Bestreiten
des Haushalts beigetragen.
Haben jedoch mehrere Personen einen gemeinsamen Haushalt inne, so ist es "ihr"
Haushalt im Sinne des § 3 Abs. 2 HStG. Damit erfüllen sie, wenn sie einen oder
mehrere Hunde in diesen gemeinsamen Haushalt aufnehmen, sämtlich die
Haltereigenschaft im Sinne des Gesetzes. Dass das Gesetz dies für möglich
gehalten hat, zeigt sich bereits in § 3 Abs. 3 Satz 1 HStG, der das
gemeinschaftliche Halten von Hunden mit der Folge der gesamtschuldnerischen
Steuerschuld voraussetzt (vgl. zur vielfältigen Rechtsprechung, wenn auch zu
teilweise abweichenden landesrechtlichen Regelungen: BVerwG, Beschlüsse vom
28.11.1997 - 8 B 224/97 -, Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5 = ZKF 1998, 178,
vom 07.07.1975 -, Buchholz a. a. O., Nr. 3 und Urteil vom 09.10.1959 - VII C 97.58
-, Buchholz a. a. O., Nr. 2; Bay. VGH, Beschluss vom 14.07.1997 - 4 B 96.3575 -,
ZKF 1997, 229; OVG NW, Urteil vom 23.01.1997 - 22 A 24255/96 -, NVwZ 1999,
318; VGH BW, Urteile vom 27.11.1991 - 2 S 1370/91 -, NJW 1992, 1716, und vom
28.01.1982 - 2 S 1373/98 -, ZKF 1983, 34).
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es für eine
gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Personen, die gemeinschaftlich einen
Haushalt führen, nicht erforderlich, dass das Gesetz eine Vermutungsregelung
dergestalt trifft - wie etwa § 3 Abs. 3 des Baden-Württembergischen
Hundesteuergesetzes -, dass alle in einem Haushalt gehaltenen Hunde als von
den Haltern gemeinsam gehalten gelten. Handelt es sich nämlich um einen
gemeinsam geführten Haushalt mehrerer Personen - wie hier des Klägers und
seiner Lebensgefährtin -, so ergibt sich die Haltereigenschaft - und damit die
Steuerschuld - bereits aus der Regelung des § 3 Abs. 2 HStG, wonach Halter ist,
wer einen Hund in seinen Haushalt aufgenommen hat, wobei § 3 Abs. 3 Satz 1
HStG gerade die Möglichkeit aufzeigt, dass mehrere Personen gleichzeitig für
denselben Hund diese Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 HStG erfüllen können und
nicht etwa ein Haushalt zwangsläufig etwa nur einer Person zugerechnet werden
kann.
Gegen dieses Gesetzesverständnis spricht auch nicht etwa - wie das
Verwaltungsgericht angenommen hat - der durch das Änderungsgesetz vom 17.
Dezember 1973 (GVBl. I S. 467) eingefügte § 3 Abs. 3 Satz 2 HStG, wonach dann,
wenn der Halter eines Hundes nicht zugleich Eigentümer des Hundes ist, der
Eigentümer neben dem Halter als Gesamtschuldner haftet. Diese Regelung wurde
nicht etwa nur eingeführt wie das Verwaltungsgericht ausführt - um eine
Umgehung der Steuerpflicht zu verhindern, die in größeren Haushaltungen
dadurch erreicht werden konnte, dass dasjenige Mitglied als Hundehalter
bezeichnet wurde, das wegen geringen oder fehlenden Einkommens nicht in der
Lage war, Hundesteuer zu entrichten, während der Hund von einem in günstigeren
finanziellen Verhältnissen lebenden Haushaltsangehörigen erworben worden war.
Wäre dies die alleinige Motivation des Gesetzgebers gewesen, wäre diese
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Wäre dies die alleinige Motivation des Gesetzgebers gewesen, wäre diese
Regelung in der Tat überflüssig gewesen, da sich dieses Ergebnis bereits aus § 3
Abs. 2 HStG ergäbe. Der Grund für die Einführung war vielmehr weiter gefasst und
sollte allgemein verhindern, dass jemand, der einen Hund erwarb, die Pflege aber
einem alleinstehenden oder in schlechten finanziellen Verhältnissen lebenden
Angehörigen überließ, sich auf diese Weise der Steuerpflicht entziehen konnte (vgl.
LT-Drs. 7/1790, II. zu Art. 1 Nr. 1, S. 5). Somit sollte auch eine Haftung für die
Steuer für eigene Tiere, die außerhalb des eigenen Haushalts lebten, geschaffen
werden. Dass nämlich eine Person, die finanzkräftig genug zum Erwerb eines
Hundes ist, im Haushalt einer anderen Person lebt, die Hundehalter - also
Haushaltsinhaber -, gleichzeitig aber nicht zur Finanzierung der Steuer fähig ist,
lässt sich kaum vorstellen, da in einem derartigen Fall der Erwerber des Hundes
wohl auch den Haushalt finanzieren dürfte, so dass es sein Haushalt wäre.
Insgesamt stimmt es mit der Zweckrichtung der erhöhten Steuer für Zweit- und
weitere Hunde - nämlich neben der Einnahmeerzielung auch Eindämmung der
Hundehaltung - überein, die gemeinsam in einem Haushalt gehaltenen Hunde
auch gemeinsam bei der Bewertung als Zweit- oder weiterer Hunde zu zählen (vgl.
dazu schon: BVerwG, Urteil vom 09.10.1959, a. a. O.).
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger als unterliegende Partei gemäß § 154
Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich
der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711
Zivilprozessordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht
ersichtlich, da es sich bei der streitigen Rechtsnorm um nichtrevisibles und im
Übrigen auch ausgelaufenes Landesrecht handelt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.