Urteil des HessVGH vom 07.10.1992
VGH Kassel: fälligkeit, ratenzahlung, rechtsschutzinteresse, miete, umzug, quelle, anerkennung, beiladung, beteiligter, beendigung
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 TP 1091/92
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 166 VwGO, § 114 ZPO, §
115 ZPO, § 120 ZPO
(Zum Rechtsschutzbedürfnis und maßgeblichen Zeitpunkt
für den Antrag auf Herabsetzung der Raten bei
Prozeßkostenhilfe im Verwaltungsprozeß)
Tatbestand
Nachdem der Antragsteller mit Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge vom 7. Februar 1985 als Asylberechtigter anerkannt war,
hat der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten dagegen am 3. April 1985
Klage erhoben. Dem Antragsteller wurde nach seiner Beiladung (VG Wiesbaden,
19.04.1985 -- X/2 E 5172/85 --) auf seinen Antrag vom 3. Mai 1985 mit Beschluß
vom 19. Juli 1985 Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt W beigeordnet. Mit
Beschluß vom 3. August 1989 wurde statt Rechtsanwalt W Rechtsanwalt Dr. M dem
Antragsteller beigeordnet. In der mündlichen Verhandlung am 18. Februar 1992
änderte das Verwaltungsgericht diese Beschlüsse dahin, daß nunmehr
Rechtsanwalt H beigeordnet und der Antragsteller zur Zahlung von monatlichen
Raten in Höhe von 440,-- DM verpflichtet wurde. Auf den Antrag des Beigeladenen
vom 1. April 1992 änderte das Verwaltungsgericht die Höhe der Monatsraten mit
Beschluß vom 30. April 1992 in 210,-- DM ab, lehnte aber den Abzug der
Monatsmiete von dem Einkommen ab.
Mit der am 29. Mai 1992 erhobenen Beschwerde macht der Antragsteller geltend,
in der Prozeßkostenhilfe-Tabelle seien nur Mietkosten in Höhe von 156,-- DM
eingearbeitet. Der überschießende Betrag müsse zusätzlich von den
Ratenzahlungen abgesetzt werden. Nach seinem Umzug in ein anderes Zimmer in
der Sstraße 66 in B müsse er 230,-- DM Miete und 120,-- DM für Umlagen
aufwenden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil ihr ein Rechtsschutzinteresse
nicht zur Seite steht.
Wer als Beteiligter in einem gerichtlichen Streitverfahren die Kosten der
Prozeßführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nur in
Raten aufbringen kann, erhält, wenn die übrigen Voraussetzungen für die
Prozeßkostenhilfe vorliegen, Prozeßkostenhilfe unter Anordnung von
Ratenzahlungen (§§ 114 Satz 1, 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die für die Festlegung
und die Berechnung von Raten maßgeblichen Bestimmungen der §§ 115, 120
ZPO, der §§ 76 und 88 BSHG und der hierzu ergangenen Rechtsverordnung gelten
gemäß § 166 VwGO für den Verwaltungsprozeß entsprechend. Dabei ist aber zu
berücksichtigen, daß Gerichtskosten im Verwaltungsstreitverfahren nicht schon
mit der Rechtsmitteleinlegung, sondern grundsätzlich erst nach einer unbedingten
Kostenentscheidung fällig werden und daß auch die Anwaltsvergütung regelmäßig
erst nach einer Kostenentscheidung oder der Beendigung eines Rechtszugs fällig
wird. Diesen kostenrechtlichen Besonderheiten des Verwaltungsprozesses ist
dadurch Rechnung zu tragen, daß der Beginn der Ratenzahlung auf die reguläre
Fälligkeit der Gerichts- und Anwaltskosten und nur für den Fall einer
Vorschußleistung der Staatskasse an den beigeordneten Rechtsanwalt auf diesen
Zeitpunkt bestimmt wird (Hess. VGH, 05.03.1991 -- 12 UE 431/90 --, KostRspr. §
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Zeitpunkt bestimmt wird (Hess. VGH, 05.03.1991 -- 12 UE 431/90 --, KostRspr. §
120 ZPO Nr. 99). Dementsprechend ist bei Bestimmung der Raten allgemein nur
auf die fälligen und/oder vorzuschießenden Kosten abzustellen (KG, 06.01.1982 --
18 WF 5682/81 --, KostRspr. § 120 ZPO Nr. 14; Baumbach u. a., ZPO, 50. Aufl.,
1992, § 120 Anm. 5 B).
Wenn aber grundsätzlich die angeordneten Raten nicht schon während des Laufs
des Verwaltungsstreitverfahrens fällig werden, besteht auch kein sachlicher Anlaß
für eine Änderung der Höhe der Monatsraten im Hinblick auf wechselnde
Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Da es letztlich für die Höhe der zu
leistenden Raten nur auf den Zeitraum der Verwirklichung der
Zahlungsverpflichtung, also auf den Zeitraum nach Fälligkeit ankommt, kann
regelmäßig eine Neubestimmung der Ratenhöhe nach den insoweit
unbeachtlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vor diesem Zeitraum
nicht verlangt werden. Anders verhält es sich freilich, wenn ausnahmsweise
während des Verwaltungsstreitverfahrens Kosten fällig werden, etwa dann, wenn
die Staatskasse einen Vorschuß an den beigeordneten Rechtsanwalt zu leisten
oder geleistet hat. Durch den Ausschluß von Änderungen im Regelfall werden die
Rechte des prozeßkostenhilfeberechtigten Beteiligten nicht geschmälert oder
beschnitten. Es ist vielmehr sichergestellt, daß er nur nach Maßgabe seiner
Zahlungsfähigkeit im Zeitpunkt der Zahlung herangezogen wird. Dabei wirkt eine
Neufestsetzung aufgrund geänderter Einkommens- oder Vermögensverhältnisse
immer vom Zeitpunkt der Änderung an für die Zukunft (Zöller/Schneider,
Prozeßkostenhilfe-Gesetz, 1981, § 120 ZPO Anm. III. B.). Es besteht nach alledem
kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Begehren auf Herabsetzung der ursprünglich
angeordneten Raten vor der Fälligkeit.
Im vorliegenden Verfahren ist lediglich im September 1989 ein Vorschuß in Höhe
von 276,68 DM an den damals beigeordneten Rechtsanwalt Wolff zur Zahlung
angewiesen worden. In dieser Höhe war der Beigeladene zahlungspflichtig,
nachdem erstmals mit Beschluß vom 18. Februar 1992 eine Ratenzahlung
angeordnet war. Da die Ratenhöhe damals auf 440,-- DM monatlich bestimmt
wurde und der Beigeladene erst am 2. April 1992 die Herabsetzung dieser Raten
verlangte, ist der fällige Betrag schon durch die Zahlungsverpflichtungen des
Beigeladenen in der Vergangenheit gedeckt, und zwar zumindest dadurch, daß die
Ratenhöhe mit Beschluß vom 30. April 1992 auf 210,-- DM festgesetzt wurde.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.