Urteil des HessVGH vom 27.01.1995
VGH Kassel: naturschutzgebiet, grundstück, vergleich, hessen, bauschutt, stroh, unterschutzstellung, zustand, lagerung, verwaltungsrecht
1
2
3
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 N 1429/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 107 Verf HE, Art 118
Verf HE, § 47 VwGO, § 13
BNatSchG, § 12 NatSchG
HE
(Naturschutzverordnung: Verordnungskompetenz
nachgeordneter Verwaltungsbehörden; Einbeziehung einer
zur Renaturierung vorgesehenen Ablagerungsfläche im
Altarm eines Gewässers)
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Außenbereichsgrundstücks in Liebenau,
Gemarkung Lamerden, Flur, Flurstück Das Grundstück gehört zu einem
landwirtschaftlichen Betrieb, den die Antragstellerin zusammen mit dem
Antragsteller führt. Soweit Teile des Grundstücks ein Altarm der westlich eines
Fahrwegs und eines Eisenbahndamms verlaufenden Diemel sind, liegen sie im
Geltungsbereich der Verordnung über das Naturschutz- und
Landschaftsschutzgebiet "Kalkmagerrasen und Diemelaltwasser bei Lamerden"
vom 13.11.1989 (StAnz. 1989, S. 2460) i.d.F. vom 12.05.1992 (StAnz. 1992, S.
1242). Bei dem östlichen Bereich der im Naturschutzgebiet liegenden
Altarmflächen des Flurstücks handelt es sich um eine sumpfige Wasserfläche. Der
westliche, zuletzt allein noch streitbefangene Bereich, wird auf der bei den
Behördenakten (Ordner) befindlichen Karte "Istzustand", Maßstab 1:1500, als
Ablagerungsfläche bezeichnet. Nach seinen Angaben im Erörterungstermin vom
11.10.1994 hat der Antragsteller etwa die Hälfte der Ablagerungen und
Auffüllungen selbst vorgenommen. Auf dieser Fläche befinden sich eine Miete mit
Grassilage und in mehreren Lagen geschichtete Strohballen.
Jahrelange Streitigkeiten um Auffüllungen von Altarmflächen führten u.a. zu einer
bauaufsichtlichen Verfügung des Landkreises Kassel vom 24.01.1983 (Bl. 54 der
einschlägigen Behördenunterlagen) und zu einem Vergleich vor dem
Anhörungsausschuß des Landkreises Kassel am 10.06.1983 (Bl. 61 der
Behördenakten), in dem sich der Antragsteller u.a. verpflichtete, die aufgefüllte
Fläche mit ackerfähigem Boden abzudecken und ab 1984 zu bestellen. Das südlich
an die Ablagerungs- sowie die Wasserfläche des Flurstücks anschließende
Flurstück liegt außerhalb des festgesetzten Naturschutz- und
Landschaftsschutzgebiets. Auf diesem Grundstück, das dem Antragsteller gehört,
befindet sich das landwirtschaftliche Hofanwesen.
Mit dem am 18.05.1990 gestellten Normenkontrollantrag wenden sich die
Antragsteller gegen die genannte Verordnung über das Naturschutz- und
Landschaftsschutzgebiet und berufen sich für ihren Nachteil auf den
Verbotskatalog des § 3 der Verordnung vom 13.11.1989 (VO). Die Antragsteller
machen weiter geltend, die Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung in § 16
Abs. 3 HeNatG verstoße gegen die Art. 107 und 118 der Hessischen Verfassung
(HV). Nach diesen Verfassungsbestimmungen dürften nur die Landesregierung
und die Minister Rechtsverordnungen erlassen. Im übrigen sei die nach den §§ 12,
13 und 30 HeNatG vorgenommene Ausweisung eines Natur- und
Landschaftsschutzgebietes ermessensfehlerhaft. Der Abwägungsprozeß sei nicht
fehlerfrei. Das Naturschutzgebiet verlaufe mitten durch die Hoffläche der
Antragsteller. Sie benötigten die hofnahe Lagerfläche für Stroh- und
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Antragsteller. Sie benötigten die hofnahe Lagerfläche für Stroh- und
Silagelagerung sowie für die Lagerung von Zuckerrüben. Eine Herausnahme dieser
Fläche aus dem Naturschutzgebiet wäre ohne weiteres möglich gewesen. Im
übrigen bestehe aufgrund des Vergleichs des Antragstellers mit dem Landkreis
Kassel vom 10.06.1983 Bestandsschutz für die Lagerfläche, was der
Antragsgegner im Abwägungsprozeß außer acht gelassen habe.
Darüber hinaus erscheine es zweifelhaft, ob die streitbefangene Verordnung die
Ablagerungsfläche habe in das Naturschutzgebiet einbeziehen können, da sich die
Fläche derzeit nicht in einem schutzwürdigem Zustand befinde. Vielmehr solle die
Fläche erst zukünftig in einen schutzwürdigen Zustand überführt werden, ohne daß
ein Pflegeplan existiere. Es sei auch nicht abschätzbar, wann mit der
Renaturierung begonnen werde, zumal im streitbefangenen Bereich noch der
Ausbau einer Strecke der Deutschen Bundesbahn in Betracht komme.
Die Ablagerungsfläche habe auch nicht als Umgebungsfläche nach § 17 Abs. 1
Satz 3 HeNatG in das Naturschutzgebiet einbezogen werden dürfen, da von der
Gras-Anwelksilage keinerlei Silagesäfte entstünden und daher eine Gefährdung
des Diemelaltarms ausscheide.
Nachdem die Antragsteller in der Antragsschrift vom 16.05.1990 noch die
Nichtigkeitsfeststellung für die gesamte Verordnung vom 13.11.1989 begehrt
hatten, haben sie den Antrag im Erörterungstermin vom 11.10.1994 beschränkt
und im übrigen zurückgenommen.
Die Antragsteller beantragen zuletzt,
die Verordnung über das Natur- und Landschaftsschutzgebiet "Kalkmagerrasen
und Diemelaltwasser bei Lamerden" vom 13. November 1989 (StAnz. 1989, S.
2460) i.d.F. der Änderungsverordnung vom 12. Mai 1992 (StAnz. 1992, S. 1242)
insoweit für nichtig zu erklären, als die auf dem Kartenblatt Istzustand M 1:1500
verzeichnete Ablagerungsfläche auf dem Grundstück Gemarkung L, Flur, Flurstück
betroffen ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Zur Begründung der Schutzausweisung verweist er auf § 2 VO, wonach die
Unterschutzstellung zum Ziel habe, den Diemelaltarm mit offener Wasserfläche
und Röhrichtzone als Lebensraum für bestandsgefährdete Tier- und Pflanzenarten
zu erhalten und zu renaturieren. Die Schutzwürdigkeit des Gebiets sei belegt.
Altarme rechneten inzwischen zu den besonders seltenen Biotoptypen mit
herausragendem ökologischen Wert. In Fachkreisen werde angenommen, daß
etwa 90 % aller ehemals vorhandenen Altarme seit 1945 unter menschlichem
Einfluß verschwunden seien. Bei den vorherrschenden wasserwirtschaftlichen
Verhältnissen könne mit einer Neubildung von Altarmen nicht gerechnet werden.
Im Detail seien in diesem Altarmbereich u.a. das letzte bekannte Vorkommen des
Zungenhahnenfußes, ein ansehnlicher Röhrichtbestand und eine
Uferschwalbenkolonie festgestellt worden. Zur Erreichung der Schutzziele seien
Pufferzonen einbezogen worden. Der Verbotskatolog der Verordnung sei darauf
abgestellt, die organische Stoffzufuhr aus dem hydrologischen Umfeld des Altarms
zu unterbinden. Die illegale Verfüllung größerer Teile des Altarms mit Bauschutt
und Abfall habe bereits in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen mit den
Antragstellern und einer einstweiligen Sicherstellungsanordnung vom 19.12.1986
(StAnz. 1987, 146) geführt. Mit gewissen Abweichungen von seinem früheren
Vortrag, der sich auf die Stroh- und Silagelagerung im Überschwemmungsgebiet
und die §§ 70, 71 HWG und § 26 Abs. 1 und 2 WHG bezog, trägt der Antragsgegner
zuletzt vor, ein Verbot der genannten Lagerung könne aus wasserrechtlichen
Bestimmungen nicht hergeleitet werden.
Zur Befugnis der oberen Naturschutzbehörde zum Erlaß der streitbefangenen
Verordnung trägt der Antragsgegner vor, die Art. 107 und 118 HV bezögen sich
gar nicht auf gesetzesdurchführende Rechtsverordnungen, um die es hier gehe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter
einverstanden erklärt, der einen Erörterungstermin in Liebenau-Lamerden
durchgeführt hat.
15
16
17
18
19
20
21
22
Dem Gericht liegen ein Ordner Verfahrensunterlagen über die Entstehung der
streitbefangenen Naturschutz- und Landschaftsschutzverordnung vom 13.11.1989
vor, ebenso ein Hefter der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Kassel, ein Hefter
Unterlagen der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Kassel und die
"Grundlagenuntersuchung für das geplante Naturschutzgebiet" von Frau Petra
Schröder aus dem Jahre 1983.
Entscheidungsgründe
Soweit der Normenkontrollantrag zurückgenommen worden ist, ist das Verfahren
in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO auch im übrigen durch
Beschluß, da eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist.
Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragsteller haben durch die
streitbefangene Verordnung mindestens in absehbarer Zeit einen Nachteil im
Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu befürchten, da sich der das
Naturschutzgebiet betreffende Verbotskatalog des § 3 VO auch auf ihr gemeinsam
bewirtschaftetes Flurstück und dort insbesondere auf die von den Antragstellern
genutzte Lagerfläche im Bereich der Ablagerungsfläche bezieht. So ist es
beispielsweise nach § 3 Nr. 2 und 4 VO verboten, die Bodengestalt oder Gewässer
zu verändern, wovon die Antragsteller in ihrem wirtschaftlichen Interesse an einer
fortdauernden Lagernutzung betroffen sind. Dasselbe gilt für § 3 Nr. 8, 10, 11 und
12 VO, wonach das Naturschutzgebiet außerhalb der Wege nicht betreten oder mit
Kraftfahrzeugen befahren, die Nutzung von Wiesen nicht geändert und nicht
gedüngt werden darf, wenn auch § 5 Abs. 1 VO gewisse Ausnahmen von den
Verboten des § 3 VO zuläßt.
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
Die Ermächtigungsgrundlage für die obere Naturschutzbehörde zum Erlaß der
streitbefangenen Rechtsverordnung in § 16 Abs. 3 Satz 1 HeNatG verstößt nicht
gegen die Art. 107, 118 HV. Art. 107 HV normiert die Kompetenz der
Landesregierung für gesetzesausführende Rechtsverordnungen; Art. 118 HV regelt
das Verhältnis von Landtag und Landesregierung für gesetzesvertretende
Rechtsverordnungen - die Verordnungskompetenz nachgeordneter
Verwaltungsbehörden, wie hier der oberen Naturschutzbehörde nach § 16 Abs. 3,
30 Abs. 3 HeNatG, und die Satzungskompetenzen der
Selbstverwaltungskörperschaften werden in der Hessischen Verfassung nicht
ausdrücklich erwähnt, aber stillschweigend vorausgesetzt (Meyer/Stolleis (Hrsg.),
Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen, 3. Aufl. 1994, S. 48 und Fn. 35; vgl. auch
Zinn/Stein, Verfassung des Landes Hessen, Kommentar, Stand: 4/1991, Art. 107
Erl. 6 und Art. 118 Erl. 6). Das Verbot des Art. 118 HV, die Gesetzgebung als
ganzes oder für Teilgebiete zu übertragen, bezieht sich lediglich auf die
gesetzesvertretenden Rechtsverordnungen, nicht aber auf solche, die sich im
Rahmen der bestehenden Gesetze halten, ohne Ausführungen oder
Durchführungsverordnungen zu sein. Diese "einfachen Rechtsverordnungen"
werden als Rechtsquellen minderer Bedeutung von der Verfassung überhaupt
nicht behandelt (Schröder in: Stein, 30 Jahre Hessische Verfassung 1946 - 1976,
Wiesbaden 1976, S. 305).
Formelle Fehler der streitbefangenen Verordnung sind nicht (mehr) ersichtlich.
Nach Verkündung der Änderungsverordnung vom 12.05.1992 im Staatsanzeiger
1992, S. 1242 liegt kein Veröffentlichungsproblem mehr vor (vgl. Hess. VGH,
Beschluß vom 30.07.1992 - 3 N 686/88 -), wie es in vergleichbaren Fällen in
früheren Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zur Nichtigkeit
der Norm geführt hat (vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 27.02.1990 - 3 N 728/84 -;
Beschlüsse vom 23.04.1990 - 4 N 2668/85 - und - 4 N 2028/87 -).
In materieller Hinsicht halten die Einbeziehung der Altarm- und Ablagerungsfläche
in das Naturschutzgebiet und die damit verbundene Geltung des Verbotskatalogs
des § 3 VO, die im Zusammenhang mit verschiedenen Ausnahmen nach § 5 Abs.
1 VO zu sehen ist, einer rechtlichen Überprüfung stand. Die grundsätzliche
Zugehörigkeit der Ablagerungsfläche zu einem Altarm der Diemel bestreiten die
Antragsteller selbst nicht. Für die angrenzenden offenen Wasser- und die
Sumpfflächen des Altarms stellen sie auch den Zweck der Unterschutzstellung
nach § 2 VO nicht mehr in Frage. Für Hessen mit seiner natürlichen Armut an
Stillgewässern (vgl. zu ihrer Bedeutung Kaule, Arten- und Biotopschutz, 1986, S.
23
24
25
Stillgewässern (vgl. zu ihrer Bedeutung Kaule, Arten- und Biotopschutz, 1986, S.
73 ff. und Hess. VGH, Beschluß vom 30.07.1992 - 3 N 686/88 -) handelt es sich um
ein hochrangiges Naturgebiet, dessen Schutz mindestens nach § 12 Abs. 1 Nr. 1
und 3 HeNatG zur Erhaltung der wildlebenden tierischen und pflanzlichen
Artenbestände in diesem angestammten, seltenen Lebensraum erforderlich ist.
Ausweislich der Grundlagenuntersuchung für das geplante Naturschutzgebiet von
Schröder aus dem Jahre 1983 (S. 18) handelt es sich hier um den einzigen mit
offener Wasserfläche erhaltenen Diemelaltarm. In diesem Zusammenhang hat
auch der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 19.07.1990 plausibel, in
sich widerspruchsfrei und unwidersprochen vorgetragen, daß Altarme inzwischen
zu den besonders seltenen Biotoptypen mit herausragendem ökologischen Wert
gehörten. In Fachkreisen werde angenommen, daß etwa 90 % aller ehemals
vorhandenen Altarme seit 1945 unter menschlichem Einfluß (Verfüllungen,
Entwässerungen usw.) verschwunden seien. Mit der Neubildung von Altarmen
könne bei den vorherrschenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisses nicht
gerechnet werden. Daß allgemein in dem betreffenden Schutzgebiet zahlreiche
seltene und schützenswerte Pflanzen und Tiere vorkommen, ergibt sich im übrigen
nicht nur aus der bereits genannten Grundlagenuntersuchung für das
Naturschutzgebiet, sondern auch aus dem Vermerk über den Erörterungstermin
zum geplanten Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet vom 11.10.1988, wo
dazu jeweils unter Benennung einzelner Arten wie Enzian, Sumpfherzblatt und
Neuntöter auch den Antragstellern gegenüber nähere Ausführungen gemacht
worden sind.
Soweit die Antragsteller die Einbeziehung der Ablagerungsfläche in das
Naturschutzgebiet wegen fehlender Schutzwürdigkeit in Frage stellen, können sie
damit nicht mit Erfolg gehört werden. Dieses Vorbringen ist schon deshalb als
treuwidrig zurückzuweisen, weil der Antragsteller selbst über Jahre hinweg
bauaufsichtlich ungenehmigte Aufschüttungen und Ablagerungen im Bereich des
Altarms vorgenommen hat. Die tatsächliche Seite dieses Vorgangs hat er im
Erörterungstermin vom 11.10.1994 auch eingeräumt. Die rechtliche Seite ergibt
sich aus den vorgelegten Behördenakten, die zu vorab erteilten
Baugenehmigungen für Auffüllungen im Außenbereich nichts hergeben.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 HeNatG auch die
Umgebung des Schutzgegenstands in eine Gebietsausweisung einzubeziehen ist,
soweit es der Schutzzweck erfordert. Für einen umfassenden Schutz der noch
vorhandenen offenen Altarmflächen ist es ökologisch angemessen, auch die
unmittelbar benachbarten früheren Altarmbereiche mit einzubeziehen, damit
mindestens ausreichende Pufferflächen vorhanden und störende Einflüsse von
Nachbarflächen aus gemindert werden. Im Hinblick darauf, daß der Antragsteller
hier selbst durch ungenehmigte Auffüllungen das frühere Altarmbiotop mit
beseitigt bzw. verändert hat, ist zusätzlich das öffentliche Renaturierungsinteresse
als hinreichend gewichtig anzusehen, auch den streitbefangenen Teil des Altarms,
der zudem vorspringend eine besondere Nähe zur Diemel aufweist, in den
Gebietsschutz mit einzubeziehen. Daß ein Pflegeplan noch fehlt, ist nicht von
entscheidender Bedeutung, zumal der Gebietsschutz noch nicht rechtskräftig
feststeht (vgl. nunmehr § 17 Abs. 3 HeNatG i.d.F. vom 19.12.1994 (GVBl. I S. 775),
wonach die Aufstellung von Pflegeplänen unter bestimmten Voraussetzungen
sogar unterbleiben kann).
Soweit sich die Antragsteller gegen die Schutzgebietsausweisung im Hinblick auf
den Vergleich vom 10.06.1983 mit dem Landkreis Kassel auf Bestandsschutz
berufen, braucht den rechtlichen Wirkungen dieses Vergleichs im Rahmen des
Normenkontrollverfahrens im einzelnen nicht weiter nachgegangen zu werden. Ein
bauaufsichtlicher Vergleich mit dem Landkreis bindet und hindert die obere
Naturschutzbehörde als Verordnungsgeber nicht daran, gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1
HeNatG bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen im übrigen ein Natur-
oder ein Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Ohnehin käme dem Vergleich, der
sich gemäß Nr. I 4 nur auf ackerfähigen Boden und seine Bestellung bezieht, nicht
die Reichweite zu, die die vor allem an einer Lagernutzung interessierten
Antragsteller ihm offenbar zumessen. Gemäß Nr. 2 der insoweit bestandskräftig
gewordenen bauaufsichtlichen Verfügung des Landkreises Kassel vom 24.01.1983
war immerhin dafür Sorge zu tragen, daß auf dem Grundstück keine weiteren
Erdauffüllungen oder Ablagerungen vorgenommen werden, auch nicht von
"sonstigem Material". Angesichts dieser bestandskräftigen Bescheidlage, die eine
Lagernutzung der streitbefangenen Ablagerungsfläche ausschließt, braucht auch
nicht näher auf wasserrechtliche Bestimmungen wie die §§ 70, 71 HWG, 26 Abs. 1
und 2 WHG und die Verordnung über die Feststellung des
26
27
28
und 2 WHG und die Verordnung über die Feststellung des
Überschwemmungsgebietes der Diemel in den Landkreisen W.-F. und K. vom
31.01.1984 (StAnz. 1984 S. 517) eingegangen zu werden.
Insgesamt wäre eine allenfalls baurechtlich zugelassene Ackernutzung, die im
wesentlichen auf mit Muttererde überzogenen Bauschutt- und Abfallablagerungen
stattfindet, auch nicht gewichtig genug, um sich angesichts des besonderen
Wertes des seltenen Altarms und seiner Nachbarflächen in der Abwägung über die
Gebietsausweisung gegen die naturschutzrechtlichen Belange durchzusetzen.
Die Voraussetzungen für die Vorlage der Sache an das Bundesverwaltungsgericht
gemäß § 47 Abs. 5 VwGO liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.